Schriftenreihe Rechtsberatung für blinde und sehbehinderte Menschen

Heft 07 der Schriftenreihe:
Weitere Nachteilsausgleiche und Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz

von Dr. Herbert Demmel und Karl Thomas Drerup

Stand: September 2010

Inhaltsverzeichnis


1. Einleitung

In diesem Heft wird auf weitere Nachteilsausgleiche eingegangen, welche noch nicht in den Heften 02 bis 06, also in den Heften, welche bestimmte Themen zum Inhalt haben, behandelt worden sind. Vielfach wird ergänzend auf Abschnitte in den Heften 02 bis 06 verwiesen. Die angesprochenen Textstellen müssen beachtet werden.

Neben gesetzlich vorgeschriebenen gibt es auch freiwillig gewährte Nachteilsausgleiche. Auch auf diese wird hier eingegangen, wobei keine Vollständigkeit gewährleistet wird.

Zu unterscheiden ist auch zwischen Individualleistungen und Pauschalleistungen.

Schließlich können Leistungen in der Form eines personenbezogenen Budgets gewährt werden.

Der Eingliederung dient auch das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und der in diesem gewährte Schutz vor Diskriminierungen. Deshalb wird dieses Gesetz unter 7. mit Unterpunkten behandelt.

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2. Eingliederungshilfe

In diesem Kapitel wird die Eingliederungshilfe, eine für die Teilhabe behinderter Menschen besonders bedeutsame Sozialleistung behandelt.

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2.1. Begriff und Gesetzessystematik

Unter "Eingliederungshilfe" versteht man Leistungen der Sozialhilfe, die im 6. Kapitel des SGB XII (§§ 53 bis 60) geregelt sind. Diese Normen sehen keinen abschließenden Leistungskatalog vor. § 53 SGB XII beschränkt sich vielmehr darauf, in den Absätzen 1 und 2 den Personenkreis der Leistungsempfänger zu beschreiben (siehe im Einzelnen dazu unter 2.2.2.) und in Absatz 3 die mit der Eingliederungshilfe verfolgten Ziele wie folgt zu formulieren:

"(3) Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen."

Die Ziele der Eingliederungshilfe sind damit teilweise identisch mit denen der Teilhabeleistungen, die im SGB IX behandelt werden. Sie gehen aber auch darüber hinaus. So heißt es in § 54 Abs. 1 SGB XII:

"(1) Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere

  1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung, im allgemeinen Schulpflicht, bleiben unberührt,
  2. Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule,
  3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit,
  4. Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56,
  5. nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben.

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben entsprechen jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit."

Durch den im ersten Satz enthaltenen Verweis auf Vorschriften des SGB IX findet eine Verzahnung des Sozialhilferechts mit dem SGB IX statt. Deshalb gelten die genannten §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch im Bereich der Sozialhilfe unmittelbar. Es handelt sich dabei um drei Leistungsgruppen:

  1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 SGB IX),
  2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 33 SGB IX) einschließlich der Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. 41 SGB IX und § 56 SGB XII),
  3. Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX).

Da diese Leistungen auch von anderen Trägern erbracht werden können bzw. gegenüber der Sozialhilfe vorrangig erbracht werden müssen, stellt sich hier in besonderem Maße in jedem Einzelfall die Frage der Zuständigkeit (siehe dazu im Einzelnen unter 2.2.1.). Als Besonderheit ist ferner zu beachten, dass gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesanstalt für Arbeit entsprechen. Hier findet also auch noch eine Verzahnung mit dem SGB V bzw. mit dem SGB III statt.

Im Übrigen aber gilt: Sobald die Sozialhilfe als Träger der Eingliederungshilfe handelt (auch im Falle der vorstehend behandelten Teilhabeleistungen nach dem SGB IX), spricht man von "Eingliederungshilfe" und es gelten die §§ 53 bis 60 SGB XII. Darüber hinaus ist insbesondere die auf der Grundlage des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfeverordnung (EHVO) anzuwenden, die den Personenkreis der Leistungsberechtigten und einzelne Leistungen der Eingliederungshilfe genauer beschreibt. Daneben finden sich im SGB XII auch außerhalb des 6. Kapitels noch weitere Regelungen, die bei der Gewährung einzelner Eingliederungshilfeleistungen besonders zu beachten sind.

In welchem Verhältnis steht die Eingliederungshilfe zu den anderen Leistungen der Sozialhilfe? Ursprünglich, d.h. im Bundessozialhilfegesetz, dem Vorläufer des SGB XII, unterschied der Gesetzgeber noch eindeutig zwischen "Leistungen zum Lebensunterhalt" und "Leistungen in besonderen Lebenslagen". Den letztgenannten waren - neben den Hilfen u.a. für Mütter oder für pflege- oder betreuungsbedürftige Personen - die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Blindenhilfe als Leistungen speziell für Behinderte zugeordnet. Mit der Schaffung des SGB XII wurde diese Zweiteilung im Aufbau des Gesetzes jedoch aufgegeben. Begründet wurde dies - in BT-Drucksache 15/1514 S.54 - wie folgt: "Richtig ist aber, dass alle Leistungen der Sozialhilfe der selben Aufgabenstellung und sozialen Grundidee unterliegen: Es soll der Notlage abgeholfen werden, dass ein zur Führung eines menschenwürdigen Lebens notwendiger Bedarf durch eigene Kräfte und Mittel nicht abgedeckt werden kann. Diese einheitliche, auch verfassungsrechtliche Grundlage der Sozialhilfe kann durch die systematische Umstellung besser zum Ausdruck gebracht werden. Davon unberührt bleibt aber, dass die einzelnen, notlagenspezifisch unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen bestehen bleiben." Mit anderen Worten: Man hat mit der Abschaffung der Zweiteilung zwar den Aufbau, nicht aber den Inhalt des Gesetzes geändert. Und so existieren auch heute noch Normen speziell für die "Hilfe nach dem Fünften bis Neunten Kapitel" (statt "für die Hilfe in besonderen Lebenslagen"), und zwar bei den Regelungen über die Einkommensgrenzen in den §§ 85 ff. SGB XII und bei der Regelung zum geschonten Barvermögen in § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII.

Zu den Einkommens- und Vermögensgrenzen siehe unter 2.2.3.

Die Auffassung, dass die Regelungen über "Fachleistungen für Behinderte" (an möglichst alle, die sie brauchen) besser getrennt werden sollten von den Regelungen über die existenzsichernden "Hilfen zum Lebensunterhalt" (mit extrem niedrigen Einkommens- und Vermögensgrenzen, die den Druck zur Selbsthilfe erhöhen und den Kreis der Leistungsberechtigten klein halten sollen) hat auch heute noch und mehr denn je starke Fürsprecher: In der aktuellen Diskussion über die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe hat denn auch die Forderung nach einem selbständigen Leistungsgesetz für behinderte Menschen breite Unterstützung gefunden. Auf die mit der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe angestrebten Neuerungen kann hier jedoch noch nicht eingegangen werden.

Zum Verhältnis der Eingliederungshilfe zu Blindengeld und Blindenhilfe siehe unter 2.2.6.

2.2. Gemeinsame Regelungen für die Leistungen der Eingliederungshilfe

In den folgenden Unterpunkten werden gemeinsame Regelungen für die Eingliederungshilfe behandelt.

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2.2.1. Prüfung der Zuständigkeit

Für die Eingliederungshilfe gilt wie für alle anderen Leistungen der Sozialhilfe das Nachrangprinzip (§ 2 SGB XII). Bei der Eingliederungshilfe allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein anderer Träger vorrangig zuständig ist, besonders hoch bzw. sind die möglichen Varianten besonders vielfältig. Dies gilt vor allem für jene Leistungen der Eingliederungshilfe, die zu den in § 5 SGB IX genannten Leistungsgruppen gehören. Für diese hat der Gesetzgeber in § 6 SGB IX klargestellt, welche Leistungsträger gegenüber der Sozialhilfe vorrangig zuständig sein können:

  • bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation die gesetzliche Krankenkassen, die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung, die Träger der sozialen Entschädigung (namentlich Kriegsopferversorgung) und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe,
  • bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die Bundesagentur für Arbeit, die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung, die Träger der sozialen Entschädigung und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe,
  • bei Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die gesetzliche Unfallversicherung, die Träger der sozialen Entschädigung und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Die Bestimmung der Zuständigkeit setzt in jedem Fall eine rechtliche Einordnung des angestrebten Rehabilitationsziels voraus. Dass dies eine sehr differenzierte Prüfung erfordern kann, belegt das Urteil des BSG vom 19.5.2009 - B 8 SO 32/07: Die Klägerin hatte von ihrer Krankenkasse ein Hörgerät bewilligt bekommen, die dazu gehörenden Hörgerätebatterien wurden ihr jedoch nicht gewährt, und zwar gemäß § 2 der auf Grund § 34 SGB V erlassenen Verordnung über den Ausschluss von sächlichen Mitteln von geringem Abgabepreis. War damit - wegen § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII - nun auch der Weg versperrt, um vom Sozialhilfeträger die Kostenübernahme für die Batterien als Eingliederungshilfe-Leistung in Anspruch nehmen zu können? Die Vorinstanzen meinten dies; das BSG kam jedoch zu einem anderen Ergebnis: Die Kostenübernahme für die Hörgerätebatterien (nicht die Sachleistung!) sei für sich gesehen keine Leistung der medizinischen Rehabilitation, sondern im gegebenen Falle eine der sozialen Rehabilitation und könne deshalb hier auf Grund von § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 7 SGB IX als Eingliederungshilfe gewährt werden. "Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Aufgaben der Hilfsmittel in der Gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der medizinischen Rehabilitation überschneiden, die soziale Rehabilitation aber über die medizinische Rehabilitation hinausgehen kann." Das BSG verwies daher den Rechtsstreit an das LSG zurück, damit dieses die individuellen Voraussetzungen für den Anspruch auf Eingliederungshilfe prüfe.

In diesem Urteil betonte das BSG auch noch einmal den Grundsatz, dass der Nachrang der Sozialhilfeleistungen voraussetzt, dass die Hilfe des Trägers anderer Sozialleistungen tatsächlich bereitsteht (BVerwGE 38, 307). Die Sozialhilfe tritt also nicht bereits dann zurück, wenn die Hilfe nachfragende Person einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung gegen einen anderen Sozialleistungsträger hat, sondern erst dann, wenn sie diese auch tatsächlich erhält (BVerwGE 38, 174) oder ohne Schwierigkeiten in angemessener Frist erhalten kann (BVerwGE 38, 307). Nur Forderungen, die rechtzeitig durchsetzbar sind, stellen zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage "bereite Mittel" dar (BVerwGE 67,163).

Besteht zwischen den Rehabilitationsträgern Uneinigkeit darüber, welcher von ihnen im Einzelfall zuständig ist, so gilt das in § 14 SGB IX festgelegte Verfahren zu einer beschleunigten Klärung der Zuständigkeit, zur vorläufigen Leistungspflicht und zur späteren Kostenerstattung unter den Trägern. Diese Regelungen gelten gemäß § 14 Abs. 2 SGB IX sinngemäß auch dann, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen nicht auf Antrag sondern von Amts wegen erbringt. Dies ist bei der Sozialhilfe der Fall. Die in § 14 genannten Fristen gelten insoweit nicht ab Antragstellung, sondern vom Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs an.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe hat in Abstimmungen mit den kommunalen Spitzenverbänden folgende Orientierungshilfen erarbeitet:

  • Orientierungshilfe für die Feststellungen der Träger der Sozialhilfe zur Ermittlung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB XII in Verbindung mit der Eingliederungshilfe-Verordnung (EHVO) - Behinderungsbegriff, Stand: 24.11.2009 und
  • Orientierungshilfe zu den Schnittstellen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zu anderen sozialen Leistungen, Stand: 24.11.2009.

Diese sind zwar nicht rechtsverbindlich, aber für die Praxis sehr informativ.

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2.2.2. Berechtigter Personenkreis, Begriff der "wesentlichen Sehbehinderung"

Die Beschreibung des anspruchsberechtigten Personenkreises ist den Absätzen 1 und 2 des § 53 SGB XII zu entnehmen:

"(1) Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

(2) Von einer Behinderung bedroht sind Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei der Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht."

Verkürzt wiedergegeben: Es handelt sich um wesentlich behinderte Personen sowie um Personen, die von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind. Dieser Personenkreis, der in der EHVO noch näher beschrieben wird, erhält die ihnen zustehende Eingliederungshilfe als Pflichtleistung (§ 53 Abs. 1 Satz 1 und Abs.2 SGB XII). Daneben sieht § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB XII vor, dass auch "Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung" Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten "können". Auch diese Personen, die z.B. nur vorübergehend oder nicht wesentlich behindert sind, können also Eingliederungshilfeleistungen erhalten; diese Leistungen stehen dann aber im Ermessen des zuständigen Sozialamts.

Die Leistungsvoraussetzung "wesentliche Behinderung" bezieht sich zunächst auf das (aktuelle oder drohende) Vorliegen einer "Behinderung" im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Danach sind Menschen "behindert", wenn "ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist." Zu diesem Behindertenbegriff vgl. näher Nr. 2 in Heft 02 der Schriftenreihe.

Sodann ist zu prüfen, ob diese Behinderung "wesentlich" ist. Zu beachten ist dabei die EHVO, die in § 1 Aussagen über "körperlich wesentlich behinderte Menschen" macht, in § 2 Aussagen über "geistig wesentlich behinderte Menschen" und in § 3 Aussagen über "seelisch wesentlich behinderte Menschen". Hier sei nur der § 1 wiedergegeben:

"§ 1 körperlich wesentlich behinderte Menschen
Durch körperliche Gebrechen wesentlich in ihrer Teilhabefähigkeit eingeschränkt im Sinne des § 53 Abs. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sind

  1. Personen, deren Bewegungsfreiheit durch eine Beeinträchtigung des Stütz- oder Bewegungssystems in erheblichem Umfang eingeschränkt ist,
  2. Personen, die mit erheblichen Spaltbildungen des Gesichts oder des Rumpfes oder mit abstoßend wirkenden Entstellungen vor allem des Gesichts,
  3. Personen, deren körperliches Leistungsvermögen infolge Erkrankung, Schädigung oder Fehlfunktion eines inneren Organs oder der Haut in erheblichem Umfange eingeschränkt ist,
  4. Blinden oder solchen Sehbehinderten, bei denen mit Gläserkorrektion ohne besondere technische Hilfsmittel
    a) auf dem besseren Auge oder beidäugig im Nahbereich bei einem Abstand von mindestens 30 cm oder im Fernbereich eine Sehschärfe von nicht mehr als 0,3 besteht oder
    b) durch Buchstabe a) nicht erfasste Störungen der Sehfunktion von entsprechendem Schweregrad vorliegen,
  5. Personen, die gehörlos sind oder denen eine sprachliche Verständigung über das Gehör nur mit Hörhilfen möglich ist,
  6. Personen, die nicht sprechen können, Seelentauben und Hörstummen, Personen mit erheblichen Stimmstörungen sowie Personen, die stark stammeln, stark stottern oder deren Sprache stark unartikuliert ist."

