horus 2/2011 - Assistenz für Blinde und Sehbehinderte

Inhaltsverzeichnis

Vorangestellt

Uwe Boysen

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder,

"Wir sind nicht behindert, wir werden behindert", so lautet sinngemäß einer der Kampfsprüche der Behindertenbewegung der 80er und 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, der auch weiter aktuell ist. In dieser Pauschalität erregt diese Feststellung bei mir regelmäßig ein gewisses Misstrauen, auch wenn der Aspekt, dass wir nicht nur von unseren physischen Problemen, sondern auch von gesellschaftlichen Strukturen in unseren Möglichkeiten eingeschränkt werden, immer einen wichtigen Faktor im Leben unserer Minderheit darstellt. Wo bleibt jedoch dabei, so frage ich mich, der Gesichtspunkt der Assistenz? Unbestritten ist doch, dass wir Unterstützung am Arbeitsplatz (aber nicht nur dort) in mehr oder minder großem Umfang benötigen, um das zu verwirklichen, was gemeinhin als selbstbestimmtes Leben bezeichnet wird.

Im vorliegenden Heft können wir nicht alle Aspekte dieses komplexen Prozesses aufnehmen, den es zu meistern gilt, wenn es um Assistenz geht. Wir haben uns aber bemüht, sowohl rechtliche Gesichtspunkte (s. dazu den Beitrag von Herbst und Richter), wie auch Erfahrungsberichte mit Assistenz im Beruf zusammenzustellen (s. dazu etwa den Beitrag von Winter und die Ad-hoc-Befragung von Troltenier).

Es gibt sicherlich weitere hier noch nicht behandelte Fragen, etwa die Frage einer Assistenz für Sehbehinderte, die eine vertiefte Auseinandersetzung lohnen. Ich würde mich freuen, wenn wir sie im Rahmen der vom DVBS für Ende August geplanten Tagung leisten könnten. Denken wir also gemeinsam weiter darüber nach, wo wir Verbesserungen bei der Bewilligung von Assistenz, aber auch bei der Akzeptanz der Arbeitgeber wie bei den Assistenten selbst brauchen und einfordern müssen.

Das wünscht sich

Ihr und Euer
Uwe Boysen

Motiv in der Schwarzschriftausgabe: Das Portrait zeigt Uwe Boysen in dunklem Anzug, hellem Hemd und Krawatte. Er trägt eine dunkle Brille und lächelt. Bildunterschrift: Uwe Boysen ist erster Vorsitzender des DVBS (Foto: DVBS).

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In eigener Sache

Dr. Imke Troltenier

Etwas bewegen: Freiwillig...?

"Volunteer! Make a difference", "Bliv frivillig, og gør en forskel!", "Gör skillnad - engagera dig", "Freiwillig. Etwas bewegen!"... - seit 1983 legt die Europäische Union jedes Jahr einen Themenschwerpunkt fest, um die Bürgerinnen und Bürger für bestimmte Anliegen zu sensibilisieren. 2011 ist das Jahr der Freiwilligentätigkeit. Jeder Mitgliedsstaat hat in seiner Sprache ein Motto formuliert, Strategien entworfen und Aktionen geplant. Auch zum Vergleich ist man angetreten: Trotz beachtlichen Engagements - rund ein Drittel der Bundesbürgerinnen und -bürger ist laut "Freiwilligensurvey" ehrenamtlich aktiv - belegen wir demnach in Deutschland nur einen der mittleren Plätze. Dabei findet bürgerschaftliches Engagement traditionell zum überwiegenden Teil in Vereinen und - aus guten Gründen darüber hinaus auch - in sozialen Netzwerken zwischen Nachbarn, Freunden und Bekannten und in selbstorganisierten Gruppen statt.

Die horus-Redaktion nimmt das europaweite Motto und die Vielzahl der einschlägig erstellten Studien und Berichte zum Anlass, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn Freiwilligentätigkeit ist im Wandel. Engagementpolitiken und -strategien gewinnen künftig inner- und außerhalb der Selbsthilfe an Bedeutung und werden, so die Überzeugung des Europäischen Rates, für das Wenn und Aber unserer gesellschaftlichen Entwicklung immer wichtiger. Für horus 3/2011 freuen wir uns daher über Beiträge, die das Thema beleuchten: Sind Sie versiert im Themenfeld, verfügen über Tipps, Methodenkenntnis und Förder-Know-how? Oder sind Sie selbst ehrenamtlich aktiv? Warum engagieren Sie sich im Bereich der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe? Und warum darüber hinaus ...?

Sich für andere einsetzen, etwas tun, was einem am Herzen liegt, wichtige Initiativen gemeinsam vorantreiben ... - bürgerschaftliches Engagement hat viele Gesichter. Wir suchen Ihre Erfahrungen, Ihr Wissen, Ihre Forschungsergebnisse. Bitte schicken Sie uns Ihre Beiträge bis zum 24. Juni an die Redaktion des horus: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Die beigefügte Grafik stellt das Logo des Europäischen Jahres 2011 dar: Drei Arme, die ineinandergreifend ein Dreieck bilden sowie die Flagge der EU und den abschließenden Schriftzug "Europäisches Jahr der Freiwilligentätigkeit 2011".

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Assistenz für Blinde und Sehbehinderte

Dr. Michael Richter und Michael Herbst

Arbeitsplatzassistenz: 10 Jahre - 10 Fragen

Seit rund einer Dekade gibt es den Rechtsanspruch auf Arbeitsplatzassistenz. Genauso lange beschäftigt sich der DVBS eingehend mit der Praxis. Sehr gerne hätte er blinde und sehbehinderte Erwerbstätige bei der Organisation ihrer Arbeitsplatzassistenz unterstützt. "Assistenzmanagement" nannte er einen entsprechenden Service, den er 2003 vorstellte, für den er aber keine Finanzierung durch die Integrationsämter bekam.

Geblieben ist das Wissen um die Komplexität der Materie und eine Sammlung von Musterdokumenten, die man Mitgliedern auf Anfrage gerne zur Verfügung stellt. Ansonsten schrieben die Integrationsämter bevorzugt ab, was im Konzept des DVBS stand. Ganze Seminarprogramme wurden übernommen, ein Strohfeuer, heute sind die Betroffenen wieder sich selbst überlassen.

Dr. Michael Richter und Michael Herbst entwickelten seinerzeit die Idee des "Assistenzmanagement". In diesem Beitrag wenden sie sich direkt an die Betroffenen. Sie beantworten Fragen, die in der Beratung immer wieder auftauchen.

1. Wann habe ich Anspruch auf Arbeitsplatzassistenz?

Hier sind vier Dinge entscheidend: Sie müssen im Sinne des Gesetzes schwerbehindert sein. Das ist der Fall, wenn auf Ihrem Schwerbehindertenausweis ein "Grad der Behinderung" von mindestens 50 % festgestellt ist. Wenn Sie einen GdB von mindestens 30 % haben, können Sie sich von der Arbeitsverwaltung einem Schwerbehinderten gleichstellen lassen. Das ist eine Besonderheit des dritten Sozialgesetzbuches (SGB III), das die Arbeitsförderung regelt. Sie gelten dann als Schwerbehindert, aber nur was die berufliche Eingliederung angeht. Damit steht Ihnen das gesamte Förderinstrumentarium zur beruflichen Eingliederung Behinderter des SGB III offen. Das gilt auch, wenn Sie z.B. als "Hartz-IV-Empfänger" eigentlich nach dem SGB II betreut werden. Von dort aus führt nämlich eine gesetzliche Brücke ins SGB III und von dort aus wiederum ins SGB IX, doch dazu später ...

Mit Ihrem Job müssen Sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dieser Punkt kann in der Praxis etwa ab 15 Wochenstunden und einem Einkommen über der Grundsicherung (ca. 700 €) abgehakt werden. Das bedeutet aber auch, dass Sie für Beschäftigungsformen wie 400-Euro-Stellen, Arbeitsgelegenheiten (1-Euro-Jobs), Praktika, Probebeschäftigungen und dergleichen schwerlich Arbeitsplatzassistenz bekommen können. Bei Selbständigkeit oder auch freiberuflichem (Neben-)Erwerb müssen Sie den Nachweis führen, dass Sie damit Ihren Lebensunterhalt bestreiten. Das ist z.B. Aus steuertechnischen Gründen nicht immer ganz einfach und beide Einschränkungen stellen natürlich eine Benachteiligung Behinderter in der beruflichen Eingliederung dar. Der DVBS wird nicht müde, dies immer wieder in die politische Diskussion zu bringen - bislang jedoch leider weitgehend erfolglos.

Im Kern müssen Sie Ihren Job selbst bewältigen können. Den Taxischein zu machen und dann die Arbeitsplatzassistenz fahren zu lassen, scheidet also aus. Arbeitsplatzassistenz soll Ihnen dort zur Hand gehen, wo sehende Hilfe unabdingbar ist oder trotz aller modernen Adaptivtechnologie der Zeitaufwand zu hoch wäre. Sie mögen z.B. weitgehend selbständig als blinder Jurist arbeiten, doch Ihre Texterkennungssoftware versagt bei der Übersetzung handschriftlicher Notizen. Die gezielte Quellensuche in einem Buch, das Ihnen nur als Druckwerk vorliegt, wäre nur dann möglich, wenn das Werk zuvor eingescannt und texterkannt würde.

Ihr Arbeitgeber muss damit einverstanden sein, dass Sie in Ihrem Job von einer Arbeitsplatzassistenz unterstützt werden. Als Selbstverständlichkeit kann das nicht gelten. Schließlich ist z.B. zu klären, wo Sie gemeinsam mit Ihrer Arbeitsplatzassistenz arbeiten können und wo Ihre Assistenz allein für Sie arbeiten kann. Auch der Datenschutz ist mitunter ein Problem.

2. Wie viel Arbeitsplatzassistenz kann ich bekommen?

Das Gesetz spricht lapidar vom "Anspruch auf Arbeitsassistenz im notwendigen Umfang". "Notwendig" ist relativ und weil es sich um einen Rechtsanspruch handelt, kann man sich trefflich darüber streiten, nötigenfalls vor Gericht. Arbeitsplatzassistenz ist jedenfalls nur dann nötig, wenn alle anderen denkbaren Alternativen, Ihren Arbeitsplatz behindertengerecht zu gestalten, ausscheiden. Es müssen alle technischen Möglichkeiten genutzt werden, mit denen man den Bedarf an Arbeitsplatzassistenz reduzieren kann. Auch ist zu prüfen, ob mit einem anderen Aufgabenzuschnitt Ihrer Stelle Einsparungen verbunden sein könnten.

Die "Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)" hat interne Richtlinien zur Gewährung von Arbeitsplatzassistenz erarbeitet und aktualisiert sie bisweilen. Diese Richtlinien sind zwar nicht bindend, weil sie eben nur intern sind, entfalten trotzdem eine gewaltige Wirkung. Die Sachbearbeiter landauf, landab klammern sich regelrecht an sie.

Im Kern schlüsseln die BIH-Kriterien steigenden wöchentlichen Arbeitsplatzassistenzbedarfen monatliche Budgets zu. Dabei gehen sie, um Ihnen einen Anhaltspunkt für das Machbare zu geben, davon aus, dass der in der Regel anerkennbare Assistenzbedarf der Hälfte Ihrer Arbeitszeit entspricht. Wenn Sie also wöchentlich 38,5 Stunden arbeiten, dann können Sie - schlüssige Begründung vorausgesetzt - im Regelfall auf die Anerkennung von bis zu 19,25 Wochenstunden an Arbeitsplatzassistenz hoffen. Hierfür veranschlagen die Richtlinien monatliche Gesamtlohnkosten der Assistenz von 1.100 Euro.

3. Was kann ich außer Lohnkosten noch beantragen?

Wenn Sie Ihre Arbeitsplatzassistenz z.B. häufig mit auf Dienstreisen nehmen, dann können Sie auch diese "Sonderausgaben" geltend machen; sei es im Rahmen eines zusätzlichen monatlichen Budgets oder per Einzelantrag. Wenn Sie das Budget nehmen und selbst als Arbeitgeber Ihrer Arbeitsplatzassistenz auftreten, entstehen Ihnen zusätzliche Kosten für die Organisation dieses Arbeitsverhältnisses. Die BIH-Richtlinien billigen Ihnen hierfür monatlich 30 Euro zu, damit Sie z.B. einen Steuerberater mit der Lohnbuchhaltung beauftragen können.

4. Welcher Kostenträger ist zuständig?

Die Mittel zur Finanzierung von Arbeitsplatzassistenz kommen aus der Ausgleichsabgabe, die in der Bundesrepublik jene Arbeitgeber zu zahlen haben, die a) mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen und die b) weniger als 5 % ihrer Stellen mit Schwerbehinderten besetzt haben. Knapp eine halbe Milliarde Euro kommt dabei jährlich zusammen und dieses Geld ist ausschließlich der beruflichen Eingliederung Behinderter gewidmet. Verteilen tun es eigens dafür eingerichtete Behörden, die sog. "Integrationsämter. Bei ihnen ist denn auch der Antrag zu stellen.

Kompliziert wird es im Detail: Wie schon gesagt, kann Arbeitsplatzassistenz als Budget beantragt werden. Schwierig wird es dann, wenn ein schwerbehinderter Arbeitnehmer außer Assistenz zur Bewältigung seiner beruflichen Aufgaben z.B. auch noch pflegerische Unterstützung benötigt. In diesem Falle kann der Betroffene ein (kosten)trägerübergreifendes persönliches Budget beantragen. Doch was nach integrierter Leistung klingt, ist in der Praxis eine Sammlung von Budgetbescheiden unterschiedlicher Absender für unterschiedliche Zwecke. Immerhin erspart man sich als Schwerbehinderter die Einzelanträge.

5. Welche Rechtsgrundlagen gibt es für die Finanzierung von Arbeitsplatzassistenz?

Nun ist es an der Zeit, die verschiedenen Varianten der Finanzierung und Organisation von Arbeitsplatzassistenz näher zu betrachten: Selbst organisierte Assistenz: Der seit 2000 existierende Rechtsanspruch auf Arbeitsplatzassistenz findet seine gesetzliche Grundlage in § 102 (4) SGB IX. "Organisieren ist hier im doppelten Wortsinne zu begreifen: Zum einen obliegt es Ihnen als schwerbehindertem Erwerbstätigen, den Antrag zu stellen und Ihre Ansprüche durchzusetzen. Zum anderen entscheiden Sie darüber, in welcher Weise Sie sich Arbeitsplatzassistenz beschaffen. Sie mögen Ihr Budget an Ihren Arbeitgeber abtreten (Abtretungsmodell) und sich von ihm Assistenz zur Verfügung stellen lassen. Sie mögen die Assistenzleistungen von einer Dienstleistungsgesellschaft einkaufen (Einkaufsmodell) oder Sie mögen selbst Als Arbeitgeber Ihrer Assistenzkraft bzw. Ihrer Assistenzkräfte auftreten (Arbeitgebermodell). In jedem Fall ermöglicht Ihnen dieser Weg die Durchsetzung Ihrer Ansprüche nötigenfalls auch vor Gericht und er bietet Ihnen Selbstbestimmtheit, was Ihre Arbeitsassistenzauswahl, -Beschäftigungsform usw. angeht. Allerdings sind Sie dem Integrationsamt gegenüber auch dafür verantwortlich, dass die bewilligten Mittel zweckentsprechend eingesetzt werden. Das müssen Sie nachweisen können. Nicht zu vergessen: Für Ihre eingekaufte bzw. von Ihnen beschäftigte Assistenz sind Sie auch gegenüber Ihrem Arbeitgeber verantwortlich. Es empfiehlt sich, schriftlich zu fixieren, dass er Ihnen den "Gebrauch von Assistenz" am Arbeitsplatz genehmigt und welche räumlichen und technischen Ressourcen die Assistenz im Betrieb nutzen darf.

Alternativ kann auch Ihr Arbeitgeber den Antrag stellen (Arbeitgeberantrag) und sich dabei auf § 102 (3) SGB IX beziehen. Dabei handelt es sich, wie bei so vielem im SGB IX, um eine "Kann"-Bestimmung, worin der wohl größte Nachteil dieses Weges liegt. Auch haben Sie nur über Verhandlungen Einfluss auf die Auswahl Ihrer Arbeitsplatzassistenz und es stellt sich die Frage, was Sie tun können, wenn Ihr Arbeitgeber Sie arbeitsplatzassistenzmäßig nicht zufriedenstellend versorgt. Positiv für Sie ist, dass Sie sich um die Antragstellung selbst nicht zu kümmern brauchen, Ihr Arbeitgeber mit dem Integrationsamt verhandelt und hernach die Arbeitgeberpflichten gegenüber Ihrer Assistenz genauso übernimmt wie die ggf. nötigen Nachweise der zweckentsprechenden Mittelverwendung.

Ihr Arbeitgeber wiederum freut sich unter Umständen gemeinsam mit Ihnen über etwas großzügigere Mittelbewilligung, erst Recht, wenn er die 5 %-Pflichtbeschäftigungsquote der Ausgleichsabgabe erfüllt. Für gewöhnlich wird jemand aus Ihrem Kollegenkreis als Assistenz abgestellt und dessen Gehalt muss dann gegenfinanziert werden, auch wenn es über das entsprechende Budget des Rechtsanspruches moderat hinausgeht. Evtl. bewilligt das Integrationsamt streng genommen keine Arbeitsplatzassistenzfinanzierung, sondern einen sog. "Zuschuss wegen außergewöhnlicher Belastungen des Arbeitgebers" gemäß § 27 SchwbAV. In diesem Fall muss Ihr Arbeitgeber lediglich periodisch wiederkehrend dem Integrationsamt bestätigen, dass Sie noch bei ihm beschäftigt sind. Der auch als "Minderleistungsausgleich" bezeichnete Zuschuss kann gewährt werden, wenn davon auszugehen ist, dass behinderungsbedingt von Ihnen weniger Arbeitsleistung zu erwarten ist als von einem nicht behinderten Mitarbeiter.

6. Wie beantrage ich Arbeitsplatzassistenz?

Wir sprechen im Weiteren also nurmehr von selbst organisierter Arbeitsplatzassistenz, denn sonst müssten nicht Sie als Schwerbehinderter den Antrag stellen, sondern Ihr Arbeitgeber. Zur Vorbereitung des Antrages haben Sie einen Dreisprung zu leisten: Zunächst gilt es, Ihre Aufgaben im Job zu beschreiben. Evtl. hat das Ihr Arbeitgeber bereits in einer Stellenbeschreibung getan. In einem zweiten Schritt leiten Sie aus Ihren Aufgaben Ihren Assistenzbedarf in den Bereichen Information (Querlesen von Post ...), Kommunikation (Anbahnung von Vier-Augen-Gesprächen auf Tagungen ...), Organisation (Tischdekoration für ein Pressegespräch ...) und Mobilität (Begleitung auf Dienstreisen und -gängen ...) ab und schätzen den zeitmäßigen Umfang. Schließlich betrachten Sie sich diesen Assistenzbedarf und leiten aus ihm ein Qualifikationsprofil Ihrer künftigen Arbeitsplatzassistenz ab (EDV-Kenntnisse, Sprachen, Auftreten…). Dieses Vorgehen empfiehlt sich im übrigen auch, wenn der Arbeitgeber einen Antrag stellt.

Ihre Arbeitsplatzbeschreibung, die Beschreibung Ihres Assistenzbedarfes und das Anforderungsprofil der Assistenzkraft / der Assistenzkräfte legen Sie Ihrem formlosen Antrag an das Integrationsamt bei. Näheres zur Antragstellung können Sie dem Merkblatt des DVBS zur Beantragung von Arbeitsassistenz (www.dvbs-online.de) entnehmen.

7. Wie funktioniert das Abtretungsmodell?

Sie erklären gegenüber dem Integrationsamt nach erfolgter Budget-Bewilligung, dass Sie das Budget an Ihren Arbeitgeber abtreten und er Sie entsprechend des Bescheids mit Arbeitsassistenz versorgen wird. Ferner schließen Sie einen Vertrag über diese Budget-Abtretung und die Zurverfügungstellung von Arbeitsplatzassistenz durch den Arbeitgeber mit ebendiesem, Ihren Arbeitgeber. Sie mögen dabei in die Einzelheiten gehen, z.B. in Frage kommende Kollegen benennen, vor allem aber sollten Sie im Vertrag sagen, um was es geht, wie groß der Umfang ist und bis wann der Vertrag gültig ist, im Routinefall bzw. bei Uneinigkeit der Vertragspartner.

Mit diesem Vertrag können Sie dem Integrationsamt dokumentieren, dass Sie die bewilligten Mittel zweckentsprechend verwendet haben. Damit sind Sie aus dem Schneider und die Pflichten eines Arbeitgebers übernimmt auch für Ihre Assistenz Ihr Arbeitgeber. Von Nachteil ist, dass die Integrationsämter im Falle der Abtretung an den Arbeitgeber keine Regiekostenpauschale (Steuerberaterkosten…) zahlen. Weit schwerer wiegt aber, dass bei Streitigkeiten zur Arbeitsplatzassistenz im Folgenden stets auch das Beschäftigungsverhältnis zwischen Ihrem Arbeitgeber und Ihnen belastet sein dürfte, was Ihre Verhandlungsposition nicht unbedingt stärkt.

8. Was ist beim Einkaufsmodell zu beachten?

In vielen Orten gibt es Organisationen, die analog zur pflegerischen oder/und sozialen Betreuung älterer Menschen auch Arbeitsplatzassistenzleistungen anbieten. Mit Ihrem Budget können Sie dort "einkaufen". Zu beachten ist, dass in den Preisen solcher Anbieter zumeist Umsatzsteuer enthalten ist und sich die Anbieter die Organisation des Services natürlich bezahlen lassen. Es stellt sich also die Frage, ob Ihr Budget ausreicht, dort Arbeitsplatzassistenz in erforderlichem Umfang und mit den nötigen Qualifikationen zu bekommen. Vorteilhaft ist, dass Sie sich einerseits nicht um Arbeitgeberobliegenheiten kümmern müssen und andererseits feste Kalkulationsgrundlagen haben. Sie können dem Integrationsamt leicht Ihre Ausgaben belegen und müssen sich nicht selbst mit Dingen wie Vertretung im Urlaub oder Krankheitsfall der Arbeitsassistenz kümmern.

9. Was ist beim Arbeitgebermodell zu beachten?

Wenn Sie sich entscheiden, selbst Arbeitgeber Ihrer Assistenz zu sein, wachsen Ihr bürokratischer Aufwand und Ihre Verantwortung gleichermaßen deutlich. Von der Beantragung Ihrer Arbeitgebernummer bei der örtlichen Arbeitsagentur, über die Personalauswahl und die Vertragsgestaltung bis zur Anmeldung der Arbeitsverhältnisse bei der Sozialversicherung nebst der stetigen Beitragsnachweisungen und -abführungen gibt es eine Menge zu tun, was die meisten Menschen in ihrem Leben nie tun.

Sie treten als Arbeitgeber auf und es muss Ihnen klar sein, dass nur Sie allein verantwortlich dafür sind, dass Sie Ihren Teil der Abmachungen einhalten. Wenn Sie sich z.B. bei der Gehaltskalkulation vertun und im Nachhinein feststellen, dass Ihr Budget zur Deckung der Kosten nicht ausreicht, dann ist das Ihr Problem. Das Integrationsamt kann nichts dafür und im Nachhinein besteht kein Verhandlungsspielraum. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sie beschäftigen eine Assistenzkraft auf 400-Euro-Basis. Die verlangt unter Verweis auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes urplötzlich bezahlten Urlaub. Das kann Ihnen bei entsprechender Vertragsgestaltung tatsächlich passieren. Dann haben Sie womöglich gleich zwei Probleme: Erstens waren diese Kosten nicht einkalkuliert. Zweitens brauchen Sie Assistenz während dieser Urlaubstage, wenn sie nicht auch die Ihren sind, und dafür ist kein Geld mehr da. Schließlich: Es stellt sich die Frage, wer Ihnen beim Handling des Arbeitgebermodells assistiv zur Hand geht. Wenn Sie dies Ihrer Arbeitsplatzassistenz anvertrauen und sie z.B. Formulare sozusagen "in eigener Sache" ausfüllen lassen, können Sie selbst die Korrektheit der gemachten Angaben nicht überprüfen ...

Natürlich können Sie vieles delegieren, an einen Steuerberater beispielsweise, doch auch hier besteht die Gefahr, dass besagte Pauschale von 30 Euro monatlich nicht ausreicht, um alle anfallenden Regiekosten zu decken. Zum Verwendungsnachweis geben sich die Integrationsämter inzwischen mit Arbeitsverträgen zufrieden und bestehen nicht mehr auf Zahlungsbelege. Wer z.B. als Selbständiger oder Freiberufler über das entsprechende Know-how und das nötige Dienstleister- und Beraternetzwerk vom Lohnbuchhalter bis zum Arbeitgeberverband verfügt, für den ist das Arbeitgebermodell die mit Abstand selbstbestimmteste Art, Arbeitsplatzassistenz für sich zu organisieren. Wer Ihnen assistiert, wie und wie lange er das tut, bestimmen Sie allein. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil auch für schwerbehinderte Arbeitnehmer ist schließlich, dass ein mögliches Konfliktpotential mit Ihrem Arbeitgeber wegen Arbeitsplatzassistenz anders als beim Abtretungsmodell oder dem Minderleistungsausgleich gar nicht erst entstehen kann.

10. Wie kann ich Arbeitsverhältnisse mit Assistenzkräften möglichst einfach gestalten?

Hier sind fünf Tipps aus der Praxis für Sie, wobei Sie bitte bedenken, dass man vor Gericht und auf hoher See in Gottes Hand ist:

  1. In allen Arbeitsverträgen, aber auch bei zivilrechtlichen Verträgen im Rahmen des Einkaufsmodells, empfiehlt sich folgender sinngemäß gemeinter Passus: "Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass diese Vereinbarung nur in Kraft tritt und ihre Gültigkeit behält, sofern und solange eine Finanzierung durch das Integrationsamt gesichert ist." Damit erreichen Sie einerseits, dass Sie Verträge bereits vor der Kostenzusage des Integrationsamtes, wenn auch natürlich erst nach der Antragstellung, schließen können, und Sie schaffen sich andererseits eine Hintertür für eine außerordentliche Kündigung für den Fall, dass es Probleme mit dem Budget gibt.
  2. Definieren Sie vertraglich eine klare regelmäßige Arbeitszeit, die in der Regel gilt, und berücksichtigen Sie die gesetzlichen Regelungen zu "Arbeit auf Abruf", die z.B. besagen, dass der Arbeitnehmer das Recht hat, mindestens drei Stunden am Stück zu arbeiten. Am besten nennen Sie auch die Lage der Arbeitszeit, also die Verteilung auf die einzelnen Wochentage, wiederum als "in der Regel"-Vorschrift. Es mag verlockend sein, aus Gründen der Flexibilität ausschließlich "Arbeit auf Abruf" zu vereinbaren, aber was machen Sie, wenn die Assistenz keine Zeit hat und lieber auf den Lohn verzichtet?
  3. Legen Sie in Arbeitsverträgen am besten feste monatliche Zahlungen in Form von Arbeitnehmerbruttolöhnen fest. Das erspart Ihnen Arbeit. Sie können dann z.B. eine sog. Dauerbeitragsnachweisung an die Sozialversicherung schicken und einen Dauerauftrag einrichten, denn die Sachwalter (Krankenkasse, Minijob-Zentrale) werden äußerst ungemütlich, wenn zu spät gezahlt wird.
  4. Vereinbaren Sie die Führung von Arbeitszeitnachweisen durch die Assistenz. Den Urlaub können Sie auf das gesetzliche Mindestmaß von zwei Tagen pro Monat bezogen auf sechs Arbeitstage wöchentlich beschränken und weil Urlaub von Ihnen gegeben und nicht von der Assistenz genommen wird, können Sie dafür sorgen, dass die Assistenz ihren Urlaub in der Regel gemeinsam mit Ihnen antritt. Zu empfehlen ist ein Jahresarbeitszeitkonto, d.h. es wird vereinbart, dass die geschuldete Arbeitszeit zu einem bestimmten Stichtag erbracht ist. Das schafft Ihnen ein wenig Flexibilität.
  5. Binden Sie durch die Arbeitsverträge nie Ihr gesamtes Budget. Dies aus drei Gründen: Erstens können Sie auch bei sorgfältiger Vorbereitung anfallende Kosten übersehen und haben dann keine Reserven mehr. Zweitens können die Kosten von Arbeitsverträgen steigen, sei es durch steigende Sozialversicherungsbeiträge oder durch simple, Begehrlichkeiten weckende Rechtsprechung. Drittens können Sonderausgaben drohen, z.B. bei Krankheit der Assistenz (Vertretungskraft) oder bei Personalwechsel (Einarbeitung). Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist nicht, dass Sie Teile Ihres Budgets zurückzahlen müssen. Das Schlimmste, was Ihnen passieren kann, ist, dass Sie auf Kosten sitzen bleiben.

Einige Schlussbemerkungen:

Wichtig ist, dass Sie den Bewilligungsbescheid des Integrationsamtes genau lesen. Dies nicht nur deshalb, weil Sie feststellen wollen, ob die Bewilligung von Ihrem Antrag abweicht. Vor allem müssen Sie wissen, welche Rahmenwerte das Integrationsamt zu Grunde legt. Da kann es schon einmal sein, dass es von einem bestimmten Stundenlohn ausgeht, von dem Sie dann nicht ohne weiteres abweichen dürfen. Ihre Verpflichtungen gegenüber dem Integrationsamt können Sie vor allem diesem Bescheid entnehmen und wenn es hier Unklarheiten gibt, dann besteht Klärungsbedarf, vorzugsweise schriftlich.

Wie Assistenznehmer und Assistenzgeber zueinanderfinden, ist ebenfalls eine spannende Frage. Es gibt schwarze Bretter in Firmen und vor öffentlichen Gebäuden. Es gibt Jobservices bei örtlichen Arbeitsagenturen und an Unis... Was es nicht gibt, ob der differierenden Anforderungen an die Qualifikationen von Arbeitsplatzassistenten vielleicht auch nicht geben kann, ist ein Berufsbild "Arbeitsplatzassistenz". Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Wenn Ihnen Ihre Arbeitgebernummer erst einmal zugeteilt wurde, dann haben Sie die Gelegenheit, die Bundesagentur für Arbeit einmal von einer ganz anderen Seite her kennenzulernen. Die Kundenorientierung des dortigen Arbeitgeberservices ist mit der bei der Arbeitsvermittlung kaum zu vergleichen. Der Arbeitgeberservice arbeitet schnell und effektiv. Sie geben Ihm eine aus Assistenzbedarfsbeschreibung und Qualifikationsprofil leicht zu entwickelnde Stellenausschreibung und er vermittelt Ihnen binnen Tagen eine von Ihnen festgelegte Zahl von potentiellen Bewerbern.

  • Der DVBS wird voraussichtlich Ende August 2011 ein Wochenendseminar für Blinde und Sehbehinderte anbieten, die Arbeitsplatzassistenz für sich organisieren wollen oder müssen. Dort wird Gelegenheit sein, die angesprochenen Punkte zu vertiefen!
  • Im Folgenden hat der Fachbereich für Arbeit, Soziales und Wohnen der Stadt Marburg die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Studienassistenz zusammengestellt. Im Unterschied zu vielen anderen Eingliederungshilfeträgern werden die genannten Voraussetzungen im Marburg mit Verständnis für und mit fundiertem Wissen um die Situation blinder und sehbehinderter Studierender geprüft. Bemerkenswert war bereits die Herangehensweise des hiesigen Kostenträgers an die Übernahme der Leistung vom LWV (überörtlicher Sozialhilfeträger) als dieser vor einigen Jahren die Zuständigkeit für diese Aufgabe verlor: Fachbereichsleiterin Sonja Volkert rief damals beim DVBS an und fragte, ob man sich nicht einmal zusammensetzen könne, um sich über die Hintergründe und Praxis der zukünftigen Aufgabe auszutauschen. Gesagt, getan und das Ergebnis ist, dass auch aus der Sicht der DVBS Rechtsberatung in Marburg nur sehr selten Streitfälle im Bereich Studienassistenz entstehen. Natürlich gibt es Grenzfälle, über die sich streiten lässt. Was es in Marburg aber nicht gibt, das sind Bescheide, die von einer massiven Missbrauchsangst des Leistungsträgers geprägt sind oder - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - auch keine Bescheide, die von evident falschen Voraussetzungen ausgehen. Hierfür von den Koautoren dieses Artikels ein Dankeschön an die entsprechenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Marburg!

Der Schwarzschriftausgabe ist ein Bild beigefügt, es zeigt einen blinden Assistenznehmer, der den Ausführungen seiner Assistenzgeberin zuhört. Vorgelesen werden Inhalt, Struktur und Aufbau einer (nicht barrierefrei zugänglichen) Internetseite. Die Bildunterschrift lautet: Blinde arbeiten in vielen verschiedenen Berufen, von der Richterin über Call-Center-Agents bis zum EDV-Assistenten (Foto: DVBS itrol).