Dieser § 1 EHVO ist nun nicht so zu verstehen (entsprechendes gilt für die §§ 2 "geistig wesentlich behinderte Menschen" und 3 "seelisch wesentlich behinderte Menschen" EHVO), dass hier Mindestvoraussetzungen beschrieben werden, die erfüllt sein müssen, damit das Merkmal "wesentliche Behinderung" bejaht werden kann. Insbesondere ist der in Ziffer 4 genannte Wert für die nach einem bestimmten Verfahren zu messende "Sehschärfe von nicht mehr als 0,3" nicht als Mindestwert zu begreifen. Er ist vielmehr als Auslegungshilfe für die Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs "wesentliche Behinderung" zu verstehen und bedeutet nur, dass bei Vorliegen des genannten Wertes ohne weiteres eine "wesentliche Sehbehinderung" zu bejahen ist.

Der zur Inanspruchnahme von Eingliederungshilfe berechtigte Personenkreis der "wesentlich Sehbehinderten" geht damit deutlich über den Personenkreis hinaus, der im Krankenversicherungsrecht in § 33 Abs. 2 SGB V angesprochen ist, und zwar im Zusammenhang mit der Versorgung von Versicherten mit "schwerer Sehbeeinträchtigung" (mindestens der Stufe 1 der WHO-Klassifikation) mit Sehhilfen. Auch dort wird (mittelbar) auf den Sehschärfenwert 0,3 Bezug genommen, aber in dem Sinne, dass die Versorgung mit Sehhilfen ausgeschlossen ist, wenn dieser Wert bei Messung mit Gläserkorrektion überschritten wird.

Anders also bei der Eingliederungshilfe: Hier kommt - unter dem Gesichtspunkt der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft - eine Versorgung mit Sehhilfen durchaus auch dann in Betracht, wenn sie sich schon damit begründen lässt, dass beim Fehlen der begehrten Sehhilfe eine wesentliche Einschränkung der Teilhabefähigkeit gegeben ist. In diesem Fall wäre es geradezu paradox, gemäß dem Wortlaut des § 1 Nr. 4 EHVO auf den Sehschärfenwert "mit Gläserkorrektion" abzustellen, da ja nur mit Hilfe eben dieser Gläserkorrektion die Teilhabefähigkeit herbeigeführt werden kann. Zu bedenken ist auch, dass der fragliche Wortlaut aus einer Zeit stammt, in der die Gläserkorrektion von der Krankenkasse regelmäßig finanziert wurde und der vorliegende Fall noch nicht im Blickfeld des Verordnungsgebers stehen konnte.

Sind die Gläser dann aber ein "anderes Hilfsmittel" im Sinne § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX und § 9 EHVO? Dies ließe sich damit begründen, dass die Versorgung mit Sehhilfen mit dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 19.11.2003 (BGBl. I. 2190) grundsätzlich aus dem Bereich der medizinischen Rehabilitation ausgeschlossen wurde, bzw. dass die medizinische Rehabilitation auf Einzelbereiche (z.B. therapeutische Sehhilfen, Sehhilfen für die schulische Entwicklung) beschränkt wurde. Hier müsste man also zu ähnlichen Ergebnissen kommen wie in dem vom BSG entschiedenen Falle der Versorgung mit Hörgerätebatterien (siehe oben 2.2.1.: Leistungspflicht der Sozialhilfe ja, aber abhängig von Einkommen und Vermögen). Die Frage, ob über die Eingliederungshilfe die Kostenübernahme für eine Gläserkorrektion erreicht werden kann, ist allerdings noch nicht Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gewesen.

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2.2.3. Abhängigkeit von Einkommen und Vermögen

Zu beachten sind die nach dem elften Kapitel des SGB XII mit den §§ 82 bis 96 geltenden Einkommens- und Vermögensgrenzen. Dazu und zu den Prinzipien des Sozialhilferechts vgl. Heft 03 Abschnitt 10. Besonders hinzuweisen ist auf § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. § 87 SGB XII behandelt den Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze. Nach Abs. 1 Satz 1 ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten, soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind insbesondere die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der nachfragenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen. Nach § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII ist bei schwerstpflegebedürftigen Menschen nach § 64 Abs. 3 SGB XII und blinden Menschen nach § 72 SGB XII ein Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze in Höhe von mindestens 60 vom Hundert nicht zuzumuten.

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2.2.4. Anforderungen an die Leistung, Leistungsdauer, Leistungen im Ausland

Die Leistungspflicht nach § 53 Abs. 1 SGB XII setzt voraus, dass "nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann." Die "besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe" wird in § 53 Abs. 3 SGB XII beschrieben (Zitat siehe oben 2.1.).

Das bedeutet, dass vor der Bewilligung einer Leistung eine sehr gewissenhafte Prüfung der Rehabilitationsmöglichkeiten und deren Erfolgsaussichten erfolgen muss. In § 58 SGB XII (Gesamtplan) und in § 59 SGB XII (Aufgaben des Gesundheitsamtes) hat der Gesetzgeber seine diesbezüglichen Vorstellungen zum Ausdruck gebracht. Diese Prüfung muss der Sozialhilfeträger vornehmen oder vornehmen lassen, sobald er vom Rehabilitationsbedarf der Betroffenen Kenntnis erworben hat.

Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht, solange ihr Ziel erreicht werden kann. Eine altersmäßige Beschränkung besteht also nicht. Selbst Pflegebedürftigkeit ist kein Ausschließungsgrund (Haufe Onlinekommentar RZ. 17 zu § 53 SGB XII).

Auch im Ausland können Eingliederungshilfeleistungen erbracht werden, wenn dies im Interesse der Eingliederung des behinderten Menschen geboten ist (§ 23 EHVO). Dabei darf die Dauer der Eingliederungshilfemaßnahme nicht wesentlich verlängert werden und es dürfen keine unvertretbaren Mehrkosten entstehen.

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2.2.5. Wunsch- und Wahlrecht, Leistungsform persönliches Budget

Nach § 33 SGB I und § 9 SGB IX ist berechtigten Wünschen des Leistungsberechtigten zu entsprechen. Das Wahlrecht bezieht sich jedoch immer nur auf das "Wie" der Leistung innerhalb des einzelnen Leistungssystems (BVerwGE 91,114; 94,127). Es gibt kein Wahlrecht des Nachfragenden zwischen den Leistungsträgern.

Ein besonderes Wahlrecht besteht im Hinblick auf die Leistungsform des persönlichen Budgets: Nach § 57 Satz 1 SGB XII können Leistungsberechtigte auf Antrag Leistungen der Eingliederungshilfe auch als Teil eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets erhalten. § 57 Satz 2 verweist auf die zentrale, für alle Rehabilitationsträger geltende Vorschrift des § 17 SGB IX. § 17 Abs. 2 bis 4 des SGB IX in Verbindung mit der Budgetverordnung (BudgetV) und § 159 des SGB IX sind danach anzuwenden. Das bedeutet, dass gemäß § 159 Abs. 5 SGB IX seit 1. Januar 2008 ein Rechtsanspruch auf Gewährung budgetfähiger Leistungen in der Form eines persönlichen und auch trägerübergreifenden persönlichen Budgets besteht. Nach diesen Bestimmungen können auf Antrag Leistungen zur Teilhabe auch durch ein monatliches persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das persönliche Budget ist eine Ausprägung des Wunsch- und Wahlrechts (§ 9 Abs. 2 SGB XII). Das Recht auf ein persönliches Budget bedeutet aber nicht, dass grundsätzlich alle Anträge auf ein persönliches Budget positiv beschieden werden müssen. Wenn z.B. das Teilhabeziel durch die Leistungsform des persönlichen Budgets nicht erreicht werden kann, wird ein Antrag auf ein persönliches Budget vom Leistungsträger abgelehnt werden (Haufe Onlinekommentar RZ. 6 zu § 17 SGB IX). Die Entscheidung steht aber nicht im Ermessen des Leistungsträgers. Sie ist deshalb im vollen Umfang gerichtlich überprüfbar.

Das persönliche Budget wird bei Beteiligung verschiedener Leistungsträger trägerübergreifend als Komplexleistung erbracht. Entsprechende Regelungen wie in § 57 SGB XII finden sich in den übrigen Sozialgesetzbüchern. Darauf wurde in den jeweils einschlägigen Heften dieser Schriftenreihe hingewiesen. Als beteiligte Leistungsträger kommen gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 2 BudgetV in Frage: die gesetzlichen Krankenkassen, die gesetzlichen Pflegekassen, die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die Träger der Alterssicherung der Landwirte, die Träger der Kriegsopferversorgung und die Träger der Kriegsopferfürsorge, die Integrationsämter, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Träger der Sozialhilfe.

Leistungen in Form persönlicher Budgets können nicht nur als Komplexleistungen mehrerer Leistungsträger, sondern auch von einem einzigen Leistungsträger erbracht werden (Haufe Onlinekommentar RZ. 13 zu § 17 SGB IX). Was eine Komplexleistung ist, ist nicht gesetzlich definiert. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Eine Komplexleistung liegt vor, wenn bei einem behinderten Menschen verschiedene Hilfebedarfe einheitlich durch Leistungen befriedigt werden, deren Ausführung verschiedenen Leistungsträgern gesetzlich zugewiesen ist. Die Leistungen müssen nicht notwendigerweise durch einen einzigen Sozialleistungsträger erbracht werden. Es können auch verschiedene Sozialleistungsträger ihre Leistungen in ein persönliches Budget einbringen. Die Leistungen müssen dann jedoch koordiniert erbracht werden.

Damit ist eine neue Form der Leistungsausführung vorgesehen. Es werden bisher bestehende Ansprüche auf Sach-, Dienst- und Geldleistungen modifiziert, jedoch nicht geändert. Das persönliche Budget ist keine neue Leistung, sondern eine neue Form der Leistungserbringung.

Nach § 17 Abs. 2 SGB IX sind Leistungen budgetfähig, wenn sie sich auf alltägliche und regelmäßig wiederkehrende Bedarfe beziehen (Haufe Onlinekommentar RZ. 9 zu § 57 SGB XII). Bedarfe sind alltäglich, wenn sie sich aus regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens ergeben. Dazu zählt grundsätzlich alles, was zum üblichen Lebensablauf in allen Lebensbereichen - Wohnen, Arbeiten und Freizeit - gehört (Haufe Onlinekommentar RZ. 10 zu § 57 SGB XII). Das persönliche Budget kann als Geldleistung oder durch Gutscheine erbracht werden (§ 17 Abs. 2 SGB IX). Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB IX ist das persönliche Budget so zu bemessen, dass der individuell festgestellte Bedarf gedeckt wird, wobei die Höhe des persönlichen Budgets die Kosten der ohne das persönliche Budget zu erbringenden Leistungen nicht übersteigen soll. Es ist also der Bedarf festzustellen. Diesem ist die Summe der einzelnen Leistungen, die in das Budget einbezogen werden sollen, gegenüberzustellen. Das Budget kann zwar niedriger als diese Summe sein, soll sie aber nicht übersteigen.

Das Nähere zum Inhalt und zur Durchführung des persönlichen Budgets, zum Verfahren sowie zur Zuständigkeit bei Beteiligung mehrerer Leistungsträger ist in der auf Grund der Ermächtigung in § 21a SGB IX erlassenen Rechtsverordnung, der BudgetV, geregelt. Kernpunkte dieser Rechtsverordnung sind:

  • Der Zugang der Leistungsberechtigten zu Leistungen in Form des persönlichen Budgets wird klargestellt (§ 1).
  • Die Zuständigkeit und Zusammenarbeit der beteiligten Leistungsträger an dem persönlichen Budget werden näher ausgeführt (§ 2).
  • Ein Bedarfsfeststellungsverfahren, an dem der beauftragte und die beteiligten Leistungsträger sowie die antragstellende Person beteiligt sind, wird neu eingeführt (§ 3).
  • Der Abschluss einer Zielvereinbarung zwischen der antragstellenden Person und dem beauftragten Leistungsträger wird vorgeschrieben (§ 4).

Kommen Leistungen mehrerer Leistungsträger in Betracht, erlässt der nach § 14 SGB IX Erst- oder Zweitangegangene und damit zuständige der beteiligten Leistungsträger im Auftrag und im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger den Verwaltungsakt und führt das weitere Verfahren durch (§ 17 Abs. 4 Satz 1 SGB IX). Die Besonderheit der Leistungsausführung in Form eines persönlichen Budgets besteht darin, dass der Leistungsträger bzw. bei gemeinsamen Leistungen der Beauftragte gemeinsam mit der antragstellenden Person in einem trägerübergreifenden Bedarfsfeststellungsverfahren über den zu deckenden notwendigen Bedarf sowie die Höhe des persönlichen Budgets in Geld beraten und den Inhalt in einer nach § 4 BudgetV abzuschließenden Zielvereinbarung festlegen. Damit tritt das sonst übliche "sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis", welches die Rechtsbeziehungen zwischen Leistungsträger, Leistungsanbieter und Leistungsempfänger regelt, außer Kraft; denn beim Persönlichen Budget kann sich der behinderte Mensch selbst auswählen, durch welchen Dienstleister er die vereinbarte Leistung in Anspruch nehmen will. Allerdings ist eine Verständigung und Festlegung in der nach § 4 BudgetV abzuschließenden Zielvereinbarung darüber erforderlich, wie die Qualitätssicherung der vereinbarten Leistung erfolgt. Sie enthält mindestens Regelungen über die Ausrichtung der individuellen Förder- und Leistungsziele, über die Erforderlichkeit eines Nachweises für die Deckung des festgestellten individuellen Bedarfes sowie über die Qualitätssicherung. Hält der Antragsteller die Vereinbarung in wesentlicher Hinsicht nicht ein, ist der beauftragte Leistungsträger zur fristlosen Kündigung berechtigt. In diesem Falle wird der Verwaltungsakt aufgehoben (§ 4 Abs. 2 BudgetV).