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Sonja Volkert

Studienassistenz

Was blinde und sehbehinderte Studierende betrifft, verstehen wir unter "Studienassistenz" in erster Linie die Unterstützung der Studierenden mit Vorlesekräften und die Ausstattung mit (in der Regel technischen) Hilfsmitteln.

Grundvoraussetzung für eine Antragstellung ist natürlich das Vorliegen einer Sehbehinderung bzw. Blindheit (als Nachweis genügt der Bezug von Blindengeld - in Hessen auch noch Sehbehindertengeld. Gibt es diesen nicht, kann auch eine augenfachärztliche Bescheinigung vorgelegt werden, aus der hervorgeht, dass der Mensch blind bzw. hochgradig sehbehindert ist).

Darüber hinaus benötigen wir eine Kopie des Schwerbehindertenausweises. Und der bzw. die Studierende muss immatrikuliert sein und aller Wahrscheinlichkeit nach auch das Studium beenden können und wollen.

Die von uns zu gewährenden Hilfen sind antragsabhängig. Der Antrag ist beim Fachdienst Soziale Leistungen erhältlich. Die dort gestellten Fragen sind auszufüllen und mit entsprechenden Nachweisen zu dokumentieren. Die Fragen umfassen zum einen persönliche Daten (Name, Vorname, Geburtsdatum, Anschrift) sowie Fragen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen (Einkommen, Vermögen, notwendige Ausgaben wie z.B. Miete, Versicherungen usw.). Ist jemand verheiratet und/oder lebt in einer Partnerschaft und/oder mit Kindern zusammen, so ist auch das Einkommen und Vermögen dieser Haushaltsangehörigen anzugeben.

Die Gewährung von Vorlesekräften, Hilfsmitteln usw. ist einkommens- und vermögensabhängig. Die Einkommensgrenze liegt zurzeit bei 728 Euro plus Kaltmiete, hinzu kommen ggf. Familienzuschläge für weitere Haushaltsangehörige. Die Vermögensfreigrenze liegt zurzeit bei 2.600 Euro.

Zu den Vorlesekräften

Neben den o.a. allgemeinen Nachweisen benötigen wir

  • eine aktuelle Studienbescheinigung
  • eine Bescheinigung der Uni über die Notwendigkeit und Höhe der benötigten Vorlesestunden

(Letztere erhält man in Marburg bei der Servicestelle für behinderte Studierende, Ansprechpartner ist Herr Visse.)

Der so ermittelte Umfang wird mit einem Stundensatz von derzeit 8,50 Euro vergütet. Es erfolgt eine monatliche Auszahlung des errechneten Betrages.

Nach Ende des Semesters erfolgt eine Spitzabrechnung. Das bedeutet, dass die sehbehinderten oder blinden Studierenden einen Nachweis darüber führen müssen, wann von wem wie lange vorgelesen wurde. Dieser Nachweis ist von der Vorlesekraft gegenzuzeichnen.

Zu den Hilfsmitteln

Auch hier benötigen wir

  • eine Bescheinigung der Uni über die Notwendigkeit der Anschaffung
  • 2 Kostenvoranschläge für das beantragte Hilfsmittel
  • Eine Auflistung über schon vorhandene Hilfsmittel mit Angabe, wie diese finanziert wurden
  • eine Ablehnung bzw. Teilbewilligung der jeweiligen Krankenkasse

Erhält eine Person Blindengeld, so kann dieses zu max. einem Drittel auf die beantragte Leistung angerechnet werden. Rechtsgrundlage für die v.g. Leistungen ist § 54 SGB XII.

In der Stadt Marburg ist es der Fachdienst Soziale Leistungen der Stadt, der für Studierende, die ihren Wohnsitz in Marburg (inkl. Stadtteile) haben, zuständig ist, während für Studierende, die im Landkreis wohnen, der Fachbereich Familie, Jugend und Soziales des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf zuständig ist.

Für Studierende, die in einer stationären Einrichtung oder in einer betreuten Wohnform leben, sind entweder der überörtliche Sozialhilfeträger (gibt es nicht mehr in allen Bundesländern) oder der Sozialhilfeträger des Heimatortes zuständig.

Für Studierende, die zu ihrer Blindheit oder Sehbehinderung auch noch eine körperliche Einschränkung im Sinne einer Pflegeabhängigkeit haben, gibt es zusätzliche Hilfen. Sie sollen den Teil der Pflegeabhängigkeit kompensieren, der über die Leistungen der Pflegekasse nicht bereits abgedeckt ist.

In allen vorgenannten Konstellationen ist es ratsam, sich einen Beratungstermin bei der zuständigen Sachbearbeiterin bzw. dem zuständigen Sachbearbeiter geben zu lassen.

Zur Autorin

Sonja Volkert ist die Leiterin des Fachbereichs 4 - Arbeit, Soziales und Wohnen in der Universitätsstadt Marburg.

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Andrea Katemann

Die Suche nach geeigneter Arbeitsassistenz

Die Aufgabengebiete einer Arbeitsplatzassistenz sind im Arbeitsalltag eines blinden oder sehbehinderten Berufstätigen unterschiedlich...

Es kann darum gehen, Vorlesetätigkeiten auszuüben, Informationen aufzubereiten, das Layout von Texten zu gestalten, in Texten auf Interpunktions- oder Rechtschreibfehler hinzuweisen, Abbildungen zu beschreiben, Softwareoberflächen oder schlecht zugängliche Webanwendungen gemeinsam zu testen bzw. zu erarbeiten oder Informationen, die schnell benötigt werden, zu recherchieren und dann zugänglich zu machen. In allen sozialen Berufen ist der Umgang mit Menschen eine wichtige Schlüsselqualifikation und es fallen spezielle Aufgaben an (vgl. Artikel von Bettina Winter in diesem Heft).

Somit empfiehlt es sich bei der Ausschreibung einer Assistenzstelle, sich über das zu leistende Tätigkeitsfeld weitgehend im Klaren zu sein und es entsprechend anzugeben. Dies gestaltet sich für neue MitarbeiterInnen unter Umständen besonders schwierig, da sich einige ihrer Arbeitsfelder erst zu Beginn der Arbeitsaufnahme entwickeln und möglicherweise nicht von vornherein feststehen. Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ist in solchen Fällen sinnvoll. Einige Assistenzsuchende befürworten ausschließlich eine befristete Einstellung ihrer Assistenz. Es wird aber durchaus als hilfreich bewertet, mit versierten Kräften lange zusammenzuarbeiten.

Manche Assistenzsuchende bereiten für die Vorstellungsgespräche Aufgabenstellungen vor, die dann von der Assistenz zu lösen sind. Von den jeweiligen Fähigkeiten hängt dann eine Einstellung ab. Hat man beispielsweise viele Außentermine, kann es sinnvoll sein, dass man sich von den Bewerbern oder Bewerberinnen ein Stück begleiten lässt. Auch die oben genannten Tätigkeiten lassen sich in einem Vorstellungsgespräch testen.

Wie in jedem Arbeitsverhältnis muss man sich auch bei der Einstellung von Assistenz mit dem Thema Führungskompetenz auseinandersetzen. So kann es passieren, dass man mit Assistenzkräften zu tun bekommt, die nach einer Arbeitspause wieder in den Beruf einsteigen, allerdings in ihrer vorhergehenden Tätigkeit entweder kaum im Team arbeiten mussten oder Leitende Positionen ausgeübt haben. Somit finden sie sich nun in einer Rolle wieder, die ungewohnt ist. Direkt einer Person unterstellt zu sein, die klare Arbeitsanweisungen erteilt, setzt ein Umdenken voraus. Die Person, die mit einer Assistenz zu tun hat, kann es für sich andererseits schwierig finden, Arbeitsanweisungen klar zu formulieren. Diese "Rollenfindungsprobleme" können zu Konflikten führen.

Im Gegensatz zu einigen Vereinen für körperbehinderte Menschen bieten die Blinden- und Sehbehindertenverbände kein festgelegtes Aus- oder Weiterbildungsprofil für Assistenzkräfte an, was sich ein Stück weit durch die vollkommen unterschiedlichen Tätigkeiten erklärt, die zu leisten sind. Ob und inwieweit solche Angebote benötigt werden, ist bisher kaum diskutiert. Veranstaltungen, die den Austausch der Betroffenen selbst ermöglichen, gibt es immer wieder, dann auch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen.

Zur weiteren Information

Innerhalb der Europäischen Union ist es das Royal National Institute of Blind People (RNIB) in Großbritannien, das anhand einer Studie aktuell dem Thema nachgeht. Dort führt man zurzeit eine Befragung Blinder und Sehbehinderter zum Thema ehrenamtliche Assistenz durch. Die betreffende Info auf der Homepage des RNIB finden Sie unter www.rnib.org.uk

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Bettina Winter

Unterrichtsassistenz: "Mein Auge"

Bereits zu Beginn meiner Ausbildung im Jahr 2002 ist mir als sehbehinderter Referendarin geraten worden, mit einer Unterrichtsassistenz zu arbeiten. Diesen Vorschlag habe ich mit wenig Begeisterung aufgenommen, weil ich zum einen meine Selbständigkeit bedroht und eine Kontrollinstanz auf mich zukommen sah, zum anderen, weil es für diese Tätigkeit kein klares Profil gab und bis heute nicht gibt.

Fest stand zumindest, dass das Integrationsamt des LWV die Kosten für die Assistenz in Höhe von 1100 Euro übernahm. Seit 2008 ist diese Aufgabe an die Schulämter delegiert worden, so dass sich das Schulamt und das Kultusministerium das monatliche Honorar teilen. Genehmigt werden nur noch 20 Wochenstunden á 10,91 Euro, so dass die Assistenz bei achtzig Stunden im Monat noch nicht einmal auf neunhundert Euro kommt. Ich habe mit all meinen Assistenzkräften bisher Honorarverträge geschlossen, weil es meiner Ansicht nach für beide Seiten das vorteilhafteste Modell ist.

Persönliche Anforderungen

Die Person, die sich vorstellt, muss mir grundsätzlich sympathisch sein, damit eine enge, persönliche Zusammenarbeit möglich ist. Eine fröhliche, offene und zugewandte Art schätze ich dabei sehr. Ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, spielt für mich keine Rolle. Entscheidend ist, dass diese Person gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen und offen auf sie zugehen kann. Auch wenn es sich um eine Tätigkeit in Gymnasialklassen handelt, bleiben einem die Pubertät und andere altersentsprechende Probleme und Zustände nicht erspart. Außerdem muss sie eine gute Beobachtungsgabe haben, um rechtzeitig wahrzunehmen, ob ein Schüler bedrückt oder sehr fröhlich aussieht, sehr oft blass ist… Das sind Informationen, die ich als sehbehinderte Kollegin im Zweifelsfall nicht wahrnehmen kann. Außerdem muss sich die Assistenz in der Lage sehen, Schüler selbständig auf bestimmte Dinge anzusprechen oder auf die Ansprache von Schülern angemessen zu reagieren. Entsprechend der Unterrichtssituation sollte eine Assistenz auch in der Lage sein, ein Gespür dafür zu entwickeln, in welcher Situation sie Schüler per Blickkontakt erreicht, sich verbal mir oder Schülern gegenüber äußern oder gegebenenfalls den Unterricht anhalten muss. Ich möchte keine Assistenz mit einer pädagogischen Ausbildung haben, da dieser Bereich mir vorbehalten ist und es erst gar nicht zu unnötigen Kompetenzstreitigkeiten kommt. Dadurch, dass sich der Stundenplan mindestens jedes halbe Jahr ändert und der Nachmittagsunterricht zur Regel geworden ist, muss eine Assistenz auch sehr flexibel und nicht zuletzt mit dem angebotenen Honorar einverstanden sein.

Aufgabenbereiche

Meine Assistenz hat im Unterrichtsalltag folgende Aufgaben: Sie guckt zunächst auf den Vertretungsplan und wichtige Aushänge im Lehrerzimmer und kontrolliert, ob und inwiefern wir betroffen sind. Sollten Zettel in meinem Fach sein, die ich nicht lesen kann, informiert sie mich auch über diese Inhalte. Im Unterricht selbst sitzt oder steht sie hinten im Klassenraum oder bewegt sich an der Seite. Der Raum vorne ist mir vorbehalten. Da ich den Unterricht vorbereite, durchführe und nachbereite, stehe ich auch im Unterricht im Zentrum als Lehrkraft in der Interaktion mit den Schülern. "Mein Auge", wie ich meine Assistenz oft nenne, steht mir in einer weniger zentralen Position stets zur Verfügung.

Sie nimmt die Schüler dran und macht sich Notizen zur quantitativen mündlichen Leistung. So ist am ehesten gewährleistet, dass alle Schüler möglichst abwechselnd aufgerufen werden. Da es in Klassen mit über dreißig Schülerinnen und Schülern nicht möglich ist, ständig alle Schüler aufzurufen, notiert sich die Assistenz auch die Zahl der Meldungen, so dass sich am Ende des Monats aus unseren jeweiligen Beobachtungen und Notizen eine differenzierte mündliche Note zusammensetzt. Der Vorwurf, dass ich einen Schüler ständig übersehe, ist mir durch dieses Verfahren bisher kaum gemacht worden. Zudem bin ich durch meine Assistenz in dieser Hinsicht rechtlich nicht angreifbar. Sollten Schüler stören, ist es die Aufgabe der Assistenz, je nach Situation durch Blicke oder Ansprache für Konzentration und Ruhe zu sorgen, denn oft kann ich die Quelle der Unruhe, auch wenn ich mich selbst im Raum bewege, nicht feststellen.

Die Assistenz braucht dem Unterrichtsgeschehen inhaltlich nicht zu folgen und kann sich somit nicht nur auf die Meldungen, sondern auch auf das Erscheinungsbild und das Verhalten der Schüler konzentrieren.

Besonders beim Bedienen von Medien ist die Assistenz wichtig, z.B. wenn der Overhead-Projektor scharf gestellt werden muss, die PCs im PC-Raum genutzt werden sollen oder eine DVD gezeigt werden soll.

Auch für die Schüler kann die Assistenz eine wertvolle Ansprechpartnerin sein. So wenden sie sich, wenn ich anderweitig beschäftigt bin, oft in informellen Gesprächen oder bei organisatorischen Belangen an die Assistenz.

Fazit

Alles in allem würde ich zwar nach wie vor am liebsten selbständig ohne Assistenz arbeiten, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit meinen Assistenzkräften stets sehr nette, fröhliche und offene Menschen kennen gelernt habe, die ich nicht nur persönlich schätze, sondern die mir und meinen Schülern die Zusammenarbeit erleichtern.

 

Zur Autorin

Bettina Winter besuchte die Deutsche Blindenstudienanstalt in Marburg. An der dortigen Philipps-Universität studierte sie anschließend Germanistik und Theologie für das Lehramt an Gymnasien. Heute unterrichtet sie am Gymnasium in Oberursel.

Zur weiteren Information

Unter der Überschrift "Lehrer und blind" stellt Zeit-Online zwei Pädagogen vor, die erfolgreich an Schulen in Baden-Württemberg und Bayern lehren. Tenor des Artikels ist, dass Schüler sehr unbefangen mit einer Behinderung umgehen und daher eine Schule, in der Menschen mit Behinderung lehren und lernen, einen wichtigen Beitrag zur Inklusion leistet: Zeit-Online: "Lehrer und blind": www.zeit.de/2011/02/C-Blinde-Lehrer?page=1

Der Schwarzschriftausgabe ist ein Foto beigefügt, das die Autorin im Unterricht zeigt. Die junge Frau sitzt am Lehrerpult und erläutert wohl gerade einen Unterrichtsinhalt, während ihr gegenüber und mit dem Rücken zu den Betrachtenden, drei Schüler sitzen.

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Erika Reischle-Schedler

Was geht wie mit wem um welchen Preis (nicht)?

Im Zeitalter beinahe selbstverständlicher Assistenzansprüche blinder und sehbehinderter Studierender und Berufstätiger mag ein Blick in die Vergangenheit erhellend sein. Denn mir fällt auf, wie sich von einer Generation zur anderen Grundhaltungen verändern.

Um zu beschreiben, was ich meine, schicke ich ein paar Worte zu meiner Person und meinem Berufs- und Lebensweg voran: Ich bin 1952 geboren, absolvierte bis zum Abitur an der Carl-Strehl-Schule vier Blindenschulen und studierte ev. Theologie und Kirchenmusik. Abgesehen von rudimentären Lichtwahrnehmungen verfüge ich über keinen Sehrest. Ich lebe allein. "Wie durch ein Wunder" wurde ich Dank eines einzigen vernünftigen Personalreferenten von der ev. Kirche in den Pfarrdienst und damit in einen beamtenähnlichen Status übernommen. Mit Aufgaben im Bereich beider Qualifikationen beinhaltete mein Dienstauftrag sehr unterschiedliche Mosaiksteine. So war ich fast zehn Jahre an einer Fachschule tätig, wo theologischer Unterricht in allen Disziplinen, Instrumentalunterricht (Orgel, Klavier, Blockflöte, Stimmbildung), Organistendienst, Heimseelsorge, Predigtauftrag und Konzerttätigkeit zu meinen Aufgaben zählten.

Bezüglich einer Assistenz war so gut wie nichts geregelt. Für die Korrektur von Hausarbeiten wurde mir eine Sekretärin zur Verfügung gestellt, aber sonst musste fast alles privat organisiert werden: Literaturbeschaffung spielte sich zu jener Zeit über Kompaktkassetten ab. Den Textservice des DVBS gab es zwar, er beschriftete allerdings nichts in Blindenschrift, und ich sah mich außerstande, auch dafür noch kostbare Ressourcen zu mobilisieren. Zum Glück übernahm die "Vereinigung Integrationsförderung" München, der ich bis heute ein dankbares Andenken bewahre, dies bei ihren Kassetten ganz selbstverständlich, und noch dazu zu deutlich billigerem Preis als der DVBS. Als ich zusätzlich einen Lehrauftrag für Hymnologie (Kirchenliedkunde) erhielt und mein Vorleser nicht mehr nur Noten, sondern auch alte Schrifttypen lesen musste, war es mein großes Glück, dass sich unter meinen Instrumentalschülern ein paar Begabte fanden, die Freude an ungewöhnlichen Aufgaben hatten. Wo sie für mich tätig wurden, zahlte ich immer privat. So manche haben dabei die Blindenschrift gelernt und aus der gemeinsamen Arbeit ergaben sich oft langjährige Freundschaften.

Später folgte ein neues Auftragsmosaik: "Normale" Gemeindearbeit, der genannte Hymnologielehrauftrag sowie die Nachwuchskirchenmusikerausbildung. Natürlich stellte mich die Gemeindearbeit vor neue Herausforderungen. Eine Sekretärin führte für mich die Kirchenbücher. Alles andere blieb mir überlassen. Mein Glück war, dass in meiner Nachbarschaft ein ehemaliger Diakon wohnte. Mit den Formalia, die zur Gemeindearbeit gehören, war er bestens vertraut, Griechischkenntnisse, die man für einschlägige theologische Literatur braucht, hatte er zudem, und sogar die Sensibilität für heikle Seelsorgesituationen brachte er mit!

Aber nicht immer war er verfügbar, vor allem nicht bei den meisten Hausbesuchen. Was nützt alle Mobilität in Bezug auf Straßen und Plätze, wenn es um Hausnummern und Klingelschilder geht?! Manchen wurde ich als die Pfarrerin bekannt, die oft auf Klingel-Hilfe angewiesen war. In allergrößter Not stellte ich mich mit erhobenem weißem Stock mitten auf die Straße und hielt Autofahrer an. Natürlich ging das nur, weil es sich um ein Wohngebiet mit Zone 30 handelte.

Mit dieser Auswahl an Beispielen möchte ich es in Bezug auf das Thema Assistenz bewenden lassen und noch einige grundsätzliche Bemerkungen, die sich für mich daraus ergeben, anfügen:

  • Hätte ich die Möglichkeit einer regelmäßigen, bezahlten Arbeitsassistenz gehabt - ich bin nicht sicher, ob ich sie in Anspruch genommen hätte. Denn dies hätte eines äußerst vielseitigen Assistenten bedurft, den es m. E. nicht gibt. Bliebe die Möglichkeit, aufzusplitten und für das eine Gebiet den einen, für das andere die andere in Anspruch zu nehmen - dann allerdings gälte es zu koordinieren, was schon ohne Rücksicht auf eine einzelne oder gar doppelte Teilzeitassistenz schwer genug sein kann. Das Modell, das ich für meinen Berufsweg gefunden habe, setzte sehr viel Kreativität voraus, generierte diese aber auch. Mit ganz unterschiedlichen Menschen entwickelt man gemeinsam immer wieder neue Lösungen. Solche Prozesse bilden Fundamente für tragfähige menschliche Beziehungen weit über das eigentliche berufliche Feld hinaus.
  • Mein individuelles Modell hatte unbestreitbare Vorteile: Selbst da, wo Geld seinen Besitzer wechselte, war die Hauptsache der Assistenz nicht Geld, sondern eine menschliche, beidseitig befruchtende, weit über die eigentliche Arbeit hinaus bereichernde Beziehung und keine "Dienstleistung". Die Tatsache, dass ich es dabei oft mit jungen Leuten zu tun hatte, erleichterte mir die Arbeit und das Leben enorm.
  • Gewisse Arbeitgeber können mit ihren Untergebenen nur dann umgehen, wenn sie in eine bestimmte Schublade passen. Ich passte nun mal nicht in die 08-15-Schublade, sicherlich nicht nur aus Gründen meiner Sehbehinderung, sondern schon allein durch meine Doppelqualifikation. Wie groß die Gefahr ist, über seine Kraft zu arbeiten, wurde mir allerdings erst bewusst, als es zu spät war.
  • Mir fällt auf, dass Blinde und Sehbehinderte der jüngeren Generation die anderen in der Bringschuld sehen: "Wir haben das Recht auf exakt die gleichen Bedingungen wie die sehenden Kollegen! Was wir dazu brauchen (z. B. Literatur, Assistenz), schuldet uns die Gesellschaft." Ich für mich habe das lebenslang genau andersherum gesehen: Ich gehöre zu einer Minderheit. Ich habe mich, soweit dies irgend geht, den Gegebenheiten anzupassen. Das dazu erforderliche, zusätzliche Engagement ist zuerst und vor allem meine Angelegenheit.
  • Die "inklusive" Herangehensweise an Probleme des Zusammenlebens Behinderter und nicht Behinderter erscheint mir zunehmend einseitiger: Immer stärker geraten festgeschriebene Regeln, Rechte, Statuten in den Blick. Immer weniger Augenmerk liegt auf der Erziehung zu gegenseitiger Achtsamkeit. Was uns fehlt, ist eine Kultur des Hinsehens und -hörens, des Spürens, was der andere braucht. Gerade uns behinderten Menschen kommt es m. E. zu, Menschen zu sensibilisieren. Muss alles mit Geld abgegolten sein? Ich behaupte: Nein! Menschliche Hilfsbereitschaft kostet keinen Cent. Der pensionierte Musiker von nebenan diktiert mir Noten, weil er mir gern einen Gefallen tut. Ich lade ihn zum Abendessen ein, weil es mir Spaß macht, für ihn zu kochen. Ich möchte nicht Teil einer durchorganisierten, kalten, rein technischen Konstellation sein! Ich möchte in einer Atmosphäre der gegenseitigen Achtsamkeit leben - und, wo diese außer Blick gerät, möchte ich sie anmahnen, nachdrücklich, auch und gerade im Kontext von Selbsthilfe!

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Henrike Bergermann

IT-Assistenz: Fragen und Antworten

Der blinde Mitarbeiter Wilhelm Gerike arbeitet seit 22 Jahren als EDV-Assistent im DVBS. Wie bekommt man eine Arbeitsplatzassistenz? Wo setzt man in diesem Arbeitsfeld Assistenz ein? Wie funktioniert die Beantragung? Wie geht es ihm mit seiner Assistenz? Welche Assistenzkräfte hat er und wo unterstützen sie ihn?

Im Rahmen meines fünfmonatigen Praktikums, das ich als blista-Schülerin der Fachoberschule Soziales in der Geschäftsstelle des DVBS absolviere, habe ich ihm eine Reihe von Fragen gestellt. Die Antworten sind nachfolgend jeweils zusammengefasst.

Beantragung und Finanzierung

Nachdem der Rechtsanspruch auf Assistenz gesetzlich verankert wurde, beantragte Herr Gerike auf Anraten der "Rechtsgelehrten" die Kostenübernahme für Assistenzleistungen, obwohl er auch vorher schon gern auf fremde Hilfe zurückgegriffen hätte. Nach der Einführung des Gesetzes ging alles innerhalb weniger Wochen über die Bühne. Neben dem Antrag wurden Kopien des Arbeitsvertrages und des Schwerbehindertenausweises an das Integrationsamt gesendet. "Ich musste mir genau überlegen, in welchem Bereich ich wie viel Assistenzleistungen brauchte", sagt er. Wichtig ist noch zu wissen, dass die Assistenz befristet (zwischen zwei und vier Jahren) eingestellt wird und aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert wird. In seinem Fall ist die Assistenz beim Arbeitgeber angestellt.

Berufliche Assistenz

Die Assistenzkraft kommt für vier Stunden in der Woche und unterstützt Herrn Gerike bei folgenden Aufgaben: Internetrecherche, Hilfe bei der Installation von Programmen, Begleitung zu Außenterminen und Messen, vorlesen aus Büchern oder Zeitschriften. All diese Tätigkeiten könnte er bei entsprechender Barrierefreiheit auch selbstständig bewältigen, das würde aber sehr viel länger dauern, wäre anstrengender und er würde nicht alle aktuellen Informationen aus der Fachpresse mitbekommen.

Private Assistenz

Zum Saubermachen, für den "Papierkrieg" und zum Einkaufen hat der Programmierer sich selbst eine private Assistenz gesucht. Diese wohnt jedoch nicht bei ihm, sondern kommt, wenn sie gebraucht wird. "Es findet bei den Blinden und Sehbehinderten in meinem Bekanntenkreis ein Umdenken statt. Noch in den 80er Jahren brachte man uns an der blista bei, alles allein machen zu können. Erfreulicherweise hat sich das geändert. Ich möchte meine private Assistenz nicht mehr missen", erklärt er.

Zwischenmenschliches

Nun wollte ich gerne noch wissen, wie Herr Gerike sich mit seiner Assistenz versteht und habe ihm deshalb noch Fragen zum Thema Vertrauen und gute und schlechte Erlebnisse gestellt. Hier seine Antworten: "Um Missverständnisse und Fehler zu vermeiden, sollte man immer besser einmal zu viel fragen als zu wenig. Denn für die Fehler der Assistenz bin ich vor meinem Arbeitgeber verantwortlich. Über Fehler untereinander sollte man immer offen reden und sich dann versprechen, dass es nicht mehr vorkommt." Es fiel ihm immer leicht, Vertrauen zu seinen Assistenzkräften aufzubauen, da sie sich auf Anhieb verstanden.

Nun möchte er noch von einem schlimmen und einem schönen Erlebnis erzählen. Beginnen möchte er mit dem schlimmen Erlebnis: Der Assistenznehmer wusste, dass seine Assistenzkraft eine Hundehaarallergie hat, er wusste jedoch nicht, welche Folgen dies haben kann. Als sie einmal in einem Raum arbeiten mussten, in dem sich vorher ein Hund aufgehalten hatte, bekam die Assistenzkraft einen allergischen Anfall. Der war so schlimm, dass sie zum Arzt musste. "Das hat mich ganz schön geschockt", sagt er.

Nun zu dem schönen Erlebnis, welches sich auf der "SightCity" ereignete. Dort waren sie am Stand der Mozilla Foundation und die Assistenz war ganz vernarrt auf das T-Shirt im Firmendesign, das ein Mitglied der Standbesatzung trug. Er hielt allen hartnäckigen Flirtversuchen stand und ließ sich nicht bewegen, sein Hemd herzugeben. An dieses Ereignis denkt Herr Gerike gerne zurück.

Zur Autorin

Henrike Bergermann ist 22 Jahre alt und aus Friedberg. Zurzeit absolviert sie die Fachoberschule Soziales an der blista und macht in diesem Rahmen ein fünfmonatiges Praktikum beim DVBS. Sie kann sich gut vorstellen, nach ihrem Fachabitur Blinde und Sehbehinderte zu beraten oder zu betreuen, da sie ihre eigenen Erfahrungen gerne an andere Betroffene weitergeben möchte und ihnen zeigen will, dass man auch trotz der Behinderung Spaß am Leben haben kann. Neben der Schule ist sie in zwei Bands aktiv. In der einen Band spielt sie Saxophon und in der anderen singt sie. Ihre weiteren Hobbys sind, Gymnastik, Tandem fahren, walken und natürlich Rock hören, um Texte für die Band zu üben.

Der Schwarzschriftausgabe sind zwei Fotos beigefügt. Das Bild zum Artikel zeigt Wilhelm Gerike mit seiner Assistentin, auf seine Anweisung hin überprüft sie die Steckverbindungen der EDV-Anschlüsse. Die Bildunterschrift lautet: Seit dem 1. Oktober 2000 haben schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz. Das zweite Foto zeigt die Autorin an ihrem blindengerechten PC-Arbeitsplatz, sie lächelt zu den Betrachtenden (Fotos: DVBS itrol).

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Mireille Henne

Assistenz - Nicht für, sondern mit ihr leben

Seit rund 11 Jahren nehme ich Assistenz über einen ambulanten Dienst in Anspruch. Mit ihr kompensiere ich meine körperbehinderungs- und blindheitsbedingten Einschränkungen.

Durch eine angeborene Bindegewebsschwäche habe ich starke motorische Beeinträchtigungen an allen Gliedmaßen und bin seit frühster Kindheit auf einen Rollstuhl angewiesen. Wegen eines zu spät erkannten Glaukoms erblindete ich als junge Erwachsene auf beiden Augen.

Mein täglicher Hilfebedarf

... umfasst das gesamte Spektrum von pflegerischen Hilfen über die hauswirtschaftliche Versorgung hin zu Vorlese- und Schreibtätigkeiten sowie der Gewährleistung meiner Mobilität. Finanziert wird die Assistenz über Leistungen der Pflegekasse sowie dem örtlichen Sozialhilfeträger. Der Bewilligung gingen Begutachtungen des medizinischen Dienstes der Krankenkasse sowie des Gesundheitsamts voraus.

Auf Grund meiner Doppelbehinderung und der damit verbundenen Engmaschigkeit an benötigten Hilfestellungen habe ich mich außer einigen wenigen Ausnahmen dafür entschieden, die Hilfen über einen einzigen Anbieter zu beziehen.

Um den Umfang an notwendigen Hilfen adäquat abdecken zu können, sind bei mir gegenwärtig sechs zumeist studentische Mitarbeiterinnen beschäftigt. Sie arbeiten im Durchschnitt ungefähr drei Jahre bei mir. Umgelegt auf den zurückliegenden Zeitraum in meiner Rolle als Assistenznehmerin waren damit bisher mittlerweile rund 35 Personen bei mir tätig.

Organisation und Gestaltung

Durch Assistenz ist es mir möglich, ein auf meine Bedürfnisse abgestimmtes Leben zu führen. Dabei genieße ich es sehr, selbstbestimmt über die Organisation und Gestaltung meines Alltags innerhalb und außerhalb meiner eigenen vier Wände entscheiden zu können.

Erst mit Assistenz kann ich wie selbstverständlich beispielsweise spontan spazieren gehen oder einen Einkaufsbummel machen, mich mit Freundinnen und Freunden verabreden, kulturelle Veranstaltungen besuchen, meinen Hobbys nachgehen oder, wie in der Vergangenheit geschehen, studieren. Umgekehrt interpretiere ich Assistenz für mich aber auch als existenziellen Freiraum, bestimmte Tätigkeiten bei Bedarf in die vollständige Verantwortung meiner Assistentinnen zu geben, ohne ständig permanent selbst anwesend sein zu müssen.

Nur durch eine explizit geschaffene Rückzugsmöglichkeit habe ich eine wirkliche Privatsphäre und kann die freigeschaufelte Auszeit dafür nutzen, meine begrenzten Energiereserven aufzutanken.

Möglichkeiten und Grenzen

Die Verwirklichung von Assistenz geht deshalb in meinen Augen weit über das schlichte Prinzip von Hilfe-Nehmen und Hilfe-Geben hinaus. Meinerseits erfordert sie ein hohes Maß an Anleitungskompetenz, Geduld und Toleranz. Von den Assistenzgeberinnen wünsche ich mir neben alltagspraktischen sowie EDV-bezogenen Kenntnissen vor allem eine offene, empathische sowie meinem eigenen Selbstverständnis von Assistenz entsprechende Bereitschaft für die auf sie zukommenden Aufgaben.

Vermutlich wird es kaum überraschen, dass die vorgeschlagenen Voraussetzungen für eine gelungene Assistenz nicht automatisch vorhanden sind und stets neu ausgelotet werden müssen. Für mich war und ist es manchmal noch heute ein mühsamer Lernprozess zu akzeptieren, dass die Umsetzung meiner formulierten Bedürfnisse nicht immer Eins zu Eins funktioniert. Mit dem Anspruch, allen alles abzuverlangen, waren und sind Konflikte erfahrungsgemäß vorprogrammiert.