Der Bewilligungsbescheid über das persönliche Budget muss zum einen die Summe des Gesamtbudgets enthalten, zum anderen aber auch die Budgetanteile benennen, die den einzelnen beteiligten Leistungsträgern zuzuordnen sind. Dabei muss deutlich erkennbar sein, welcher Teil des Gesamtbetrags für welche Art von Sachleistungen oder Geldleistungen (im Falle der Sozialhilfe) der einzelnen Leistungsträger bestimmt ist. Nur so kann die betroffene Person für einen entsprechenden Mitteleinsatz sorgen. Dadurch kann eine Mischfinanzierung verhindert werden, die für die beteiligten Sozialversicherungsträger nach § 30 Abs. 1 SGB IV unzulässig ist. Dies gilt wegen des Nachranggrundsatzes auch für die Sozialhilfe. Der Budgetnehmer kann also keine im Budget enthaltenen Mittel der Sozialhilfe dafür einsetzen, Leistungen aus anderen Sozialleistungsbereichen (wie z.B. die Krankenversicherung) in Anspruch zu nehmen. Vgl. dazu "Handlungsempfehlungen der BAR ,trägerübergreifende Aspekte bei der Ausführung von Leistungen durch ein persönliches Budget" Stand: 01.4.2009 und "Orientierungshilfe zu den Schnittstellen der Eingliederungshilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe", Stand: 24.11.2009, Abschnitt XII Nr. 3.

Ergänzt werden die Vorschriften zum persönlichen Budget durch § 11 Abs. 2 Satz 4 SGB XII, wonach die allgemeine sozialhilferechtliche Beratung auch eine gebotene Budgetberatung umfasst. Überhaupt ist eine eingehende Beratung und Unterstützung bei der Inanspruchnahme eines persönlichen Budgets wichtig. Die Budgetberatung umfasst alle im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des persönlichen Budgets bestehenden leistungsrechtlichen Fragen vor Abschluss der Zielvereinbarung und dem Erlass des Bescheides zum persönlichen Budget. Die Budgetberatung umfasst insbesondere folgende Punkte:

  • was ein persönliches Budget ist,
  • wo und wie ein Antrag gestellt wird,
  • welche Leistungen budgetfähig sind,
  • welcher Leistungsträger welche Leistungen erbringt,
  • wie der Leistungsbedarf ermittelt wird,
  • welchen Inhalt eine Zielvereinbarung hat,
  • welchen Inhalt der Gesamtbescheid hat und
  • in welchem Abstand der Bedarf geprüft und angepasst wird (Haufe Onlinekommentar RZ. 16 zu § 17 SGB IX).

Die Budgetberatung wird kostenlos von den Leistungsträgern, gemeinsamen Servicestellen und den Behindertenverbänden erbracht. Die Verpflichtung der Leistungsträger zur Auskunft und Beratung ergibt sich aus den §§ 14 und 15 SGB I. Beratung und Unterstützung bei der Inanspruchnahme eines persönlichen Budgets leisten gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX auch die gemeinsamen Servicestellen der Rehabilitationsträger.

Wer ein persönliches Budget beantragt hat, ist nach § 17 Abs. 2 Satz 5 SGB IX an die Entscheidung des Rehabilitationsträgers allerdings für die Dauer von 6 Monaten gebunden. Niemand ist aber auf Dauer zur Inanspruchnahme eines persönlichen Budgets verpflichtet. Aus wichtigem Grund kann die Zielvereinbarung mit sofortiger Wirkung vom Antragsteller oder vom beauftragten Leistungsträger schriftlich gekündigt werden, wenn ihnen die Fortsetzung nicht zumutbar ist (§ 4 Abs. 2 BudgetV).

2.2.6. Verhältnis der Eingliederungshilfe zu Blindengeld und Blindenhilfe

Zur Frage, inwieweit das Landesblindengeld nach den Landesblindengeldgesetzen oder die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII bei Leistungen der Eingliederungshilfe berücksichtigt werden kann, vgl. auch Heft 06 Abschnitt 9.1.4.2.

Eine Berücksichtigung ist nur insoweit möglich, als das Blindengeld oder die Blindenhilfe dem gleichen Zweck wie Leistungen der Eingliederungshilfe dienen. Das ergibt sich aus § 83 SGB XII. Die Vorschrift schränkt das berücksichtigungsfähige Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII weiter ein. Zweckbestimmte öffentlich-rechtliche Leistungen sollen für den jeweiligen Zweck und nicht für die andersartigen Maßnahmen der Sozialhilfe herangezogen werden (Haufe Onlinekommentar RZ. 2 zu § 83 SGB XII). Die Leistungen müssen für einen ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden. Die Zweckbestimmung muss sich direkt aus der Vorschrift ohne aufwendige Auslegung herleiten lassen (Haufe Onlinekommentar RZ. 6 zu § 83 SGB XII). Die Blindenhilfe hat nach § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XII den ausdrücklich genannten Zweck, die "durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen" auszugleichen. Das trifft auch auf die Blindengeldleistungen der Landesgesetze zu. Das Blindengeld darf bei Leistungen der Eingliederungshilfe deshalb nur dann und insoweit berücksichtigt werden, als durch diese Leistungen ebenfalls blindheitsbedingte Mehraufwendungen ausgeglichen werden sollen. Wie sich aus dem Wort "soweit" in § 83 Abs. 1 SGB XII ergibt, kann die Zweckidentität auch nur teilweise bestehen. Für einzelne Leistungen der Eingliederungshilfe, welche blindheitsbedingte Aufwendungen decken sollen, kann der Einsatz des Blindengeldes nicht in vollem Umfang verlangt werden. Es müssen aus dem Blindengeld auch für andere blindheitsbedingte Mehraufwendungen Mittel zur Verfügung stehen. Für die Hilfe zum Lebensunterhalt hat das BSG die Zweckidentität ausdrücklich abgelehnt. Inwieweit es bei anderen Sozialhilfeleistungen berücksichtigt werden kann, hat es ausdrücklich offen gelassen (BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 20/06 R = SozR 4-3500 § 90 Nr. 1).

Für die Eingliederungshilfe beim Studium an einer Hochschule (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII) ist auf die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS), für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen zum Besuch einer Hochschule (Stand: 24.05.2006) hinzuweisen. In den Punkten 5.4 ff. werden die Leistungen für blinde Studierende behandelt. Nach Nr. 5.4.1.4.1 wird die Notwendigkeit des Einsatzes von Vorlesekräften für Blinde grundsätzlich anerkannt. Wenn Studierende Blindengeld erhalten, sind die ermittelten Kosten für Vorlesekräfte nach Nr. 5.4.1.4.2 der Empfehlungen um 1/3 zu kürzen, soweit dieser Betrag 20 v. H. des Blindengeldes nicht übersteigt. Wenn für das Vorlesegeld z.B. 300,00 Euro anzusetzen wären, dürfte das Blindengeld höchstens mit 100,00 Euro angerechnet werden. Dieser Betrag käme aber nur zur Anrechnung, wenn das Blindengeld mindestens 500,00 Euro betrüge. Wenn das Blindengeld z.B. nur 240,00 Euro monatlich beträgt, darf das Vorlesegeld höchstens um 48,00 und nicht um 100,00 Euro gekürzt werden. Diese Empfehlungen der BAGüS haben, worauf im Vorwort zutreffenderweise hingewiesen wird, keinen verbindlichen Richtliniencharakter. Es handelt sich hierbei lediglich um Hilfestellungen für die Sachbearbeitung der überörtlichen Träger der Sozialhilfe bei der Entscheidung über Leistungen. Das Individualisierungsgebot der Sozialhilfe nach § 9 Abs. 1 SGB XII bleibt unberührt. Je nach Lage des Einzelfalls ist also auch eine andere Entscheidung möglich.

In diesen Richtlinien wird immerhin ein Weg aufgezeigt, welcher auch in anderen Fällen der Eingliederungshilfe zu einer vernünftigen Lösung führen kann.

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2.3. Einzelne Leistungen der Eingliederungshilfe

Zu beachten ist, dass es sich bei den aufgeführten Leistungen weder in § 54 SGB XII noch in § 55 SGB IX um abgeschlossene Aufzählungen handelt. Deshalb erheben die folgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird nur beispielhaft auf einige Leistungen eingegangen, die in anderen Heften noch nicht behandelt worden sind. Zu Ausführungen in anderen Heften vgl. die Hinweise unter 2.3.1.

Bei den Leistungen, die hier zu behandeln sind, handelt es sich um Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, also um Leistungen nach § 55 SGB IX, auf welchen in § 54 Abs. 1 SGB XII verwiesen wird. Die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung, den Trägern der Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge, den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe und den Trägern der Sozialhilfe erbracht (§ 6 SGB IX). Weder die gesetzlichen Krankenkassen noch die gesetzliche Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit kommen deshalb als Träger der Rehabilitationsleistungen nach § 55 SGB IX in Betracht. Die Leistungen des § 55 SGB IX dienen dazu, dem behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen oder zu sichern und ihn so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (Haufe Onlinekommentar RZ. 54 zu § 54 SGB XII).

2.3.1. Übersicht, Hinweise auf Ausführungen in anderen Heften der Schriftenreihe

Wegen des Sachzusammenhangs wurde auf die Eingliederungshilfe bereits in anderen Heften der Schriftenreihe eingegangen:

  • Zur Versorgung mit Hilfsmitteln und zur Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten vgl. Heft 03 Abschnitt 10.
  • Zur Frühförderung und Vorschulerziehung vgl. Heft 04 Abschnitt 3.
  • Zu Fragen im Zusammenhang mit der Schulbildung vgl. Heft 04 Abschnitt 4.
  • Zu Assistenzleistungen beim Schulbesuch vgl. Heft 04 Abschnitt 4.3
  • und zur Versorgung mit Hilfsmitteln Abschnitt 4.4.
  • Ferner vgl. in Heft 04 zur Eingliederungshilfe auch Abschnitt 6.
  • Zur Berufsbildung im Schul- und Hochschulbereich vgl. Heft 05 Abschnitt 4.2.2.
  • Zu Hilfen in Werkstätten für behinderte Menschen vgl. Heft 05 Abschnitt 7.2.

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2.3.2. Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten

Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten (§ 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX) betreffen insbesondere Hilfen, die den behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglicht. Es geht darum, die allgemeine Lebenstüchtigkeit zu erhöhen. Eine beispielhafte Auflistung befindet sich in § 16 EHVO. Dazu gehören z.B. Kurse zur blindentechnischen Grundausbildung, also auch Punktschriftlehrgänge, Kurse, die der Verständigung mit anderen Personen dienen, z.B. Kurse im Lormen für taubblinde Menschen, hauswirtschaftliche Lehrgänge, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen die Besorgung des Haushalts ganz oder teilweise zu ermöglichen.

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2.3.3. Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt

Sie ist geregelt in § 55 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX i.V.m. § 57 SGB IX.

Wenn hörbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit besonders starker Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit auf Grund ihrer Behinderung zur Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass der Hilfe anderer bedürfen, werden ihnen die vom Sozialhilfeträger erforderlichen Hilfen zur Verfügung gestellt oder angemessene Aufwendungen hierfür erstattet (§ 57 SGB IX). Diese Hilfen können auch von Taubblinden in Anspruch genommen werden. Es handelt sich nicht um laufende Hilfen, sondern um Leistungen aus besonderem Anlass. Ein solcher besonderer Anlass kann z.B. die Teilnahme an einer besonderen Familienfeier sein. Ferner darf keine Verpflichtung zur Leistung eines anderen Leistungsträgers auf Grund einer vorrangigen gesetzlichen Regelung bestehen. Vorrangige Verpflichtungen zur Leistung wurden vor allem durch das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes und der Länder eingeführt. Diese betreffen z.B. Verwaltungsverfahren aber auch Gerichtsverfahren. Vgl. dazu Heft 2 der Schriftenreihe Abschnitt 4.1.2.8.

Zu beachten ist auch der sich aus § 17 Abs. 2 SGB I ergebende Anspruch. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden. Korrespondierend zu diesem Rechtsanspruch sind die zuständigen Sozialleistungsträger zur Kostenübernahme des Gebärdensprachdolmetschers verpflichtet.

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2.3.4. Elternassistenz

Elternassistenz ist eine Leistung der Eingliederungshilfe. Die Pflege und Erziehung eines Kindes ist ein Grundbedürfnis von behinderten und nichtbehinderten Eltern. Die Verantwortungsübernahme der Eltern für ihr Kind ist eine zentrale Frage der Teilhabe der Eltern am Leben in der Gemeinschaft im Sinn von § 53 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX. "Der Anspruch von Eltern auf die persönliche Betreuung und Versorgung ihrer Kinder in ihrem eigenen Familienhaushalt ist unmittelbarer Ausdruck des insbesondere durch Art. 6 Abs. 2 und 3 GG grundrechtlich geschützten Elternrechts und daher ein hohes Gut, auf das sich behinderte Eltern oder Elternteile - wie die körperlich behinderte Antragstellerin - wegen des Gleichstellungsgebots des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden) selbstverständlich in gleicher Weise wie nicht behinderte Eltern oder Elternteile berufen können". (Vgl. VG Minden Beschluss vom 31.07.2009 - 6 L 382/09 -, rechtskräftig seit Ende August 2009 und veröffentlicht in www.nrwe.de). Sie können deshalb nicht auf Hilfen für das Kind nach dem SGB VIII verwiesen werden.

Rechtsgrundlage für die elterliche Personensorge sind die §§ 1626 Abs. 1 und 1631 BGB. Sie umfasst die Pflege des Kindes, d.h. die Sorge um sein leibliches Wohl und seine körperliche Entwicklung sowie die Erziehung des Kindes, d.h. die Förderung seiner geistigen, seelischen und sozialen Entwicklung. Eltern mit Behinderung können bei der Erfüllung ihres Pflege- und Erziehungsauftrages beeinträchtigt und auf personelle Hilfen, also Assistenz, angewiesen sein.

Elternassistenz ist kein gesetzlich verankerter Begriff. Unter dem Begriff wird der Bedarf behinderter Eltern für Unterstützungshandlungen im Umgang mit ihren Kindern (Versorgung und Erziehung) vorwiegend in der häuslichen Umgebung bezeichnet. Je nach Behinderungsart kann dabei die rein physische Versorgung eines Kindes oder die erzieherische Hilfe im Vordergrund des Bedarfs stehen. Bei blinden oder sehbehinderten Menschen kann z.B. die Überwachung der Hausaufgaben oder die Beaufsichtigung auf Spielplätzen oder in Schwimmbädern oder anderen Freizeiteinrichtungen im Vordergrund sein. Hilfe kann auch bei der Mobilitätseinschränkung erforderlich sein, wenn Wege mit dem Kind zurückgelegt werden müssen, z.B. bei Spaziergängen oder Arztbesuchen. Der Umfang der Hilfe richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

Die personelle Unterstützung der Eltern dient dem Ausgleich ihrer Behinderung im Familienleben und ihrer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

Sie hat folglich rehabilitativen Charakter. Als Leistung kommt deshalb in erster Linie die vom Sozialhilfeträger zu gewährende Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Betracht (§§ 55 SGB IX, 53 f. SGB XII).