Irgendwann habe ich damit begonnen, mich verstärkt auf die spezifischen Fähigkeiten meiner Assistentinnen einzulassen. So kann die eine möglicherweise im Rekordtempo einen von mir diktierten Text in den Computer tippen. Eine andere hat vielleicht ein besonderes Händchen dafür, mich in meiner Lieblingsboutique kleidungstechnisch zu beraten.

Unabhängigkeit versus Abhängigkeit

Natürlich spiegelt sich in der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen von Assistenz auch das Thema von Unabhängigkeit versus Abhängigkeit wider. In den meisten Fällen überwiegt zwar das erhabene Gefühl, trotz oder gerade auch wegen des kompakten Unterstützungssystems in jeglicher Hinsicht autonom zu sein. Dann gibt es aber auch Momente, in denen es mir eine Menge Kraft abverlangt, meine Assistenzsituation mit all ihren persönlichen sowie strukturellen Voraussetzungen und Unwägbarkeiten anzunehmen und das Beste daraus zu machen.

Als eine der wesentlichen Herausforderungen in Bezug auf mein Leben mit Assistenz empfinde ich aber die oft bevormundenden Reaktionen der Umwelt. Für meine Assistentinnen und mich ist unser Verhältnis zueinander klar definiert. Von außen gesehen wirken wir dagegen scheinbar wie eine Pflegekraft und ihre zu Betreuende. Nicht selten kommt es vor, dass meinen Begleitpersonen geantwortet wird, wenn ich etwas frage. Auch werden meine Mitarbeiterinnen des Öfteren über meinen Kopf hinweg gebeten, bei Terminen dabeizubleiben. Somit bin ich also in solchen Augenblicken stets dazu gezwungen, die Aufmerksamkeit auf meine Person sowie meine Anliegen zurückzulenken.

Schlussendlich ist Assistenz wohl immer ein Stück weit auch Ambivalenz. Einerseits dämpfen die skizzierten Anstrengungen und Schwierigkeiten bedauerlicherweise hin und wieder den Stolz und die Zufriedenheit über das bisher Erreichte. Glücklicherweise entspricht ihre Definition andererseits tröstlicherweise meinen Vorstellungen einer individuellen Lebensverwirklichung für Menschen mit Behinderung.

In der Schwarzschriftausgabe sind zwei Fotos beigefügt, auf beiden sind die Autorin und ihre Assistentin zu sehen. Das erste zeigt sie beim Überqueren einer Straße, die Autorin sitzt im Rollstuhl, die Assistentin schiebt, beide scheinen zugleich in vergnüglichem Austausch zu sein. Das zweite Motiv ist vor der Ladentheke einer Bäckerei aufgenommen, beide können die Auslagen hinter dem Glas der Theke betrachten, aber nur die (stehende) Assistentin kann die Ware entgegennehmen und Geld hinüberreichen. Die Bildunterschrift lautet: Durch Assistenz ist es möglich, ein selbstbestimmtes Leben zu führen (Fotos: DVBS itrol).

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Claudine Damay

Sexualität und Behinderung - das ultimative Tabu

Im Sommer 2009 berichtete die Presse über die Diplomierung der ersten Sexualassistentinnen und -assistenten für Behinderte in der Romandie. In der Deutschschweiz sind solche "BerührerInnen" schon seit einigen Jahren im Einsatz. In unseren Kreisen weckte das Ereignis kaum ein Echo. Sind Sehbehinderte davon nicht auch betroffen, oder ist das Sexleben von Behinderten nach wie vor ein absolutes Tabu?

Was heißt Sexualassistenz?

Gemeint ist ein Beitrag zum körperlichen Wohlbefinden einer behinderten Person, die den Wunsch danach äußert. Wie weit das geht, wird zwischen Assistent/in und Begünstigter/m vereinbart. Dabei ist es nicht Aufgabe der Sexualassistenz, emotionale Defizite auszugleichen. Geboten wird eine bezahlte Dienstleistung, die rund 150 Franken pro Stunde kostet. Das Honorar ist nicht auf Profit ausgerichtet, sondern soll die Rollen der Beteiligten klarstellen: Es handelt sich um einen Partnerschaftsvertrag, der keinem der beiden Macht über den anderen einräumt.

Wer arbeitet als Sexualassistent/in?

Die frisch Diplomierten wurden sorgfältig ausgewählt und mussten einen einjährigen, rund 320 Stunden umfassenden Lehrgang absolvieren. Auf dem Lehrplan standen primär die Arten von Behinderungen sowie Recht und Ethik. In der Praxis werden Sexualassistenten durch Supervisoren betreut und müssen sich fortbilden. Sie stammen aus allen sozialen und kulturellen Schichten, müssen mindestens 30 Jahre alt und berufstätig sein.

Die Reaktionen der Öffentlichkeit

In Internet-Foren findet man sehr unterschiedliche Reaktionen, teils von begeisterten Leuten, die es nur für gerecht halten, Behinderten endlich Gelegenheit zu geben, ihre Sexualität auszuleben, teils von frustrierten Zeitgenossen, die nicht einsehen, warum Behinderte, die ja per se unter ihnen stehen, in den Genuss von Annehmlichkeiten kommen sollen, die ihnen verwehrt sind. Ein paar Gutmenschen sind überzeugt, Behinderte stünden in Sachen Sex weit über den Dingen oder seien zumindest in der Lage, solch gemeine Triebe zu besiegen. Von Betroffenen selbst gibt es so gut wie keine Meldungen.

Sexualassistenz und Sehbehinderung

Auf den ersten Blick könnte man meinen, Sehbehinderte gehe das Thema gar nichts an, weil sie ja in ihrer Kommunikation nicht eingeschränkt sind und ihre Chancen auf die große Liebe oder auch den One-Night-Stand, ob mit oder ohne Bezahlung, ebenso gut stehen wie bei Sehenden. Wie einer meiner Freunde sagen würde: "Sich mit einer Prostituierten zu amüsieren, ist ganz einfach. Das Problem ist, dort hinzukommen ..."

Hüten wir uns jedoch vor vorschnellen Urteilen. Wenn jemand, der von Geburt an blind ist, seine ersten sexuellen Erfahrungen sammelt, ist es sicher gar nicht so einfach, einen anderen Körper allein mit dem Tastsinn zu erkunden. Wäre es für den oder die Betreffende(n) nicht viel sicherer, diese ersten Schritte mit einer solide ausgebildeten, einfühlsamen Bezugsperson zu unternehmen? Noch schwieriger ist wohl der leider gar nicht seltene Fall, dass jemand erst das Augenlicht und dann auch noch den Lebenspartner verliert, weil dieser mit der neuen Situation nicht fertig wird. Welche Gefühle hat man gegenüber dem eigenen Körper, den man nicht mehr oder nur mit Mühe sieht? Wäre es nicht beruhigend, wenn man sich in einem geschützten Umfeld damit vertraut machen könnte? Und da es ja um die Überwindung von Tabus geht: Wer weiß schon, wie viele Sehbehinderte schlicht und einfach nie Gelegenheit hatten, jemanden kennen zu lernen, und sich nun stillschweigend mit ihrer Einsamkeit abfinden?

Viele Fragen, viele Antworten

Das alles sollte zu einigen Fragen anregen, die man eigentlich nicht zu stellen wagt. Es geht nicht darum zu behaupten, Sexualassistenz sei eine gute Lösung für die affektiven und sexuellen Schwierigkeiten sehbehinderter Menschen, denn sie kann allenfalls einen gelegentlich willkommenen Ersatz bieten. Allein das Wissen, dass es so etwas gibt, gibt manchen vielleicht Kraft. Offen darüber zu sprechen ist jedoch der erste Schritt, um das ultimative Tabu zu durchbrechen und unsere Sexualität auf dieselbe Stufe zu stellen wie die aller anderen - ein komplexes Unterfangen, bei dem jemand, der nicht den Vorzug einer stabilen emotionalen Beziehung genießt, nur mit Mühe den eigenen Platz findet.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung: "der Weg 2/2011", Mitgliederzeitschrift des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes.

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Dr. Imke Troltenier

Eine Fortbildung wäre gar nicht so schlecht...

Sehassistenz, Arbeitsassistenz, Vorlesekraft, Reiseassistenz, "mein Auge", meine Studienfreundin, jemand, der auf den ersten Blick sieht, dass die gesuchte Sache in Zeile 400 steht, der mir zeitaufwendiges Suchen erspart, der die fehlenden Augen ersetzt, wenn es um den Kontakt mit anderen Menschen geht... - die Anforderungen und Erwartungen an Assistenzkräfte im Kontext von Beruf und Studium sind so vielfältig wie die Sparten der Bildungswege und der Arbeitskultur in unserer Gesellschaft.

Wie aber sieht es auf der anderen Seite aus? Warum arbeiten Sehende als Assistenzgeberinnen und Assistenzgeber? Welche Erwartungen haben sie an diesen Arbeitsbereich? Was läuft gut, was wird als schwierig empfunden und auf was kommt es an?

Rund ein Dutzend Assistenzkräfte haben wir in den vergangenen Wochen befragt: Zu den Rahmenbedingungen, ihrer Arbeitszufriedenheit, ihren Erfahrungen. Die Befragten wurden zufällig ausgewählt und wenn auch die 15 Leitfragen systematisch angelegt waren, so erhebt diese kleine Expertise keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Es geht um Momentaufnahmen, um Einblicke, Impulse und Anregungen. Für ihre Bereitschaft, uns diese mitzuteilen, danken wir allen Befragten sehr herzlich!

Die Chemie muss stimmen

Die Chemie muss stimmen, da waren sich alle Befragten einig. Und wer mit unterschiedlichen Assistenznehmerinnen und -nehmern arbeitet, der braucht die Flexibilität, sich auf unterschiedliche Persönlichkeiten einstellen zu können. Dennoch stand bei keinem einzigen unserer Befragten bei der Stellenbewerbung der Aspekt der "Assistenz" im Vordergrund. Man suchte eine Anstellung im Feld der eigenen Berufsqualifikation, einen Job, um sich "über Wasser" zu halten oder wollte sich als studentische Hilfskraft ein Zubrot zum Lebensunterhalt verdienen. Den Nettoverdienst pro Stunde gaben die Befragten mit 8 bis 12 EURO an.

Bezüglich der Anforderungen im Bereich "Assistenz" sagten die meisten, sie seien "ins kalte Wasser gesprungen", hätten kein Training absolviert und kannten entsprechende Möglichkeiten nicht. "Also, ich bin mit einem Haufen Neugier darangegangen, wollte gucken, was passiert und hatte viel Glück", meinte eine der Befragten und andere: "Ich hatte null Ahnung, hab halt Augen und Ohren aufgesperrt und bin da reingewachsen" oder "Ich lese gern vor, kannte meine blinde Kommilitonin und wir waren uns sehr sympathisch. So konnte ich sie alles fragen, das war ein guter Beginn." Wer aber zum Beispiel ein LPF-Training wahrnehmen konnte, der weiß den Wert dieser Fortbildung zu schätzen: "Wir haben uns wechselseitig Brillen aufgesetzt, haben uns wie Blinde durch die Stadt geführt, sind auch mal Bus gefahren oder Essen gegangen. Das war spannend, hat mir einiges klargemacht und irgendwie auch mehr Sicherheit für den Umgang gebracht."

"Assistenz braucht klare Regeln", betonen Brita Kortus und Franz-Josef Visse. Die Beauftragten für behinderte Studierende der Philipps-Universität Marburg und Mitarbeiter der dortigen "Servicestelle für behinderte Studierende" (SBS) sind seit 1987 schwerpunktmäßig für die Studienunterstützung von rund 150 Blinden und hochgradig Sehbehinderten zuständig (vergl. horus 3/2009). "'Macht mal' haut nicht hin, es braucht einen einheitlichen Standard", so Visse schmunzelnd. Regelmäßige Treffen stellen in der SBS den Austausch mit dem und innerhalb des von studentischen Hilfskräften gebildeten Assistenzteams sicher, denn was selten vorkommt, gibt es manchmal eben doch: Dass Hilfe überstrapaziert wird oder die Grenze zwischen wissenschaftlicher Arbeit und Zuarbeit verschwimmt: "Die inhaltlichen Vorgaben müssen von den Kunden kommen, die Unterstützung beschränkt sich auf die aufgrund des fehlenden Sehvermögens notwendige Assistenz", stellt Kortus klar. Die bei der SBS angebotenen Jobs als studentische Hilfskräfte zur "Studienassistenz" sind durchaus begehrt.

Vielfalt der Erkenntniswege

Assistenz zu leisten macht Freude. Denn: "Was mich immer wieder vollkommen begeistert, das ist die Unterschiedlichkeit der Erkenntniswege. Für mich ist es oft wie eine Abenteuerreise, zu entdecken, wie sehr sich das Denken von Sehenden allerorts mit Visualisierung verknüpft und sich damit auch immer wieder selbst beschränkt." oder "Ich glaube, wir sind ein besonders gutes Team, gerade weil das Verbalisieren grundsätzlich eine so große Rolle spielt. Das Reden fällt leicht und wird leicht gemacht." oder "Was ich wirklich bewundere und auch für mich als Vorbild nehme, das ist der Mut, sich mit dem Stock zurechtzufinden, allein unterwegs zu sein, das Selbstbewusstsein und noch so einiges..." oder "Eigentlich ist der Umgang nicht anders als mit Sehenden. Nur du sagst halt schon mal: 'Achtung, da steht eine Schublade auf' oder 'Vorsicht, die Tür!'".

Wird die Assistenz den Geberinnen und Gebern auch mal zur Last? Nicht immer sei es einfach, die Balancen zu finden: Gemeint waren etwa die Balance zwischen"Betüteln" und "Alleinlassen", zwischen der als sinnvoll oder übergriffig bewerteten, eigenen Mittlerfunktion von Stimmungen im Team oder während der Meetings mit Geschäftspartnern. "Wenn sie sehen könnten, wüssten sie, dass da was nicht stimmt. Aber ich bin da oft im Zwiespalt und weiß nicht, ob ich mich einmischen und meine Wahrnehmungen einbringen soll", erklärte einer der Befragten und meinte, dass sowohl die Wahrnehmung solcher Balanceprobleme wie auch deren Lösung Sache der jeweiligen Tagesform seien: "Du weißt ja gar nicht, wie man sich da richtig verhält".

Gleich und konkret ansprechen!

In punkto Arbeitstempo berichten viele der Befragten von divergierenden Vorstellungen und Klärungsbedarf: "Die Arbeitsweise ist anders und so wird auch der Umfang manchmal anders beurteilt.", "Der Zeitrahmen wird anders eingeschätzt. Manches, was schnell zu erledigen ist, wird als 'Mordsding' eingestuft und andersherum." oder "Manchmal wird nicht gesehen, wie viel Arbeit anliegt". Auch geduldigen Assistentinnen und Assistenten fehlt die Geduld, darauf zu warten, dass man sie danach fragt. Und so zeichnet sich für alle eindeutig das Motto: "Nicht jammern, sondern gleich und konkret ansprechen!" als Königsweg ab. Allerdings fällt die dazu nötige Spontaneität bzw. der Erwerb der entsprechenden Kommunikationskompetenz der einen leichter als dem anderen: "Ich finde, dass man erst lernen muss, auch mal 'Nein' zu sagen.", "Manchmal habe ich schon das Gefühl, man wird einfach so aufgesaugt.", "Meist schaffe ich es zu sagen, einen kleinen Moment! Ich muss erst noch dies oder jenes fertig machen. Aber manchmal lasse ich mich auch hetzen.", "Ist doch klar, ich muss es erwähnen, damit Rücksicht genommen werden kann.", "Ich bin grundsätzlich ein ziemlich offener Mensch und spreche es gleich an, wenn ich mit etwas nicht zufrieden bin." oder "Das Wichtige bringe ich halt immer gleich auf den Punkt!", lauteten die Antworten.

Dabei steht in der Kommunikation das "Du" zwischen den befragten Assistenzgebern und ihren Arbeit- bzw. Auftraggebern durchweg hoch im Kurs. Es ist sicherlich ein Hinweis darauf, dass dem gegenseitigen Vertrauen im Verhältnis von Assistenzgeber und -nehmer eine besonders bedeutsame Rolle zukommt: "Mir war klar, dass die Zusammenarbeit vertrauensvoll sein muss. Als blinder Mensch muss man glauben, was der Assistenzgeber vorliest oder zur Unterschrift vorlegt", "Wirklich bewusst geworden ist mir der Umfang von Assistenz, als mir klar wurde, wie viel Vertrauen der Assistenznehmer einfach haben muss. Beim Vorlesen der Post weiß man ja vorher nicht, was drinsteht. Da können auch mal sehr private Dinge dazwischen gerutscht sein.", "Vertrauen fängt ja schon im Kleinen an, etwa beim Wechselgeld für den Kaffee, den ich unterwegs hole. Aber bei uns lief es einfach verdammt gut. Nie hatte ich das Gefühl, ich muss beweisen, dass man mir vertrauen kann.", "Ich glaube, blinde und stark sehbehinderte Menschen können es sehr gut einschätzen, wem sie vertrauen können und wem nicht. Aber ich selbst könnte das nach einem ersten Bewerbungsgespräch niemals."

Wo gehobelt wird, fallen Späne?

"Am Schlimmsten finde ich es, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Wenn ich etwas hätte sehen müssen und habe es nicht gesehen", meinte eine der Befragten. Andere berichteten gelassener: "Fehler passieren, gerade am Anfang, als wir noch keine Routine in der Zusammenarbeit hatten. Er war da sehr großzügig, hat einfach abgewartet, bis ich eine brauchbare Technik und Routine gefunden hatte." oder "Wenn Fehler vorkommen, wird schon genau geschaut wieso, weshalb, warum, aber ansonsten bleibt es beim 'Blöd gelaufen'. Einmal haben wir unseren Chef zu einem Termin geschickt, der gar nicht stattfand. Aber bis er ins Büro zurückkam, war der Rauch verblasen.", "Mein Vater hat sich einst auf dem Weihnachtsmarkt als überaus unbeholfener Helfer erwiesen und damit viel Zorn geerntet. Als er einer blinden Frau auf die Stufe zu einer der Holzbuden half, hatte er nicht im Blick, dass sich die Frau oben an der Dachschräge den Kopf stoßen würde. Nach zehn Jahren Assistenz hat man das automatisch im Blick, aber mein Vater war danach ganz durcheinander. Er wollte doch nur freundlich sein."

Grundsätzlich waren die von uns befragten Assistenzgeberinnen und -geber durchweg angetan von der Fehlertoleranz ihrer Assistenznehmer: Ja, wo gehobelt wird, fallen Späne: "Ob rechts oder links, fünf Stufen oder sechs - beim Führen bin ich manchmal echt schlecht und froh, dass man das dann immer wieder mit Humor nimmt. Aber eine Fortbildung wäre gar nicht so schlecht."

In der Schwarzschriftausgabe sind dem Artikel zwei Fotos beigefügt. Das kleinere zeigt die Beauftragten für behinderte Studierende der Philipps-Universität Marburg. Brita Kortus, eine zierliche Frau, blickt offen und freundlich in die Kamera. Franz-Josef Visse, ein Mann mit grauem Vollbart, lächelt. Die Bildunterschrift lautet: Brita Kortus und Franz-Josef Visse sind in der Servicestelle für behinderte Studierende schwerpunktmäßig für die Studienunterstützung Sehgeschädigter tätig. Das zweite Foto zeigt Mirelle Henne mit ihrer Assistentin vor einem öffentlichen Bankautomaten. Die Rollstuhlfahrerin erreicht das Bedienfeld nicht und so übernimmt die Assistentin die Eingabe der sensiblen Daten. Die Bildunterschrift lautet: Vertrauen fängt schon im Kleinen an (Fotos: DVBS itrol).

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Bücher

Manfred Fenner

Hörtipp 1: Spektrum der Wissenschaft

Viele Wissenschaftsdisziplinen haben in den letzten Jahrzehnten einen rasanten Aufschwung genommen und üben in immer stärkerem Maß einen direkten Einfluss auf die Entwicklung unseres Lebens aus. Einige Stichworte sind das Humangenomprojekt, die Gen- und Biotechnologie, die Informationstechnologie, aber auch die Auswirkungen des Klimawandels und einer zunehmenden Umweltzerstörung.

In dieser Horusausgabe möchte ich Sie daher über eines der zahlreichen Zeitschriftenabonnements informieren, mit denen der DVBS Monat für Monat aktuelle Informationen als DAISY-Hörbuch für seine Hörer bereitstellt. Die Zeitschrift, die ich seit vielen Jahren betreue, ist das bekannte "Spektrum der Wissenschaft". Ursprünglich als deutsche Ausgabe des "Scientific American" konzipiert, hat sich "Spektrum" im Lauf der Jahre zu einem Klassiker der deutschen Wissenschaftsmagazine entwickelt. Die DAISY-Hörbücher bringen auf jeweils gut 7 bis 8 Stunden Laufzeit konzentriertes und kompetent vermitteltes Wissen auf hohem Niveau aus so ziemlich allen Bereichen der Natur- und Geisteswissenschaften unter den Rubriken "Forschung aktuell", "Medizin & Biologie", "Physik & Astronomie", "Mensch & Kultur", "Erde & Umwelt", "Technik & Computer" und vieles andere mehr.

Frühmeldesystem für innovative wissenschaftliche und technologische Entwicklungen

Das alles wie gesagt auf hohem sachlichen Niveau, kompetent und authentisch, denn hier schreiben international renommierte Wissenschaftler, darunter zahlreiche Nobelpreisträger und solche, die es werden wollen und oft auch irgendwann tatsächlich werden, selbst über ihre Arbeiten. Bis diese Erkenntnisse Allgemeingut werden oder auch Anwendungen finden, vergehen oft Jahre. Dieser Informationsvorsprung macht "Spektrum der Wissenschaft" zu einem Frühmeldesystem für innovative wissenschaftliche und technologische Entwicklungen.

Dabei hat sich "Spektrum der Wissenschaft" mit den Jahren vermehrt auch sensiblen naturwissenschaftlichen Themen zugewandt, um ihrem Leserkreis fundierte Argumente für öffentliche Diskussionen an die Hand zu geben. Dass die Zeitschrift sich ebenso Entwicklungen der modernen Geisteswissenschaften zuwendet, zeigt eine aktuelle Artikelserie über Fragen der modernen Philosophie, wie "Was ist Bewusstsein?" oder "Was ist Willensfreiheit?". Insgesamt liefert die Zeitschrift also eine Menge Information und Stoff für alle, die fächerübergreifend über Themen der modernen Wissenschaften informiert sein möchten.

"Spektrum der Wissenschaft" ist als DAISY-CD im MP3-Format nur im Abonnement erhältlich. Die Hörversion (12 Ausgaben pro Jahr) kostet 99 Euro. Das Schnupperabo mit drei Probeausgaben gibt es zum Aktionspreis von 15 Euro. Für weitere Informationen und Bestellung wenden Sie sich bitte vormittags an Frau Preis, DVBS-Textservice, Frauenbergstr. 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421-94888-25, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Darüber hinaus produziert der DVBS-Textservice die folgenden Zeitschriften auf DAISY-CD im MP3-Format und bietet sie im Abonnement an: Bild der Wissenschaft (12 Ausgaben je ca. 9 Stunden, 84 Euro), BAGSO-Nachrichten - Zeitschrift für Seniorenarbeit und Seniorenpolitik (4 Ausgaben je rund 5 Stunden, 25 Euro), Pro Alter - Zeitschrift des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (6 Ausgaben je ca. 5 Stunden, 25 Euro).

Zum Sprecher

Manfred Fenner liest seit vielen Jahren für die Deutsche Blindenhörbücherei und den DVBS. Darüber hinaus ist er aber auch immer wieder als Hörbuchsprecher für kommerzielle Verlage tätig: "Wichtig ist mir, dass die Hörerinnen und Hörer auch gerade bei Sachtexten nie das Gefühl haben, einfach nur Informationen vorgelesen zu bekommen. Ich möchte erreichen, dass man auch bei den anspruchsvolleren Artikeln vor allem gut zuhören kann und das Gefühl hat, spannend informiert zu werden, ohne dass der Sprecher sich andererseits zu sehr in den Vordergrund spielt. Aus vielen Hörerrückmeldungen erfahre ich, dass mir das mittlerweile gut gelingt."

"In der Tat ist Manfred Fenner für unser Sprecherteam ein großer Gewinn", unterstreicht Sabine Hahn vom DVBS-Textservice: "Dass er eine professionelle Sprecherausbildung hat, hört man sowieso. Aber dank seiner akademischen Ausbildung hat er einen Blick fürs Wesentliche. Er kann komplexe Sachverhalte oder optisch durchaus verwirrend aufbereitetes Material wie Tabellen und wissenschaftliche Abbildungen in einfachen Worten kurz und prägnant wiedergeben, ruhig und mit angenehm wohlklingender Stimme. Nicht nur unter den Hörerinnen und Hörern von "Spektrum der Wissenschaft" hat er viele Fans. Seine öffentlichen Lesungen, z. B. im Rahmen des "Marburger Krimifestivals", gehören zu den Veranstaltungen, die einen Besuch Wert sind." Seine sprecherische Ausbildung erhielt Manfred Fenner bei dem Sprecherzieher und Hörbuchverleger Hans Eckardt sowie beim blinden Sprecher und ehemaligen Leiter der Bayerischen Blindenhörbücherei Reiner Unglaub. Er studierte zunächst Germanistik, Politologie und Geschichte und danach in einem zweiten Studium Mathematik und Informatik (Foto: DVBS itrol).

Das Motiv in der Schwarzschriftausgabe zeigt Manfred Fenner beim Auflesen in einer der Sprecherkabinen des DVBS: Kurzes, grau meliertes Haar, grünes Hemd, grauer Pulli - der Aufleser lächelt freundlich zu den Betrachtenden hin. Das Magazin liegt aufgeschlagen vor ihm, das Mikrofon ist ausgerichtet, der Computer ist nur am Rande zu erkennen.

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Sabine Hahn

Hörtipp 2: Familienrat - der Weg zu einem glücklichen Zusammenleben von Eltern und Kindern

Manchmal gibt es in einer Familie derartige Spannungen und Konflikte, dass Eltern vor einer Nervenkrise stehen und Kinder in den absoluten Widerstand abtauchen - nichts geht mehr. So weit muss es nicht kommen.

Eine Methode, um kooperatives Verhalten innerhalb der Familie zu entwickeln, ist der Familienrat. Eltern und Kinder setzen sich regelmäßig zusammen und sprechen die Themen an, die alle angehen. Beim Meinungsaustausch sind bestimmte Regeln zu beachten, die von gegenseitigem Respekt getragen sind und eine angenehme Atmosphäre fördern. Jeder darf ausreden, die Stimmen von Kindern und Erwachsenen haben denselben Wert.

Bei einer Abstimmung werden nur einstimmige Beschlüsse akzeptiert. Hier geht es nicht darum, einzelne Familienmitglieder abzuurteilen. Es geht um die Gleichwertigkeit aller, ohne dass Eltern von ihren Kindern beherrscht werden oder alles unter Kontrolle bringen möchten. Die Methode ist dem Ideal der demokratischen Gesellschaft verpflichtet und mag anfangs sowohl Erwachsenen als auch Kindern einiges abverlangen. Sie unterstützt das Entstehen von gegenseitigem Vertrauen, von Zugehörigkeitsgefühl und kindlichem Selbstvertrauen. Damit wird eine Basis dafür gelegt, dass Kinder altersgerecht Verantwortung übernehmen und auch als Erwachsene das Leben meistern werden.

Das Autoren-Trio Rudolf Dreikurs, Shirley Gould und Raymond J. Corsini stellt die wesentlichen Prinzipien nach Rudolf Dreikurs vor und liefert im Praxisteil Beispiele aus dem Alltag, auch anhand von Gesprächsprotokollen. So wird deutlich, wie übliche Fehler vermieden werden und der Familienrat tatsächlich umgesetzt werden kann. Das Schlusskapitel beantwortet die häufigsten Fragen von Eltern. Das Buch leitet Schritt für Schritt in diese Form des Familienlebens ein und ist auch für Alleinerziehende geeignet. Vor allem: Es bietet entnervten Eltern neue Perspektiven.

Rudolf Dreikurs; Shirley Gould; Raymond J. Corsini: Familienrat: der Weg zu einem glücklichen Zusammenleben von Eltern und Kindern. Mit einem Vorwort von Sadie E. Dreikurs. Stuttgart: Klett-Cotta, 2. Aufl., 2003. (Reihe "Kinder fordern uns heraus").

Titel Nr. 6679, Sprecher: Holger Marks, ca. 4 Stunden 50 Minuten, EUR 35,35.

Das DAISY-Buch ist beim DVBS-Textservice zu den üblichen Bedingungen erhältlich: DVBS, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421 94888-22, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Aus der Braille-Druckerei

Assistenz: Rechtliche Situation und Regelwerke

Sozialgesetzbuch III [SGB 3]: Arbeitsförderungsgesetz.

Vom 24. März 1997. München: Beck-Online: KR., 112,00 €, 4 Bde. und 1 Hbd.,Bestellnr.: 5009. Neuausgabe der Verlagsnummer 2283, Stand 11/2010

Sozialgesetzbuch IX [SGB 9]: Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen.

Vom 19. Juni 2001. München: Beck-Online: KR., 63,80 €, 2 Bde. und 1 Hbd., Bestellnr.: 5015. Neuausgabe der Verlagsnummer 1670, Stand 11/2010

Nebst Gesetz über die unentgeltliche Beförderung Schwerbehinderter im öffentlichen Personenverkehr sowie Schwerbehinderten-Ausgleichsverordnung und Schwerbehindertenausweisverordnung.

Schwarzschrift-Nachschlagewerk der Braille-Voll- und -Kurzschrift.

Zusammengestellt und überarbeitet von Renate Bunge und Pamela Cory. (Marburger Systematiken der Blindenschrift; 22), Marburg: Deutsche Blindenstudienanstalt e.V., 2003. s., 17,90 €, 72 S., Bestellnr.: 7608, ISBN 978-3-89642-020-6.

Theiß-Klee, Heidi: Punktschrift für Anfänger. Wie erlerne ich als Sehender die Blindenvollschrift?

Marburg/Lahn: Deutsche Blindenstudienanstalt e.V., 2006. 3. überarbeitete Neuausgabe in neuer Rechtschreibung. s., 12,70 €, 44 S.,Bestellnr.: 7639, ISBN 978-3 89642-024-4

Jeder, der einen blinden Angehörigen in der Familie hat, beruflich mit blinden Menschen arbeitet oder auf andere Art Kontakt mit Blinden hat, steht mehr oder weniger verwundert vor der Blindenschrift. Diese hat in gewisser Weise den Mythos einer Geheimschrift, da sie auf den ersten Blick für den Außenstehenden nur schwer oder gar nicht entzifferbar wirkt. Viele fragen sich dann: Kann ich dieses Sammelsurium von Punkten auch lernen? Oder braucht man Wochen, Monate, wenn nicht Jahre, um das System der Punktschrift zu beherrschen? Lese ich es als Sehender auch mit den Händen oder mit den Augen? Auf diese und andere Fragen gibt Ihnen das vorliegende Heft eine Antwort. Dieses Lernheft ist in verschiedene Lektionen unterteilt, die jeweils nach der Theorie mit Schreib- und Leseübungen versehen sind. Es berücksichtigt die neueste Blindenschrift-Systematik.

Theiß-Klee, Heidi: Punktschrift für Anfänger. Braille-Ausgabe der Lese- und Schreibübungen.

Enthält nur das Lösungsheft. Marburg/Lahn: Deutsche Blindenstudienanstalt e.V., 2006. rv., 5,10 €, 1 H., 36 S., Bestellnr.: 3983: D., 5,10 €, Bestellnr.: 3983.prt

Ihre Bestellung richten Sie bitte an:

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V., Postfach 1160, 35001 Marburg, Tel.: 06421 606-0, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Es gelten unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

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Staatsfeind WikiLeaks

Hörbuchtipp der DBB: Marcel Rosenbach/Holger Stark: Staatsfeind WikiLeaks

Die Welt der Politik ist voller verborgener Wahrheiten und unausgesprochener Unwahrheiten. Welches Ärgernis ist größer: dass dem so ist oder dass brisante Geheimnisse ans Licht kommen? Wikileaks gibt diesen Fragen neue Sprengkraft. Wie viel Lüge nützt der Politik, wie viel Wahrheit schadet?

Einerseits sind wissende Bürger auch mündige Staatsbürger. Andererseits kann erzwungene Transparenz das Gegenteil dessen erreichen, was sie will, nämlich zu mehr Geheimdiplomatie führen. Darüber hinaus gehen die Spiegel-Autoren der Frage nach: Wer ist Julian Assange, dieser verfolgte und gefeierte Fachmann für Enthüllungen? Ein Plot wie ein Agententhriller.

Sie können dieses Hörbuch im DAISY-Format bei der Deutschen Blinden-Bibliothek, Tel.: 06421 6060 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! unter der Nummer 689751 bestellen. Viel Spaß beim Hören wünscht das Team der DBB!

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Jan Eric Hellbusch und Kerstin Probiesch: Barrierefreiheit verstehen und umsetzen - Webstandards für ein zugängliches und nutzbares Internet

Was ist barrierefreies Webdesign? Viele kennen den Begriff, aber nur wenige haben eine konkrete Vorstellung, was sich dahinter verbirgt. Trotz der Webstandards zur Barrierefreiheit, den Web Content Accessibility Guidelines 2.0 (WCAG20) des W3C, stellt barrierefreies Webdesign viele Webmacher vor Rätsel. Standardkonformität oder CSS-Design, skalierbare Schriften oder Alternativtexte mögen geläufig sein, aber wer sich mit der Materie näher beschäftigt, entdeckt zunächst mehr Fragen als Antworten. Das mag daran liegen, dass viele Erfolgskriterien Raum für Interpretation lassen oder Barrierefreiheit nicht bereits am Anfang eines Entwicklungsprozesses berücksichtigt wird.

Dieses Buch bietet konkrete Handlungsanweisungen, wie mit einzelnen Aspekten des Webdesigns umzugehen ist und wie relevante Punkte der Barrierefreiheit bereits zu Beginn Eingang in die Planung von Webangeboten finden können. Die Erfolgskriterien der WCAG20 werden beispielhaft einzelnen Phasen der Webseitenentwicklung zugeordnet. Ausgehend von der Arbeitsweise behinderter Nutzer wird die Umsetzung von Barrierefreiheit anhand der Entwicklung einer konkreten Beispielwebsite gezeigt. Hierbei werden Unklarheiten aufgezeigt, diskutiert und kontextabhängige Lösungen dargestellt.

Den Lesenden werden in diesem Rahmen sowohl der Einsatz moderner und standardkonformer Webtechniken vermittelt als auch weitere wichtige Aspekte der Barrierefreiheit wie Verständlichkeit, Nutzerführung, Design oder Textorientierung. Einsteiger wie erfahrene Webentwickler werden neue Einsichten gewinnen und ihre Kompetenzen in der barrierefreien Webgestaltung deutlich erweitern.

Die Code-Beispiele in diesem Buch wurden von Stephan Heller bereitgestellt. Als Gastautor hat Markus Erle das Kapitel zu barrierefreiem PDF geschrieben.

Zielgruppe:

  • Webentwickler
  • Webdesigner
  • Online-Redakteure
  • Programmierer

Zu den Autoren

Jan Eric Hellbusch und Kerstin Probiesch sind beide freiberufliche Berater für barrierefreies Webdesign; sie beraten Unternehmen und Behörden und schulen Programmierer und Webredakteure. Nach seinem BWL-Studium war Herr Hellbusch in verschiedenen Organisationen im Bereich "Internet" tätig. Seit 2000 veröffentlicht er Beiträge einschließlich zweier Bücher zur Barrierefreiheit im Web. Kerstin Probiesch prüft als freie Accessibility-Spezialistin Webseiten auf WCAG 2.0-Konformität, schreibt Fachartikel und begleitet beratend die Entwicklung barrierefreier Webangebote von der Konzeptionsphase an.

Zur Information

  • Bestellung der Schwarzschriftausgabe: dpunkt.verlag, März 2011, 812 Seiten, Gebunden, ISBN 978-3-89864-520-1, 54,90 Euro
  • Dank der Kooperation mit Verlag und Autorenteam kann die DVBS-Geschäftsstelle das o.g. Buch, plus DAISY-Version und HTML-Listings, zum gleichen Preis anbieten. Das besondere ist, dass alles zusammen, also mit dem Buch, verschickt wird. Kontakt: Birgit Stolz, Tel.: 06421 94888-17, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
  • Leseproben und Links mit einschlägigen Hintergrundinformationen finden Sie im Web unter: www.dpunkt.de

Der Schwarzschriftausgabe ist die Abbildung des Buchtitels beigefügt. Im oberen Drittel grün gestaltet, ist hier als Motiv eine Art "Ampelmännchen" platziert. Der Untere Teil des Umschlags nennt Titel und Autoren in schwarzer, serifenloser Schrift auf weißem Grund.

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Panorama

Braille21

"Braille-Tag in Deutschland" ...

ist am 27. September 2011. Ebenso wie der anschließende internationale Kongress findet er in den Räumlichkeiten und auf dem Gelände des Zentralcampus am Augustusplatz der Universität Leipzig statt.

Es handelt sich dabei um einen bunten Aktionstag für jeden Braille-Fan und -Interessierten aus dem deutschsprachigen Raum. Ein vielfältiges Programm aus Workshops, Erlebnisständen und Diskussionsrunden freut sich auf zahlreiche Besucher: Schüler und Auszubildende, Sehbehindertenpädagogen, Vertreter der Selbsthilfe, nicht zuletzt die Leipziger Öffentlichkeit.

Wenn Sie am "Braille-Tag in Deutschland" teilnehmen möchten, so können Sie sich ab dem 1. April 2011 auf der Internetseite www.braille21.net anmelden. Die Teilnahme am "Braille-Tag in Deutschland" ist kostenfrei. Lediglich für die Mittags- und Pausenversorgung wird ein Unkostenbeitrag in Höhe von 10 € erhoben.

... und internationaler Kongress...

Der anschließende Weltkongress findet vom 27. bis 30. September 2011 am gleichen Ort statt. Die Kongresssprache ist Englisch, hier sind neben Fachexperten aus den Bereichen Pädagogik, Technik und Bibliothek natürlich auch die Endnutzer der Brailleschrift herzlich eingeladen, sich über Innovationen in Braille in der ganzen Welt kundig zu machen.

... mit Braille21 Award

Der "Braille21 Award" wird von der Weltblindenunion (WBU) während des Weltkongresses Braille21 verliehen. Ausgezeichnet werden innovative Braille-Entwicklungen, die Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit weltweit garantieren. Sie finden alle relevanten Informationen im Bewerbungsformular (nur in englischer, französischer und spanischer Sprache), das unter www.worldblindunion.org und www.braille21.net zum Download bereitsteht. Die Einreichungsfrist endet am 31. Juli 2011.

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BIK@work-Workshop "Von MS Word zum barrierefreien PDF-Dokument"

Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert eine inklusive Arbeitswelt, d. h., die Arbeitsbedingungen sollen an die Menschen angepasst werden und nicht umgekehrt. Diesem Prinzip muss auch die innerbetriebliche Kommunikation folgen: Dokumente müssen so gestaltet sein, dass sie für behinderte Beschäftigte ohne fremde Hilfe nutzbar sind. Wer mit einem Vergrößerungsprogramm arbeiten muss, weiß, wie ärgerlich es ist, wenn unzugängliche Dokumente einen von der innerbetrieblichen Kommunikation ausschließen.

Das kann sich nur ändern, wenn man den Verantwortlichen und den Interessenvertretern die Ursachen hierfür verständlich machen kann und weiß, was zu tun ist, damit z. B. PDF-Dokumente barrierefrei werden.

Das Seminarangebot für blinde DVBS-Mitglieder findet vom 10. Juni 2011 (13 Uhr) bis 11. Juni 2011 (17:30 Uhr) beim Büro für Barrierefreie Bildung in 44651 Herne statt.

Die Anmeldungen richten Sie bitte per E-Mail an das Projekt BIK@Work, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

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Beratergrundseminar 16. - 22. Oktober 2011 in Veitshöchheim

Dieses Qualifizierungsangebot richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesvereine des DBSV, die blinde und sehbehinderte Menschen sowie deren Angehörige beraten. Verwaltungskräfte der Landesvereine, die stärker in die Beratungstätigkeit mit eingebunden sind, sowie die Begleiterinnen und Begleiter blinder oder stark sehbehinderter Menschen sind ebenfalls zu diesem Seminar herzlich eingeladen. Ziel des Seminars ist es, vorhandenes Wissen zu wiederholen, zu vertiefen und zu erweitern.

Schwerpunkte des Seminars bilden:

  • Nachteilsausgleiche für blinde und sehbehinderte Menschen,
  • Dienste und Einrichtungen für blinde und sehbehinderte Menschen,
  • Grundlagen des Beratungsgesprächs,
  • Ursachen von Erblindung und hochgradiger Sehbehinderung,
  • Rehabilitation zur Bewältigung des Alltags,
  • Low-Vision-Beratung,
  • Psychische Verarbeitung einer Erblindung oder Sehbehinderung,
  • Berufliche Rehabilitation.

Seminarleitung: Annette Diessner (Sozialpädagogin des BBSB e.V.) und Otto Umscheid (Mitglied des Landesvorstandes des BBSB e.V.)

Tagungsort: Berufsförderungswerk BFW Würzburg, Helen-Keller-Str.5, 97209 Veitshöchheim, Tel.: 0931 9001-0, Internet: www.bfw-wuerzburg.de

Anmeldungen richten Sie bitte bis 1. August 2011 an den DBSV, Torsten Resa, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 030 285387-281.

Die Kosten für das Seminar betragen 270 Euro.

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Ein Seminar der besonderen Art: Familienkurs mit Familien mit Eltern mit einer Sehschädigung

Familienkurs meint ein paar nicht alltägliche Tage gemeinsam mit anderen Familien (in ähnlicher Lebenssituation) zu verbringen und von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu profitieren. Ganz praktisch heißt das, zusammen mit den Kindern in Bewegung zu sein, dabei Neues zu erproben, kleine und größere Herausforderungen zu meistern und viel Freude miteinander und aneinander zu haben. Die unterschiedlichen Temperamente, Bedingungen, Bedürfnisse und Fähigkeiten sind dabei das Salz in der Suppe und das Team versteht sich gut darauf, alle zu aktiven Mitspielern werden zu lassen.

Zudem bietet ein solches Wochenende Zeit und Gelegenheit, mit Fachleuten aus unterschiedlichen Bereichen (Sozialpädagogik, Heilpädagogik, Rehabilitationspädagogik, Schule, Kindergarten, Physiotherapie, Familientherapie,…) und anderen Eltern in einen anregenden Austausch zu kommen.

Bewegung im Dialog e.V., Kursnummer: FK 3 (BU), Anmeldeschluss: 15.07.2011. Programm und Information: www.dvbs-online.de/seminar461.htm.

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Berufseinstieg mit Behinderung und/oder chronischer Krankheit - Seminar für Studierende, Hochschulabsolventen und -absolventinnen

Vom 16. bis 19. August 2011 bietet die Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung des Deutschen Studentenwerks in Bonn wieder das Seminar zur Vorbereitung des Berufseinstiegs mit Behinderung an. Dazu laden wir Studierende und Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit Behinderung oder chronischer Krankheit herzlich ein. Folgende Themen werden im Seminar angesprochen und bearbeitet:

  • Bewerbungsschreiben in Theorie und Praxis
  • Simulation von Bewerbungsgesprächen auf Grundlage einer persönlichen Bewerbungsmappe
  • individuelle Gespräche zu Fragen und Problemen in Bewerbungsverfahren
  • Unterstützungsmöglichkeiten der Agentur für Arbeit bei der Arbeitssuche
  • Informationen zur Organisation des Arbeitsalltags und zur Arbeitsassistenz

Anmeldeschluss ist der 15. Juli 2011. Das ausführliche Programm ist zu finden unter: www.studentenwerke.de/pdf/Seminar_Berufseinstieg_Info_und_Anmeldung.pdf

Die Kontaktadressen für weitere Informationen lauten: Deutsches Studentenwerk, Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS), Internet: www.studentenwerke.de, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 030 297727-64, Fax: 030 297727-69.

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17. International Camp on Communication & Computers für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler in San Donnino bei Florenz/Italien

Wo können sehbehinderte und blinde Jugendliche Computerkenntnisse erwerben oder vorhandene Kenntnisse ausbauen? Welche Hard- und Software gibt es für sie? Wo können sie spezielle Tipps und Tricks lernen und sich untereinander austauschen? Das ICC vermittelt einen praxisbezogenen Zugang zur Informations- und Kommunikationstechnologie unter Einsatz aktuellster Hilfsmitteltechnik für Sehgeschädigte. Kommunikative Kompetenzen und Schlüsselfertigkeiten werden gefördert. Die Verbesserung der Chancengleichheit im Blick auf die spätere Studien- und Berufswahl soll erreicht werden.

Eine kleine Auswahl aus ca. 40 angebotenen Workshops sind: Internet, Music and Computers, Office, Programming, Computer Games, Studying abroad, ICC-Newspaper, Relaxation Techniques, Communication skills und vieles mehr. Die Teilnehmer aus 15 Ländern verständigen sich in der Campsprache Englisch. Ein attraktives landestypisches Freizeitprogramm erleichtert das Kennenlernen von Land und Leuten und fördert das grenzüberschreitende Zusammenwachsen im Sinne eines gemeinsamen Europas.

Dieses Jahr findet das vom Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in Zusammenarbeit mit der Universität Linz veranstaltete 17. ICC bei Florenz in Italien statt.

Termine:

09. - 16. Juli 2011 für 15- bis 17-Jährige, 17. - 24. Juli 2011 für 18- bis 20-Jährige

Das ICC wird von der Europäischen Kommission und verschiedenen nationalen und internationalen Förderern unterstützt. So zahlen Teilnehmende 400 Euro für Verpflegung, Workshops, Betreuung und Unterkunft pro Camp-Woche. Die Fahrtkosten fallen gesondert an.

Infos und Anmeldung:

Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Studienzentrum für Sehgeschädigte (SZS), Angelika Scherwitz-Gallegos, Engesserstr. 4, 76131 Karlsruhe, Tel.: 0721 608-44832, Fax: 0721 608-42020, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.szs.kit.edu, www.icc-camp.info

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Literaturwettbewerb "Barrieren überwinden"

Wie können Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen verwirklicht, wie Barrieren überwunden werden? Literarische Werke rund um dieses Thema zeichnet die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie anlässlich der Jahreskampagne 2011 des Deutschen Caritasverbandes "Selbstbestimmte Teilhabe für Menschen mit Behinderung" aus.

Gesucht werden literarische Texte wie Kurzgeschichten, Essays, Novellen, Märchen oder Gedichte, die nicht mehr als 70.000 Zeichen umfassen. Teilnahmeberechtigt sind alle Menschen - mit und ohne Behinderungen oder psychische Erkrankungen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr. Pro Teilnehmer darf ein bisher unveröffentlichtes Werk eingereicht werden. Die Texte werden nach folgenden Hauptkriterien ausgewählt:

  • Verständliche Sprache: Die Beiträge sollen in einer klaren und leicht verständlichen Sprache geschrieben sein.
  • Inhalte: Die Texte müssen sich inhaltlich mit Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen beschäftigen.

Einsendeschluss ist der 30. Juni 2011.

Senden Sie Ihren Beitrag mit Namen und Anschrift unter dem Stichwort "Barrieren überwinden" elektronisch als TXT-, DOC- oder PDF-Datei per E-Mail an: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Die drei besten Werke werden mit Preisgeldern ausgezeichnet. Weitere Informationen zu dem Wettbewerb finden Sie unter www.cbp.caritas.de

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Blinde und sehbehinderte Menschen können sich nun noch schneller und einfacher über den Zensus 2011 informieren

Unter http://zensus2011.de/barrierefrei-kompakt.html bieten die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder ab sofort eine MP 3-Datei sowie eine Datei im DAISY-Format mit vielen Informationen rund um den Zensus 2011 an.

Die MP 3-Datei enthält unter anderem auch wichtige Hinweise, wie Blinde und Sehbehinderte beim Zensus barrierefrei ihre Auskunft geben können. Hier bieten die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder verschiedene Möglichkeiten an.

Bei der Haushaltebefragung und der Befragung in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften werden grundsätzlich Interviewerinnen und Interviewer eingesetzt, die zusammen mit den Befragten den Fragebogen ausfüllen. Sie sind speziell geschult und selbstverständlich zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Sollte eine Unterstützung durch die Interviewerin oder den Interviewer nicht gewünscht sein, kann der Fragebogen alternativ auch über das barrierefreie Online-Meldeverfahren unter www.zensus2011.de ausgefüllt werden. Die Zugangsdaten sind auf dem Fragebogen eingedruckt.

Blinde und sehbehinderte Menschen können gegebenenfalls eine Vertrauensperson hinzuziehen, die Ihnen die Zugangsdaten zum Online-Meldeverfahren vorliest. Auch bei der postalisch durchgeführten Gebäude- und Wohnungszählung empfehlen die statistischen Ämter die Meldung per barrierefreien Online-Fragebogen.

(Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden)

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Paloma Rändel, Claudia Schaffer, Volker Lenk

Aus der Festivalwerkstatt

Seit Dezember 2009 wird am Louis Braille Festival der Begegnung 2012 gewerkelt. Die Neugier wächst, immer wieder bekommt das Berliner Organisations-Trio Fragen gestellt: Wie sieht das Programm aus, ab wann kann man sich anmelden und wie teuer wird das Ganze für die Besucher? Ein aktueller Zwischenstand:

Nachdem Ort und Termin geklärt waren (zur Erinnerung: 1. bis 3. Juni 2012 im Berliner Tempodrom), galt es zunächst, die Finanzierung des Festivals zu sichern. Ein Förderantrag wurde gestellt, außerdem laufen Gespräche zur Gewinnung von Sponsoren.

Die Hotelbuchung wird über einen Ableger der Berliner Touristeninformation abgewickelt. Ein Kontingent von 500 Zimmern in elf Hotels ist geblockt, davon 200 in unmittelbarer Nähe des Tempodroms. Die anderen sind fast ausnahmslos ohne Umsteigen mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar, und zwar Tag und Nacht. 270 der 500 Angebote kosten unter 40 Euro pro Nacht (Preis pro Person im Doppelzimmer inkl. Frühstück).

Die Anmeldung zum Festival soll spätestens im September 2011 starten. Neben einigen Überraschungen werden sich im Programm viele bewährte Elemente des Festivals in Hannover wiederfinden. So sind erneut ein Markt der Begegnungen, ein ökumenischer Gottesdienst, ein Spiel ohne Grenzen, Sport, Punktschriftlesungen, Hörfilmkino sowie eine Ausstellung und zwei attraktive Abendveranstaltungen (in der großen Arena des Tempodroms) geplant. Damit der Austausch unter den Besuchern nicht zu kurz kommt, wird für preisgünstige Speisen und Getränke gesorgt.

Weitere Infos in Kürze:

  • Für Samstagabend ist eine Revue angedacht, die 100 Jahre DBSV mit Elementen aus Musik, Comedy und Literatur aufnimmt. Blinde und sehbehinderte Künstler gestalten zusammen mit sehenden Künstlern ein buntes und unterhaltsames Abendprogramm.
  • Zum Internationalen Kindertag am 1. Juni 2012 sind speziell blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche eingeladen. Das Programm für junge Besucher beginnt am Freitagvormittag und geht am Nachmittag in das allgemeine Festivalprogramm über.
  • In Zusammenarbeit mit Tandem-Hilfen e. V. ist eine Tandem-Sternfahrt zum Festival nach Berlin geplant. Anschließend soll eine Tandemfreizeit stattfinden.
  • Der Berliner Blinden- und Sehbehindertensportverein bereitet Wettkämpfe, Mitmach- und Schnupperangebote sowie Shows in verschiedenen Disziplinen vor (Blindenfußball, Tischball, Tanzen usw.).
  • Der Kooperationspartner "Berlin Rikscha Tours" bietet Berlin-Besichtigungen am Rande des Festivals an. In bequemen und für die Hauptstadt typischen Fahrradtaxis geht es quer durch die Berliner Innenstadt.
  • Der Modellpark Berlin-Brandenburg erstellt ein Modell des Tempodroms im Maßstab 1:25, so dass das Gebäude in seiner markanten Zeltform von allen Festivalbesuchern ertastet werden kann. Außerdem werden weitere Modelle bekannter Berliner und Brandenburger Bauwerke zum Abtasten bereitstehen.

Die Festivalplaner freuen sich über weitere Ideen und Anregungen, die Sie bitte per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!schicken.

Louis Braille Festival der Begegnung 2012, Freitag, 1.6., bis Sonntag, 3.6.2012, Tempodrom, Möckernstr. 10-25, 10965 Berlin

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"Datenbank Touristische Angebote für blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland"

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) hat eine neue Informationsdienstleistung entwickelt. Angebote für blinde und sehbehinderte Touristen kann man jetzt ganz einfach via Internet suchen und finden. Die "Datenbank Touristische Angebote für blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland" (kurz: DaTABuS) bietet allen Reiselustigen die Möglichkeit, die vorgesehenen Zielorte bereits im Vorfeld gezielt nach passenden Ausflugszielen, Ausstellungen, Unterkünften, Gaststätten und Events zu durchforsten, bei denen die speziellen Belange blinder und hochgradig sehbehinderter Touristen ausdrücklich berücksichtigt werden.

"Wir gehen mit mehr als 600 Angeboten aus 275 Orten in allen 16 Bundesländern an den Start, die beispielsweise mit speziellen hilfreichen Audios, Infos in Blindenschrift, Tastobjekten, qualifizierten Assistenzangeboten oder Orientierungshilfen und Leitsystemen aufwarten und hoffen auf rasches Wachstum", sagte Projektleiter Dr. Jürgen Trinkus zum Auftakt der Internationalen Tourismusmesse im März d. J. in Berlin. Ein Redaktionsteam der Koordinationsstelle Tourismus des DBSV kümmert sich um die Aktualität der Einträge. Die Touristiker des DBSV erhoffen sich von ihrer Datenbank eine anregende Wirkung sowohl auf die Angebotsentwicklung wie auch deren Nutzung. Die Adresse des neuen Dienstleistungsangebotes lautet www.databus.dbsv.org.

(Quelle: DBSV)

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Recht

Michael Herbst

Versicherungen: Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit?

Einst suchte der DVBS nach Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen ohne Fußangeln für Blinde und Sehbehinderte. Erst als das "Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz" den Versicherern Druck machte und erfahrene Makler sich der Angelegenheit annahmen, konnten faire Konditionen verhandelt werden. Beraten hat die Verantwortlichen beim DVBS damals auch Stefan Wendt-Reese, heute Geschäftsstellenleiter bei der "Deutschen Akademikerfinanz" in Hamburg und spezialisiert auf die Beratung zu allen Versicherungs- und Finanzfragen insbesondere von Menschen und Unternehmen im sozialen Bereich. Er suchte und fand schließlich Angebote, die ohne Risikozuschläge oder unakzeptable Ausschlussklauseln auskommen. Jetzt weist er auf eine Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung hin. Michael Herbst sprach mit ihm über die Erwerbsunfähigkeitsversicherung.

 

Wann tritt der Schadensfall bei einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung ein; wodurch unterscheidet er sich vom Schadensfall in der Berufsunfähigkeitsversicherung?

Stefan Wendt-Reese: Beide Versicherungen gehören zur gleichen Familie. Sie bieten eine Absicherung für den Fall, dass der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, sein Einkommen aus eigener Arbeit zu finanzieren. Unterschiedlich ist die Definition, wann diese Leistung erbracht wird:

Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung leistet, wenn die versicherte Person "infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls" voraussichtlich mindestens 6 Monate nicht in der Lage ist irgendeine Tätigkeit für mindestens 3 Stunden täglich auszuüben.

Die Definition der Berufsunfähigkeitsversicherung ist weitreichender: Hier wird bereits geleistet, wenn die versicherte Person voraussichtlich mindestens 6 Monate außerstande ist, den zuletzt tatsächlich ausgeübten Beruf zu mindestens 50 % auszuüben.

Normalerweise werden bei solchen Versicherungen recht viele sogenannte "Gesundheitsfragen" gestellt und wenn man dann angibt, dass man blind oder sehbehindert ist, führt das häufig zu Risikozuschlägen, zu Ausschlussklauseln oder gar dazu, dass der Versicherungsantrag abgelehnt wird. Ist das bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung anders?

Stefan Wendt-Reese: Bisher fand auch bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung eine sogenannte Gesundheitsprüfung statt. Im vergangenen Jahr habe ich nun bei einem der größten Versicherer Deutschlands eine Lösung gefunden, die diese Probleme und Risiken ausschließt:

Bei dieser Erwerbsunfähigkeitsversicherung wird vollständig auf diese Gesundheitsprüfung verzichtet. Stattdessen werden nur drei Risikofragen gestellt: Zum einen wird gefragt, ob der Antragsteller bereits erwerbsunfähig oder pflegebedürftig ist. In diesem Fall wird verständlicherweise kein Versicherungsschutz mehr gewährt. Die weiteren Fragen beziehen sich darauf, ob bereits ein Antrag auf eine Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung abgelehnt wurde und ob der Antragsteller Raucher oder Nichtraucher ist.

Allerdings muss der Versicherer sich vor einem Missbrauch dieser Regelung schützen. Daher gibt es für einen Leistungsanspruch aus dieser Versicherung eine Wartezeit von fünf Jahren. Diese entfällt, wenn der Leistungsanspruch aufgrund eines Unfalls entsteht.

Was ist vom Versicherungsschutz her der Vorteil der Erwerbsunfähigkeitsversicherung gegenüber der Berufsunfähigkeitsversicherung?

Stefan Wendt-Reese: Um es ganz klar zu sagen: Die Berufsunfähigkeitsversicherung bietet den umfassenderen Versicherungsschutz. Aber für alle, die aufgrund der Gesundheitsprüfung keinen oder nur einen eingeschränkten Versicherungsschutz in der Berufsunfähigkeitsversicherung erhalten, stellt die Erwerbsunfähigkeitsversicherung die sinnvolle Alternative dar.

Und der größte Vorteil ist natürlich der Verzicht auf diese Gesundheitsprüfung. Hier kann bis auf wenige Ausnahmen davon ausgegangen werden, dass der Versicherungsschutz ohne Einschränkungen gewährt wird. Und außerdem besteht nicht die Gefahr, bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen fehlerhafte Angaben zu machen und damit gegebenenfalls auch im Nachhinein den Versicherungsschutz zu gefährden.

Hinzu kommt, dass unabhängig von der sogenannten Gesundheitsprüfung zahlreiche Berufe aufgrund der Berufsklassen sehr hohe Versicherungsprämien zu zahlen haben und auch generell nur einen eingeschränkten Versicherungsschutz erhalten können. Dies gilt insbesondere für viele Berufe im sozialen Bereich.

Das klassische DVBS-Mitglied ist männlich, 45 Jahre alt, ledig, lebt in Hessen und arbeitet im sozialen Bereich, sagen wir als Sozialpädagoge in einer Beratungsstelle. Was kostet ihn die Erwerbsunfähigkeits- und was die Berufsunfähigkeitsversicherung?

Stefan Wendt-Reese: Ich gebe eigentlich nur ungern solche "Hausnummern" als Preisinformation ab. Denn der tatsächliche Bedarf und die Kosten für die Absicherung sind sehr unterschiedlich und nur nach einer individuellen Beratung zu ermitteln.

Aber ganz grob kann das beschriebene klassische DVBS-Mitglied ab ca. 82 Euro im Monat eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsfragen beginnt schon bei ca. 58 Euro im Monat. Ich habe dabei eine Absicherung von 1.000 Euro garantierter Rente im Leistungsfall angenommen. Ob dies ausreichend ist, kann ich im Rahmen einer individuellen Beratung, gerne auch am Telefon oder per E-Mail ermitteln.

Und Raucher müssen einen Zuschlag zahlen, also doch Gesundheitsfragen…?

Stefan Wendt-Reese: Das stimmt. Raucher zahlen bei manchen Gesellschaften einen Zuschlag. Auch bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsfragen. Im Vordergrund steht hier die sogenannte risikogerechte Prämienermittlung. Es handelt sich also nicht um eine echte Gesundheitsfrage.

Herr Wendt-Reese, vielen Dank für diese Informationen.

Kontakt

Stefan Wendt-Reese, Deutsche Akademikerfinanz, Hammerbrookstr. 90, 20097 Hamburg, Tel.: 040 244250180, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! www.akademikerfinanz.de/hamburg2

In der Schwarzschriftausgabe ist neben den Angaben zum Kontakt ein Portraitfoto von Stefan Wendt-Reese platziert. Der dunkelhaarige Mann trägt ein schwarzes Jackett über weißem Hemd, er lächelt zu den Betrachtenden hin (Foto: privat).

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Bildung und Forschung

Dr. Johannes-Jürgen Meister

Lebenslanges Lernen - Weiterbildung und Weiterbildungsmöglichkeiten für ältere blinde und sehbehinderte Menschen

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich aufgrund des technologischen und demographischen Wandels das Verständnis von Bildung und Lernen erheblich gewandelt. Lernen wird als ein die gesamte Lebensspanne eines Individuums begleitender und umschließender Bildungsprozess verstanden.

Die internationale und nationale bildungspolitische Diskussion fand in dem im März 2000 von der Europäischen Kommission verabschiedeten Dokument "A memorandum on lifelong learning" ihren gemeinschaftlichen Ausdruck: In Anlehnung an dieses Memorandum und aufgebaut auf bildungspolitische Gutachten aus den Jahren 1996 und 1998 veröffentlichte im Januar 2001 das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein "Aktionsprogramm lebensbegleitendes Lernen". Ebenfalls Anfang 2001 veröffentlichte die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) ein Dokument, in dem zahlreiche Modellprogramme zur Förderung lebenslangen Lernens dargestellt wurden. Ziel dieser Aktivitäten war es, das neue Verständnis von Bildung und lebenslangem Lernen in die Praxis umzusetzen und zu erproben sowie einen Beitrag zum strukturellen Wandel der Gesellschaft zu leisten. In diesen Prozess sollten nicht nur Schule, Ausbildung und Beruf einbezogen werden, sondern auch die Weiterbildung der Älteren (BMBF).

Lernen umfasst nicht mehr nur Schule, Ausbildung, Studium und berufliche Weiterbildung. Das Lernen begleitet den Menschen in allen Phasen seines Lebens bis hin ins hohe Alter. Wir lernen, so lange wir leben.

Die Bilder des Alters und Alterns haben sich gewandelt

Die Generation der Älteren wird nicht mehr (nur) als eine Gruppe gebrechlicher, hilfs- und pflegebedürftiger älterer Menschen betrachtet, die ihrem Lebensende entgegengeht. Im Mittelpunkt wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Analysen und Betrachtungen stehen die Kompetenzen und Potentiale älterer Menschen, die aktiv am Leben der Gesellschaft teilhaben und es mitgestalten wollen.

Die Lebensphase Älterer zeichnet sich aus durch eine größere Freiheit der Lernenden, selbst zu bestimmen, ob, wie und wofür gelernt werden soll, nicht zuletzt auch wann sie lernen. Im Alter kommt es mehr darauf an, Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu erhalten oder zu erwerben. Es geht um die Teilhabe am kulturellen, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Leben der Gesellschaft. Ältere erwerben Kompetenzen und Fähigkeiten, ihr im Laufe des Lebens erworbenes Wissen, Erfahrungen und Kenntnisse weiterzugeben bzw. in bürgerschaftlichem, ehrenamtlichem Engagement in sozialen, kulturellen, gesellschaftlichen oder politischen Lebensbereichen einzubringen. Zu diesen Entwicklungen tragen auch die neuen Medien bei. Sie sind Anlass für die Anpassung von Qualifikationen und sie ermöglichen mehr als bisher selbstgesteuertes Lernen.

Der Abbau altersspezifischer Barrieren in vorhandenen Bildungsangeboten ist Voraussetzung für einen chancengerechten Zugang zum lebenslangen Lernen für Ältere. Für "weniger mobile ältere Menschen" sollen daher "mediale Bildungsangebote zum selbstgesteuerten Lernen" entwickelt werden, um auch diesen Menschen die Teilhabe am lebenslangen Lernen zu ermöglichen. Der Hinweis auf "physische" Barrieren ist im Kontext zwar nur ein schwacher, eingeschränkter Ansatz, den barrierefreien Zugang zu lebenslangem Lernen für alle anzudenken. Gleichwohl muss man sich fragen, ob und warum Behindertenselbsthilfeorganisationen diesen Hinweis nicht aufgegriffen und ihre spezifischen Bedarfe und Bedürfnisse daran angeknüpft haben. Werden intellektuelle, körperliche, psychische und/oder soziale Kompetenzen nicht ständig neu angeregt, gehen sie verloren. Um den Bildungsbedarf wenig mobiler Älterer zu decken, werden im größeren Umfang mediale Bildungsangebote für selbstgesteuertes Lernen entwickelt und angeboten.

Lebenslanges Lernen im fortgeschrittenen Alter kommt auch Wirtschaft und Gesellschaft zugute

Das Lernen Älterer übernimmt auch kompensatorische Funktionen, insbesondere für:Ausgleich von Defiziten in Kommunikation und Medienkompetenz; Abbau von (physischen) Barrieren, die die Mobilität von Senioren einschränken. Ergänzt wird das Strategiepapier der BLK durch einen umfangreichen Materialienband zum lebenslangem Lernen. Erwähnenswert darin ist insbesondere ein sehr ausführlicher, weit ausgreifender Literaturbericht über die Entwicklung, Bedeutung und inhaltliche Bestimmung lebenslangen Lernens.