Zum Ganzen und insbesondere auch zur Konkurrenz zwischen Eingliederungshilfe und Leistungen der Jugendhilfe vgl. Rechtsgutachten von Julia Zinsmeister "Staatliche Unterstützung behinderter Mütter und Väter bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages", erstellt im Februar 2006 im Auftrag des Netzwerks behinderter Frauen Berlin e.V. mit Unterstützung der Aktion Mensch.

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2.3.5. Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung

Die Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht, sind geregelt in § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX.

Sie umfasst auch Geldleistungen, etwa Zuschüsse zu behindertengerechten Umbaumaßnahmen (Verbreiterung von Türen, rollstuhlgerechter Zugang, Einbau eines Aufzuges, Umbau sanitärer Anlagen usw.). Vorrangig sind allerdings Leistungen auf Grund öffentlicher Wohnungsbauförderungsbestimmungen einzusetzen, wenn diese der Deckung der Mehrkosten dienen.

Hilfen zur Verbesserung des Wohnumfeldes nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX sind Einrichtungen, die der behindertengerechten Ausstattung einer Wohnung dienen, wie z.B. ein fest eingebauter Treppenlift oder eine Auffahrrampe.

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2.3.6. Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten

Sie sind geregelt in § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX).

Die Hilfe zu selbstbestimmtem Wohnen in betreuten Wohnmöglichkeiten bezieht sich auf alle durch Dienste oder Einrichtungen betreute Wohnformen, seien sie stationär, teilstationär oder ambulant. Sie betrifft nicht nur das ambulant betreute Wohnen (Haufe Onlinekommentar RZ. 64 zu § 54 SGB XII).

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2.3.7. Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben

Sie sind geregelt in § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX i.V.m. § 58 SGB IX. Sie umfassen nach § 58 SGB IX vor allem

  1. Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen,
  2. Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen und
  3. die Bereitstellung von Hilfsmitteln, die der Unterrichtung über das Zeitgeschehen oder über kulturelle Ereignisse dienen, wenn wegen Art oder Schwere der Behinderung anders eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nicht oder nur unzureichend möglich ist.

Die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben in einem vertretbaren Umfang gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Insoweit besteht eine Schnittstelle zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bzw. zu Regelleistungen; denn zu diesen zählen auch persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, die zu den Grundbedürfnissen der leistungsberechtigten Person

gehören (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII sowie § 20 Abs. 1 SGB II). Leistungen der Eingliederungshilfe kommen zusätzlich zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes dann in Frage, wenn wegen der Schwere der Behinderung die persönliche Teilnahme am Gemeinschaftsleben nicht oder nur in unzureichender Art und Weise möglich ist und deshalb weitere Hilfen angezeigt sind, um Beziehungen zur Umwelt aufzubauen oder zu erhalten und wenn alle vorrangigen Leistungen und Vergünstigungen, wie die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr, ausgeschöpft sind.

Orientierungsrahmen ist das übliche Verhalten nicht behinderter Personen (OVG Schleswig-Holstein, Urteil v. 16.1.2002, 2 L 25/01, FEVS 53 S. 521).

Zu diesen Leistungen können z.B. zählen:

  • die Kosten für eine Begleitperson beim Besuch von Veranstaltungen, die der Geselligkeit oder kulturellen Zwecken dienen,
  • die Übernahme der Betreuungskosten für die Teilnahme an einer Ferienmaßnahme,
  • Kosten für Hörgerätebatterien (BSG Urteil vom 19.5.2009, Az. B 8 SO 32/07 R).

Es kommen aber auch andere, den Zielen der §§ 53 SGB XII und 55 SGB IX dienende Hilfen in Frage. Dazu vgl. die folgenden Nummern.

Wenn ein behinderter Mensch wegen der Schwere der Behinderung in erheblichem Umfang der Betreuung bedarf, gehört zu den Maßnahmen der Eingliederungshilfe auch, Personen, denen die Betreuung obliegt, mit den durch Art und Schwere der Behinderung bedingten Besonderheiten der Betreuung vertraut zu machen (§ 20 Eingliederungshilfe-Verordnung).

Auch diese Hilfe kann man begrifflich der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuordnen. Sie stellt eine ergänzende Leistung dar, die die gesellschaftliche Eingliederung bei Vorliegen besonders schwerer Behinderung absichern soll (Haufe Onlinekommentar RZ. 67 zu § 54 SGB XII). Das können z.B. Schulungen von Assistenten für Taubblinde sein.

Eine ähnliche Zielsetzung hat § 22 Eingliederungshilfe-Verordnung, wonach auch die notwendigen Fahrtkosten und sonstigen Auslagen einer Begleitperson im Rahmen der Eingliederungshilfe übernommen werden, wenn die Maßnahme die Begleitung erfordert. Weitere Kosten der Begleitperson werden nach den Besonderheiten des Einzelfalles ebenfalls, wenn sie notwendig sind, übernommen (Haufe Onlinekommentar RZ. 68 zu § 54 SGB XII).

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2.3.8. Mobilitätshilfe

Ziel dieser Hilfe ist es, schwerbehinderten Menschen, die in Folge ihrer Behinderung den öffentlichen Nahverkehr nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen können, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu erleichtern. Häufig gewährt der Sozialhilfeträger eine monatliche Geldpauschale. Damit kann der Empfänger der Mobilitätshilfe eigenverantwortlich Beförderungsunternehmen (zum Beispiel Taxi) und Behindertenfahrdienste in Anspruch nehmen. Der Anbieter kann frei gewählt werden.

Mobilitätshilfen dienen der Teilnahme am Gemeinschaftsleben. Sie sollen helfen, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen zu erleichtern. Mobilitätshilfen können genutzt werden, um Veranstaltungen oder Einrichtungen zu besuchen, die der Geselligkeit, Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen. Die Kosten für Fahrten zu ärztlichen oder sonstigen therapeutischen Maßnahmen, zum Arbeitsplatz, zur Ausbildungsstätte, zu teilstationären Einrichtungen und dergleichen zählen nicht zur Eingliederungshilfe.

Blinde Menschen können Mobilitätshilfe erhalten, wenn sie den öffentlichen Personennahverkehr nicht benutzen können.

Damit die zweckmäßige Verwendung der Mobilitätshilfe überprüft werden kann, müssen die Belege für alle durchgeführten Fahrten mindestens 1 Jahr aufbewahrt werden.

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3. Beförderung und Verkehr

Die in diesem Bereich gebotenen Leistungen sollen helfen, Barrieren, die die Mobilität behinderter Menschen einschränken, zu beseitigen oder zu vermindern. In diesem Zusammenhang wird auf Artikel 20 der UN-Behindertenrechtskonvention hingewiesen. Danach sind die Vertragsstaaten verpflichtet, die persönliche Mobilität behinderter Menschen zu fördern.

Auf Hilfsmittel zur Mobilität und auf die Schulung blinder und hochgradig sehbehinderter Menschen in ihrem Gebrauch, dem so genannten Orientierungs- und Mobilitätstraining, wurde in Heft 03 der Schriftenreihe eingegangen. Das Mobilitätstraining wurde dort unter 6.3.5 behandelt. Zu Hilfsmittel zur Mobilität vgl. dort insbesondere 6.4.2 mit Unterpunkten.

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3.1 Teilnahme am Straßenverkehr

Maßgebend für die Teilnahme am Straßenverkehr - auch als Fußgänger! - ist die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vom 18. August 1998.

Grundsätzlich ist jeder zum Straßenverkehr zugelassen, soweit nicht für bestimmte Verkehrsarten, wie z.B. zum Führen eines Kraftfahrzeugs eine besondere Erlaubnis vorgesehen ist (§ 1 FeV). Für behinderte Verkehrsteilnehmer sind die Einschränkungen in § 2 FeV zu beachten.

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3.1.1 Vorsorge durch Begleitpersonen oder Verkehrsschutzzeichen

Der mit Verordnung vom 30.10.2008 geänderte § 2 FeV lautet:

"§ 2 Eingeschränkte Zulassung
(1) Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet. Die Pflicht zur Vorsorge, namentlich durch das Anbringen geeigneter Einrichtungen an Fahrzeugen, durch den Ersatz fehlender Gliedmaßen mittels künstlicher Glieder, durch Begleitung oder durch das Tragen von Abzeichen oder Kennzeichen, obliegt dem Verkehrsteilnehmer elbst oder einem für ihn Verantwortlichen.
(2) Körperlich Behinderte können ihre Behinderung durch gelbe Armbinden an beiden Arme oder andere geeignete, deutlich sichtbare gelbe Abzeichen mit drei schwarzen Punkten kenntlich machen. Die Abzeichen dürfen nicht an Fahrzeugen angebracht werden. Wesentlich sehbehinderte Fußgänger können ihre Behinderung durch einen weißen Blindenstock, die Begleitung durch einen Blindenhund im weißen Führgeschirr und gelbe Abzeichen nach Satz 1 kenntlich machen.
(3) Andere Verkehrsteilnehmer dürfen die in Absatz 2 genannten Kennzeichen im Straßenverkehr nicht verwenden."

§ 2 Fahrerlaubnisverordnung verlangt also, dass behinderte Menschen, die sich nicht sicher im Verkehr bewegen können, die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen treffen müssen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden. Es ist dringend zu empfehlen, sich in einer der in § 2 Fahrerlaubnisverordnung genannten Formen kenntlich zu machen, und zwar nicht nur um zur Verhütung von Unfällen beizutragen, sondern auch um zu vermeiden, dass im Falle eines erlittenen Verkehrsunfalles Schadensersatzansprüche verweigert werden. Ein Ansteckknopf mit dem Hinweis auf Blindheit genügt nicht. Wer mit Hilfe einer Begleitperson am Straßenverkehr teilnimmt, ist nicht verpflichtet, sich kenntlich zu machen; es ist aber auch in diesem Fall durchaus zweckmäßig.

Wenn bei einem Verkehrsunfall ein Schaden entstanden ist, kann es durchaus zu einem Rechtsstreit kommen, der vor Gericht ausgetragen werden muss. Die Frage, wen die Schuld am Unfall trifft, spielt eine entscheidende Rolle. Wenn die vorgeschriebene Kennzeichnung fehlt, wird von den Gerichten sehr leicht "prima facie", also nach erstem Anschein, von einem Verschulden des unbegleiteten Behinderten ausgegangen. Wenn das Verkehrschutzzeichen verwendet wurde, hat das zur Folge, dass die übliche Beweislastverteilung gilt, nach welcher der Geschädigte beweisen muss, dass das Verschulden den blinden oder sehbehinderten Verkehrsteilnehmer trifft. Aber auch wenn der nicht begleitete blinde oder sehbehinderte Verkehrsteilnehmer einen Schaden erlitten hat wird bei fehlender Kennzeichnung der Nachweis, dass den anderen Verkehrsteilnehmer das Verschulden trifft und dieser deshalb schadensersatzpflichtig ist, erheblich erschwert.

Vgl. mit Bezug auf Kinder auch Heft 04 Abschnitt 10.

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3.1.2 Radfahren und Fahren im Elektrorollstuhl

Sehbehinderte, die selber ein Fahrrad lenken wollen, gelten als fahruntüchtig, wenn ihre Sehschärfe die im Folgenden genannten Werte unterschreiten.

In § 12 FeV und in der Anlage 6 zur FeV werden Anforderungen an das Sehvermögen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges aufgestellt. Diese Anforderungen gelten zwar nicht für das Fahren mit dem Fahrrad. Einen Anhaltspunkt können sie trotzdem bieten. So werden auch für das Führen eines Mofas (Klasse M) nach Nummer 1.2 der Anlage 6 folgende Sehwerte gefordert:

  • Bei Beidäugigkeit: Sehschärfe des besseren Auges oder beidäugige Gesamtsehschärfe: 0,5, wobei die Sehschärfe des schlechteren Auges mindestens 0,2 betragen muss.
  • Bei Einäugigkeit (d. h. auch bei Sehschärfe des schlechteren Auges unter 0,2): 0,6.

Außerdem muss ein normales Gesichtsfeld eines Auges oder ein gleichwertiges beidäugiges Gesichtsfeld mit einem horizontalen Durchmesser von mindestens 120 Grad vorhanden sein. Insbesondere muss das zentrale Gesichtsfeld bis 30 Grad normal sein. Diese Werte sind nach Auffassung des Bundesverkehrsministeriums auch für Radfahrer verbindlich.

Für das Fahren eines Elektrorollstuhls ist gemäß einer Stellungnahme der Verkehrskommission der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft eine Sehschärfe von weniger als 0,1 in jedem Fall nicht ausreichend. Bei einem besseren Visus sollte die Fahrtüchtigkeit je nach Einzelfall bewertet werden. Ein Gesichtsfeld von 30 Grad sollte vorhanden sein.

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3.1.3 Privater Kraftfahrzeugverkehr: Parkerleichterungen und Befreiung von Fahrverboten

Jeder blinde Mensch (Merkzeichen Bl im Schwerbehindertenausweis) kann beim Straßenverkehrsamt (Stadt- oder Gemeindeverwaltung) einen Behindertenparkausweis beantragen, der den Ausweisinhaber gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) zu einer Reihe von Parkerleichterungen berechtigt. Den Ausweis erhalten auch bestimmte andere Gruppen von Behinderten, nicht aber Personen, die hochgradig sehbehindert, aber noch nicht blind sind. Der Ausweis muss beim Parken gut sichtbar unter der Windschutzscheibe angebracht werden. Die Ausstellung des Ausweises ist gebührenfrei. Die blinde Person braucht nicht selbst Halter eines Kraftfahrzeugs zu sein. Die Vergünstigungen können in diesem Fall für Fahrten, an denen sie als Beifahrer teilnimm, genutzt werden.

Seit 2001 gibt es auch einen europäischen Parkausweis, der in den Mitgliedstaaten der EU anerkannt wird. Damit können aber nur diejenigen Parkerleichterungen in Anspruch genommen werden, die in dem jeweiligen Staat gewährt werden. Näheres ergibt sich aus einer Broschüre, die mit dem europäischen Parkausweis ausgehändigt wird.

Die alten, in Deutschland benutzten Parkausweise für behinderte Menschen gelten bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit, längstens jedoch bis zum 31.12.2010. Danach gilt nur noch der europäische Parkausweis.