Es gibt schon seit langem zahlreiche und durchaus verschiedene Bildungsangebote an Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen. Auch die neuen Medien sind prinzipiell für Senioren offen und bieten ihnen Lernangebote, die auf ihre spezifischen Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Aber diese Angebote sind nicht für alle älteren Menschen gleichermaßen zugänglich. Ältere Menschen mit Behinderungen und d.h. auch blinde und sehbehinderte Menschen bleiben nicht selten ausgeschlossen. Nicht nur fehlende Medienkompetenz, sondern auch die Präsentation der Websites und ihrer Inhalte errichten Barrieren, die blinden und sehbehinderten älteren Menschen den Zugang und die Nutzung unmöglich machen.

Seit März 2009 ist die UN-Konvention der Rechte für Menschen mit Behinderungen (BRK) geltendes deutsches Recht. Kern dieser Konvention ist ein Paradigmenwechsel in der Betrachtung von Menschen mit Behinderungen. Ausgangspunkt ist nicht mehr der Fürsorgegedanke, d.h. die Abweichung von einer Norm und damit die Ausgrenzung, die dann eine Integration und Wiedereingliederung in die Gemeinschaft unter anderen Voraussetzungen und Bedingungen erforderlich macht. Ausgang und Ziel ist vielmehr die Inklusion, d.h. eine gemeinsame Gesellschaft und Welt für alle, an der Menschen mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt und ohne Barrieren teilhaben. Zur gleichberechtigten, barrierefreien Teilhabe gehört nach Art. 24 dieser Konvention die Bildung, aber nicht nur die schulische Bildung, sondern, wie in Abs. 5 dieses Artikels ausdrücklich betont, auch das "Lifelong Learning", das lebenslange Lernen.

Ebenfalls Anfang 2009 hat die Deutsche Blindenstudienanstalt zusammen mit dem DVBS eine Expertise zur Möglichkeit von Weiterbildungsangeboten für Blinde und Sehbehinderte erstellen lassen. Diese Expertise beschränkt sich schwerpunktmäßig auf Fragen und Probleme der beruflichen Weiterbildung für berufstätige Blinde und Sehbehinderte. Die Generation der älteren blinden und sehbehinderten Menschen bleibt auch hier einmal mehr draußen vor, obwohl bekanntlich 70% aller Blinden und Sehbehinderten älter als 65 Jahre sind und die meisten erst im Alter einen Sehverlust erleiden. Hier ließe sich ein idealer Ort schaffen, um blinden und sehbehinderten Senioren und Seniorinnen Medienkompetenz sowie Zugang und Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie zu vermitteln. Dort sollten sie Beratung, Information und Unterstützung sowie "Lotsendienste ins Netz" erhalten können. Dort könnten auch "Lotsen", "Paten" bzw. "Botschafter" trainiert und beraten werden, die ältere Menschen mit und nach einem Sehverlust auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben der Gesellschaft und in Sonderheit an den neuen Medien begleiten, beraten und unterstützen.

Zum Autor

Dr. Johannes-Jürgen Meister ist Leiter der DVBS-Gruppe Ruhestand (www.dvbs-online.de/dvbs/fachgruppen/ruhestand/index.php?men=v).

 

Additiv

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Mit E-Learning schneller ans Ziel

Blind sein und Lernen über das Internet - wie funktioniert das denn? "Durch viele multimediale Elemente, die nicht in Punktschrift übersetzt werden können, waren Blinde vom E-Learning lange so gut wie ausgeschlossen", erklären Monika Weigand und Ernst Heßdörfer vom Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg. Das ist bei BFWonline, dem E-Learning-Angebot des Bildungszentrums für blinde und sehbehinderte Menschen, anders:

Die mit dem BayernOnlinePreis der Bayerischen Staatsregierung ausgezeichnete Plattform präsentiert alle Inhalte auf barrierefreie Weise. Die webbasierte Oberfläche ist bewusst einfach gehalten und durch Überschriften klar strukturiert. Ein durchgängig einheitliches Layout und eine einfache Navigation sorgen dafür, dass auch blinde User sich schnell orientieren und zielsicher bewegen. Die Inhalte werden durchweg verbalisiert angeboten, grafische Elemente sind rar und dienen in erster Linie den sehbehinderten Lernenden als optische Orientierungshilfe. Auf bekannte Barrieren wie Frames, Layout-Tabellen oder gar Video- und Flashanimationen wird verzichtet. Damit entspricht BFW online den Richtlinien des W3C (World Wide Web Consortium) und der BITV (Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung) und ist mit allen gängigen Screenreadern und Sprachausgaben komfortabel zu bedienen.

Über 1000 BFW-Absolventen aus dem gesamten Bundesgebiet haben sich am BFW wichtige Lerninhalte über das Internet angeeignet. Rund 30 Kurse, von Office-Anwendungen über Kommunikation bis hin zu Programmiersprachen, hat das BFW online-Team inzwischen entwickelt.

So bildet sich auch Margit Reigl, die sympathische Stimme in der Telefonzentrale des Landratsamts Würzburg, nach Dienstende über die Lernplattform des BFW fort. Der gelernten Telefonistin macht das Lernen übers Internet Spaß, denn das Bildungszentrum bietet auf seiner E-Learning-Plattform ein für blinde Menschen maßgeschneidertes, barrierefreies Kursangebot: "Alle Inhalte sind für blinde E-Learner sehr gut zu bearbeiten und jede Lerneinheit sorgt für kleine Erfolgserlebnisse", urteilt die Veitshöchheimerin. Am besten gefalle ihr die Möglichkeit, beim E-Learning das eigene Tempo vorzugeben: "Online kann man lernen wann, wo, wie schnell und wie lange man möchte. Das ist super." Nachdem sie ihre Word-Kenntnisse ausgebaut hat, steht mit "Englisch telefonieren" bereits ein weiterer BFW online-Kurs auf dem Plan.

Nähere Informationen zu BFW online und E-Learning für blinde und sehbehinderte Menschen finden Sie unter: www.bfwonline.de/akademie. Wer sich dort als Benutzer "gast" mit dem Kennwort "gast" anmeldet, kann sich einen Überblick über das Kursangebot verschaffen und einzelne Angebote ausprobieren (Quelle: Berufsförderungswerk Würzburg BFW).

Der Schwarzschriftausgabe ist ein Foto beigefügt, das Margit Reigl an ihrem Arbeitsplatz in der Telefonzentrale des Landratsamts Würzburg zeigt. Sie hat ein Headset auf, arbeitet am Computer mit Braillezeile und lächelt. Die Bildunterschrift lautet: Margit Reigl von der Telefonzentrale des Landratsamts Würzburg perfektionierte ihre Word-Kenntnisse mit Internet-Kursen des BFW Würzburg (Foto: Marcus Meier).

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Dr. Heinz Willi Bach

Berufliche Partizipation blinder, sehbehinderter und mehrfach behinderter Hochschulabsolventen in Deutschland - der Einfluss von Beratung

Nahezu zwei Jahre habe ich an dieser empirischen Studie gearbeitet. Das Manuskript ist nunmehr weitgehend fertig gestellt. In 10 - 12 Wochen wird voraussichtlich die Schrift erscheinen. Dies darf ich an dieser Stelle ankündigen. Ich möchte Ihnen allen, die Sie den umfangreichen Erhebungsbogen bearbeitet haben, herzlich danken. Nur durch Ihren Einsatz ist diese Studie möglich geworden. Um Ihnen Appetit auf mehr zu machen, lesen Sie im Folgenden die kürzestmögliche Zusammenfassung.

Obwohl sie ungeachtet großer Handicaps Hochschulstudiengänge erfolgreich abgeschlossen haben, bestehen für blinde, (hochgradig) sehbehinderte oder mehrfach behinderte Stellensuchende oft große Probleme bei der Arbeitssuche. Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch die Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte der Einrichtungen der öffentlichen Arbeitsvermittlung in Deutschland scheinen oftmals eher behinderungsbedingte Defizite im Vordergrund zu sehen, statt den Blick auf die teils außergewöhnlichen Leistungen und Fähigkeiten zu richten, ohne die ihre Kunden das Hochschulstudium nicht erfolgreich hätten absolvieren können. So werden vielfach trotz umfangreicher Möglichkeiten des Einsatzes arbeitsmarktpolitischer Instrumente Chancen zur beruflichen Integration nicht genutzt.

Disability-studies sind in Deutschland weitgehend terra inkognita. Auch theoretische Grundlagen zur Frage: "Welche Erfahrungen machen schwer behinderte Menschen bei der Arbeitsuche?" fehlen weitgehend. Am Beispiel der Gruppe sehgeschädigter Hochschulqualifizierter wird exemplarisch das Dunkelfeld "Förderung der beruflichen Partizipation" durch Beratung und Vermittlung aus der Sicht der Betroffenen erhellt. Anlass dazu gaben Schilderungen betroffener Stellensuchender gegenüber Selbsthilfeorganisationen, die große Unterschiede hinsichtlich Qualität, Effektivität, Nutzen und Erfolg der Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten der Einrichtungen der öffentlichen Arbeitsvermittlung vermuten lassen.

Angesichts des sehr niedrigen Standes der Forschung wurden mittels schriftlicher und telefonischer Befragung Befunde zur Wahrnehmung von Beratungs- und Vermittlungsdienstleistungen der öffentlichen Arbeitsvermittlung erhoben. Das Erhebungsinstrument beinhaltete sowohl quantitative wie auch qualitative Elemente. Schwerpunkt der Befragung war die subjektive Wahrnehmung aus der Sicht der Beratenen. Diese konnte jeweils mit weiteren Aussagen in Bezug gesetzt werden. Auch wenn der relativ geringe Umfang der Stichprobe (reichlich 300 Teilnehmende) repräsentative Aussagen nicht zulässt, geben die erhobenen Daten doch ein sehr differenziertes Bild der Arbeitsuche blinder und sehbehinderter Akademiker.

Die Analyse zeigt als Hauptergebnisse:

  • Erfolgreiche Beratung dieser Personengruppe setzt bei den Beratenden neben Empathie Kompetenz und Erfahrung bezüglich der spezifischen Behinderungsarten voraus, differenzierte Kenntnisse des tertiären Bildungssystems und professionelle Routine in der Einschätzung relevanter Arbeitsmärkte.
  • Berichtet wird vielfach von freundlicher, höflicher und geduldiger Gesprächshaltung der Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte.
  • Es werden sehr unterschiedliche Erfahrungen mit den Einrichtungen der öffentlichen Arbeitsvermittlung berichtet, was Qualität, Effektivität, Nutzen und Erfolg der Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten betrifft.
  • Die Antworten zu den Fragen zur Wirksamkeit der Beratungen aus Sicht der Klienten zeigen zum Teil äußerst ernüchternde und Besorgnis erregende Resultate.
  • Die meisten Befragten fühlten sich von den Beratenden akzeptiert und respektiert. Wie sehr ihnen Mut gemacht wurde und insbesondere, wie sehr sie sich unterstützt fühlten, streute sehr stark danach, welche Institution sie beurteilten.
  • Die Beratenden empfanden die Behinderung zunehmend als Problem bei den Vermittlungsbemühungen, je stärker die Sehschädigung ausgeprägt war, so war der Eindruck der Befragten. Bei der Einschätzung der beruflichen Kompetenz ergab sich ein solches Bild nicht, vielmehr spielten hier Genderunterschiede eine größere Rolle.
  • Die meisten Befragten fühlten sich hinsichtlich ihrer Kompetenz und Motivation von den Beratenden zutreffend eingeschätzt. Signifikante Unterschiede hinsichtlich der Intensität der Sehschädigung ergaben sich nicht. Frauen fühlten sich in höherem Maße zutreffend eingeschätzt. Weitere Unterschiede ergaben sich je nach der Institution, mit der Kontakt bestand.
  • Fortbildung im Beruf wurde von den Befragten in auffällig geringem Umfang wahrgenommen. Die möglichen Ursachen dieses Phänomens werden in der Studie ausführlich erörtert.

Das Autorenprofil von Dr. Heinz Willi Bach finden Sie nachfolgend bei seinem Artikel "Oft musste sie sich durchbeißen - manchmal hatte sie auch Glück" unter der Rubrik "Berichte und Schilderungen ".

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UN-Behindertenrechtskonvention (BRK)

Dr. Otto Hauck

Die UN-Behindertenrechtskonvention gemeinsam umsetzen

I Die Gunst der Stunde

Überraschend schnell hat die von Deutschland im März 2009 ratifizierte Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (BRK) auf der politischen Ebene ein lebhaftes Echo ausgelöst und zu erheblichen Aktivitäten geführt. So wurden Gremien gebildet, die unter Beteiligung der Behindertenorganisationen über Forderungen und Maßnahmen zur Umsetzung der BRK beraten und Vorschläge erarbeiten. Die Bundesregierung plant einen "Nationalen Aktionsplan". Das Land Rheinland-Pfalz hat für seinen Zuständigkeitsbereich bereits einen umfangreichen Aktionsplan verabschiedet. Die anderen Bundesländer werden folgen. Auch auf kommunaler Ebene gibt es schon entsprechende Initiativen.

Der Umsetzungsprozess hat also schon begonnen. Er wird gewiss so manche Schwierigkeiten bereiten und mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Entscheidend aber ist, dass er erfolgreich verläuft.

II Es ist an der Zeit zu handeln

Die BRK sieht vor, dass die Behindertenorganisationen in den Umsetzungsprozess eingebunden werden. Es liegt im ureigenen Interesse der Selbsthilfe, dass sie diese Chance ergreift und nach besten Kräften mitwirkt.

Im DVBS hat sich dieser Aufgabe seit 2009 zunächst der seit 1997 bestehende "Arbeitskreis Nachteilsausgleiche" (AKN) angenommen und sich - aufbauend auf dem von ihm erarbeiteten "Wegweiser Sozialpolitik" (siehe www.dvbs-online.de/spezial/2008/5/31/index.htm) Folgende Fragen gestellt: Welche Forderungen und Feststellungen des WwS können auf die Vorgaben der BRK gestützt werden, wie können sie damit überzeugend begründet und wie auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene durchgesetzt werden? Das Ergebnis seiner Überlegungen hat der AKN unter dem Titel "Feststellungen und Forderungen des DVBS-Wegweisers Sozialpolitik (WwS) im Lichte der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK)" schriftlich niedergelegt (http://www.dvbs-online.de/php/dvbs-news452.htm)

III Die Selbsthilfe braucht viele Mitstreiter

Es hat sich im Anschluss an die vom DBSV organisierte und maßgeblich inhaltlich vom DVBS mit vorbereitete Fachtagung zum Thema in Kassel im März 2010 gezeigt, dass die Sehbehindertenselbsthilfe auf der Bundesebene recht gut aufgestellt ist und bei Konferenzen, in Ausschüssen und gegenüber den Ministerien unseren Anliegen Gehör verschaffen kann. Anders ist die Situation jedoch in den meisten Bundesländern, in den Kommunen und bei größeren Körperschaften und Einrichtungen (z. B. den Hochschulen). Auch hier geht es um zahlreiche Themen, die für blinde und sehbehinderte Menschen von großer Wichtigkeit sind. Um nur einige Beispiele zu nennen: In den Ländern stehen die Bildung, bei den Kommunen die Barrierefreiheit und ortsnahe Betreuungsdienste, bei den Hochschulen die Ausbildungsbedingungen im Vordergrund. Überall, wo es die Ziele der BRK zu verwirklichen gilt, sollten wir uns einmischen und unsere Interessen vertreten. Das kann nur gelingen, wenn sich möglichst viele Mitstreiter finden, die sich in ihrem Bundesland, in ihrer Gemeinde oder an ihrer Hochschule ideenreich und tatkräftig engagieren. Wer dazu bereit ist, sollte sich deswegen mit dem DVBS bzw. mit seinem Landes- oder Ortsverein im DBSV in Verbindung setzen. Als Ansprechpartner stehen bei Bedarf auch die Mitarbeiter der Rechtsberatungsgesellschaft rbm gemeinnützige GmbH -Rechte behinderter Menschen zur Verfügung.

Um denjenigen, die sich an der Schaffung von Aktionsplänen und der Durchsetzung anderer geeigneter Maßnahmen beteiligen, Hilfestellung zu geben, hat sich der AKN vorgenommen, für die Länder- und die Kommunalebene sowie für die Hochschulen die wichtigsten Forderungen der Selbsthilfe zusammenzustellen. Der DBSV hat zugesagt, auf seiner Internetseite hierfür eine Plattform zur Verfügung zu stellen. Dort soll darüber informiert werden, wie die Forderungen der Selbsthilfeorganisationen - auch unter besonderer Berücksichtigung der Belange der älteren Menschen - aussehen und wie sie überzeugend zu begründen sind. Entsprechende Links sollen unseren Mitstreitern die Nutzung des WwS und anderer schriftlicher Unterlagen erleichtern.

Lassen Sie uns also gemeinsam die Gunst der Stunde nutzen, um die Lebenssituation blinder und sehbehinderter Menschen nachhaltig zu verbessern, wo auch immer die BRK die Chance hierzu bietet.

In der Schwarzschriftausgabe ist dem Artikel ein Foto der zurückliegenden AKN-Sitzung im Januar 2011 in der DVBS-Geschäftsstelle beigefügt. Die sieben Teilnehmenden sitzen rund um den großen Tisch im Seminarraum und debattieren. Die Bildunterschrift lautet: AKN-Tagung im Januar 2011. Seit 1997 besteht beim DVBS der "Arbeitskreis Nachteilsausgleiche (Foto: DVBS itrol).

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Erste Fachausschüsse bei Koordinierungsstelle zur UN-Behindertenrechtskonvention nehmen Arbeit auf

Die Fachausschüsse "Arbeit und Bildung" und "Mobilität, Bauen, Wohnen, Freizeit, gesellschaftliche Teilhabe, Information und Kommunikation" bei der Koordinierungsstelle zur UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) haben Anfang der Woche ihre Arbeit aufgenommen. Die jeweils rund 20 Mitglieder der Fachausschüsse informierten sich über die Aufgabe der Koordinierungsstelle und Fachausschüsse und legten erste Schwerpunkte fest: Grundlage der Arbeit in den Fachausschüssen soll zunächst der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der BRK sein, der voraussichtlich im Mai vom Kabinett beschlossen wird.

In den Fachausschüssen sind unterschiedliche Akteure vertreten, wie soziale Dienstleister, Sozialpartner, Kostenträger, Kirchen und Vereinigungen behinderter Menschen. Sie ergänzen die Arbeit des Inklusionsbeirats, der fast ausschließlich aus Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache besteht. Die Fachausschüsse nehmen die wichtige Aufgabe wahr, die gesamte Zivilgesellschaft in den Umsetzungsprozess einzubinden, so der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe. "Menschen mit Behinderungen stoßen häufig auf Barrieren in den Köpfen ihrer Mitmenschen. Diese Barrieren können nur beseitigt werden, wenn alle Beteiligten in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen die Umsetzung der BRK vorantreiben", betonte Hubert Hüppe.

Seit 2010 verantwortet der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, die Koordinierungsstelle nach Art. 33 der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Koordinierungsstelle besteht aus einem Inklusionsbeirat und Fachausschüssen. Der Inklusionsbeirat ist das zentrale Gremium der Koordinierungsstelle. Zehn seiner dreizehn Mitglieder sind Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache.

Quelle: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen

In der Schwarzschriftausgabe ist dem Artikel ein Portraitfoto von Hubert Hüppe angefügt. Es zeigt ihn in Anzug und Krawatte, er lächelt. Die Bildunterschrift lautet: Hubert Hüppe (Foto: Büro des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen).

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Bayerischer Landtag stellt Weichen für Inklusionsschule

Behinderte Kinder sollen vom nächsten Schuljahr an auf jede allgemeinbildende Schule in Bayern gehen können. Das sieht ein Gesetzentwurf aller fünf Fraktionen im Bayerischen Landtag vor, der heute in erster Lesung beraten wird. Die Schulen können demnach künftig außerdem ein neues Profil als sogenannte inklusive Schule entwickeln. So sollen sie gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf besser anbieten können. Die Gesetzesänderung wurde durch die seit März 2009 verbindliche UN-Behindertenrechtskonvention nötig.

An den "inklusiven" Schulen sollen in den nächsten zwei Schuljahren 200 neue Lehrerstellen geschaffen werden, sagte der Vorsitzende des Bildungsausschusses, Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD), bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs am Montag. Er hatte auch die Arbeitsgruppe geleitet, die den Gesetzentwurf erarbeitet hat. Dafür sind rund zehn Millionen Euro im Doppelhaushalt vorgesehen.

Im Fachjargon heißt die Aufnahme behinderter Kinder an einer Regelschule "Inklusion". Die behinderten Schüler sollen an den entsprechenden Schulen nicht durch den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (MSD) gefördert werden, sondern durch fest an den Schulen eingebundene Lehrer für Sonderpädagogik und Heilpädagogen. Im Schuljahr 2009/2010 wurden etwa 17 300 Förderschüler an Regelschulen vom MSD betreut. Im Herbst sollen rund 30 bis 40 Schulen mit dem Profil "Inklusion" starten. Sie sollen als Vorbilder für andere Schulen dienen.

"Inklusiver Unterricht ist Aufgabe aller Schulen", heißt es im Gesetzentwurf. Somit können die Eltern künftig selbst entscheiden, ob ihr Kind eine Regel- oder Förderschule besucht. Drei mögliche Formen des gemeinsamen Lernens sind vorgesehen: Kooperationsklassen mit gemeinsamem Unterricht, Partnerschaften zwischen einer Klasse von einer Förderschule und einer allgemeinbildenden Schule sowie offene Klassen der Förderschulen, die auch Kinder ohne Förderbedarf besuchen können. Die bisherigen Förderschulen sollen in ihrer jetzigen Form erhalten bleiben. Sie sollen die allgemeinbildenden Schulen bei der Integration der behinderten Kinder unterstützen.

Nach Angaben des Kultusministeriums gehen derzeit rund 23 Prozent der Förderschüler gemeinsam mit Kindern ohne Behinderung in die Schule. Knapp 60.000 Schüler in Bayern gehen auf eine Förderschule, wie die Sonderschulen seit einigen Jahren heißen. Das sind rund 3,2 Prozent der etwa 1,8 Millionen bayerischen Schüler.

Pfaffmann bezeichnete den Gesetzentwurf als "Sternstunde des Parlamentarismus", da alle Fraktionen ihn gemeinsam erarbeitet haben. Günther Felbinger von den Freien Wählern betonte: "Durch den Gesetzentwurf wird niemand überfordert. Er nimmt auch die Menschen mit, die der UN-Konvention kritisch gegenüberstehen."

Mit Fortbildungen sollen die Lehrer auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet werden. Zudem müssten Eltern und Kinder aufgeklärt und informiert werden, um bestehende Ängste und Vorurteile abzubauen. Einige Studien belegten, dass Kinder mit Förderbedarf in inklusiven Schulen besser lernen. Auch Kinder ohne Förderbedarf profitierten davon: Sie erhöhen ihre soziale Kompetenz.

Die Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Irmgard Badura, teilte mit: "Bayern ist das einzige Land, in dem eine entsprechende Initiative aller Fraktionen auf den Weg gebracht wurde."

(Quelle: BBSB-Inform)

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Handbuch zur UN-Behindertenkonvention

Zwei Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention in Deutschland (BRK) ist für Parlamentarier ein Handbuch mit Hinweisen zur praktischen Umsetzung der Bestimmungen erschienen. Er hoffe, dass das Handbuch dazu beitrage, die Konvention stärker im Bewusstsein der Abgeordneten zu verankern, sagte der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU). "Noch ist nicht bei jedem Abgeordneten angekommen, dass sein eigener Arbeitsbereich auch unter die Konvention fällt", betonte Hüppe. Die Rechte von behinderten Menschen seien nicht nur ein Thema des Sozialausschusses.

Das 150 Seiten starke UN-Handbuch erläutert alle Aspekte der BRK und enthält Checklisten für Parlamentarier, um die Umsetzung der Konvention in der Gesetzgebung und im Wahlkreis voranzutreiben. Die Vorsitzende des Sozialausschusses, Katja Kipping (Linke), sagte, die Konvention sehe Behinderte nicht länger als Bittsteller, sondern als Inhaber von Rechten.

Die behindertenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Maria Michalk (CDU), nannte das Handbuch vorbildlich. So etwas habe es bei anderen UN-Konventionen noch nicht gegeben. Parlamentarier können es beim Bundestag bestellen. Das Handbuch zur UN-Behindertenkonvention soll aber auch auf der Homepage des Bundestags online gestellt werden. Das ist zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe leider noch nicht geschehen, insofern verweisen wir an dieser Stelle auf die Internetadresse www.bundestag.de und die Suchfunktion auf dieser Seite (oben rechts).

(Quelle: epd)

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Barrierefreiheit und Mobilität

Henrike Bergermann und Dr. Imke Troltenier

Wie wir Henri Keimke wurden ... - oder: Wer mischt mit bei Facebook?

Der Hörfilmpreis ist drin, der Blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg ist drin, Heiko Kunert, der Leiter der DVBS-Fachgruppe Medien, und unser Geschäftsführer auch: Seit seiner Gründung im Jahr 2004 liest und hört man zunehmend mehr über die Internetplattform Facebook ...

Als weltweit größtes soziales Netzwerk ermögliche es Menschen, Fans, Berühmtheiten, Unternehmen und Vereinen miteinander in Austausch zu treten, Interessen zu teilen, zu kommunizieren und sich bekannt zu machen. Zunächst gelte es, ein persönliches Profil zu erstellen, dann solle man Fotos hochladen, so könne man alte und neue Freunde finden und mit ihnen "chatten", sich auf virtuellen "Pinwänden" eintragen, Spiele spielen, Gruppen gründen, Veranstaltungen ankündigen und einiges mehr. Zu Jahresanfang habe der Facebook-Mitgliederbestand 642,5 Millionen weltweit betragen, in Deutschland zähle man 16,2 Millionen Registrierungen. Barrierefrei allerdings sei Facebook nicht wirklich…

Klingt spannend, aber was ist da dran? Ist Facebook für die Mitglieder des DVBS interessant? Zählen sie, zählt die blista-Schüler- und -Elternschaft zu den genannten 16,2 Millionen? Wir haben den Einstieg ausprobiert und erste Schritte experimentiert…

Mit JAWS 9 unterwegs

Mit großer Neugier starten wir also als Tandem-Team die Internetseite von Facebook www.facebook.de und tasten uns mit der Sprachausgabe an die Sache heran: Als der Screenreader die englischen Begriffe deutsch ausspricht und von "Fatzebohk" plaudert, ist der JAWS-Neuling im Team konsterniert. "Ach, da gewöhnt man sich schnell dran", beruhigt Henrike, die JAWS-Versierte. Schließlich stoßen wir mit etlichen Tabulatorsprüngen und Pfeiltasten auf diverse Eingabefelder. Hier soll man Vor- und Nachnamen, E-Mail-Adresse, Passwort, Geschlecht und Geburtstag eingeben. Doch halt! Hat man zum Thema Datenschutz nicht über Mark Zuckerbergs soziales Netzwerk schon einiges gehört? "Datenschleuder, mangelnder Schutz der Privatsphäre, virtuelles Mobbing…", Kritiker warnen vor Facebook, viele meinen, dass der Datenschutz nicht hinreichend gewahrt werde.

Wir nehmen also die (neue) Datenschutzerklärung genau unter die Lupe und lesen zum Beispiel: "Wir erhalten Daten immer dann, wenn du ein Spiel, eine Anwendung oder Webseite nutzt, welche/s die Facebook-Plattform verwendet, oder wenn du eine Webseite besuchst, auf der eine Facebook-Funktion (wie zum Beispiel ein soziales Plug-in) vorhanden ist. Diese Daten können das Datum und die Uhrzeit deines Besuches auf der betreffenden Webseite enthalten; dies gilt auch für die Internetadresse oder die URL, auf der du dich befindest, und ebenso für die technischen Daten über die IP-Adresse und den von dir genutzten Browser sowie das von dir genutzte Betriebssystem; enthalten ist auch deine Nutzerkennnummer, wenn du auf Facebook angemeldet bist." Und auch, dass Facebook 180 Tage lang die Daten von Werbepartnern und Kunden speichert, "die uns bei der Schaltung besserer Werbeanzeigen behilflich sind. Beispielsweise unterrichtet uns ein Werbekunde unter Umständen darüber, wie du auf eine auf Facebook oder auf einer anderen Webseite platzierte Werbeanzeige reagiert hast, um so die Wirksamkeit der betreffenden Werbeanzeige zu messen - und ihre Qualität verbessern zu können."

Registrierung gelingt

Um ein wenig auf "Nummer Sicher" zu gehen, entscheiden wir uns gegen unsere "Echtnamen" und für einen sogenannten "Nickname". Wir registrieren uns als Tandem. Aus "Henrike + Imke" wird "Henri Keimke" und anstelle eines persönlichen Fotos laden wir ein Blumenbild hoch. Erste Erkenntnis: Man muss JAWS im Internet recht gut beherrschen und nicht allein mit den Pfeiltasten navigieren, um weiterzukommen. Die wichtigsten Kurzbefehle sind: "e" für "Eingabefelder", "b" für "Buttons", "h" für "Überschriften", JAWS-Taste + "F7" für "Links" und Strg-Taste + "f" für "suchen nach". Für den E-Mail-Kontakt richten wir uns unter www.gmx.de einen kostenlosen "extra"-E-Mail-Account ein. Und als Alternative zum bildbasierten CAPTCHA, der Komposition aus "verschleierten" Buchstaben, die sicherstellen soll, dass Menschen und keine Computerprogramme am Werke sind, finden wir nach längerem Suchen den Link zum Akustischen, anhand dessen wir die genannten Ziffernfolgen eingeben. Als die Registrierung schließlich gelingt, ist eine gute Stunde vergangen. Nun müssen wir nur noch die Bestätigungs-E-Mail bearbeiten und schon kann sie losgehen, die Suche.

In dieser virtuellen Welt sind "Freunde" vielfältiger Natur. Unter diesen Begriff fallen Arbeitskollegen, Chefinnen und Chefs, Koryphäen und Sternchen aus Rock, Pop, Film und Politik genauso wie Verwandte, Freunde, Bekannte… - in jedem Fall sind "Facebook-Freunde" Kontakte, die eine sogenannte "Freundschaftsanfrage" positiv bestätigen und uns damit einen Einblick in ihr Profil erlauben. Wir finden unseren Geschäftsführer und Heiko Kunert, werden "Fans" des Deutschen Hörfilmpreises und bestätigen, dass uns die Nachrichten des BSVH "gefällt". Des Weiteren erhalten wir den Tipp, dass wir m.facebook.com, die Facebook-Seite für mobile Endgeräte wie Smartphones oder iPhones mit JAWS, um einiges entspannter nutzen können.

Aber müssen wir nun wirklich jeden Tag in Facebook online gehen? Von Ihnen, liebe horus-Leserinnen und -Leser würden wir gern mehr erfahren und freuen uns auf Erfahrungsberichte, Hinweise, Tipps und Resonanz zum Thema: Wie nutzen Sie Facebook? Welche Screenreader, welche Clients bewähren sich? Möchten Sie den DVBS auch bei Facebook sehen…? In jedem Fall freut sich "Henri Keimke" auf Ihre "Freundschaftsanfragen" auf Facebook wie auch auf Resonanz, Tipps und Hinweise via Tel.: 06421 94888-20, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Zur Information

  • Über die offiziellen Testergebnisse zur Barrierefreiheit von Facebook informiert das BIK-Projekt "Barrierefrei informieren und kommunizieren" Ende Mai d. J. in seiner Reihe "Tests des Monats" via Internet unter: www.bitvtest.de/infothek/artikel/lesen/tdm.html
  • Wer immer aktuell über den Datenschutz bei Facebook und die Einstellungsmöglichkeiten zum Schutz der Privatsphäre informiert sein will, muss - gleich ob es inhaltlich stimmt oder nicht - auf der Facebook-Seite "Governance" oben den Link "Gefällt mir" anklicken (www.facebook.com/fbsitegovernance).
  • Mit Webvisum (www.webvisum.com), einem kostenlosen Add-in für den Browser Firefox, lassen sich auch visuelle CAPTCHAS "entschlüsseln". Der ermittelte Text wird in die Zwischenablage kopiert und kann mit STRG+V eingefügt werden.

Der Schwarzschriftausgabe ist ein Screenshot, ein Ausschnitt aus der Bildschirmansicht des Profils von "Henri Keimke" bei Facebook, beigefügt. In dieser Form ist es nur für "Facebook-Freunde" einsehbar. Die Bildunterschrift lautet: "Henri Keimke" bei Facebook.

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Berichte und Schilderungen

Dr. Heinz Willi Bach

Oft musste sie sich durchbeißen – manchmal hatte sie auch Glück

Petra K.* ist heute in ihren Vierzigern. Hoch- bis höchstgradig sehbehindert ist sie seit Geburt, seit etwa 15 Jahren ist sie zusätzlich auf Hörgeräte angewiesen.

Sie besuchte die Sonderschule für sehbehinderte Kinder in der nächstgelegenen Großstadt. Nächstgelegen bedeutete eineinhalb Stunden Busfahrt in jede Richtung. Dort gab man dem aufgeweckten Mädchen mit guten Schulleistungen in der fünften Klasse eine Gymnasialempfehlung. Zwar besuchten ihre beiden älteren Geschwister ebenfalls die höhere Schule, aber insbesondere der Vater hielt wenig von der Idee: "Du kriegst doch sowieso nichts auf die Reihe." Trotz solcher Entmutigung besuchte sie das nächstgelegene Gymnasium ohne jede sonderpädagogische Unterstützung oder Hilfe durch die dortigen Lehrer. Lupen und ein Bildschirm-Lesegerät standen ihr zur Verfügung. Als die Geschwister das Abitur abgelegt hatten, entstand zusätzlich ein Transportproblem. Es gab und gibt noch heute keine Busverbindung. Im Sommer fuhr sie oft mit dem Fahrrad (!), sonst musste der Transport irgendwie organisiert werden.

Die Zeit war nicht einfach, sagt sie im Rückblick: "Aber ich musste und wollte Abitur machen." Am besten ging es noch in der Oberstufe. Davor war sie als behinderte Jugendliche häufig Zielscheibe von Hänseleien pubertierender Mitschülerinnen und Mitschüler. Sie wollte studieren, am besten Jura, erwehrte sich daher auch erfolgreich allen Vorstößen des Berufsberaters, sie für ein Berufsbildungswerk zu erwärmen. "Jura geht ja für Sie nur in Marburg", diese Aussage des Beraters war zwar nicht richtig, ihr aber recht, denn sie wollte weg vom Elternhaus.

Das rechtswissenschaftliche Studium war schon die richtige Wahl, aber die Arbeitstechniken …! Mit dem Bildschirm-Lesegerät kam sie nicht mehr weiter. Glücklicherweise kamen zu dieser Zeit bezahlbare Computer mit Sprachausgabe auf. Glücklicherweise bekam sie eine "Riesennachzahlung Blindengeld". In Hamburg, wo sie das Studium beendete, erlernte sie die Blindenschrift im Rahmen eines Seminars für Studierende der Blindenpädagogik. Das Referendariat hat ihr gefallen, einmal abgesehen von den Problemen vom Zeitbedarf bis zur Beschaffung der notwendigen Hilfsmittel.

In der ZAV sagte man ihr: "Sie sollten sich auf zwei Jahre Arbeitslosigkeit einrichten." Sie hat keine Prädikatsexamina vorzuweisen. Daher nahm sie alles wahr, was sich ihr an beruflichen Einstiegschancen anbot:

  • berufliche Eingliederungsmaßnahme eines Berufsförderungswerkes
  • Praktika in Firmen und Einrichtungen innerhalb der Maßnahme und darüber hinaus
  • juristische Tätigkeiten, Tests von Hilfsmitteln für sehbehinderte Menschen und vieles mehr
  • Sie war in der Behindertenselbsthilfe und in der Gewerkschaftsjugend ehrenamtlich tätig
  • Ein Projekt, das sie mit anderen anstrebte und das die Schaffung von Arbeitsplätzen versprach, scheiterte schließlich doch an der Finanzierungsfrage.

Dann kam ihre Chance ...

Beim Auswahlverfahren für eine Stelle, auf die sie sich beworben hatte, war die Schwerbehindertenvertretung nicht eingeschaltet worden. Die ließ daraufhin das Verfahren platzen. Sie erhielt zwar diesen Arbeitsplatz dennoch nicht, aber sie war im Auswahlverfahren. Sie wurde später gefragt, ob sie sich vorstellen könne, in einem aufzubauenden "Unterhaltsrechtsteam" zu arbeiten. Angesichts ihrer Situation sagte sie zu, wenngleich dies nicht ihr Fall war. Sie wurde in der Sozialbehörde befristet bis zum Jahresende beschäftigt, erhielt aber nach einigem Hin und Her eine andere Aufgabe: Als interne Dienstleisterin sollte sie der Sachbearbeitung durch Rechtsauskünfte zur Verfügung stehen und Sicherheit geben. Kurz vor Weihnachten wurde ihre befristete Stelle für ein Jahr verlängert. Ein halbes Jahr später wurde diese Stelle überraschend entfristet. "Die Behörde hatte wohl plötzlich Entfristungen zugeteilt bekommen. Und ich hatte Glück, denn es hieß, dass Leute, die eigentlich dran gewesen wären, gekündigt hatten."

Etwa dreieinhalb Jahre ist sie nun in dieser Einrichtung tätig. Die Arbeit sagt ihr zu. "Zwangsläufig wird man auch Experte im SGB", meint sie schmunzelnd. In der ersten Zeit war eine Kollegin in Teilzeit mit derselben Aufgabe betraut. Seit 2009 macht sie die Arbeit allein. Einiges ist inzwischen Routine, Vieles ist schwierige rechtliche Materie. Und es spricht sich herum: "Hier wirst Du geholfen."

* Name von der Redaktion geändert.

Zum Autor

Dr. rer. pol. Heinz Willi Bach ist Diplom-Volkswirt. Er war viele Jahre Dozent und Schwerbehindertenvertretung an der Fachhochschule des Bundes in Mannheim und vertrat die Fachgebiete Volkswirtschaftslehre, Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsvermittlung. Zuvor war er zehn Jahre in der Praxis der öffentlichen Arbeitsvermittlung tätig. 2009 wurde er wissenschaftlicher Oberrat beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Anschließend führte er an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit ein empirisches Forschungsprojekt durch.

Unter seiner Leitung führte die Fachgruppe Wirtschaft des DVBS eine ganztägige Exkursion zur Deutschen Zentral-Genossenschaftsbank in Frankfurt durch, die von Rainer Krauser vermittelt worden war. Rainer brachte uns im Rahmen der Veranstaltung auch seinen Arbeitsplatz, seine Arbeitsmethoden und technische Ausstattung nahe. Bemerkenswert ist, dass er als blinder Jurist seine Tätigkeit dort fast völlig ohne sehende Assistenz ausübt. Die DZ-Bank nahm unseren Besuch zum Anlass, Rainer Krauser als ihren blinden Mitarbeiter in verantwortlicher Stellung in ihrer Betriebszeitschrift vorzustellen (vgl. folgenden Artikel in dieser Rubrik).

Fotomotiv in der Schwarzschriftausgabe: Portrait von Dr. Heinz Willi Bach. Er trägt ein Jackett über weißem Hemd mit Schlips und lächelt die Betrachtenden an (Foto: DVBS itrol).

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Petra Denck

Die Ziele immer klar vor Augen

Wie sieht der Arbeitsalltag von blinden Menschen aus? Allein der Weg zur Arbeit scheint eine Herausforderung zu sein. Wir haben Rainer Krauser, Mitarbeiter in Group Finance einen Tag begleitet.

"18. Obergeschoss", verkündet die synthetische Stimme im Aufzug. Dass ein Teil der Etagen in den Aufzügen des Westend-Turms über eine Sprachausgabe genannt wird, hat Rainer Krauser vor einigen Jahren angeregt. Vorher fand er sich mehr schlecht als recht durch Abtasten zurecht: Der vierte Knopf von oben führt zur 18. Etage. Dort liegt Rainer Krausers Büro. Damit er sich oben orientieren kann, welche Flurtür er nehmen muss, merkt er sich unten schon den Aufzug, in den er einsteigt.

Den morgendlichen Weg zur Bank legt er recht routiniert und in der Regel problemlos zurück. Mit dem Blindenstock ertastet er Übergänge im Straßenverlauf oder mögliche Gefahren. An der Kreuzung zum Platz der Republik kommen oft Kollegen zu Hilfe, ansonsten verlässt er sich auf sein Gehör. Die nächste Hürde ist die Drehtür zum Eingang Cityhaus 2. Um nicht unkontrolliert in den Sog der Drehtür zu geraten, wartet er ab, bis sie steht, um dann in seinem eigenen Tempo durchzugehen. Rainer Krauser ist blind und arbeitet seit knapp zehn Jahren bei der DZ BANK im Bereich Group Finance. Er sieht an diesem Morgen perfekt gekleidet aus: Khakifarbener Anzug mit passender, in verschiedenen Grüntönen gemusterter Krawatte. Bei der morgendlichen Kleiderauswahl kommt eines der vielen digitalen Hilfsmittel zum Einsatz, das blinden Menschen das Leben erleichtert: ein Farberkennungsgerät gibt über eine Sprachausgabe Farben wieder.

Technische Hilfsmittel

"Vor 20 Jahren wäre so ein selbständiges Arbeiten, wie ich es heute mache, nicht möglich gewesen", erklärt Krauser. Als Student hat er in die Vorlesungen meistens einen Kassettenrecorder mitgenommen, alles aufgezeichnet und beim nochmaligen Hören zuhause mit seiner Blindenschreibmaschine Notizen gemacht. Heute erleichtern die technischen Hilfsmittel vieles bzw. machen Rainer Krausers Einsatz am Arbeitsplatz überhaupt erst möglich. Neben der Standardausrüstung eines PC-Arbeitsplatzes ist dieser mit einer elektronischen Sprachausgabe, einer Blindenschriftzeile - auch Braille-Zeile genannt - und einem Blindenschriftdrucker ausgestattet. Finanziert hat diese Spezialausstattung die Bundesagentur für Arbeit. "Dafür brauche ich keine persönliche Arbeitsassistenz", sagt Krauser nicht ganz ohne Stolz. Das funktioniert, da in der Regel alle Informationen, auf die er zugreifen muss, elektronisch vorliegen. Blinde berufstätige Menschen haben sonst oft eine Arbeitsassistenz, die ihnen Texte vorliest und beim Organisieren des Arbeitsalltags hilft. "Eigentlich habe ich heute schon das papierlose Büro", scherzt Krauser. Texte lässt er sich durch die Sprachausgabe vorlesen, alternativ nutzt er auch die Blindenschriftzeile als Bildschirmersatz. Zum Schreiben nutzt er wie andere Kollegen die Tastatur und das Zehn-Finger-System. Gelegentlich stößt die Technik dennoch an ihre Grenzen, beispielsweise wenn der Computer PDF-Dokumente nicht richtig erkennt. Das ist einer der Fälle, in denen er auf die Hilfe seiner Kollegen angewiesen ist. "In solchen Momenten habe ich das Gefühl, als blinder Mensch ist man doch nicht immer voll einsetzbar", meint Krauser. Allerdings weiß er auch, dass Kollegen und Vorgesetzte für diese Fälle normalerweise mehr Verständnis haben als er gegenüber sich selbst.

Tätigkeiten in der DZ BANK AG

Zu seinen Aufgaben in der Gruppe Steuerung und Grundsatzfragen in Group Finance gehört es, für die Bank wichtige Entwicklungen und Neuerungen in den internationalen Rechnungslegungsstandards, den IFRS, herauszufiltern und Einschätzungen zu Auswirkungen auf die Bank abzugeben. Darüber hinaus beantwortet er Anfragen aus dem Haus oder dem Konzern, wie bestimmte Sachverhalte bilanziell abgebildet werden müssen. Ein drittes Aufgabengebiet ist die Verbandsarbeit. Die DZ BANK ist Mitglied in verschiedenen nationalen und internationalen Gremien, um ihre Interessen in die Beratungen über Regelungsvorhaben auf dem Gebiet der Rechnungslegung einzubringen. Rainer Krauser verfasst hierfür Stellungnahmen - häufig in Englisch.

Aktiv in allen Lebensbereichen

Englisch ist für Rainer Krauser kein Problem. Bereits als Gymnasiast verbrachte er ein Jahr als Austauschschüler auf einer Blindenschule in Philadelphia, USA, um Auslandserfahrung zu sammeln und gute Englischkenntnisse zu erwerben. Während seines Jurastudiums studierte er zwei Semester englisches und internationales Recht in Großbritannien. Überhaupt ist Rainer Krauser ein sehr aktiver, sportlicher Mensch. 1996 nahm er an den paralympischen Spielen im Judo teil. Judo trainiert er noch heute, allerdings nicht mehr für Wettkämpfe. Das Risiko, sich zu verletzen und dann einige Zeit beruflich auszufallen, ist ihm zu hoch. Umso aktiver ist er in der Betriebssportgruppe Klettern, wo er mit Kollegen einmal pro Woche die Wände hochgeht. Außerdem besucht er gelegentlich zusammen mit Kollegen Spiele der Eintracht Frankfurt. An bestimmten Plätzen liegen Kopfhörer bereit, über die "Radiokommentatoren" für blinde und sehbehinderte Stadionbesucher live berichten.

Besuch einer Blindengruppe in der DZ BANK

Zu seinen zahlreichen Freizeitaktivitäten gehört auch die Mitarbeit im Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf. Auf Krausers Initiative hin besuchte im Februar eine Gruppe von Vereinsmitgliedern die DZ BANK. Neben Vorträgen über den genossenschaftlichen FinanzVerbund, DZ BANK Zertifikate und den blindengerechten Arbeitsplatz von Rainer Krauser war der Besuch der ART FOYER-Ausstellung "Wüstungen" der Höhepunkt des Programms. Eine Kunstführung für Blinde und Sehbehinderte verlangt, das Bild sehr detailliert zu beschreiben. "Blinde Menschen sind unglaublich konzentriert bei einer Führung", so Christina Leber, die die Gruppe durch das ART FOYER führte. Es sei eher wie ein Dialog mit vielen Rückfragen, da sich blinde Menschen die Bilder über Vergleiche und Assoziationen erschließen. "Eine rundum gelungene Veranstaltung", kommentierten die Gäste ihren Besuch, der ihnen ein positives Bild von Rainer Krausers Arbeitgeber vermittelt hat.

Abdruck mit freundlicher Genehmigung: DeZett 2/2010, DZ BANK AG

In der Schwarzschriftausgabe ist ein Foto beigefügt, es zeigt Rainer Krauser durch Seile gesichert am steilen Fels. Die Bildunterschrift lautet: Mit der Betriebssportgruppe Klettern macht Rainer Krauser auch gerne Ausflüge wie hier beim Kletterwochenende in der Fränkischen Schweiz (Foto: DeZett).

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Aus der Arbeit des DVBS

Andreas Wohnig

Neues Portal zur Literaturversorgung für Blinde und Sehbehinderte: "e-dig"

Das Projekt "e-dig" biegt in die Zielgerade ein. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe wird das Team des Textservice gerade im Content Management System Drupal geschult, die Testgruppe mit der aktuellen Softwareversion versorgt, das letzte Gutachten erwartet, Dokumentationen und Verwendungsnachweise erstellt und die Freischaltung vorbereitet.

Was diesen Wirbel in der Geschäftsstelle verursacht? Auf "e-dig" werden Blinde und Sehbehinderte wissenschaftliche Literatur online recherchieren, finden, bestellen und austauschen können.

Das neue Internet-Portal gliedert sich in die folgenden drei Module:

Modul 1: Textservice-Online

Der DVBS-Textservice, unter dem Namen "Aufsprachedienst für wissenschaftliche Literatur" Ende der 70er Jahre gegründet, produziert seither auf individuellen Wunsch Literatur im DAISY-Format. Der Bestand ist kontinuierlich gewachsen und kann mit der Freischaltung der Plattform "e-dig" zum ersten Mal online eingesehen werden. So können Bestellungen direkt auf den Weg gebracht und der Kontakt mit dem Textservice-Team aufgenommen werden. Im mittlerweile über 500 DAISY-Titel starken Textservice-Katalog kann man nach Autor bzw. Autorin, Titel, Stichwort und Fachgebiet recherchieren und auch die älteren, ggf. inhaltlich noch relevanten, Kassettenaufnahmen finden. Für Interessierte wird es in diesem Bereich zusätzlich auch Links zu weiteren wissenschaftlichen Katalogen geben.

Modul 2: Literaturbörse

Hier betreten wir Neuland. Die Literaturbörse eröffnet Blinden und Sehbehinderten in Studium, Beruf und aktivem Ruhestand erstmals die Möglichkeit, selbst eingescannte wissenschaftliche Literatur einzustellen und von anderen zu beziehen. Durch "e-dig" hoffen wir, den Fundus an barrierefreier Literatur im wissenschaftlichen Bereich für Blinde und Sehbehinderte nachhaltig zu erhöhen. Gesteuert wird die Literaturbörse durch ein Bonussystem, das auf der virtuellen Währung namens "Durchblick" basiert.

Diese virtuelle Börse lebt vom Engagement ihrer Mitglieder: Wer eigene Scans zur Verfügung stellt, wird mit "Durchblicken" belohnt und kann im Gegenzug damit "bezahlen", wenn er sich die von anderen aufbereitete Literatur herunterlädt. Zum Konvertieren von Texten in unterschiedliche Formate sind die einschlägigen Links zu freier Software und zu bewährten Tools gelistet. Der Zugang zu diesem Modul steht nur Blinden und Sehbehinderten offen. Erst nach Registrierung, Anerkennung der Teilnahmebedingungen und Verifizierung der Schwerbehinderteneigenschaft (Upload einer Kopie des Schwerbehindertenausweises) erfolgt die Freischaltung. Auf diese Weise soll endlich Abhilfe dafür geschaffen werden, dass die gleichen Texte von jedem einzelnen Interessierten immer wieder eingescannt und u. U. mehrfach von Kostenträgern bezahlt werden müssen.

Bekomme ich auch "Durchblicke" ohne das Uploaden von Texten? Kann man eine Kassettenaufnahme aus dem Textservice mit Bordmitteln in ein DAISY-Format bringen? Wird auch belohnt, wer ein hochgeladenes Dokument, das vielleicht barrierearm, aber nicht barrierefrei ist, in der Qualität verbessert? Das Textservice-Team wird weitere kreative Ideen folgen lassen. Zurzeit wird ein Gutachten zu den urheberrechtlichen Bedingungen in dieser Tauschbörse erwartet. Denn das Urheberrecht steht vor tiefgreifenden Umbrüchen, die uns hoffen lassen. Besonders die Europäische Blindenunion (EBU) arbeitet mit Hochdruck daran, die Hürden bei der Nutzung von Literatur durch Blinde und Sehbehinderte zu beseitigen.

Modul 3: Creative Commons

Der amerikanische Jura-Professor L. Lessing hat Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ein sehr einfaches, aber wirkungsvolles Lizensierungsmodell entwickelt: In einer Art Baukastensystem können die Schöpferinnen und Schöpfer von Dokumenten, Musik, Software usw. selbst entscheiden, welche Nutzungsrechte sie an ihre Werke knüpfen. So können Autoren zum Beispiel festlegen, dass ihr Werk kopiert und vervielfältigt werden darf, wenn ihr Name genannt und das Werk nicht zu kommerziellen Zwecken verwendet wird. Durch die Kennzeichnung mit einem Logo und dem Schriftzug "Some rights reserved" sind die Titel von Interessierten sofort als Creative Commons-, kurz CC-Titel, erkennbar. Kosten entstehen für beide Seiten nicht.

Diese sogenannten Open Source- oder Open Content-Werke finden immer mehr Verbreitung im Wissenschaftsbetrieb: Dissertationen, Berichte, auch ganze Zeitschriften werden unter CC oder ähnlichen Lizenzen veröffentlicht. Einige namhafte Forschungsorganisationen und Universitäten wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer Gesellschaft oder die Max-Planck-Gesellschaft haben zudem die Open Access Initiative mit dem Ziel gestartet, dass wissenschaftliche Literatur künftig grundsätzlich kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich sein soll.

Der DVBS unterstützt ausdrücklich diese Bestrebungen und möchte im Besonderen den Creative Commons-Gedanken fördern. Aktuelle Informationen über neue Literatur werden daher von "e-dig" mit weiterführenden Links abgerufen (mit Hilfe des Social Bookmarking Dienstes "Delicious"). Wenngleich es sich bei den frei zugänglichen Werken unter CC-Lizenz oft um PDF-Dokumente handelt, die vielleicht "zugänglich", aber leider nur in wenigen Fällen wirklich barrierefrei sind, so plant der Textservice, aus diesem Fundus besonders interessante Werke in begrenztem Umfang nachzubearbeiten. Zudem finden sich auch hier zahlreiche Verweise auf weiterführende Archive und Kataloge anderer Anbieter von Audio- und Textformaten, sei es aus dem Selbsthilfebereich, dem universitären oder öffentlichen Sektor.

Das DVBS-Projekt "e-dig" wird maßgeblich gefördert durch die Aktion Mensch sowie durch die Commerzbankstiftung und die Gemeinschaftsstiftung für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf. Entstanden aus dem Grundgedanken, Hilfe zur Selbsthilfe zeitgemäß und zukunftsfähig zu organisieren, hoffen wir mit dem neuen Portal viele Mitglieder des DVBS wie auch weitere Blinde und Sehbehinderte anzusprechen: Helfen Sie mit, dass sich "e-dig" mit Leben füllt!

Der Schwarzschriftausgabe ist ein Fotomotiv beigefügt, das während einer Projektpräsentation aufgenommen wurde. Die Bildunterschrift lautet: "e-dig" ist Thema: DVBS-Geschäftsführer Michael Herbst und Projektleiter Andreas Wohnig im Gespräch mit der Geschäftsführerin der Commerzbank-Stiftung Astrid Kiessling-Taşkin, dem Marburger Filialdirektor Gerd-Bernd Schulmeier und Frank Richtsmeier, der die Marburger Firmenkundenbetreuung der Commerzbank leitet (Foto: DVBS itrol).

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Gemeinschaftsstand während der Augenärztlichen Akademie Deutschland 2011

Der Standort war sehr gut, Aufbau und Gestaltung sehr ansprechend: Zwei Roll-Ups links und rechts, in der Mitte die bewährte Theke mit zwei Hockern und daneben zwei Prospektständer mit themenbezogener Sortierung der Broschüren… - vom 22. bis 26. März fand in diesem Jahr die Augenärztliche Akademie, die führende Tagung für Fort- und Weiterbildung in der Augenheilkunde im deutschsprachigen Raum statt. DVBS, DBSV, Pro Retina und BFA waren wieder mit einem Gemeinschaftsstand vertreten. Der DVBS dankt seinem Team, Elisabeth und Günter Stiebeling, Gudrun Schäfer und Dieter Viehbacher herzlich für ihren Einsatz und Günter Stiebeling zudem für seinen - wie immer - aufschlussreichen Bericht.

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Neue Leitungsteams in Hamburg und Niedersachsen

Die DVBS-Bezirksgruppen Hamburg und Niedersachsen haben ihre Leitungsteams wie folgt gewählt:

DVBS-Bezirksgruppe Hamburg

  • Leitung: Rolf Schilling, Lesserstr. 45, 22049 Hamburg, Tel.: 040 6522594, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
  • Heike Ackermann, Gärtnerstr. 94 b, 20253 Hamburg, Tel.: 040 496563, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
  • Dr. Harald Falkenberg, Flurstr. 10, 22549 Hamburg, Tel.: 040 835403, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

DVBS-Bezirksgruppe Niedersachsen

  • Leitung: Gerhard Renzel, Äbtissinnenstr. 13, 49124 Georgsmarienhütte, Tel.: 05401 6376, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
  • Werner Gläser, Wittbecker Str. 9, 29229 Celle, Tel.: 05086 1627, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Terminvorschau

  • 3. bis 5. Juni 2011: Energy Dance für blinde und sehbehinderte Menschen, fachgruppenübergreifendes Wochenendseminar, Zentrum für Erwachsenenbildung, Hannover
  • 10. bis 11. Juni 2011: Von MS Word zum barrierefreien PDF-Dokument, BIK@work-Workshop für blinde DVBS-Mitglieder, Herne
  • 30. Juli bis 5. August 2011: Psychodrama-Woche, Fachgruppe Sozialwesen (fachgruppenübergreifend), Saulgrub
  • 27. bis 28. August 2011: Seminar Arbeitsplatzassistenz, Wochenendseminar für Blinde und Sehbehinderte, Marburg (in Planung)
  • 15. bis 18. September 2011: "Präsentation und Rhetorik" Seminar der Fachgruppe Wirtschaft, Herrenberg
  • 16. bis 18. September 2011: Fortbildungsseminar der Fachgruppe Jura, Berlin
  • 21. bis 23. September 2011: 20. EDV-Gerichtstag, Saarbrücken
  • 23. bis 25. September 2011: Bundesweites Treffen blinder und sehbehinderter Studierender, Fachgruppe Ausbildung, Bonn
  • 27. September 2011: Brailletag in Deutschland, Aktionstag für jeden Braille-Fan und -Interessenten, Veranstalter: Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig (DZB)
  • 27. bis 30. September 2011: Weltkongress Braille21, Innovationen in Braille im 21. Jahrhundert, Veranstalter: Deutsche Zentralbücherei für Blinde zu Leipzig (DZB)
  • 8. bis 15. Oktober 2011: Die zehnte Woche des Sehens ... findet bundesweit statt!
  • 10. bis 22. Oktober 2011: "Altern und Blindheit", Seminar der Gruppe Ruhestand, Bad Orb
  • 11. bis 13. November 2011: Arbeitsausschuss des DVBS mit Fortbildungsseminar für Ehrenamtliche, Bad Meinberg
  • 18. bis 20. November 2011: Fortbildungsseminar der FG Sozialwesen, Hünfeld
  • 17. bis 19. Mai 2012: Veranstaltungen rund um die DVBS-Mitgliederversammlung, Marburg

Weitere Informationen zu den Terminen finden Sie unter www.dvbs-online.de/aktuelles/termine

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Aus der blista

Arno Kraußmann

Ein neues Gebäude für die Oberstufe

Es ist gerade einmal dreieinhalb Jahre her, dass auf dem blista-Gelände ein neues Schulgebäude seiner Bestimmung übergeben wurde. Dort haben die Eingangsstufe und der Fachbereich Musik ein neues Zuhause gefunden. Seit einigen Tagen ist nun erneut Baulärm auf dem Campus zu vernehmen, eine Fläche hinter dem Schulgarten wurde gerodet und Bautrupps richten den Platz für neue Fundamente her.

Die Oberstufe der Carl-Strehl-Schule hat bis dato ihren Platz im Gebäude 4, dem Anton-Kerschensteiner-Haus, zugleich das älteste Gebäude auf dem Campus, in früheren Zeiten als Wohnhaus für Schüler konzipiert und genutzt. Damit einher geht nicht nur eine für Schulzwecke wenig geeignete Einrichtung, sondern auch ein erheblicher Sanierungsbedarf. Vor allem lässt das Haus auch in punkto Barrierefreiheit deutlich zu wünschen übrig.

Ein weiterer Grund für die Entscheidung zu einem Neubau liegt in der in den letzten Jahren stetig gestiegenen Schülerzahl der blista, wobei die gymnasiale Oberstufe jeweils den höchsten Zulauf hatte. Selbst unter der Voraussetzung, dass die Steigerung der Schülerzahl nicht anhält, auch nicht anhalten kann, ist der für optimalen Unterricht verfügbare Raum allzu begrenzt.

Im Einklang mit dem Verwaltungsrat hatte der Vorstand bereits Mitte 2009 einen Architektenwettbewerb veranstaltet. Das dabei ausgewählte Modell wurde mit dem beauftragten Büro ARTEC in der Folgezeit auf schulische Bedarfe hin entwickelt und zur Genehmigungsreife geführt. Die Übergabe des Gebäudes an den Schulbetrieb ist für August 2012 vorgesehen.

Ausführliche Pläne, auch in taktiler Form, hängen im Speisesaal aus. Die Pläne und Ansichten zeigen ein flaches Gebäude, unterhalb der Hörbücherei und nahe der Straße "Am Grassenberg" gelegen. Hangseitig wird es eingeschossig und talseitig zweigeschossig ausgeführt werden. Die jeweiligen Ausgänge zeigen auf das bestehende Eingangsstufengebäude. Zwischen beiden Gebäuden wird der Schulgarten wieder neu entstehen.

Das neue Oberstufengebäude wird insgesamt eine Nutzfläche von 1.160 m² umfassen. Die aktuelle Kostenschätzung geht von Brutto-Baukosten in Höhe von knapp unter 2,4 Millionen Euro aus. Das - kleinere - Untergeschoss bietet vier Klassenraume zwischen 42 und 48 m², die sich talseitig zu einer kleinen Terrasse öffnen. Daneben werden hier die gesamten Sanitäranlagen und Technikräume untergebracht.

An der Südseite führen ein verglastes Treppenhaus sowie ein Aufzug ins Erdgeschoss. Dort befinden sich weitere drei Klassenräume zwischen 58 und 77 m². Vier kleinere Schüler-Arbeitsräume von 19 bis 34 m² Größe gruppieren sich an der gegenüberliegenden Gebäudeseite, der Hörbücherei zugewandt. Zwei dieser Klassenräume können durch eine bewegliche Trennwand miteinander kombiniert werden, ebenso zwei der kleineren Arbeitsräume.

Im Zentrum liegt eine knapp 120 m² große Multifunktionsfläche, die als offener Begegnungsbereich oder für Einzel- oder Kleingruppenarbeiten zur Verfügung steht. Diese Fläche kann durch bewegliche Wandelemente zu einem Konferenzraum umgestaltet werden, der etwa 100 Personen Platz bietet und so ausgestattet werden soll, dass sowohl Präsentationen und Fortbildung, als auch Lehrerkonferenzen stattfinden können. Benachbart sind ein Serviceraum, der auch als Lehrerarbeitsplatz dienen kann, ein Stuhllager sowie ein Bereich, in dem Schüler ihre Unterlagen und Medien sicher unterbringen können.

Ein absolutes Novum auf dem blista-Campus wird im Verzicht auf eine traditionelle Heizung bestehen. Weder Öl noch Gas werden verbrannt werden und auch ein Anschluss an die entsprechenden Anlagen in benachbarten Gebäuden erfolgt nicht. Für Heizung und Kühlung ist eine geothermische Anlage vorgesehen, zu deren Betrieb mehrere Bohrlöcher mit einer Gesamtlänge von 780 Metern in den Erdboden einzubringen sind.

Die Anlage ist so dimensioniert, dass auch ein zu erwartender Leistungsrückgang, der bei solchen Anlagen einige Zeit nach Betriebsaufnahme grundsätzlich zu erwarten ist, kompensiert werden kann. Im Untergeschoss ist ein entsprechender Wärmetauscher untergebracht und durch die Fußböden verläuft ein komplexes System von Lüftungsröhren.

Schüler, Lehrer und Mitarbeiter der blista können mit dem Entstehen des neuen Gebäudes auf eine deutliche Verbesserung der räumlichen Gegebenheiten der Carl-Strehl-Schule hoffen.

Zum Autor

Arno Kraußmann, Marburg, ist kaufmännischer Vorstand der blista.

Das Autorenfoto zeigt das Portrait von Arno Kraußmann, er lacht vergnügt zu den Betrachtenden hin. Zwei weitere Motive sind in der Schwarzschriftausgabe eingefügt (Abbildung 1: Objektansicht von Norden, Abbildung 2: Grundriss Erdgeschoss, vgl. Beschreibung im Text bzw. die dort angegebene Platzierung der taktilen Pläne).

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Impressum

Herausgeber:

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion:

  • für den DVBS: Uwe Boysen, Michael Herbst, Andrea Katemann und Dr. Imke Troltenier
  • für die blista: Isabella Brawata, Thorsten Büchner, Rudi Ullrich und Marika Winkel

Koordination:

Dr. Imke Troltenier, Geschäftsstelle des DVBS, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Tel.: 06421 94888-13, Fax: 06421 94888-10, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Internet: www.dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck auch auszugsweise nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.):

Michael Herbst (DVBS) und Rudi Ullrich (blista)

Erscheinungsweise:

Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und auf einer CD-ROM, die die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version und die Braille-, RTF- und PDF-Dateien enthält.

Jahresbezugspreis:

22 Euro (zuzüglich Versandkosten) für die Schwarzschriftausgabe, 35 Euro für alle übrigen Ausgaben.

Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres.

Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonten des DVBS:

Sparkasse Marburg-Biedenkopf, BLZ 533 500 00, Konto 280

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Postbank Frankfurt, BLZ 500 100 60, Konto 149 949 607

Verlag:

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg

ISSN 0724-7389

Punktschriftdruck: Deutsche Blindenstudienanstalt e. V., Marburg

Digitalisierung und Aufsprache: Geschäftsstelle des DVBS, Marburg

Schwarzschrift-Druck: Druckerei Schröder, 35081 Wetter/Hessen

Titelbild:

Assistenz für Blinde und Sehbehinderte

In der Schwarzschriftausgabe zeigt das Titelblatt unter dem Motto "Assistenzleistungen sind vielfältig" drei Fotos unterschiedlicher Arbeitsassistenz: aus der Printausgabe eines Fachmagazins wird vorgelesen, auf Wegen begleitet, der Aufbau einer Internetseite beschrieben (Fotos: DVBS itrol).

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.

Nächste Ausgabe:

horus 3/2011 - Schwerpunktthema: Ehrenamt und Freiwilligenarbeit in der Selbsthilfe

Erscheinungstermin: 15. August 2011

Anzeigenannahmeschluss: 15. Juli 2011

Redaktionsschluss: 24. Juni 2011

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ADDITIV!