Mit dem Parkausweis ist in Deutschland erlaubt:

  • Parken auf Behindertenparkplätzen,
  • Parken an Parkuhren und bei Parkscheinautomaten ohne Gebühr und ohne zeitliche Begrenzung.
  • Parken während der Ladezeit in Fußgängerzonen, in denen das Be- oder Entladen für bestimmte Zeiten freigegeben ist.
  • Parken bis zu drei Stunden im eingeschränkten Halteverbot (Zeichen 286, 290 StVO). Eine Parkscheibe, auf welcher die Ankunftszeit eingestellt wird, ist erforderlich.
  • Überschreitung der zugelassenen Parkdauer im Bereich eines Zonenhalteverbots (Zeichen 290 StVO).
  • Parken über die zugelassene Zeit hinaus an Stellen, die durch Zeichen 314 "Parkplatz" oder Zeichen 315 "Parken auf Gehwegen" gekennzeichnet sind und für die durch ein Zusatzschild eine Begrenzung der Parkzeit angeordnet ist.
  • Parken auf Parkplätzen für Anwohner bis zu drei Stunden.
  • Parken in verkehrsberuhigten Bereichen (Zeichen 325 StVO) außerhalb der gekennzeichneten Flächen, ohne den durchgehenden Verkehr zu behindern.

Voraussetzung ist jeweils, dass in zumutbarer Entfernung keine andere Parkmöglichkeit besteht.

Der internationale blaue Parkausweis wird in ganz Deutschland, in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und außerdem in folgenden Staaten anerkannt:

  • Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Australien, Bosnien-Herzegowina, Georgien, Island, Japan, Kanada, Republik Korea, Kroatien, Liechtenstein, Mazedonien,
  • Mexiko, Moldau, Montenegro, Neuseeland, Norwegen, Russland, Schweiz, Serbien, Türkei, Ukraine, USA und Weißrussland.

Eine Befreiung von Fahrverboten besteht in Umweltzonen. Kraftfahrzeuge, mit denen Personen fahren oder gefahren werden, die außergewöhnlich gehbehindert (Merkzeichen aG), hilflos (Merkzeichen H) oder blind (Merkzeichen Bl) sind, sind von Fahrverboten zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in Umweltzonen (Zeichen 270.1 StVO) befreit. Die Umweltzonen dürfen in diesen Fällen auch ohne Plakette befahren werden.

Zur Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer vgl. Kapitel 4.3.

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3.2 Ausgleichsleistungen im öffentlichen Personenverkehr

Die Vergünstigungen für schwerbehinderte Menschen im öffentlichen Personenverkehr sind in Kapitel 13 des zweiten Teils des SGB IX mit den §§ 145 bis 154 geregelt.

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3.2.1 Unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr

Schwerbehinderte Menschen mit Merkzeichen G, aG, H, Bl oder Gl im Schwerbehindertenausweis können beim Versorgungsamt eine Wertmarke erwerben und damit Freifahrt im öffentlichen Personennahverkehr in Anspruch nehmen (§ 145 Abs. 1 SGB IX). Sie müssen dazu ihren Schwerbehindertenausweis und ein weißes Beiblatt mit aufgedruckter Wertmarke mit sich führen. Zum Schwerbehindertenausweis vgl. Heft 2 dieser Schriftenreihe unter 3.3, zu den Merkzeichen ebenda unter 3.3.2. Die Gestaltung der Ausweise und die jeweilige Kennzeichnung sind in der Ausweisverordnung (SchwbAwV) geregelt. Der Ausweis für schwerbehinderte Menschen, die das Recht auf unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr in Anspruch nehmen wollen, ist (neben der Grundfarbe grün, § 1 Abs. 1 SchwbAwV) durch einen halbseitigen orangefarbenen Flächenaufdruck gekennzeichnet (§ 1 Abs. 2 SchwbAwV).

Die Wertmarke wird durch das für die Ausstellung der Ausweise zuständige Versorgungsamt auf Antrag des schwerbehinderten Menschen mit einem Beiblatt ausgegeben, das nur mit dem Ausweis gültig ist (§ 3a Abs. 1 und 2 SchwbAwV).

Schwerbehinderte mit den Merkzeichen H oder Bl (also blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen) erhalten nach § 145 Abs. 1 Satz 5 SGB IX die Wertmarke kostenlos, müssen aber - wie die anderen auch - vor Ablauf der Gültigkeitsdauer das Beiblatt neu beantragen (Antragsformulare werden vom Versorgungsamt automatisch zugeschickt).

Wer als Schwerbehinderter nur das Merkzeichen G hat, zahlt für die Wertmarke, die ein Jahr oder auf Wunsch ein halbes Jahr gilt, für die Jahresmarke 60,00 Euro, für die Halbjahresmarke 30,00 Euro.

Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen können neben der unentgeltlichen Beförderung die Kfz-Steuerbefreiung geltend machen. Die anderen Freifahrtberechtigten müssen sich zwischen Wertmarke (= Freifahrt) und Kfz-Steuerermäßigung entscheiden (§ 3a KraftStG).

Was zum öffentlichen Nahverkehr zählt, ist § 147 Abs. 1 SGB IX zu entnehmen. Zum öffentlichen Nahverkehr zählt danach die Beförderung mit Linienbussen, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen, Verkehrsmitteln, die zu einem Verkehrsverbund zusammengeschlossen sind, und zwar in ganz Deutschland, ferner die Beförderung auf Fähren, z.B. über den Rhein, sowie in den Zügen des Nahverkehrs der Deutschen Bahn AG in einem Umkreis von 50 km um den Wohnort des Freifahrtberechtigten. Jeder Berechtigte erhält dazu ein so genanntes Streckenverzeichnis, das er bei der Fahrscheinkontrolle auf Verlangen vorzeigen muss.

Als Nahverkehrszüge gelten die folgenden Zuggattungen:

Regionalbahn (RB), Stadtexpress (SE), Regionalexpress (RE), Schnellzug (D), InterRegio (IR). Soweit der Schnellzug (D) oder InterRegio (IR) zuschlagpflichtig sind, ist der Zuschlag auch vom Freifahrtberechtigten zu zahlen.

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3.2.2 Vergünstigungen im Fernverkehr - Hilfen bei Reisen mit der deutschen Bahn AG

Im Fernverkehr muss der behinderte Fahrgast den Fahrpreis entrichten. Wenn er für die Fahrt von seinem Wohnort aus oder zu seinen Wohnort einen Zug benützt, der zu den Nahverkehrszügen im Sinn von § 147 Abs. 1 SGB IX zählt, muss die Fahrkarte erst vom oder bis zu dem Ort gelöst werden, die als Begrenzung des für ihn geltenden Nahverkehrsbereichs im Streckenverzeichnis angegeben ist.

Fernverkehr ist nach § 147 Abs. 2 SGB IX der öffentliche Personenverkehr mit

  1. Kraftfahrzeugen im Linienverkehr nach § 42 des Personenbeförderungsgesetzes,
  2. Eisenbahnen, ausgenommen den Sonderzugverkehr,
  3. Wasserfahrzeugen im Fähr- und Übersetzverkehr, sofern keine Häfen außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzbuchs angelaufen werden, soweit der Verkehr nicht Nahverkehr im Sinne des Absatzes 1 ist.

Schwerbehinderte mit einem GdB von mindestens 70 sowie Erwerbsunfähigkeitsrentner und Senioren ab 60 Jahren können die Bahn Card 50 zu einem ermäßigten Preis erwerben.

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3.2.3 Begleitpersonen/Begleithunde

Unentgeltlich zu befördern sind sowohl im Nahverkehr (zum Begriff vgl. 3.2.1) als auch im Fernverkehr (zum Begriff vgl. 3.2.2) auch Begleitpersonen blinder Menschen, wenn diese zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt sind (§ 146 Abs. 2 SGB IX) und dies im Ausweis eingetragen ist. Der Nachweis ist in dem Ausweis durch das Merkzeichen "B" (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 SchwbAwV) geführt. Die Begleitperson wird auch dann unentgeltlich befördert, wenn der schwerbehinderte Mensch für den Nahverkehr keine Wertmarke beantragt hat und deshalb selbst nicht freifahrtberechtigt ist.

Hinzuweisen ist darauf, dass zwar die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson aber keine Verpflichtung besteht.

§ 145 Abs. 2 SGB IX regelt, dass auch ein Begleithund, wozu Blindenführhunde zählen, unentgeltlich mitgenommen werden kann, und zwar auch zusätzlich zur unentgeltlich reisenden Begleitperson (siehe das Wort "und" zwischen Nr.1 und Nr. 2).

Für blinde oder andere schwerbehinderte Menschen, die zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt sind, können bis zu zwei Sitzplätze ohne Entgelt reserviert werden. Voraussetzung für die unentgeltliche Reservierung von Sitzplätzen ist somit das Merkzeichen Bl bzw. B und der entsprechende Vermerk im Schwerbehindertenausweis.

Im europäischen Eisenbahnverkehr fahren Begleitungen von Blinden und von Rollstuhlbenutzern nach dem Gemeinsamen Internationalen Tarif für die Beförderung von Personen (TCV) kostenfrei mit. Außerhalb der BRD fahren Begleitpersonen von Blinden nach diesem Tarif nur dann kostenfrei mit, wenn nicht bereits ein Führhund den blinden Menschen begleitet. Die Rechtsgrundlage für den TCV-Tarif bilden die Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV). Die Begleitperson erhält zum Nachweis ihrer Berechtigung eine besondere, unentgeltliche Fahrkarte. Die Fahrkarte muss in dem Staat erworben werden, in dem der Schwerbehindertenausweis ausgestellt wurde.

Zu Regelungen im Luftverkehr siehe 3.3 am Ende.

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3.3 Regelungen im Luftverkehr

Die Rechte behinderter oder in ihrer Mobilität eingeschränkter Flugreisender innerhalb der Europäischen Union wurden durch die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität vom 05.07.2006 erheblich gestärkt. Durch diese Verordnung soll die Diskriminierung behinderter Flugreisender verhindert werden (Art. 1 der VO).

Behinderten Flugpassagieren darf nach Artikel 3 der VO innerhalb der Europäischen Union weder die Buchung eines Fluges noch die Beförderung auf Grund ihrer Behinderung verweigert werden, soweit nicht für die Verweigerung ein nach Artikel 4 der VO begründeter Ausnahmefall vorliegt. In Artikel 4 Abs. 1 der VO wird bestimmt, dass die Buchung bzw. Beförderung nur verweigert werden kann, um den geltenden Sicherheitsanforderungen nachzukommen, die in internationalen, in gemeinschaftlichen bzw. nationalen Rechtsvorschriften festgelegt sind oder die von der Behörde aufgestellt wurden, die die Luftverkehrsbetreiberlizenz für das betreffende Luftfahrtunternehmen ausstellt. Somit dürfen sich die Fluggesellschaften nicht mehr auf ihre eigenen Sicherheitsbestimmungen berufen, um die Verweigerung der Buchung oder Anbordnahme zu rechtfertigen.

Im Falle der Verweigerung der Beförderung hat das Unternehmen nach Artikel 4 Abs. 3 der VO dem behinderten Passagier unverzüglich die Gründe mitzuteilen. Auf Wunsch muss das auch schriftlich binnen 5 Werktagen erfolgen. Darüber hinaus ist ihm eine annehmbare Alternative anzubieten.

Die Luftfahrtunternehmen sind insbesondere verpflichtet, Blindenführhunde in der Kabine zu befördern, soweit nationales Recht nicht entgegensteht. Im Hinblick auf Begleithunde heißt es in Artikel 7 Abs. 2 der VO: "Ist der Einsatz eines anerkannten Begleithundes erforderlich, so werden die entsprechenden Vorkehrungen getroffen, sofern dies dem Luftfahrtunternehmen (...) oder dem Reiseunternehmen in Übereinstimmung mit geltenden nationalen Bestimmungen über die Beförderung von Begleithunden an Bord von Luftfahrzeugen gemeldet worden ist."

Die Verordnung verpflichtet das Luftfahrtunternehmen, die Sicherheitsbestimmungen, wie sie der Beförderung behinderter Passagiere zugrundeliegen, öffentlich und in barrierefreien Formaten zugänglich zu machen.

Die Hilfeleistungen, welche seitens der Flughäfen zu erbringen sind, sind in der Anlage I zur Verordnung festgelegt. Die von behinderten Flugreisenden benötigte Assistenz muss innerhalb der Europäischen Union seitens der Flughäfen gewährleistet werden. Die Assistenz muss bereits ab dem vereinbarten Ankunftsort, z.B. am Taxistand, der Bushaltestelle, den Haltestellen von U-Bahnen, S-Bahnen oder Bahnstationen erfolgen. Sie ist auch beim Einsteigen, Umsteigen und beim Verlassen des Flugzeugs zu leisten. Die Ankunfts- und Abfahrtsorte sind nach Artikel 5 Abs. 1 der VO von der Flughafenleitung in Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden festzulegen.

Bei den in der Anlage I aufgeführten Hilfeleistungen handelt es sich u.a. um Assistenz auf den Wegen zum Einchecken und zum Platz im Flugzeug und Abholung am Flugzeug bei der Ankunft. Auch werden die notwendigen Hilfen bei der Gepäckaufgabe und -annahme gewährt, sowie beim Verstauen und Wieder-Inbesitznehmen des Handgepäcks im Flugzeug. Zu den Leistungen gehört ferner die "Abfertigung aller notwendigen Mobilitätshilfen, wie elektrischer Rollstühle, am Boden" und die "Abfertigung anerkannter Begleithunde am Boden".

Die "Hilfeleistung des Luftfahrtunternehmens" im Flugzeug sind in der Anlage II beschrieben. Danach sollen Begleitpersonen ihren Sitzplatz möglichst neben dem behinderten Fluggast erhalten. Die "wesentlichen Informationen" sind zugänglich zu machen. "Erforderlichenfalls" ist die Hilfe, zu leisten, die notwendig ist, um zur Toilette zu gelangen.

Die Verordnung regelt in Artikel 7 Abs. 1, dass ein besonderer Hilfebedarf dem Luftfahrtunternehmen oder dem betreffenden Reisebüro mindestens 48 Stunden vor dem Abflug mitzuteilen ist. Wenn behinderte Flugreisende qualitativ gute Serviceleistungen verlangen, so die Begründung, müssen sie ihren Hilfebedarf im voraus anmelden, damit das Luftfahrtunternehmen sich entsprechend darauf einstellen kann. Erfolgt keine rechtzeitige Anmeldung, muss sich das Leitungsorgan des betreffenden Flughafens nach Artikel 7 Abs. 3 dennoch nach Kräften bemühen, die benötigte Hilfe so weit wie möglich bereitzustellen. Der behinderte Passagier muss sich, soweit von dem Luftfahrtunternehmen nicht anders angegeben, nach Artikel 7 Abs. 4 der VO spätestens eine Stunde vor der veröffentlichten Abflugzeit am Abfertigungsschalter oder spätestens zwei Stunden vor dem Abflug an einem der ausgewiesenen Orte einfinden.