Dr. Johannes-Jürgen Meister

Lebenslanges Lernen - Weiterbildung und Weiterbildungsmöglichkeiten für ältere blinde und sehbehinderte Menschen

Ungekürzte Fassung

1. Einleitung

Der Begriff des lebenslangen Lernens ist keineswegs so neu, wie mancher gemeinhin meinen möchte. Schon Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts bildete das Thema Weiterbildung einen Schwerpunkt der Bildungsdiskussion und Bildungsplanungen im Deutschen Bildungsrat (1965-1975). Die Einsicht setzte sich durch, dass die Gliederung der Lebensspanne eines Menschen in drei Phasen: 1. Kindheit und Jugend mit schulischer und beruflicher Bildung und Ausbildung einschließlich Hochschule; 2. Erwerbsleben mit Karriere und Familie; sowie 3. Rente und wohlverdienter Ruhestand nicht länger aufrecht erhalten werden können. Der permanente technologische Fortschritt verlangte schon damals eine kontinuierliche Anpassung des Wissens sowie der Fertigkeiten und Fähigkeiten jedes Einzelnen. Dank ausreichender finanzieller Ressourcen wurden in den Kultusbehörden der Länder Gesetze zur Förderung der Weiterbildung und der Einrichtung eines Bildungsurlaubs geplant und errichtet. In der Endphase des Deutschen Bildungsrates Anfang der 70er Jahre wurden nicht nur Ideen zur Konzeption von Weiterbildung und zu einem Weiterbildungsinformationssystem (WIS) diskutiert und erarbeitet, sondern auch die rechtlichen Möglichkeiten analysiert. (Deutscher Bildungsrat 1974) Doch die Zeit war für ein so umfassendes, auch Qualitätsaspekte berücksichtigendes Informationssystem noch nicht reif.

Wissenschaftliche Untersuchungen hatten jedoch gezeigt, dass die Erwachsenen- oder Weiterbildung weit mehr umfasste als nur die Angebote der Volkshochschulen. Neben ihnen traten als Anbieter und Träger Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeber und zahlreiche private Bildungseinrichtungen auf. (Meister 1971).

Auf nationaler und internationaler Ebene wurden neue Konzepte lebenslangen Lernens und lebenslanger Bildung entwickelt und diskutiert: "Education permante" (Europarat 1970), "Recurrent Education" (OECD 1973) sowie "Lifelong Education" (UNESCO 1973).

So definierten die erwähnten Institutionen ihr jeweiliges neues Verständnis von Bildung und Lernen wie folgt:

  1. Der Europarat seinen Begriff der "Education permanente" als "ein neues Konzept, das die gesamte über die ganze Lebenszeit einer Person in geeigneten Etappen und Zeiträumen verteilte Bildungswirklichkeit umfasst und dabei die kontinuierliche Entwicklung der sich mit Alter und Situation während unterschiedlicher Lebensphasen einer Person verändernden Fähigkeiten, Motivationen und Bestrebungen berücksichtigt." (Rasmussen 1970)
  2. Die OECD umschreibt "Recurrent Education" mit: "eine umfassende Strategie für alle Bildungsbereiche, die sich an Bildung im Rahmen der Schulpflicht anschließen oder die über Elementarbildung hinausgehen. Ihre wesentliche Eigenschaft ist die phasenartige Verteilung von Lernzeiten über die gesamte Lebensspanne der Individuen, d.h. alternierend mit anderen Aktivitäten, in erster Linie mit Erwerbsarbeit, aber auch mit Freizeitaktivitäten oder Aktivitäten im Altersruhestand." (OECD 1973)
  3. Für die UNESCO schließlich zielt "Lifelong Education" "als Prozess auf personenbezogene, soziale und berufsbezogene die ganze Lebensspanne umfassende Entwicklung, um die Lebensqualität von Individuen sowie ihrer sozialen Gruppen zu verbessern. Es handelt sich um eine umfassende und integrative Vorstellung von Lernen mit dem Ziel verstärkter Aufklärung, um so eine bestmögliche Entwicklung in unterschiedlichen Lebensphasen und Lebensbereichen zu erreichen. Sie schließt formales, nicht formales und informelles Lernen ein." (Dave 1976)

Bei aller Unterschiedlichkeit der verschiedenen Konzeptionen gewann die Einsicht und Überzeugung Raum, dass das Lernen nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben eines Individuums zu Ende komme, sondern ein ganzes individuelles Leben kennzeichnet und begleitet. Dieser biographische Aspekt des Lernens wurde in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in der erziehungswissenschaftlichen und gerontologischen Forschung aufgrund der früheren nationalen und internationalen bildungspolitischen Forderungen besonders thematisiert, analysiert und theoretisch untermauert. Auf eine kurze Formel gebracht lautet die Erkenntnis: "Lebenslanges Lernen umfasst alles formale, nicht-formale und informelle Lernen an verschiedenen Lernorten von der frühen Kindheit bis einschließlich der Phase des Ruhestands. Dabei wird "Lernen" verstanden als konstruktives Ver arbeiten von Informationen und Erfahrungen zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen." (BLK 2004 S.13)

2. Lebenslanges Lernen bis ins hohe Alter

Wir lernen, so lange wir leben. Von Geburt an bis zum Eintritt ins Altenheim sammeln wir Erfahrungen, Kenntnisse, Wissen, erwerben Fähigkeiten und Fertigkeiten, lernen mit Emotionen, Gefühlen umzugehen und fertig zu werden. Dieses alltägliche Lernen mag trivial sein, aber das Gespräch mit anderen, das Lesen in Zeitungen, Zeitschriften, Büchern und das Hören und Zuschauen am Fernseher ist "die effektivste Schule", die "Universität des Lebens" (Field 2000). Das Lernen in formalen strukturierten, institutionalisierten Formen, das Lernen in Schule, Ausbildung und Hochschule umfasst nur einen Teil dessen, was wir lernen. Wir sind, wie es Alheit/Dausien (2002) zusammenfassen "lebenslange Lerner".

Der Begriff des lebenslangen Lernens hat allerdings in den 90er Jahren des letzen Jahrhunderts in der bildungs- und erziehungswissenschaftlichen Diskussion und Forschung aufgrund des weltweiten technologischen, ökonomischen, sozialen, gesellschaftlichen und demographischen Wandels eine neue Bedeutung erhalten. Die internationale und nationale bildungspolitische Diskussion fand in dem im März 2000 von der Europäischen Kommission verabschiedeten Dokument "A memorandum on lifelong learning" ihren gemeinschaftlichen Ausdruck: "Lifelong learning is no longer just one aspect of education and training; it must become the guiding principle for provision and participation across the full continuum of learning contexts." (Commission of the European Communities 2000, p 3). Begründet wurde dies zum einen damit, dass sich Europa zu einer "wissensbasierten Gesellschaft und Ökonomie" entwickelt habe und zum anderen mit dem Hinweis auf die Einbindung Europas in eine komplexe soziale und politische Welt (a.a.O. p 5). Dieses neue Begriffsverständnis impliziert die Vernetzung aller Lernformen und -prozesse, die sich über die gesamte Lebensspanne erstrecken: "The "lifewide" dimension brings the complementarity of formal, non-formal and informal learning into sharper focus." (CEC 2000, p. 9). Die hier nur kurz angedeuteten und skizzierten Definitionen und Aspekte können an dieser Stelle nicht näher analysiert und kritisch hinterfragt werden.

In Anlehnung an dieses Memorandum und aufgebaut auf bildungspolitische Gutachten aus den Jahren 1996 und 1998 veröffentlichte im Januar 2001 das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ein "Aktionsprogramm lebensbegleitendes Lernen" Ebenfalls Anfang 2001 veröffentlichte die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) ein Dokument, in dem zahlreiche Modellprogramme zur Förderung lebenslangen Lernens dargestellt wurden.

Ziel dieser Aktivitäten war es, das neue Verständnis von Bildung und Lebenslangem Lernen in die Praxis umzusetzen und zu erproben sowie einen Beitrag zum strukturellen Wandel der Gesellschaft zu leisten. In diesen Prozess sollten nicht nur Schule, Ausbildung und Beruf einbezogen werden, sondern auch die Weiterbildung und -möglichkeiten der Älteren (BMBF). "Gesellschaft und Wirtschaft befinden sich an der Schwelle zum 21. Jahrhundert in einem permanenten, sich beschleunigenden Wandel", der nicht nur den Bereich der schulischen und beruflichen Bildung, Studium sowie beruflichen Vorbereitung und Berufstätigkeit, sondern alle Lebensbereiche einschließt.

"Für den Einzelnen ist ständige Weiterbildung zur Entwicklung und Förderung beruflicher Qualifikationen und Kompetenzen, gesellschaftlichen Wissens, sozialer und kultureller Teilhabe, von Orientierungsvermögen, selbständigem Handeln und Eigenverantwortung unverzichtbar". (a.a.O.S.3).

Eine qualitativ hohe Ausbildung möglichst vieler Bürger/innen und ihre kontinuierliche Weiterbildung dient der aktiven Bewältigung des Strukturwandels, der Sicherung der Innovationsfähigkeit der Gesellschaft und Befähigung aller Menschen, sich auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft behaupten und die Gesellschaft mitgestalten zu können.

Wenn lebenslanges Lernen für alle Wirklichkeit werden soll, dann müssen Mechanismen und Barrieren, die einzelne Gruppen der Gesellschaft, insbesondere solche in "speziellen Lebenslagen" ausgrenzen, abgebaut werden. "Auch die allgemeine und kulturelle Erwachsenenbildung erhält zusätzliche Bedeutung, wenn Senioren/innen ihren Lebensabend aktiv gestalten wollen", d.h. ihr Leben im Alter selbstständig und selbstbestimmt gestalten wollen. Für Menschen mit Behinderungen sollen die Weiterbildungsmöglichkeiten "durch Nutzung der neuen Medien erhöht werden".

Bei der Auflistung konkreter Aktionsprogramme allerdings finden sich hierzu keine Projekte. Haben die Behindertenselbtshilfeorganisationen derartige bildungspolitische Aktionen überhaupt zur Kenntnis genommen? Es wäre sicher nützlich und notwendig, wenn die Behindertenselbsthilfe unter dem Gesichtspunkt der gleichberechtigten Teilhabe am Leben der Gesellschaft, der Barrierefreiheit und Inklusion ihre Interessen und Bedürfnisse in die Diskussion derartiger Aktionsprogramme und Strategien zu lebenslangem Lernen einbringt.

Auf der Grundlage der zahlreichen Dokumente der Europäischen Kommission aus der Zeit zwischen 1998 - 2002 sowie den bildungspolitischen Initiativen des Bundes und der Länder und nicht zuletzt als Auftrag der Expertenkommission zur Finanzierung lebenslangen Lernens aus dem Jahre 2002 erarbeitete eine ad-hoc-Kommission der BLK ein umfangreiches Papier zur "Strategie für lebenslanges Lernen", das im Jahre 2004 veröffentlicht wurde. Die Strategie orientiert sich sowohl an den verschiedenen Lebensphasen von der frühen Kindheit bis ins hohe Alter als auch an wesentlichen Elementen lebenslangen Lernens wie formales, nicht-formales, informelles, fremdorganisiertes, selbstorganisiertes und selbstgesteuertes Lernen.

Gleich zu Anfang definiert das Papier lebenslanges Lernen als: "Lebenslanges Lernen umfasst alles formale, nicht-formale und informelle Lernen an verschiedenen Lernorten von der frühen Kindheit bis einschließlich der Phase des Ruhestands. Dabei wird "Lernen" verstanden als konstruktives Verarbeiten von Informationen und Erfahrungen zu Kenntnissen, Einsichten und Kompetenzen." (a.a.O. S.13) Das aber bedeutet, dass sich das Lernen an den Lebensphasen und der Biographie jedes einzelnen orientiert. Wir lernen aus unterschiedlichen Gründen zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Lernformen an unterschiedlichen Lernorten. Lebenslanges Lernen umfasst neben formalem und nicht-formalem Lernen, was vornehmlich in Institutionen abläuft, auch informelles Lernen, d.h. vom Lernenden selbstverantwortetes, selbstgesteuertes und selbstorganisiertes Lernen. Der Lernende muss sich selbst an den vielfältigen Lernangeboten und -möglichkeiten orientieren.

Das bedarf kompetenter Information und Beratung. Dazu bedarf es keiner neuen Bildungseinrichtungen, vielmehr müssen die vorhandenen Bildungsangebote und -einrichtungen miteinander vernetzt und in ihren Angeboten und Lernmöglichkeiten den Interessen und Bedürfnissen der Lernenden angepasst werden. Sie müssen sich informellen, nicht-formalen Lernmöglichkeiten weiter öffnen und ihre Angebote modularisieren, um so das selbstgesteuerte, selbstorientierte Lernen zu unterstützen. Damit einhergehen muss eine Kompetenzvermittlung zur selbstständigen Erschließung und Aneignung des vielfältigen, weitgestreut gespeicherten Wissens, d.h. die Kompetenz im Umgang und in der Handhabung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Lebenslanges Lernen übernimmt gerade im Alter auch die kompensatorische Funktion des Abbaus von Defiziten, namentlich im informations- und kommunikationstechnologischen Bereich. Sie trägt wesentlich zur Erhöhung der Medienkompetenz im Alter bei (s.u. 4.).

Im Alter nimmt die Bedeutung formalen, institutionalisierten Lernens ab. Den älteren Menschen obliegt es, selbst zu bestimmen, ob, wie, wann und wofür sie lernen. Mit der Einbeziehung der Lebensphase des Ruhestandes in das Lernen ändern sich nicht nur die Anforderungen an das Lernen, sondern auch an die Integration des Alters in die Gesellschaft. Neben den Verlusten und Defiziten im Alter gewinnen wieder Bilder des Alters an Bedeutung, die die Fähigkeiten und Kompetenzen des Alters hervorheben wie gerade erst der 6. Altenbericht der Bundesregierung zeigt.

Formales Lernen tritt in den Hintergrund, wenn nicht noch im Alter ein bestimmter Bildungsabschluss angestrebt wird. Das Lernen im Alter wird wesentlich bestimmt vom informellen, nicht-formalen Lernen. "Die Lebensphase Älterer zeichnet sich aus durch eine größere Freiheit der Lernenden, selbst zu bestimmen, ob, wie und wofür gelernt werden soll" (BLK a.a.O.S.29), nicht zuletzt auch wann sie lernen. Im Alter kommt es mehr darauf an, Selbstständigkeit und Selbstbestimmung zu erhalten oder zu erwerben, weniger dagegen, neue Fertigkeiten und Fähigkeiten zu erlernen. Es geht um die Teilhabe am kulturellen, sozialen, gesellschaftlichen und politischen Leben der Gesellschaft. Ältere erwerben Kompetenzen und Fähigkeiten, ihr im Laufe des Lebens erworbenes Wissen, Erfahrungen und Kenntnisse weiterzugeben bzw. in bürgerschaftlichem, ehrenamtlichem Engagement in sozialen, kulturellen, gesellschaftlichen oder politischen Lebensbereichen einzubringen. Zu diesen Entwicklungen tragen auch die neuen Medien bei. Sie sind Anlass für die Anpassung von Qualifikationen und sie ermöglichen mehr als bisher selbstgesteuertes Lernen.

"Selbstgesteuertes Lernen bezeichnet ein lernendes Verarbeiten von Informationen, Eindrücken, Erfahrungen, bei dem die Lernenden diese Verstehens- und Deutungsprozesse im Hinblick auf ihre Zielausrichtung, Schwerpunkte und Wege im Wesentlichen selbst lenken. Die Lernenden können also jeweils nach den eigenen Interessen, Bedürfnissen und Voraussetzungen die verschiedensten Lernmöglichkeiten nutzen und flexibel kombinieren." (Dohmen, 1999, S.16). Selbstgesteuertes Lernen kann jeweils nach Bedarf verschiedene Organisationsformen des Lernens in eine stärker selbstbestimmte Lernstrategie einbeziehen. (BLK S.28) Selbstgesteuertes, informelles Lernen ist mithin ein aktives Lernen im Austausch mit anderen, das die Lernziele und Lernwege selbst entwickelt und verantwortet. Informelles, selbstgesteuertes Lernen wird nicht von anderen angeleitet, es entwickelt sich weitgehend aus persönlichen, nicht selten auch zufälligen Umwelterfahrungen. Zwar bedarf es dazu keiner neuen Bildungseinrichtungen, wohl aber der Vernetzung vorhandener. Erforderlich allerdings ist eine individuelle Lernberatung und -information, wie das Strategiepapier ausdrücklich betont.

Der Abbau alterspezifischer Barrieren in vorhandenen Bildungsangeboten ist Voraussetzung für einen chancengerechten Zugang zum Lebenslangen Lernen auch für Ältere. Für "weniger mobile ältere Menschen" sollen daher "mediale Bildungsangebote zum selbstgesteuerten Lernen" entwickelt werden, um auch diesen Menschen die Teilhabe am lebenslangen Lernen zu ermöglichen. Der Hinweis auf "physische" Barrieren ist im Kontext zwar nur ein schwacher, eingeschränkter Ansatz, den barrierefreien Zugang zu lebenslangem Lernen für alle anzudenken. Gleichwohl muss man sich fragen, ob und warum Behindertenselbsthilfeorganisationen diesen Hinweis nicht aufgegriffen und ihre spezifischen Bedarfe und Bedürfnisse daran angeknüpft haben.

Werden intellektuelle, körperliche, psychische und/oder soziale Kompetenzen nicht ständig neu angeregt, gehen sie verloren. Um den Bildungsbedarf wenig mobiler Älterer zu decken, werden im größeren Umfang mediale Bildungsangebote für selbstgesteuertes Lernen entwickelt und angeboten. Lernen unter den veränderten Bedingungen des Alters dient der persönlichen Lebenszufriedenheit und zielt auf die Befähigung zur Mitgestaltung der Gesellschaft und zur Erweiterung notwendiger Kompetenzen zur individuellen Lebensführung. Lebenslanges Lernen auch im fortgeschrittenen Alter kann der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt helfen. Das Lernen Älterer übernimmt auch kompensatorische Funktionen, insbesondere für: Ausgleich von Defiziten in Kommunikation und Medienkompetenz; Abbau von (physischen) Barrieren, die die Mobilität von Senioren einschränken.(BLK Strategiepapier S.24)

Ergänzt wird das Strategiepapier der BLK durch einen umfangreichen Materialienband zum lebenslangen Lernen. Erwähnenswert darin ist insbesondere ein sehr ausführlicher, weit ausgreifender Literaturbericht über die Entwicklung, Bedeutung und inhaltliche Bestimmung lebenslangen Lernens. (BLK 2004)

3. Seniorenstudium

Nachdem soziologische Untersuchungen gezeigt hatten, dass das Interesse und die Teilhabe an außerschulischer, nicht-beruflicher Erwachsenenbildung und Weiterbildung offenkundig eng verknüpft ist mit dem erreichten ersten Bildungsabschluss, entstanden Anfang der 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts an den Universitäten Initiativen, trotz überfüllter Hochschulen diese auch für Menschen im fortgeschrittenen Alter zu öffnen. Zugang zu einer wissenschaftlich orientierten Weiterbildung sollten auch Menschen ohne Hochschulreife erhalten. Diese Aktivitäten waren gebündelt in der Arbeitsgemeinschaft Universitäre Erwachsenenbildung (AUE). Mit der Akzeptanz der Aufgabe wissenschaftlicher Weiterbildung an den Universitäten entwickelten sich Angebote an Fernstudiengängen und die Errichtung von Fernuniversitäten und -hochschulen. Berufstätigen Personen, aber auch mobilitätseingeschränkten Menschen wurde damit die Möglichkeit der Partizipation an aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis und Forschung geboten. Sie konnten und können selbstständig und selbstbestimmt von ihrem Wohn- oder Arbeitsort aus das Lerntempo und den Fortgang ihres Studiums bis hin zu einem Studienabschluss selber gestalten. Dieses Studieren neben dem Beruf wurde nur gelegentlich durch Präsenztage, die zudem noch regional organisiert wurden, unterbrochen. Mit dieser Öffnung und Hinwendung der Hochschulen zu neuen Zielgruppen trat auch eine Zielgruppe ins Blickfeld, die eine wissenschaftliche Weiterbildung nicht mehr aus beruflichen Gründen anstrebte, die Gruppe der Senioren. Die einen nutzen die Gelegenheit, ihren Hobbys nachzugehen, auf ihrem speziellen Wissensgebiet an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen teilzuhaben oder sich Wünsche und Träume ihrer Jugend, die sie aus beruflichen oder familialen Gründen nicht realisieren konnten, jetzt im Alter zu erfüllen. Wieder andere möchten ihre im Laufe ihres Berufslebens gesammelten Kompetenzen und Erfahrungen erhalten, vertiefen und an Jüngere weitergeben. Trotz eines außerordentlich umfangreichen Angebots an Kursen und Vorträgen an Volkshochschulen, das den Vergleich mit mancher großen Hochschule nicht zu scheuen braucht, finden sie dort nicht das, was sie suchen.

3.1. Seniorenstudium - was ist das?

So begannen Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts vereinzelt Universitäten, ihre Tore den Senioren zu öffnen. Welche Personengruppe mit dem Begriff "Senioren" gemeint ist, ist bis heute umstritten. Am stärksten durchgesetzt hat sich das Verständnis und die Bestimmung aus der Wirtschaft und Werbung, angeführt von den Medien und ihrer Einstufung von Einschaltquoten, alle Menschen ab dem 50. Lebensjahr als "Senioren" zu bezeichnen, also von der "Generation 50 plus" zu sprechen. Schon bald wurde diese Gruppe - nicht selten bereits im Vorruhestand - mit Bezeichnungen wie "Silver Surfer", "Best-agers", "Master-consumers" umschrieben und umworben, während die "Generation 70+" eher im Dornröschenschlaf verharrte und als alt, gebrechlich und pflegebedürftig abgehakt wurde.

Dementsprechend ist der Begriff SeniorInnenstudium vielfach kritisiert worden und die einzelnen Hochschulen, die ihr Studienangebot für Ältere geöffnet haben, haben jeweils sehr unterschiedliche Bezeichnungen gefunden, die sie bevorzugen: "Studium im Alter" (Münster), "Studium ab 50" (Bielefeld), "Universität des Dritten Lebensalters" (U3L, in Anlehnung an die im angelsächsischen Raum schon weit verbreitete "University of the Third Age (U3A)" - (Frankfurt a.M.) Oder "Universität des 3. Lebens" und "Studium im Alter" lauteten die Umschreibungen für diese neue Zielgruppe. Erst allmählich bildete sich die Bezeichnung "Seniorenstudium" heraus. Angesichts der Kulturhoheit der Länder und der Gestaltungsfreiheit der Hochschulen hat sich bis heute kein einheitliches Modell eines Seniorenstudiums herausgebildet. Auch die Intergenerationalität des Hochschulstudiums hat die Entwicklung eines eigenständigen Seniorenstudiums erschwert. Erst in jüngster Zeit wurden eigene Hochschulen für Senioren gegründet (vgl. Bad Meinberg). W. Saup fasste daher 2001 in seinem "Studienführer für Senioren" das vorherrschende Begriffsverständnis wie folgt zusammen: "Ein Bildungsangebot für Senioren wird von den Hochschulen Seniorenstudium genannt, wenn z.B. die regulären Lehrveranstaltungen für ältere Erwachsene zugängig sind, aber auch wenn ein strukturiertes Studienprogramm vorliegt oder wenn eine nachberufliche Qualifizierung angestrebt wird. Und selbst für eine Vortragsreihe, die von älteren Erwachsenen gehört werden kann, wird (in seltenen Fällen) die Bezeichnung Seniorenstudium verwendet." (Saup 2001)

Nicht selten veröffentlichen Hochschulen zur besseren Orientierung eigene Vorlesungsverzeichnisse für Senioren, in denen alle Vorlesungen und Seminare verzeichnet sind, die für Ältere offenstehen. In der Regel können sich studierwillige Ältere in eigenen Beratungsstellen an ihrer Hochschule über die Möglichkeiten eines Seniorenstudiums informieren und beraten lassen. Für ein Seniorenstudium gilt oftmals ein "besonderer Gasthörerstatus". Einzelne Hochschulen bieten zur erfolgreichen Teilnahme an regulären Lehrveranstaltungen ergänzende Beratungs-, Orientierungs- und Begleitveranstaltungen an. An diesem Seniorenstudium kann jeder Erwachsene oder Ältere teilnehmen, auch wenn er keine Hochschulzugangsberechtigung - Hochschul-/Fachhochschulreife, Abitur, Fachabitur - besitzt. Studieninhalte und Studiendauer unterliegen für diese Form des Seniorenstudiums keinen besonderen Vorschriften. Die einzelnen Hochschulen erheben mittlerweile für diese Form des Studierens Studiengebühren in unterschiedlicher Höhe. Genaue Zahlen über Seniorenstudierende gibt es nicht. Für das Wintersemester 2000/2001 wurde die Zahl auf etwa 25000 geschätzt. Das Interesse dürfte inzwischen etwas gestiegen sein, erreicht aber bei weitem nicht das Niveau wie in Großbritannien, wo allein die "Open university" mehr als 200.000 Studierende verzeichnet, darunter mehr als 10.000 ältere Studierende mit Behinderungen. Eher gering - genaue Zahlen sind nicht bekannt - ist die Partizipation Älterer mit Behinderungen in Deutschland an Seniorenstudiengängen. Allerdings müssen sie sich mit den gleichen Barrieren und Hindernissen auseinandersetzen wie ihre jüngeren Kommilitonen, d.h. Zugänglichkeit von Hörsälen, Bibliotheken, Seminaren etc., Literaturbeschaffung, Medieneinsatz in Lehrveranstaltungen etc. Wenn dann noch eine Mobilitätseinschränkung hinzukommt und/oder der Hochschulort nicht am Wohnort liegt, dürfte das Interesse an einem Seniorenstudium rasch sinken. Für manche Interessierte dürfte daher der zeitliche Aufwand in keinem Verhältnis mehr stehen zum Nutzen oder Gewinn, wenn überhaupt an ein Studium im Alter entsprechende Kriterien angelegt werden.

Derartige Einschränkungen gelten auch für ein Studium als "normaler Gasthörer". Mit einigen Ausnahmen - vornehmlich in Bayern - wird auch für diese Form des Studiums keine formale Hochschulzugangsberechtigun verlangt, Studiendauer und -aufwand erfordern jedoch einen höheren Aufwand. Ein solches Studium ist i.d.R. nicht mit einem Hochschulabschluss verbunden. Wer im Alter sein Wissen und seine Kenntnisse in einzelnen Wissensbereichen oder in seinem früheren Studienfach auffrischen, erweitern und vertiefen möchte, ohne einen Abschluss anzustreben, kann sich als normaler Gasthörer immatrikulieren. Hinsichtlich Planung und Orientierung für sein Studium darf er allerdings keinerlei Unterstützung seitens der Hochschule erwarten. An einigen Hochschulen existieren "Arbeits-", "Kontakt-" oder "Zentralstellen für wissenschaftliche Weiterbildung", bei denen man sich über Zulassungsvoraussetzungen oder -einschränkungen, Studiengebühren etc. informieren kann.

Natürlich können sich Seniorinnen und Senioren auch für ein reguläres Studium einschreiben, wenn sie noch in fortgeschrittenem Alter einfach aus Freude und Neugier am wissenschaftlichen Arbeiten oder um sich einen alten Wunschtraum zu erfüllen, die Bürden eines mehrsemestrigen Studiums auf sich nehmen. Sie können jeden akademischen Abschluss erwerben, müssen sich aber den entsprechenden Prüfungs- und Hochschulordnungen unterwerfen. Voraussetzung für ein reguläres Studium ist eine anerkannte Hochschulzugangsberechtigung (Hochschulreife, Abitur, Fachabitur). Bekannt ist aus den frühen 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass ein 100-Jähriger seinen Doktorhut erworben hat. Sein Doktorvater war damals gerade einmal halb so alt. Es gibt auch unter den Älteren mit Behinderungen Beispiele, die noch im Alter von 70 Jahren zu akademischen Ehren gekommen sind. Angesichts fehlender statistischer Angaben wurden die Zahl der studierenden Senioren, die als normale Gasthörer oder in einem regulären Studium eingeschrieben waren, im Wintersemester 2000/2001 auf jeweils etwa 3500 - 6500 geschätzt (Saup a.a.O.).

Ein Präsensstudium stellt an Menschen mit Behinderungen immer eine besondere Herausforderung dar. Gerade ältere Menschen mit Behinderungen, die sich dieser Herausforderung stellen und sie meistern, verdienen einerseits Anerkennung, andererseits sind sie ein Beweis dafür, wozu ein Mensch im Alter noch fähig ist. Sie widerlegen eine lange in der gerontologischen Forschung vertretene these, dass ein Mensch im fortgeschrittenen Alter nicht mehr lernfähig sei.

Die große Nachfrage nach Studienplätzen in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts sowie die rasch fortscheitende Entwicklung der ICT ("Information and Communication Technology") beflügelten die Einrichtung von Fernstudiengängen. Schon 1974 wurde die Fernuniversität und Gesamthochschule Hagen gegründet. Im Wintersemester 2009/2010 waren dort mehr als 67.000 Studierende inscribiert, darunter mehr als 15.000 Akademie- und Weiterbildungsstudierende. Damit ist die Fernuniversität Hagen die größte Universität in Deutschland. Inzwischen bieten nahezu alle deutschen Hochschulen ein breitgefächertes und vielfältiges Fernstudienangebot an, daneben zahlreiche private Institutionen, die sich auf Fernstudienangebote spezialisiert haben. Schwerpunkt dieser Angebote ist eine berufsbegleitende und berufliche Weiterbildung. Daneben kann man zahlreiche dieser Kurse auch als allgemeine persönliche Weiterbildung nutzen, um sein Wissen und seine Kenntnisse aufzufrischen, zu vertiefen oder sich neue Wissensgebiete zu erschließen.

Schon seit jeher bemüht sich die Fernuniversität Hagen, Menschen mit Behinderungen den Zugang zu einem Hochschulstudium zu ermöglichen, und die erforderlichen Studienbedingungen zu erleichtern, etwa Prüfungsordnungen, erforderliche Präsenstage etc. Die Studien- und Lehrmaterialien werden in einem besonderen Zentrum in einer für Blinde und Sehbehinderte adäquaten medialen Form aufbereitet, in Punktschrift, im DAISY-Format oder in der gewünschten Datei-Version (www.fernuni-hagen.de/studium/studienangebot, Wegweiser Broschüren; Ommerborn).

 

3.2 Warum im Alter noch studieren?

Das Spektrum der Motive, sich noch im Alter den Herausforderungen einer wissenschaftlich orientierten Weiterbildung zu stellen, ist breit und vielfältig. Für die einen steht das Training der geistigen Fitness im Alter oder die Erweiterung des Allgemeinwissens im Vordergrund, andere möchten ihr Wissen sowie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten in ihren speziellen Wissensbereichen vertiefen, aktualisieren und erweitern. Ein anderes Motiv ist der Nachholbedarf oder die Kompensation für in der Jugend und Familienphase versäumte Bildungs- und Ausbildungschancen und -möglichkeiten. Dieses Motiv findet sich besonders häufig bei Frauen, auch solchen ohne Abitur oder früheres Studium. Weitere Motive können die Neuorientierung und Suche nach neuen Möglichkeiten im Ruhestand sein oder auch ganz einfach der Wunsch nach sozialer Kommunikation mit Gleichgesinnten und die Diskussion und Auseinandersetzung mit Jüngeren über die gleichen wissenschaftlichen Interessen. Für manche mag es auch die Flucht aus sozialer Isolierung und Einsamkeit sein (Saup). Wenn mit dem Seniorenstudium kein akademischer Abschluss angestrebt wird, liegt der durchschnittliche Zeitaufwand für das Studium pro Woche bei etwa drei bis vier Stunden zuzüglich ein bis zwei Stunden Vor- und Nachbereitung. Dies gilt für etwa zwei Drittel der Seniorenstudierenden. Für das restliche Drittel ergibt sich ein wesentlich höherer Aufwand pro Woche, insbesondere wenn ein Vollstudium absolviert wird.

Fächerspezifisch lassen sich deutliche Unterschiede zwischen studierenden Seniorinnen und Senioren beobachten. Während die Seniorinnen neben Psychologie und Pädagogik vor allem die Sprach- und Kulturwissenschaften bevorzugen, liegen die Schwerpunkte bei Senioren in den wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern sowie Geschichtswissenschaften und Philosophie. Naturwissenschaften, namentlich Mathematik, Physik oder Informatik, sind dagegen weniger gefragt. Insgesamt beurteilen die Seniorstudierenden ihr Studium sehr positiv in Hinblick auf ihre Lebensgestaltung im Ruhestand, neue Orientierung und Perspektiven im Alter. Betont werden aber auch neue soziale Kontakte und Freundschaften sowie der geistige Austausch mit den jüngeren Studierenden.