Die Hilfeleistung auf Flughäfen ist kostenlos bereitzustellen (Artikel 8 Abs. 1 der VO).

Die im Flugzeug nach der Anlage II erforderlichen Hilfeleistungen sind nach Artikel 10 der VO von den Fluggesellschaften ebenfalls ohne Aufpreis zu leisten.

Gegen Verletzungen der Verordnung kann nach Artikel 15 der VO durch Beschwerde vorgegangen werden. Ein behinderter Mensch, der der Auffassung ist, dass gegen die Verordnung verstoßen wurde, kann sich beim jeweils Verantwortlichen beschweren, das heißt beim "Leitungsorgan des Flughafens", wenn es um die Hilfen im Flughafen geht, oder beim Luftfahrtunternehmen, wenn es um die Buchung oder um die Hilfen im Flugzeug geht. Wird er auf diesem Wege nicht zufrieden gestellt, kann er Beschwerde bei der zuständigen nationalen Stelle führen, die nach Artikel 14 der VO zur Überwachung der Umsetzung der Verordnung gebildet wird. In Deutschland ist das das Luftfahrt Bundesamt, Hermann-Blenk-Str. 26, 38108 Braunschweig, Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Manche Fluglinien gewähren Schwerbehinderten oder ihren Begleitpersonen Preisnachlässe. Begleitpersonen von schwerbehinderten Menschen fliegen bei den deutschen Fluggesellschaften (Lufthansa, LTU, Deutsche BA, Eurowings, Hamburg Airlines) im innerdeutschen Luftverkehr bei eingetragenem Merkzeichen B kostenlos.

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3.4 Benutzung von Taxen

Blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer sind häufig auf die Benutzung eines Taxis angewiesen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit die Mitnahme eines Blindenführhundes gestattet werden muss.

Taxis gehören zum öffentlichen Personennahverkehr (§ 8 Abs. 2 Personenbeförderungsgesetz).

Die Beförderungspflicht ergibt sich aus § 22 Personenbeförderungsgesetz (PbefG). Dieser lautet:

"Der Unternehmer ist zur Beförderung verpflichtet, wenn

  1. die Beförderungsbedingungen eingehalten werden,
  2. die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist und
  3. die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhelfen kann."

Die Beförderungspflicht besteht innerhalb des jeweils festgesetzten Pflichtfahrbereichs (§ 47 Abs. 4 PBefG). Näheres kann gemäß § 51 PBefG in Rechtsverordnungen der Länder und gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 5 in einer Rechtsverordnung des Bundesverkehrsministeriums mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden. Auf dieser Ermächtigung beruht die Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft).

In § 13 BOKraft heißt es zur Beförderungspflicht:

"Der Unternehmer und das im Fahrdienst eingesetzte Betriebspersonal sind nach Maßgabe der Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes verpflichtet, die Beförderung von Personen durchzuführen. Soweit nicht ein Ausschluß von der Beförderungspflicht nach anderen Rechtsvorschriften besteht, können sie die Beförderung ablehnen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß die zu befördernde Person eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes oder für die Fahrgäste darstellt."

Solche Regelungen, die den Transport von Blindenführhunden untersagen, bestehen nicht. Daraus folgt, dass Taxiunternehmen grundsätzlich verpflichtet sind, auch einen blinden Fahrgast mit Blindenführhund zu befördern. Ein genereller Ausschluss in den Beförderungsbedingungen wäre rechtswidrig. Zulässig ist jedoch, dass das Unternehmen in seinen Beförderungsbedingungen die Regelung trifft, dass die Beförderung von Fahrgästen mit Hunden nur in extra dafür eingerichteten Taxis stattfindet, die das Unternehmen dann aber auch vorhalten muss. Es ist deshalb sinnvoll, bei der Bestellung eines Taxis darauf hinzuweisen, dass ein Führhund mit befördert werden soll.

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3.5 Rücktritt von einer gebuchten Reise und Versicherung

Grundlage für die Rechte und Pflichten, die sich aus einer bei einem Reiseunternehmer gebuchten Reise ergeben, ist ein Reisevertrag. Weil der Reisevertrag auf die Herbeiführung eines Erfolges gerichtet ist, stellt er einen Unterfall des Werkvertrages dar. Er ist im BGB in Titel 9 - Werkvertrag und ähnliche Verträge - Untertitel 2 - Reisevertrag - mit den §§ 651a bis 651m BGB geregelt.

Im Reisevertrag müssen Mitreisende, also auch Begleitpersonen aufgeführt werden.

Die sich aus dem mit einem Reiseveranstalter abgeschlossenen Vertrag ergebenden Pflichten sind § 651a BGB zu entnehmen. Nach Abs. 1 Satz 2 ist der Reisende zur Entrichtung des Reisepreises verpflichtet.

Nach § 651I Abs. 1 BGB kann der Reisende vor Antritt der Reise jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Der Reiseveranstalter verliert durch den Rücktritt zwar den Anspruch auf den Reisepreis. Er kann nach § 651I Abs. 2 BGB aber eine Entschädigung, die in der Regel einen Teil des Reisepreises entspricht, bzw. nach § 651I Abs. 3 eine nach Vonhundertsätzen festgelegte Entschädigung (Stornogebühr) verlangen. Grundsätzlich gilt dabei:

Je kürzer der Zeitraum zwischen Absage und geplantem Reiseantritt, desto höher sind diese Rücktrittskosten - bei Last-Minute-Reisen etwa machen sie meist bereits ab Buchung 100 Prozent des Reisepreises aus.

Um sich für den Fall eines Reiserücktritts wegen der damit verbundenen Kosten abzusichern, kann eine Reiserücktrittskostenversicherung (die allerdings nur gegen bestimmte Risiken absichert) abgeschlossen werden.

Durch eine Reiserücktrittskostenversicherung werden die Kosten abzüglich des vereinbarten Selbstbehalts vom Versicherer übernommen, wenn ein den Versicherungsschutz auslösender Rücktrittsgrund vorliegt.

Dem Versicherungsvertrag liegen in aller Regel die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Reiserücktrittskostenversicherungen (ABRV) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V zu Grunde.

Die Ereignisse, die einen Eintritt der Reiserücktrittskostenversicherung begründen können, ergeben sich aus folgenden Ziffern der ABRV:

  • 1.2.1 Tod;
  • 1.2.2 schwere Unfallverletzung;
  • 1.2.3 unerwartete schwere Erkrankung;
  • 1.2.4 Impfunverträglichkeit;
  • 1.2.5 Schwangerschaft;
  • 1.2.6 Schaden am Eigentum des Versicherungsnehmers/Versicherten infolge von Feuer, Elementarereignis oder vorsätzlicher Straftat eines Dritten, sofern der Schaden erheblich ist oder sofern zur Schadenfeststellung die Anwesenheit des Versicherungsnehmers/Versicherten notwendig ist;
  • 1.2.7 Verlust des Arbeitsplatzes des Versicherungsnehmers/Versicherten oder einer mitreisenden Risikoperson auf Grund einer unerwarteten betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber;
  • 1.2.8 Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses durch den Versicherungsnehmer/Versicherten oder eine mitreisende Risikoperson, sofern diese Person bei der Reisebuchung arbeitslos war.

Versichert kann auch der aus wichtigen Gründen wie Unfall oder schwere Erkrankung erforderliche Reiseabbruch werden. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Versicherungsvertrag.

Bei Reisen, die mit einer wegen der Behinderung notwendigen Begleitperson unternommen werden, ist die Frage, welche Konsequenzen es hat, wenn die Begleitperson aus einem der oben genannten Gründe ausfällt. Wie kann dieses Risiko in die Reiserücktrittsversicherung eingeschlossen werden?

Das ist dann der Fall, wenn sie zu den in den allgemeinen Versicherungsbedingungen genannten "Risikopersonen" zählt.

Risikopersonen sind nach Ziffer 1.3 ABRV neben dem Versicherungsnehmer/Versicherten dessen Ehegatte oder Lebenspartner, deren Kinder, Eltern, Geschwister, Großeltern, Enkel, Schwiegereltern, Schwiegerkinder und Personen, die gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer/Versicherten eine Reise gebucht und versichert haben. Die Begleitperson muss also bereits in den Reisevertrag und in die Reiserücktrittskostenversicherung einbezogen worden sein.

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4. Steuern

Steuern sind gemäß der Definition in § 3 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen, also entsprechend ihrer Zuständigkeit von der Bundesrepublik Deutschland, einem Bundesland oder einer Kommune zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Die öffentliche Hand soll damit ohne Zweckbindung ihre Ausgaben finanzieren können. Dadurch unterscheiden sich Steuern von Abgaben oder Beiträgen, welche immer einer bestimmten Verwendung zugeordnet sind. Die Erzielung von Einnahmen zur Deckung der Staatsausgaben kann auch Nebenzweck sein (§ 3 Abs. 1 2. Halbsatz AO). D.h. der Staat kann beabsichtigen, durch Steuern auf das Verhalten der Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen. So soll durch eine hohe Tabaksteuer aus gesundheitlichen Gründen der Verzicht oder die Einschränkung des Tabakgenusses angestrebt werden.

Ein Prinzip des Steuerrechts ist die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Es ist Ausfluss des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 GG). Schließlich kann innerhalb der Steuern auch für einen sozialen Ausgleich gesorgt werden, z.B. durch Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen. Verfassungsrechtliche Grundlage ist das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 GG) und die Menschenwürde (Art. 1 GG). Unter diesem Gesichtspunkt werden auch behinderten Menschen wegen der durch die Behinderung erwachsenden Belastungen Vergünstigungen eingeräumt. Aus dem Grundrecht der Menschenwürde (Art. 1 und 2 GG) ergibt sich, dass bei der Besteuerung des Einkommens das Existenzminimum von der Besteuerung frei bleiben muss.

Das Steuerrecht ist damit auch ein Instrument der Sozialpolitik und den "sozialstaatlichen Ausgleichssystemen zuzurechnen" (Rechte behinderter Menschen und ihrer Angehörigen Kapitel 9.4).

Rechtsquellen für das Steuerrecht sind die Abgabenordnung (AO) und die für die einzelnen Steuerarten bestehenden Spezialgesetze und Verordnungen, z.B. das Einkommensteuergesetz, das Kraftfahrzeugsteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz und das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz. Auf die für behinderte Menschen in diesen Steuern bestehenden Erleichterungen wird in den Punkten 4.1 bis 4.4 eingegangen. Informationen zu Steuervergünstigungen für behinderte Menschen enthalten die von einigen Finanzministerien herausgegebenen "Steuertipps für Menschen mit Behinderung". Sie sind auch im Internet veröffentlicht. Die vom bayerischen Staatsministerium herausgegebenen Steuertipps für Menschen mit Behinderung liegen den folgenden Ausführungen weitgehend zu Grunde.

Die Abgabenordnung ist in neun Teile gegliedert. Sie enthält vor allem die im gesamten Steuerrecht geltenden Begriffsbestimmungen. In ihr ist geregelt, wie die Besteuerungsgrundlagen ermittelt werden, Steuern festgesetzt, erhoben und vollstreckt werden. Daneben sind in der Abgabenordnung die Vorschriften über außergerichtliche Rechtsbehelfe (Einspruchsverfahren als Voraussetzung für ein Gerichtsverfahren) sowie zum steuerlichen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht enthalten. Das Gerichtsverfahren für steuerrechtliche Rechtsstreitigkeiten ist in der Finanzgerichtsordnung (FGO) geregelt.

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4.1 Einkommen- und Lohnsteuer

Rechtsquellen für die Einkommen- und Lohnsteuer sind das Einkommensteuergesetz (EStG) und die dazu ergangene Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) sowie die Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV). Aber auch andere Steuergesetze enthalten materiell-rechtliche Regelungen für die Einkommensbesteuerung. Um eine einheitliche Anwendung des Einkommensteuerrechts durch die Finanzverwaltung zu gewährleisten, wurden von der Bundesregierung auf Grund von Art. 108 Abs. 7 GG allgemeine Verwaltungsvorschriften in Form von Einkommensteuerrichtlinien erlassen (EStR), die allerdings nur die Finanzverwaltung, nicht jedoch die Finanzgerichte oder den Steuerpflichtigen binden.

Die Lohnsteuer ist keine eigene Steuerart sondern eine Erhebungsform der Einkommensteuer, welche sich aus den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ergibt (§ 38 EStG). Die Höhe der Lohnsteuer richtet sich nach der Lohnsteuerklasse, die auf der Lohnsteuerkarte eingetragen ist. Beim Lohnsteuerjahresausgleich wird der Jahressteuerbetrag so berechnet, dass er mit der Einkommensteuer absolut identisch ist.

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4.1.1 Allgemeines zur Einkommen- und Lohnsteuer

Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind vor allem natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Aber auch wer keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik hat, aber in der Bundesrepublik steuerpflichtige Einkünfte erzielt, unterliegt der Einkommenssteuerpflicht (§ 1 Abs. 4 EstG). Man spricht insoweit von beschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen.

Zu dem zu versteuernden Einkommen gehören nach § 2 Abs. 1 EStG folgende Einkünfte, wobei Einzelheiten zu den Einkünften den jeweils in Klammer angegebenen Paragrafen zu entnehmen sind:

  1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 13 und 14a EStG);
  2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 bis 17 EStG);
  3. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG);
  4. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (§§ 19 EStG);
  5. Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG);
  6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und
  7. Sonstige Einkünfte im Sinne des § 22. Dazu gehören z.B. die zu versteuernden Anteile der Rentenleistungen.

Welche Einnahmen steuerfrei sind, ist in § 3 EStG in mehr als 70 Nummern aufgelistet. Zu diesen zählen Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern sowie Aufwandsentschädigungen.

Um das zu versteuernde Einkommen zu ermitteln, ist für die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Gewinn gemäß den §§ 4 bis 7k EStG zu ermitteln. Von Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7, welche in § 8 EStG näher definiert sind, sind die Werbungskosten abzusetzen (§ 9 EStG). Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Weitere Einzelheiten zu den Werbungskosten enthalten die §§ 9a (Pauschbeträge für Werbungskosten) bis 9c (Kinderbetreuungskosten) EStG.

Sodann sind die Sonderausgaben und die Ausgaben für außergewöhnliche Belastungen sowie sonstige Freibeträge im jeweils zulässigen Umfang abzuziehen.

Zu Sonderausgaben vgl. die §§ 10 bis 10i EStG. Was zu den Sonderausgaben zählt, ist in § 10 EStG im Einzelnen aufgelistet. Dazu gehören z.B. die Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen, Krankenversicherungsbeiträge, Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung, Beiträge zu Haftpflichtversicherungen, gezahlte Kirchensteuer usw. Zu den Sonderausgaben gehören nach § 10b Abs. 1 EStG auch Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge) des Steuerpflichtigen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung. Die Zuwendungen dürfen bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte betragen. Da die Blindenselbsthilfeorganisationen als gemeinnützig anerkannt sind, können die Mitgliedsbeiträge und Spenden als Sonderausgaben abgesetzt werden. Daneben können nach § 10b Abs. 1a EStG Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinn der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung an den Vermögensstock von Stiftungen gemacht werden.

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4.1.2 Steuervergünstigungen wegen einer Behinderung bei der Einkommen- und Lohnsteuer

Die Behinderung wird in verschiedener Hinsicht berücksichtigt.

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4.1.2.1 Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen

Die mit einer Behinderung verbundenen außergewöhnlichen Belastungen werden wahlweise entweder durch Pauschbeträge (§ 33b EStG) oder durch den konkreten Nachweis der tatsächlichen höheren Aufwendungen abgegolten (§ 33 EStG).

Außergewöhnliche Belastungen werden gemäß § 33 Abs. 1 EStG berücksichtigt, soweit sie die zumutbare Eigenleistung übersteigen. § 33 Abs. 1 EStG lautet: "Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird." Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

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4.1.2.2 Pauschbetrag für außergewöhnliche Belastungen

Behinderte Menschen können wählen, ob sie die ihnen konkret entstandenen außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG oder ob sie anstatt dessen die Pauschbeträge nach § 33b EStG geltend machen wollen.

Im Falle des § 33 EStG müssen die Aufwendungen im Einzelnen nachgewiesen werden. Außerdem müssen die außergewöhnlichen Belastungen in Höhe der zumutbaren Belastung selbst getragen werden. Das ist bei Geltendmachung der Pauschbeträge nach § 33b EStG nicht der Fall. Durch den Pauschbetrag werden gemäß § 33b Abs. 1 Satz 1 EStG steuerlich die außergewöhnlichen Belastungen abgegolten, die einem behinderten Menschen laufend unmittelbar infolge seiner Behinderung als typische Mehraufwen­dungen erwachsen. Zu den typischen Mehraufwendungen zählen zum Beispiel ein erhöhter Wäscheverbrauch, besondere Hilfeleis­tungen und andere typische Erschwernisaufwendungen. Auch Auf­wendungen eines Steuerpflichtigen gehören dazu, die ihm infolge seiner Pflegebedürftigkeit erwachsen, zum Beispiel Kosten für die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft oder Aufwendungen zur Unterbringung in einem Heim. Bei den durch die Pflege entstehenden Kosten kann es wegen ihrer Höhe vorteilhaft sein, nicht den Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen, sondern die tatsächlich erforderlichen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend zu machen. Voraussetzung bei ambulanter Pflege ist, dass bei dem Steuerpflichtigen mindestens Pflegestufe I nach § 15 SGB XI vorliegt oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI festgestellt wurde. Pflegeaufwendungen von Personen, die nicht zu diesem bevorzugten Personenkreis zählen, aber ambulant gepflegt werden, können jedoch dann ohne weiteren Nachweis als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn sie von einem nach § 89 SGB XI anerkannten Pflegedienst gesondert in Rechnung gestellt worden sind. Wenn der Pflegebedürftige den Pauschbetrag für behinderte Menschen nach § 33b EStG in Anspruch nimmt, können daneben die Pflegeaufwendungen nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.

Die Höhe des (pro Jahr gewährten) Pauschbetrages hängt vom Grad der Behinderung ab. Er beträgt gemäß § 33b Abs. 3 EStG bei einem GdB von

  • 25 und 30: 310,00 Euro
  • 35 und 40: 430,00 Euro
  • 45 und 50: 570,00 Euro
  • 55 und 60: 720,00 Euro
  • 65 und 70: 890,00 Euro
  • 75 und 80: 1.060,00 Euro
  • 85 und 90: 1.230,00 Euro
  • 95 und 100: 1.420,00 Euro

Blinde (Merkzeichen Bl) und hilflose (Merkzeichen H) Menschen erhalten einen erhöhten Pauschbetrag von 3.700,00 Euro (§ 33b Abs. 3 Satz 3 EStG). Als "hilflos" eingestuft werden gemäß der VersMedVO auch hochgradig sehbehinderte Menschen, bei denen allein wegen der Sehbehinderung ein GdB von 100 festgestellt wurde (vgl. VersMedVO Teil A Nr. 6 Buchstabe d und Heft 02 Nr. 2.3.1.2). Im übrigen gilt als "hilflos" eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf (§ 33b Abs. 6 Satz 3 EStG). Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Die Gewährung des erhöhten Pauschbetrages für hilflose Menschen ist nicht davon abhängig, dass eine Pflegeperson tatsächlich beschäftigt wird.

Die Pauschbeträge werden stets in voller Höhe gewährt, auch wenn die Voraussetzungen nicht während des ganzen Kalenderjahres vorgelegen haben. Wird der GdB im Lauf des Jahres herauf- oder herab­gesetzt, so steht der Pauschbetrag dem behinderten Menschen nach dem höchsten Grad zu, der im Kalenderjahr festgestellt war.

Der Nachweis über den GdB bzw. das Vorliegen von Blindheit oder Hilflosigkeit wird durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises geführt.

Lohn- und Gehaltsempfänger können den Pauschbetrag nach § 33b EStG in die Lohnsteuerkarte eintragen lassen; der Freibetrag wird dann bei der Lohnauszahlung berücksichtigt. Die Eintragung ist beim Finanzamt zu beantragen. Stattdessen ist aber auch die Geltendmachung beim Lohnsteuerjahresausgleich oder bei der Einkommensteuerveranlagung möglich.

Wenn die außergewöhnlichen Belastungen höher sind, als die Pauschbeträge nach § 33b EStG, können Sie an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden. Die in diesem Fall zu tragende zumutbare Belastung ist nach der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der berücksichtigungsfähigen Kinder gestaffelt und beträgt zwischen 1 und 7 % des Gesamtbetrages der Einkünfte. Sie ist der Tabelle in § 33 Abs. 3 EStG zu entnehmen. Als Kinder zählen diejenigen, für welche der Steuerpflichtige Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhält. Hinsichtlich der zumutbaren Belastung tritt eine Steuerminderung nicht ein. Die tatsächlichen Belastungen wirken sich steuerlich nur aus, wenn sie nach Kürzung um die zumutbare Belastung noch höher als der maßgebende Pauschbetrag des § 33b EStG sind.

Die Pauschbeträge wurden trotz immer wieder erhobener Forderungen der Behindertenorganisationen seit 1975 nicht an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst. Erhöhungen wurden und werden mit dem Argument abgelehnt, dass es sich bei den Pauschbeträgen nicht um fixierte Steuererleichterungen handelt, sondern lediglich um eine Erleichterung für die Finanzverwaltung. Dieser wird die Prüfung von Einzelbelegen erspart, wenn die Pauschbeträge nicht überschritten werden. Solange nur in Ausnahmefällen Einzelbelege in größerem Umfang vorgelegt werden, wird kein Anlass gesehen, die Pauschbeträge zu erhöhen (Urteil des BFH Az.: III 84/01 und Beschluss des BVerfG Az.: 2 BVR 1059/03).

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4.1.2.3 Außergewöhnliche Belastungen in besonderen Fällen

Neben dem Behindertenpauschbetrag nach § 33b EStG können außergewöhnliche Belastungen in besonderen Fällen nach § 33 EStG geltend gemacht werden, weil sie nicht typischerweise durch die Behinderung bedingt sind oder trotz ihres Zusammenhangs mit der Behinderung nicht typisiert werden können. Keine typischen Mehraufwendungen sind z.B. zusätzliche Krankheitskosten. Krankheitskosten, die durch einen akuten Anlass verursacht werden, z.B. die Kosten einer Operation, können, weil sie nicht typisch sind, selbst dann neben dem Pauschbetrag berücksichtigt werden, wenn sie durch die Behinderung verursacht worden sind und nicht von einer Versicherung oder durch Beihilfeleistungen des Arbeitgebers getragen werden. Geltend gemacht werden können z.B. auch die für eine fremde Begleitung im Urlaub entstehenden Aufwendungen in angemessener Höhe, wenn die Begleitung infolge der Behinderung erforderlich ist (BFH Urteil vom 04.07.2002 – III R 58/98).

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4.1.2.4 Kraftfahrzeugkosten als außergewöhnliche Belastung

Neben den Pauschbeträgen nach § 33b EStG können für Privatfahrten Kraftfahrzeugkosten behinderter Menschen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG in angemessener Höhe berücksichtigt werden.

Für Privatfahrten werden bei behinderten Menschen mit einem GdB von mindestens 80 oder mindestens 70, wenn darüber hinaus eine Geh- und Stehbehinderung vorliegt (Merkzeichen "G" im Schwerbehindertenausweis), 3.000 km jährlich als angemessen anerkannt. Diese Regelung kommt auch sehbehinderten Menschen mit GdB 80 bzw. 70 und Merkzeichen "G" zugute.

Eine höhere Kilometerzahl als 3.000 im Jahr kann nur anerkannt werden, wenn die Fahrten durch die Behinderung verursacht sind und dies z.B. durch ein Fahrtenbuch nachgewiesen wird. Solche behinderungsbedingte Fahrten sind z.B. solche zum Arzt, zu einer Therapie oder zu Behörden.

Bei außergewöhnlich Gehbehinderten (Merkzeichen "aG"), Blinden (Merkzeichen "Bl") und Hilflosen (Merkzeichen "H"), wozu auch hochgradig Sehbehinderte mit GdB 100 zählen, dürfen in den Grenzen der Angemessenheit nicht nur die Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für andere Privatfahrten, also z.B. Urlaubs-, Freizeit- und Besuchsfahrten abgezogen werden. Die tatsächliche Fahrleistung ist z.B. durch ein Fahrtenbuch nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Als angemessen werden für diesen Personenkreis in der Regel höchstens 15.000 km im Jahr anerkannt. Die Fahrzeugkosten werden mit einem Kilometersatz von 0,30 Euro berücksichtigt. Es ergibt sich ein steuerlich zu berücksichtigender Aufwand von bis zu 4.500,00 Euro. Ein höherer Aufwand als 0,30 Euro je Kilometer ist unangemessen und kann nicht berücksichtigt werden. Die Aufwendungen sind um die zumutbare Belastung zu mindern. Vgl. dazu auch EStR H 186 -189.

Zur steuerlichen Berücksichtigung von Kraftfahrzeugkosten in anderen Zusammenhängen vgl. auch die Kapitel 4.1.5 und 4.2.

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4.1.3 Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen

Aufwendungen für eine Hilfe im Haushalt und entsprechende Kosten bei Heimunterbringung können seit 2009 nicht mehr als außergewöhnliche Belastung im Sinn von § 33 EStG geltend gemacht werden. Für entsprechende Aufwendungen kommt jedoch, soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen, eine Steuerermäßigung für "haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen" nach § 35a EStG in Betracht.

Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG werden von blinden und sehbehinderten Personen häufig in Anspruch genommen. Deshalb werden sie hier behandelt.

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4.1.3.1 Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und haushaltsnahe Dienstleistungen

Für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch handelt, und die in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Privathaushalt ausgeübt werden, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 510,00 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen (§ 35a Abs. 1 EStG).

Haushaltsnah ist ein Beschäftigungsverhältnis, wenn es eine haus­haltsnahe Tätigkeit zum Gegenstand hat. Hierzu gehört beispielswei­se die Zubereitung von Mahlzeiten im Haushalt, die Reinigung der Wohnung des Steuerbürgers, die Gartenpflege sowie die Pflege, Versorgung und Betreuung von kranken, alten oder pflegebedürftigen Personen im Haushalt des Steuerpflichtigen.

Für andere, nicht geringfügige haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, z.B. durch selbstständige Dienstleister wie Pflegedienste, ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Steuer um 20 %, höchstens jedoch um 4.000,00 Euro der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Steuerermäßigung kann auch in Anspruch genommen werden für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind (§ 35a Abs. 2 EStG). Zu den haushaltsnahen Tätigkeiten gehören nicht Handwerkerleistungen, sondern nur Tätigkeiten, die üblicherweise durch Haushaltsangehörige erledigt werden, wie z.B. das Reinigen der Wohnung oder der Fenster durch einen selbstständigen Fensterreiniger oder auch Gartenpflegearbeiten wie das Rasenmähen oder Schneiden von Hecken.

Zu den begünstigten Aufwendungen eines haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses gehören der Bruttoarbeitslohn oder das Arbeitsentgelt sowie die vom Steuerpflichtigen als Arbeitgeber getragenen Sozialversicherungsbeiträge, die Lohnsteuer und Kirchensteuer, die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichgesetz und die Unfallversicherungsbeiträge, die an den Gemeindeunfallverband abzuführen sind.

Zu beachten ist, dass mit der Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt dem Steuerpflichtigen Arbeitgeberpflichten erwachsen, wenn die Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgt, und zwar auch dann, wenn es sich um eine geringfügige Beschäftigung handelt. Bei der zuständigen Finanzbehörde kann eine Auskunft darüber eingeholt werden, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, und wie die Versteuerung erfolgen muss. Bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen in Privathaushalten ist als zentrale Einzugsstelle die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zuständig. Arbeitgeber zahlen in der Regel pauschale Abgaben in Höhe von maximal 14,27 Prozent. Das sind je 5 Prozent des Arbeitsentgelts an die Renten- und Krankenversicherung, die einheitliche Pauschsteuer in Höhe von 2 Prozent sowie Umlagen zur Arbeitgeberversicherung in Höhe von 0,67 Prozent. Darüber hinaus zieht die Minijob-Zentrale auch die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 1,6 Prozent im Auftrag der kommunalen Unfallversicherungsträger ein.

Die Steuerermäßigung steht neben der steuerpflichtigen pflegebedürftigen Person auch deren Angehörigen zu, wenn diese für Pflege- und Betreuungsleistungen aufkommen und nicht den Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG von 924,00 Euro pro Jahr in Anspruch nehmen oder ihre Aufwendungen gemäß § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen.

Die Leistungen der Pflege­versicherung sind anzurechnen, das heißt es führen nur diejenigen Aufwendungen zu einer Steuerermäßigung, die nicht durch die Verwendung der Leistungen der Pflegeversicherung finanziert werden können.