3.3 Seniorenstudium heute

Bereits in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gab es Bemühungen, eigene Seniorenakademien zu gründen, so etwa die Seniorenakademie in Holzen (Baden-Württemberg) oder in Heidenheim. Mangels Nachfrage mussten diese Initiativen jedoch nach kurzer Zeit ihren Betrieb wieder einstellen. Gleichwohl führte die Beobachtung an den Hochschulen, dass immer mehr Seniorenstudierende älter als 60 Jahre und sogar mehr als 10.000 älter als 70 Jahre sind, im Spätsommer 2006 zur Gründung der ersten deutschen Seniorenuniversität im "Europäischen Zentrum für universitäre Studien für Senioren" (EZUS) in Horn-Bad Meinberg (www.zig-owl.de). Die Universität Bielefeld hat gleichsam die wissenschaftliche Schirmherrschaft über dies vom Land NRW, dem Landkreis Ostwestfalen-Lippe (OWL), der Stadt Horn-Bad Meinberg sowie der regionalen Wirtschaft getragene und unterstützte Unternehmen übernommen.

Die Schwerpunkte des Angebots sind zum einen ein speziell auf Senioren zugeschnittenes "Studium Generale", das in diesem Jahr bereits zum 4. Mal angeboten wird. Die Zahl der Teilnehmer pro Jahrgang ist auf 30 begrenzt. Ein zweiter, einjähriger Studiengang will Senioren fitmachen und unterstützen für ein "Bürgerliches Engagement in Kommune und Gesellschaft". Erstmals in diesem Jahr wird - an der Uni Bielefeld ein einjähriger Studiengang zum "Senior consultant" angeboten. Die Absolventen erfahren und lernen, wie sie ihre im Laufe ihrer Berufstätigkeit erworbenen Kompetenzen und Erfahrungen weitergeben können. Das lebenslange Lernen erhält auf diese Weise seine ganz eigene Institution.

Die modernen Chancen und Möglichkeiten der Informations- und Kommunikations-Technologien (IKT) haben es ermöglicht, dass sich die Seniorstudierenden an deutschen Hochschulen mittlerweile zum "Akademischen Verein der Senioren in Deutschland" (AVDS e.V.) zusammengeschlossen haben. Zum einen wollen sie ihre Interessen angesichts der sehr unterschiedlichen Studienmöglichkeiten für Senioren an den Hochschulen vertreten, zum anderen bieten sie in fachspezifischen Foren die Möglichkeit, sich über Vorlesungen, Seminare auszutauschen und das Gehörte und Gelernte miteinander nachzuarbeiten (www.avds.de). Allerdings finden Senioren mit Behinderungen hier keine Erwähnung. Entsprechend gibt es auf diesen Seiten auch keine Beratung und Information für diesen Personenkreis.

4. Medienkompetenz

Die Freiheit der Senioren einerseits, selbst zu bestimmen und zu steuern, was, wann, wo und wie sie lernen und die Möglichkeiten der Hochschulen und anderer Weiterbildungseinrichtungen, ihre Studien- und Lernangebote auch in virtuellen Hörsälen, Klassenzimmern und Seminaren anzubieten, erfordert von den Lernenden Kompetenzen, die moderne Medientechnologien zu handhaben und zu beherrschen ("Computer-literacy"). Betrachtet man die Vielzahl der "Seniorenseiten" im Netz, so gewinnt man den Eindruck, dass die Generation 60+ bereits gut vernetzt und mit dem Netz vertraut ist. Gern werden immer wieder Beispiele zitiert, wonach ein 90-Jähriger oder gar eine 92-Jährige in ihrem hohen Alter den Zugang ins Netz gefunden und den Nutzen für sich entdeckt haben. Mag dieser Nutzen zunächst auch nur darin bestehen, mit den rund um den Globus verstreuten Enkeln und Urenkeln problemlos kommunizieren zu können, so ist das schon ein erster Schritt zur Teilhabe am Leben der Gesellschaft.

Darüber hinaus ist der Umgang und die Beherrschung der neuen Medien generell - die "Digital-" bzw. "Computer-" oder "ICT-literacy" - im letzten Jahrzehnt immer wieder Gegenstand der Forschung und im Kontext des lebenslangen Lernens als Voraussetzung und Grundlage einer gleichberechtigten Teilhabe analysiert und betrachtet worden. Sogar das Problem der Komplexitätsreduktion beim Erlernen der Computer-literacy älterer Senioren - auch jenseits der Altersschwelle von 67 Jahren - war schon Gegenstand der Forschung. Am psychologischen Institut der Humboldt-Universität wurde in den Jahren 2006-2009 das Projekt "Adaptive Lernunterstützung zur interaktiven Systemnutzung für ältere Senioren (ALISA)" durchgeführt. Lernvoraussetzungen, -möglichkeiten und -bedürfnisse von älteren Menschen mit einer Beeinträchtigung oder Behinderung, namentlich etwa eines Sehverlustes im Alter, blieben dabei einmal mehr unberücksichtigt. So wird die Suche und Entwicklung von Lösungen im Sinne eines "Universal-design" bzw. "Design-for-all" verspielt.

Es gab und gibt seit Beginn dieses Jahrhunderts zahlreiche Bemühungen und Initiativen, der Generation der Älteren die erforderliche Medienkompetenz zu vermitteln. (vgl. 50+ ans Netz; Initiative Internet erfahren; Senioren lernen online u.v.a.). Es ist nicht eine mangelnde Lernfähigkeit der Älteren, sondern es sind nicht selten diffuse Ängste, Vorbehalte und Hemmungen, Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und das vorgeschobene Argument "das brauche ich in meinem Alter nicht mehr", die die Partizipation an dieser modernen Kulturtechnik erschweren und verhindern. In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts war es die Telefonie, die auf ähnliche Skepsis und Ablehnung stieß. Aus einem großen Schalltrichter erklang eine Stimme und niemand war zu sehen. Dem Neuen, Unbekannten reserviert, skeptisch, misstrauisch und ablehnend gegenüberzustehen, ist ein Kennzeichen der älteren Generation. Sie tut sich schwerer als andere, altbewährte, vertraute Techniken aufzugeben und neue Technologien zu adaptieren.

Zwar schließt sich, wie alljährlich seit 2001 im "(N)onliner-Atlas" von der Initiative D21 und der Telekom und von anderen durchgeführte Untersuchungen zeigen, die Lücke derer, die noch nicht im Netz sind, ständig. Aus den Untersuchungen wird aber deutlich, dass die Nutzung der neuen Medien stark abhängig ist vom Alter, von der Generationenzugehörigkeit, dem Geschlecht und dem Bildungsabschluss sowie der Stellung im Beruf. Was in den 60er und 70er Jahren des letzten Jhds bei der Beteiligung an weiterführender Bildung das katholische Mädchen vom Lande war, das ist heute bei der Nutzung der neuen Medien und der Medienkompetenz die ältere Dame über 60 mit Hauptschulabschluss.

Allerdings findet man in allen Untersuchung über die Medienkompetenz älterer Menschen keine gezielten Hinweise auf die Nutzung der neuen Medien durch ältere Menschen mit Behinderungen. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass ihre Partizipation an dieser modernen Technologie je nach Behinderung noch geringer ist als die der älteren Generation generell. In den zahlreichen Initiativen und Angeboten für die Generation der Älteren zum Erwerb einer Basiskompetenz im Umgang mit der modernen Informations- und Kommunikations-Technologie sucht man ebenfalls vergebens Hinweise, dass die spezifischen Bedarfe und Bedürfnisse von älteren Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden. Neben einer "normalen" Sehschwäche im Alter, einer schwereren Sehbehinderung oder gar Erblindung im Alter gibt es zahlreiche andere Beeinträchtigungen im Alter, die den Zugang und die Handhabung eines Computers erschweren und scheinbar unmöglich machen, z.B. motorische Störungen, Koordinationsprobleme von Auge und Hand, Tremor in den Händen, rheumatische Erkrankungen etc. Dies gilt natürlich ebenso für die im täglichen Leben immer häufiger zum Einsatz kommenden computer-basierten Automaten, z.B. Fahrkartenautomaten, Bankomaten etc.

In den letzten Jahren sind zahlreiche Ratgeber - teilweise multimedial in Printform und gleichzeitig auf CD-ROM - erschienen, die den älteren Menschen den Zugang und die Handhabung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien näher bringen und erleichtern sollen, aber Hinweise auf ältere Menschen mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen sucht man darin vergebens. Der seit Jahren mit einer Auflage von weit über 100000 Exemplaren außerordentlich erfolgreiche "Wegweiser durch die digitale Welt" für Senioren von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) konnte erst auf beharrliches Engagement der Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe hin Anfang diesen Jahres für diesen Personenkreis im DAISY-Format auf CD zugänglich gemacht werden. Wie aber schon weiter oben gezeigt, soll für "weniger mobile ältere Menschen" das lebenslange Lernen durch "mediale Bildungsangebote" möglich gemacht werden. Aber noch immer scheinen sie die Schar der Vergessenen zu bilden. Gleichberechtigte Teilhabe, Barrierefreiheit oder Inklusion sind da nur schöne Worte.

Die Gruppe Ruhestand im DVBS hat in den letzten beiden Jahren mehrere Kurse für ältere blinde und sehbehinderte Menschen organisiert. Die Zahl der Kursteilnehmer war aufgrund der technischen Voraussetzungen (Arbeitsplätze mit der erforderlichenblindentechnischen Ausstattung) begrenzt. Darüber hinaus dürfte der finanzielle Aufwand für jeden Teilnehmer trotz öffentlicher Förderung manchen potentiellen Teilnehmer abgeschreckt haben. Die Lerninhalte wurden vom Leiter der Kurse, Herrn W. Krausse, aufgezeichnet und können von seiner Homepage (www.werner.krausse.de) heruntergeladen werden. Damit könnten sie sicher als Basismaterial auch auf lokaler Ebene von anderen weiter verwendet werden. Nur dort können Menschen, die einer neuen Kommunikationstechnologie skeptisch, ängstlich und ablehnen gegenüberstehen, abgeholt und von den Vorteilen, Möglichkeiten und Chancen dieser Technologie überzeugt werden. Mit Hilfe von Patenschaften, wie sie im Projekt "Internet erfahren" des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI) in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAGSO) und anderen Seniorenorganisationen sowie des Kompetenzzentrums "Technik, Diversity, Chancengleichheit" einen Schwerpunkt bilden, müssen auch die Selbsthilfeorganisationen versuchen, älteren Menschen vor Ort diese neue Kulturtechnik näher zu bringen.

Nur am Rande sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die fortschreitende Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationsgeräte, in denen immer mehr Funktionen und Anwendungen zu einer Einheit zusammengefasst werden, die Medienkompetenz auch der älteren Generation unabdingbar für ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben im Alter machen. Funktionen wie selbstständige Orientierung unterwegs, rasche Ortung bei Notfällen, die Überwachung und Steuerung von Haushaltsgeräten auch aus der Ferne, soziale und medizinische Dienste und Dienstleistungen u.v.m. erweitern und vervollständigen die Informations- und Kommunikationstechnologie im engeren Sinne. Derart komplexe und komplizierte Technologien verlangen Medienkompetenz.

5. E-Learning

Schon in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts begannen Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen, in Schulen, Hochschulen sowie in Aus- und Weiterbildungseinrichtungen, die Potentiale computer- und netzgestützter lebensbegleitender Bildung in den Web-Diensten zu analysieren und die neuen Medien in Bildungs- und Lernprozessen einzusetzen. Das Schlagwort hieß elektronisch unterstütztes Lernen oder kurz E-Learning. War der Begriff ursprünglich stark technologisch geprägt und ausgerichtet, so werden seit Beginn des Jahrhunderts in die diskursive Auseinandersetzung didaktische Konzepte und Überlegungen einbezogen.

Das bedeutet, dass es nicht das eine E-Learning gibt, sondern dass verschiedene Formen des E-Learning unterschieden werden müssen. Als Kennzeichen für alle Formen des E-Learning gilt, dass sie computergestützt sind. Zwar wird international teilweise noch weiterhin allein das Online-Lernen als E-Learning bezeichnet, aber damit bleiben zahlreiche Mischformen ausgegrenzt, die ebenfalls den Computer als Grundlage des Lernens haben.

Mit der rasanten Entwicklung von Computertechnik und dem Internet Ende des letzten Jahrhunderts entstand sehr rasch das Interesse und die Erkenntnis, diese neuen Medien auch in der Lehre und beim Lernen einzusetzen. Mit Hilfe von Disketten, CD-ROM und DVD konnten Dokumente und Informationen aller Art textual, auditiv und visuell gespeichert und beliebig verbreitet werden. Man konnte sie zuhause am heimischen PC je nach Zeit und Laune lesen, hören anschauen und bearbeiten. Das computer based learning (cbt = computer based training) war geboren. Auch wenn die erforderliche Hilfstechnologie zur Verfügung stand, konnten Blinde und Sehbehinderte, wenn überhaupt, diese Angebote gar nicht oder nur eingeschränkt nutzen. Nicht nur die verwendeten Dateiformate, auch die multimediale Präsentation der Inhalte und Informationen setzten den interessierten potentiellen Nutzern mit Sehverlust Grenzen.

Von E-Learning kann noch nicht gesprochen werden, wenn man sich einfach per Link auf einer Website den dort eingestellten Inhalt eines Buches, einer wissenschaftlichen Studie oder einer Diplomarbeit aus dem Internet herunterlädt und auf seinem Computer liest. Eher schon kann man im E-Learning eine Fortsetzung und Weiterentwicklung von Lernformen wie Fernstudium, Telekolleg oder Lernprogrammen auf Audiokassetten, z.B. Fremdsprachenkurse, mit anderen medientechnischen Mitteln Sehen. Konstitutiv für das E-Learning ist, wie der Lernstoff, der Lerninhalt aufbereitet und vermittelt wird sowie die aktive Einbindung des Lernenden in den Fortgang des Lernprozesses durch Fragen, Antworten und Rückmeldungen. Nach Kleimann/Wannemacher (2004, S.3) "ist E-Learning eine "Form des Lernens und Lehrens, die durch Informations- und Kommunikationstechnologien zur Aufzeichnung, Speicherung, Be- und Verarbeitung, Anwendung und Präsentation von Informationen unterstützt oder ermöglicht wird. In digitalen Lernumgebungen sind Lerninhalte interaktiv und multimedial gestaltet. Die Lernprozesse sind durch netzbasierte Kommunikationsformen und durch kollaborative Arbeitsumgebungen erweitert. Lernende bekommen so unabhängig von Raum und Zeit die Grundlagen für den Wissensaufbau zur Verfügung gestellt". Dem Medienpädagogen M. Kerres zufolge werden unter E-Learning, "alle Formen von Lernen verstanden, bei denen digitale Medien für die Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und/oder zur Unterstützung zwischenmenschlicher Kommunikation zum Einsatz kommen".

Zwei wesentliche Formen des E-Learning werden unterschieden: zum einen die inhaltsorientierte und zum anderen die prozessorientierte. Bei der inhaltsorientierten Form liegt der Schwerpunkt auf der meist multimedial aufbereiteten Distribution der Lerninhalte und -materialien. Hierzu zählt mithin das schon oben erwähnte cbt ("Computer-based-training"). Der Computer bzw. periphere Medien übernehmen gleichsam die Rolle des Lehrenden. Der Lernende ist mehr oder minder auf sich allein gestellt. Durch das Beantworten von Fragen, das Lösen von Aufgaben und Rückmeldungen kontrolliert er seinen Lernfortschritt selber und beeinflusst so den Fortgang seines Lernens. Eine Variante dieser Form des E-Learning ist das "Blended Learning", wo zum virtuellen Lernort PC Präsenzveranstaltungen beim Anbieter solcher Programme hinzukommen, z.B. einer Hochschule. Dabei werden Schwierigkeiten und Probleme beim Lernen besprochen, inhaltliche Fragen vertieft und der Gedankenaustausch mit anderen, die an demselben Kurs teilnehmen, gepflegt.

Prozessorientiertes E-Learning ist charakterisiert durch das gleichzeitige Nutzen verschiedener neuer Medien zur Gestaltung, Lenkung und Optimierung von Lernprozessen durch den Lehrenden, Tutor oder Moderator eines Lernangebotes. So hat sich das cbt zum wbt ("Web-based-training") weiterentwickelt. Die Lerninhalte werden über das Internet vermittelt und daneben Anwendungen wie E-Mail, Chats, Newsgroups etc. und/oder das Telefon zur Kommunikation mit dem Lehrenden sowie der Teilnehmer untereinander genutzt (vgl. Hipfl, Back, Seufert/Mayr 2002). Kennzeichnend für das prozessorientierte EE-Learning ist mithin die räumliche und/oder zeitliche Trennung von Lehrenden und Lernenden. Der physische Hörsaal oder das Klassenzimmer wird in das Netz verlagert. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen versammeln sich zu einer fest vereinbarten Zeit zuhause an ihren PCs im virtuellen Klassenzimmer (synchrones Lernen), so dass die aktive Kooperation, Kommunikation und Diskussion zwischen Lehrenden und Lernenden sowie untereinander durch Nutzung der verschiedenen Übertragungsmedien wie im realen Klassenraum abläuft. Einzelne Teilnehmer können aber auch zeitlich versetzt an der Lehrveranstaltung teilnehmen (asychrones Lernen), sozusagen nacharbeiten. Der besondere Vorteil dieser Form des E-Learning gerade auch für ältere und/oder mobilitätseingeschränkte Menschen ist die räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden.

Auf die gleiche Weise können sich auch ganz informell und zufällig gleichgesinnte Personengruppen und Netzwerke im Internet zusammenfinden und gemeinsam miteinander über einen gewissen Zeitraum hinweg ein Thema erarbeiten, diskutieren, kommunizieren, kooperieren ihre Erfahrungen und Kenntnisse austauschen und dabei neues Wissen schaffen und erwerben. Reisen, Literatur, Kunst, Gesundheit, aber auch religiöse, philosophische und gesellschaftliche Themen und Problemstellungen sind besondere Schwerpunkte in diesen längst geöffneten Lern- und Internetcafes. Nur scheint es sich bei diesen "Kaffeekränzchen", manche sagen "Learning Communities", nicht selten um geschlossene exklusive Zirkel zu handeln. Menschen mit Behinderungen, die (noch) keinen Zugang zum Internet oder nur mit speziellen Hilfstechnologien die neuen Medien nutzen können, haben zu diesen "geschlossenen Gesellschaften" keinen Zutritt. Von Barrierefreiheit im Netz haben die oftmals noch nie etwas gehört oder gesehen.

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag hat im März 2007 einen Arbeitsbericht "Zielgruppenorientiertes E-Learning für Kinder und ältere Menschen" vorgelegt. Ausgehend vom neuen Verständnis lebenslangen Lernens und der besonderen Bedeutung informellen, selbstgesteuerten Lernens gerade im Alter analysieren Autoren des Berichts den Sachstand der E-Learning-Angebote für Kinder und ältere Menschen. Sie stützt sich dabei auf quantitative und qualitative Untersuchungen bei Institutionen und Organisationen, die entsprechende Angebote entwickeln, vorhalten und betreuen. Allzu fündig sind sie dabei in den frühen Jahren dieses Jahrhunderts nicht geworden, aber sie gehen bei sehr konservativer Schätzung von einem Markt von potentiell 300.000 bildungsinteressierten und -willigen Nutzern aus. Das sind 1% der Generation der Gruppe 60+. Darin einbezogen sind nicht die Entwicklungen der Weiterbildungsangebote der Hochschulen, das sich seit Jahren kontinuierlich ausweitet. Der Bericht kommt zu dem Fazit: "Eine institutionelle Verankerung von entsprechenden (E-Learning) Angeboten ist derzeit nicht zu erkennen, von einem Marktgeschehen kann in keiner Weise die Rede sein... Alle identifizierten Angebote haben eher Modell- oder Experimentiercharakter und stellen noch kein stabilisiertes Angebot, sondern punktuelle, mehr oder weniger reflektierte Ansätze dar." Vgl.S.106).

Nach dem Urteil der Autoren handelt es sich bei den Angeboten noch kaum um E-Learning-Programme im Sinne prozessorientierten Lernens, bei dem nach einem festen Lehrplan ein in sich geschlossenes Wissen vermittelt wird. Das Lernen wirkt eher als Begleiterscheinung einer netzbasierten Kommunikation über ein vereinbartes Thema. Damit sollen die Bemühungen keineswegs abgewertet werden. Sie verdeutlichen vielmehr, worauf es älteren Menschen bei der Nutzung der neuen Medien zunächst einmal ankommt. Dies wird deutlich, wenn man bedenkt, dass nahezu die Hälfte aller Angebote auf den Zugang und die Nutzung der neuen Medien gerichtet sind. Die Adaption und Akzeptanz der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) geschieht auf dem Weg des "Learning-by-doing". Die Anbieter gehen von der Überzeugung aus, dass ältere Menschen Vorurteile und Berührungsängste mit neuen Technologien am ehesten durch direkte Konfrontation mit dem Medium abbauen können. Ähnliches gilt auch für das schon erwähnte Projekt des BMWI "Internet erfahren", das 2009 gestartet wurde.

Nach sorgfältigen, weit gestreuten Recherchen nach möglichen Anbieter von Elearning für die Zielgruppe ältere Menschen blieben am Ende sieben Bildungseinrichtungen übrig, die einerseits entsprechende Angebote in ihrem Programm haben und andererseits bereit waren, sich einer genaueren Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Besonders engagiert im Hinblick auf wissenschaftsbasierte Weiterbildung älterer Menschen ist das Zentrum für allgemeine wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWIW) an der Universität Ulm (www.zawiw.de). Unter seiner Obhut findet man Websites wie www.gemeinsam-lernen.de, www.lerncafe.de oder www.vile-net.de. Zum noch kleinen Kreis von Lernangeboten im Netz gehört auch das Internetportal Forum Seniorenarbeit in NRW (www.forum-seniorenarbeit.de) oder die Katholische Erwachsenenbildung (www.keb.de). Zu den Akteuren, die das Lernen älterer Menschen im Netz fördern und unterstützen gehören ferner der Verein Senioren lernen online (www.senioren-lernen-online.de) sowie das Institut FIM-Neues Lernen an der Universität Erlangen mit seinem Projekt E-Learning für Senioren in Europa (www.else.org), das, wie schon der Name erkennen lässt, europaweit durchgeführt wird. Vornehmlich an Seniorstudierende wenden sich die schon weiter oben erwähnten Websites www.avds.de und www.u3l.uni-frankfurt.de.

Auf ihre Frage nach der Barrierefreiheit dieser Internetauftritte und -Lernangebote mussten die Autoren des Bericchtes "zielgruppenorientiertes E-Learning für Kinder und Ältere Menschen" feststellen: "Der Grad der barrierefreien Gestaltung der untersuchten Angebote ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es wurde in einigen Fällen von einzelnen Maßnahmen (z.B. Anpassungsmöglichkeiten für Sehbehinderungen, große Schriftarten) berichtet. Bei den anderen befragten Bildungseinrichtungen wird entweder noch nichts unternommen, oder es finden gerade erste Überlegungen zum Thema 'barrierefreie Maßnahmen' statt".

International ist die Entwicklung schon wesentlich weiter fortgeschritten. So wird beispielsweise in Großbritannien Senioren auf lokal-regionaler Ebene in öffentlichen und privaten Lernzentren ein barrierefreier Zugang zu überregionalen Initiativen und E-Learning-Angeboten wie www.learndirect.co.uk, www.peoplesnetwork.gov.uk oder www.ukonline.net ermöglicht. In den Niederlanden nehmen "Botschafter" auf lokaler Ebene Seniorn an die Hand, um ihnen den Weg in die Welt der neuen Medien zu zeigen. Natürlich gehören die Skandinavier, in Sonderheit Schweden, wieder einmal zu den Vorreitern in Europa, wenn es darum geht, Senioren die Vorteile der neuen Medien nahezubringen und ihnen die notwendige Medienkompetenz zu vermitteln. In den USA startete bereits 1986 das erste Seniorennetz (www.seniornet.org) mit seinen Initiativen. Im Laufe kamen Internetportale wie ThirdAge Network, AgeMet oder Retirement.net hiinzu. Erwähnt wurde schon weiter oben die australische Initiative "University of the third age (U3A)", in der von ehrenamtlichen Senioren Programme für Senioren entwickelt und angeboten werden.

Thematische Schwerpunkte für Senioren sehen die Initiatoren von Internetportalen, Lernangeboten und E-Learning-Programme in Themenbereichen wie

  • Alter und Altern, auch unter dem Aspekt von Mobilitätseinschränkungen im Alter,
  • (fachliches) Wissen vertiefen, austauschen, weitergeben,
  • Kompetenzen weitergeben, in bürgerschaftliches, ehrenamtliches Engagement einbringen,
  • Wohnen im Alter,
  • Gesundheit und Prävention,
  • Internet- und Medienkompetenz.

6. Schlussfolgerungen und Ausblick

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich aufgrund des technologischen und demographischen Wandels das Verständnis von Bildung und Lernen erheblich gewandelt. Lernen wird als ein die gesamte Lebensspanne eines Individuums begleitender und umschließender Bildungsprozess verstanden.

Lebenslanges Lernen umfasst nicht mehr nur Schule, Ausbildung und/oder Studium sowie berufliche Weiterbildung. Das Lernen begleitet den Menschen in allen Phasen seines Lebens bis hin ins hohe Alter. Wir lernen, so lange wir leben. Wir brauchen das Lernen, um im Alter das alltägliche Leben selbstständig und selbstbestimmt zu gestalten und zu bewältigen. Die Bilder des Alters und Alterns haben sich gewandelt. Die Generation der Älteren wird nicht mehr (nur) als eine Gruppe gebrechlicher, hilfs- und pflegebedürftiger älterer Menschen betrachtet, die ihrem Lebensende entgegengeht. Im Mittelpunkt wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Analysen und Betrachtungen stehen die Kompetenzen und Potentiale älterer Menschen, die aktiv am Leben der Gesellschaft teilhaben und es selber mitgestalten wollen.

Es gibt schon seit langem zahlreiche und durchaus verschiedene Bildungsangebote an Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen. Auch die neuen Medien sind prinzipiell für Senioren offen und bieten ihnen Lernangebote, die auf ihre spezifischen Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten sind. Aber diese Angebote sind nicht für alle älteren Menschen gleichermaßen zugänglich. Ältere Menschen mit Behinderungen und d.h. auch blinde und sehbehinderte Menschen bleiben nicht selten ausgeschlossen. Nicht nur fehlende Medienkompetenz, sondern auch die Präsentation der Websites und ihrer Inhalte errichten Barrieren, die blinden und sehbehinderten älteren Menschen den Zugang und die Nutzung unmöglich machen.

Seit März 2009 ist die UN-Konvention der Rechte für Menschen mit Behinderungen geltendes deutsches Recht. Kern dieser Konvention ist ein Paradigmenwechsel in der Betrachtung von Menschen mit Behinderungen. Ausgangspunkt ist nicht mehr der Fürsorgegedanke, d.h. die Abweichung von einer Norm und damit die Ausgrenzung, die dann eine Integration und Wiedereingliederung in die Gemeinschaft unter anderen Voraussetzungen und Bedingungen erforderlich macht. Ausgang und Ziel ist vielmehr die Inklusion, d.h. eine gemeinsame Gesellschaft und Welt für alle, an der Menschen mit und ohne Behinderungen gleichberechtigt und ohne Barrieren teilhaben. Zur gleichberechtigten, barrierefreien Teilhabe gehört nach Art. 24 dieser Konvention die Bildung. Aber nicht nur die schulische Bildung, sondern, wie in Abs. 5 dieses Artikels ausdrücklich betont, auch das "Lifelong-learning", das lebenslange Lernen.

Ebenfalls Anfang 2009 hat die Deutsche Blindenstudienanstalt zusammen mit dem DVBS eine Expertise zur Möglichkeit und Einrichtung einer "Marburger Akademie für Blinde und Sehbehinderte" (MABS) erstellen lassen. Diese Expertise beschränkt sich schwerpunktmäßig auf Fragen und Probleme der beruflichen Weiterbildung für berufstätige Blinde und Sehbehinderte. Die Generation der älteren blinden und sehbehinderten Menschen bleibt auch hier einmal mehr draußen vor, obwohl bekanntlich 70% aller Blinden und Sehbehinderten älter als 65 Jahre sind und die meisten erst im Alter einen Sehverlust erleiden. Die MABS wäre der ideale Ort, um blinden und sehbehinderten Senioren und Seniorinnen Medienkompetenz sowie Zugang und Nutzung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie zu vermitteln. Dort sollten sie Beratung, Information und Unterstützung sowie "Lotsendienste ins Netz" erhalten können. Dort könnten auch "Lotsen", "Paten" bzw. "Botschafter" trainiert und beraten werden, die ältere Menschen mit und nach einem Sehverlust auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben der Gesellschaft und in Sonderheit an den neuen Medien begleiten, beraten und unterstützen.

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Forts.: Quellenangaben und Links

7. Literatur und Websites

7.1 Literaturauswahl
  • Alheit, Peter/Dausien, Bettina (2002): Bildungsprozesse über die Lebensspanne und lebenslanges Lernen. In: Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Handbuch Bildungsforschung. Leske & Budrich, Opladen, S. 565-585
  • Baltes, Paul B. (2001). Das Zeitalter des permanent unfertigen Menschen: Lebenslanges Lernen nonstop? Aus Politik und Zeitgeschichte (B 36/2001) www.bpb.de/publikationen
  • Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) 2007(in Verbindung mit dem Frauenhofer Institut für System-Innovation ISI): Zielgruppenorientiertes Elearning für Kinder und ältere Menschen www.tab.fzk.de/Publikationen
  • Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) 2004: Strategie für Lebenslanges Lernen in der Bundesrepublik Deutschland Materialien zur Bildungsplanung und zur Forschungsförderung, Bonn (www.blk-bonn.de), ISBN 3-934850-51-0 2004
  • Bund-Länderkommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) 2004, Literaturauswertung, erstellt vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) Bonn: Anhang 3 zur Strategie für Lebenslanges Lernen in der Bundesrepublik Deutschland (www.blk-bonn.de; www.DIE-Bonn.de)
  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2001, Aktionsprogramm "Lebensbegleitendes Lernen für alle", Bonn
  • Commission of the European Countries 2000: Brussels SEC(2000), 1832 COMMISSION STAFFWORKING PAPER. A Memorandum on Lifelong Learning. KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN 2000: Memorandum des lebenslangen Lernens. www.bologna-berlin2003.de/pdf/MemorandumDe.pdf, www.bologna-berlin2003.de/pdf/MemorandumEng.pdf
  • Dave, Ravindra H. (1976): Foundations of Lifelong Education. UNESCO Institute for Education, Hamburg and Pergamon Press, Oxford
  • Deutscher Bildungsrat (1974): Weiterbildungsinformationssystem. Modellentwurf und Rechtsfragen. Gutachten und Studien der Bildungskommission Bd. 33.
  • Dohmen, Günther (1999a): Lebenslanges Lernen - neue Perspektiven für die Weiterbildung. Blatt 5.170. Oktober 1999 In: Grundlagen der Weiterbildung e.V. (Hrsg.): Grundlagen der Weiterbildung. Praxishilfen. Luchterhand, Neuwied
  • Dohmen, Günther (1999b): Weiterbildungsinstitutionen, Medien, Lernumwelten. Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn
  • Dohmen, Günther (2001): Das informelle Lernen. Die internationale Erschließung einer bisher vernachlässigten Grundform menschlichen Lernens für das lebenslange Lernen aller. Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn, www.bmbf.de/pub/das_informelle_lernen.pdf
  • Field, John (2000): Lifelong Learning And The New Educational Order. Trentham Books, Stoke on Trent
  • Institut für Psychologie Humboldt-Universität Berlin: Adaptive Lernunterstützung zur interaktiven Systemnutzung für Ältere (ALISA)www.psychologie.hu-berlin.de/prof/ingpsy/forschung/ALISA/index_alt_html.
  • Kerres Michael 2001: Multimediale und telemediale Lernumgebungen. Konzeption und Entwicklung. München, ISBN 3-486-25055-8
  • Kleimann, B., Wannemacher, K. (2004): E-Learning an deutschen Hochschulen. Von der Projektentwicklung zur nachhaltigen Implementierung. Hochschul-Informations-System (HIS), Hannover
  • Meister, Joh.-Jürgen 1971: Erwachsenenbildung in Bayern; Schriften des Bayerischen Staatsinstitut für Bildungsforschung und -planung München, Klett-Verlag
  • OECD-Organisation for Economic Co-Operation and Development, 1973: Recurrent Education. A Strategy for Lifelong Learning. Centre for Educational Research and Innovation, Paris
  • OECD-Bericht 2003: Lebenslanges Lernen, www.bmbf.de/pub/lebenslanges_lernen_oecd_2003.pdf
  • Ommerborn, Rainer u Schümer, Rudolf 2002: Behinderung und Fernstudium, www.fernuni-hagen.de/ZIFF/behfs3.pdf
  • Rasmussen, Werner (1970): The concept of permanent education and its application. In: Council of Europe: Permanent Education. A compendium of studies commissioned by the Council for Cultural Co-operation. Strasbourg, S. 418-430 (vgl. BLK Strategiepapier Lebenslanges Lernen, Literaturauswertung 2004)
  • Saup, Winfried 2001: Studienführer für Senioren Herausgegeben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Bonn
7.2 Websites (Auswahl zu Lebenslangem Lernen, E-Learning, Medienkompetenz)

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