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4.1.3.2 Haushaltsnahe Handwerkerleistungen

Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, mit Ausnahme der nach dem Co2-Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank geförderten Maßnahmen, die in einem in der europäischen Gemeinschaft oder im europäischen Wirtschaftsraum gelegenen Privathaushalt durchgeführt werden, ermäßigt sich nach § 35a Abs. 3 EStG die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Arbeitskosten, höchstens aber um 1.200,00 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.

Zu den handwerklichen Tätigkeiten zählen z.B. Malerarbeiten, Reparatur oder Austausch von Bodenbelägen, Reparaturen oder Austausch von Fenstern und Türen, Reparaturen, Wartung und Austausch von Heizungsanlagen, Elektro-, Gas- und Wasserinstallationen, Arbeiten an Innen- und Außenwänden, am Dach, an Garagen, Modernisierung des Bades, Pflasterarbeiten auf dem Wohngrundstück u.ä.

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4.1.3.3 Gemeinsame Voraussetzungen für die Geltendmachung

Die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen nach § 35a Absätze 1 bis 3 EStG kann nur in Anspruch genommen werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis, die Dienstleistung oder die Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder - bei Pflege- und Betreuungsleistungen - der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird. Wenn die Betreuung oder Pflege in einem Heim erbracht wird, muss sich dieses im Gebiet der Europäischen Union oder des europäischen Wirtschaftsraumes befinden.

Die Steuerermäßigungen können nur in Anspruch genommen werden, soweit die Aufwendungen nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen oder unter § 9c fallen und soweit sie nicht als außergewöhnliche Belastung nach §§ 33 ff. EStG berücksichtigt worden sind (§ 35a Abs. 5 Satz 1 EStG). Der Abzug von der tariflichen Einkommensteuer nach § 35a Abs. 2 und 3 EStG gilt nur für Arbeitskosten. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 oder für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat, in welcher die Arbeitskosten gesondert ausgewiesen sind und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Das muss z.B. durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen werden. Barzahlungen werden nicht anerkannt.

Die Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen sind haushaltsbezogen. Das bedeutet, dass sich die Höchstbeträge für Ehegatten nicht erhöhen. Wenn zwei Alleinstehende in einem Haushalt zusammen leben, können Sie die Höchstbeträge insgesamt nur einmal in Anspruch nehmen. Auch wenn zwei pflegebedürftige Personen in einem Haushalt gepflegt werden, kann die Steuerermäßigung nur einmal in Anspruch genommen werden.

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4.1.4 Steuerliche Berücksichtigung von behinderten Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen

Kinder, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außer Stande sind, sich selbst zu unterhalten, können gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ohne altersmäßige Begrenzung steuerlich berücksichtigt werden, wenn die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres oder bis zum 1. Januar 2007 vor Vollendung des 27. Lebensjahres (§ 52 Abs. 40 Satz 8 EStG) eingetreten ist. Deshalb ist auch in diesem Zusammenhang die Feststellung der Behinderung und der Nachweis durch die Merkzeichen, z.B. "Bl" für "blind" und "H" für "hilflos" wichtig. Dazu vgl. Heft 02 dieser Schriftenreihe.

Steuervergünstigungen werden auch bei der Pflege von anderen Angehörigen eingeräumt.

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4.1.4.1 Fehlende Erwerbsfähigkeit

Ob ein Kind wegen seiner Behinderung außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, ist nach den Gesamtumständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Dabei kommt es nicht nur auf die Unfähigkeit des Kindes an, durch eigene Erwerbstätigkeit seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf zu bestreiten, sondern auch darauf, ob dem Kind dafür andere Einkünfte oder Bezüge zur Verfügung stehen. Der notwendige Lebensbedarf besteht aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und individuellem behinderungsbedingten Mehrbedarf.

Wenn das Kind weder Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit noch Lohnersatzleistungen bezieht, kann grundsätzlich von der Unfähigkeit zu einer Erwerbstätigkeit ausgegangen werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn offensichtlich nicht die Behinderung, sondern andere Gründe, z.B. die Arbeitsmarktlage dafür ursächlich sind. Ein über 25 Jahre altes Kind, das sich noch in Schul- oder Berufsausbildung, wozu auch ein Studium zählt, befindet, ist in jedem Fall als unfähig zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit anzusehen.

Wenn das Kind eigene Einkünfte und Bezüge von nicht mehr als 8.004,00 Euro im Kalenderjahr hat, ist davon auszugehen, dass das Kind außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten.

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4.1.4.2 Berücksichtigungsfähige Aufwendungen

Im Folgenden wird auf berücksichtigungsfähige Aufwendungen eingegangen.

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4.1.4.2.1 Behindertenpauschbetrag

Behinderungsbedingte Aufwendungen für steuerlich zu berücksichtigende Kinder bzw. Aufwendungen für nicht nur vorübergehend pflegebedürftige Angehörige können unter den Voraussetzungen des § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Es können stattdessen aber auch die Behindertenpauschbeträge nach § 33b Abs. 3 EStG oder der Pflegepauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG in Anspruch genommen werden.

Ohne Einzelnachweis für den behinderungsbedingten Mehrbedarf für das Kind als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG kann der Behindertenpauschbetrag nach § 33b EStG geltend gemacht werden, wenn er auf die Eltern übertragen worden ist. Wenn der Behindertenpauschbetrag für außergewöhnliche Belastungen nach § 33b EStG einem Kind zusteht, für welches der Steuerpflichtige Kindergeld, einen Kinderfreibetrag zur Sicherung des Existenzminimums, oder einen Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf nach § 32 Abs. 6 EStG erhält, wird der Behindertenpauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt. Eine Aufteilung des Pauschbetrages zwischen dem Kind und den Eltern ist nicht möglich. Dagegen ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen. Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich. Der Pauschbetrag beläuft sich für blinde oder hilflose Kinder auf 3.700,00 Euro pro Jahr.

Andere außergewöhnliche Belastungen, für welche der Pauschbetrag nicht gedacht ist, können daneben geltend gemacht werden. Dazu vgl. oben 4.1.2.3.

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4.1.4.2.2 Pflegeaufwand, Pflegepauschbetrag, Steuerbefreiung

Aufwendungen für die Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen, z.B. von Eltern, Geschwistern oder Kindern, sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig, soweit sie zwangsläufig sind (§ 33 Abs. 1 EStG). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist zu berücksichtigen.

Wenn Eltern ein dauernd hilfloses Kind pflegen, kommt ein Abzug der tatsächlichen Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, wenn sie - unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung - höher sind, als der auf sie übertragbare Behindertenpauschbetrag des § 33b EStG.

Wenn der zu pflegende Angehörige nicht nur vorübergehend hilflos ist, kann vom Steuerpflichtigen gem. § 33b Abs. 6 EStG an Stelle der tatsächlichen Pflegeaufwendungen ein Pflegepauschbetrag von 924,00 Euro im Jahr geltend gemacht werden, wenn er dafür keine Einnahmen erhält, wobei das Pflegegeld, welches die Eltern für das behinderte Kind erhalten, nicht als Einnahme zählt (§ 33b Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG). In anderen Fällen zählt das Pflegegeld, das der Pflegende von der Pflegeversicherung erhält und an den Steuerpflichtigen zu dessen eigener Verwendung weitergibt, als Einnahme. Das Pflegegeld gilt jedoch nicht als Einnahme des Steuerpflichtigen, wenn es treuhänderisch verwaltet wird, um daraus Aufwendungen für den Pflegebedürftigen zu bestreiten. In diesem Fall muss die konkrete Verwendung nachgewiesen werden (Urteil des BFH vom 21.03.2002 - III 42/00).

Der Pflegepauschbetrag ist nicht um die zumutbare Belastung zu kürzen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Pflegepauschbetrages ist, dass die Pflege persönlich entweder in der eigenen oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen durchgeführt wird. Die Pflege ist auch dann noch persönlich, wenn zur Unterstützung zeitweise eine Pflegekraft herangezogen wird. Wenn Eltern ihr hilfloses Kind pflegen, kann der Pflegepauschbetrag neben dem auf sie übertragenen Behindertenpauschbetrag geltend gemacht werden.

Wenn der Steuerpflichtige für die Pflege zwar Einnahmen erhält, diese aber nicht ausreichen, um den Pflegeaufwand zu decken, kann der die Einnahmen übersteigende Betrag als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend gemacht werden. Dabei ist die zumutbare Belastung zu berücksichtigen. Außerdem sind die Regelungen für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 36 EStG zu beachten.

Erbringt der Steuerpflichtige gegen Entgelt einem pflegebedürftigen Angehörigen gegenüber Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung, so sind die Einnahmen bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI steuerfrei (§ 3 Nr. 36 EStG). Entsprechendes gilt, wenn der Pflegebedürftige Pflegegeld aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des SGB XI oder eine Pauschalbeihilfe nach Beihilfevorschriften für häusliche Pflege erhält. Wenn die pflegebedürftige Person kein Angehöriger des Steuerpflichtigen ist, kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 36 EStG nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige der pflegebedürftigen Person gegenüber sittlich verpflichtet ist. Das ist z.B. bei einer langjährigen eheähnlichen Gemeinschaft der Fall.

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4.1.4.2.3 Kraftfahrzeugkosten für Fahrten mit dem behinderten Kind

Auch die angemessenen Kraftfahrzeugkosten können als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) neben dem Behindertenpauschbetrag für Fahrten geltend gemacht werden, wenn das Kind an den Fahrten selbst teilnimmt. Vgl. dazu 4.1.2.4.

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4.1.4.2.4 Kinderbetreuungskosten

Die Behinderung eines Kindes wird auch bei den Kinderbetreuungskosten nach § 9c EStG berücksichtigt. Nach § 9c Abs. 1 Satz 1 EStG können Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Absatz 1 EStG, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000,00 Euro je Kind und Jahr bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit wie Betriebsausgaben abgezogen werden.

Bei anderen erwerbstätigen Steuerpflichtigen können diese Betreuungskosten auf Grund der Verweisung in § 9 Abs. 5 EStG als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Bei zusammenlebenden Eltern ist Voraussetzung, dass beide erwerbstätig sind.

Wenn der Steuerpflichtige sich in Ausbildung befindet, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist, und dadurch die Betreuung notwendig wird, können die Kinderbetreuungskosten nach § 9c Abs. 2 EStG als Sonderausgaben abgezogen werden. Bei zusammenlebenden Eltern müssen diese Voraussetzungen bei beiden Elternteilen vorliegen oder der andere Elternteil muss erwerbstätig sein.

Für alle Kinder, die das dritte Lebensjahr vollendet, das sechste Lebensjahr aber noch nicht vollendet haben, können die Kinderbetreuungskosten gemäß § 9c Abs. 2 Satz 4 geltend gemacht werden, wenn dies nicht schon nach den oben aufgeführten Fällen möglich ist.

Zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gehören Aufwendungen für die Unterbringung der Kinder in Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhorten, Kinderheimen sowie bei Tagesmüttern, Wochenmüttern und Ganztagespflegestellen. Dagegen gehören zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nicht solche für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen (§ 9c Abs. 3 Satz 1 EStG).

Voraussetzung für die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung durch Überweisung auf ein Konto des Leistungserbringers erfolgt ist (§ 9c Abs. 3 Satz 3 EStG). Barzahlungen werden nicht anerkannt.

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4.1.5 Berücksichtigung von Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Aufwendungen eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte können bei der Berechnung der Einkommen- und Lohnsteuer als Werbungskosten berücksichtigt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG). In der Regel geschieht das durch eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Kilometer. Durch die Entfernungspauschale sind sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Eine Behinderung wird in folgender Weise berücksichtigt: Behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung mindestens 70 beträgt oder deren Grad der Behinderung weniger als 70, aber mindestens 50 beträgt und die in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind (Merkzeichen G im Behindertenausweis), können anstelle der Entfernungspauschalen die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und für die Familienheimfahrten ansetzen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 EStG). Sie können aber auch die Entfernungspauschale ansetzen. Die Kilometerpauschale ist bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges anzusetzen. Wenn ein behinderter Mensch ein eigenes Kraftfahrzeug benutzt, dieses aber nicht selbst fahren kann, und deshalb von einem Dritten, z.B. dem Ehepartner, täglich zur Arbeitsstätte gebracht und abgeholt wird, kann die Kilometerpauschale auch für die vom Dritten alleine gefahrenen Kilometer (so genannte Leerfahrten) abgesetzt werden. Diese Situation trifft auf blinde und sehbehinderte Menschen häufig zu. Beträgt der Weg zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte z.B. 5 Kilometer, so können in diesem Fall 4x5x0,30 Euro = 6,00 Euro angesetzt werden.

Zur steuerlichen Berücksichtigung von Kraftfahrzeugkosten in anderen Zusammenhängen vgl. auch die Kapitel 4.1.2.4 und 4.2.

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4.2 Vergünstigungen für schwerbehinderte Kfz-Halter im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuer

Rechtsquelle für die Kraftfahrzeugsteuer ist das Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG). Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt das Halten von Kraftfahrzeugen (§ 1 Abs. 1 KraftStG).

Von der Kraftfahrzeugsteuer in vollem Umfang sind nach § 3a Abs. 1 KraftStG Fahrzeuge befreit, die von behinderten Menschen gehalten werden, die durch den Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen "H", "Bl" oder "aG" nachweisen, dass sie hilflos, blind oder außergewöhnlich gehbehindert sind. Die Steuerbefreiung tritt somit auch für hochgradig sehbehinderte Menschen ein.

Die Kraftfahrzeugsteuer ermäßigt sich nach § 3a Abs. 2 KraftStG um 50 vom Hundert für Kraftfahrzeuge, solange die Fahrzeuge für schwerbehinderte Personen zugelassen sind, die durch einen Schwerbehindertenausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 Satz 1 des SGB IX erfüllen. Das trifft auf sehbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen "G" im Ausweis zu. Diese Steuerermäßigung wird allerdings nicht gewährt, solange der schwerbehinderte Mensch die unentgeltliche Beförderung nach § 145 SGB IX in Anspruch nimmt. Ihm steht ein Wahlrecht zwischen diesen beiden Vergünstigungen zu. Wenn die Steuerermäßigung nach § 3a Abs. 2 KraftStG in Anspruch genommen wird, ist dies von der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde auf dem Schwerbehindertenausweis zu vermerken.

Die Kraftfahrzeugsteuervergünstigungen können auch von entsprechend behinderten Kindern in Anspruch genommen werden. Das Fahrzeug muss in diesem Fall auf den Namen des Kindes zugelassen sein. Es darf nur für Fahrten benützt werden, die im Zusammenhang mit der Fortbewegung oder der Haushaltsführung des behinderten Kindes stehen.

Die Steuerbefreiung nach § 3a Abs. 1 KraftStG bzw. die Steuerermäßigung nach § 3a Abs. 2 KraftStG steht dem behinderten Menschen nur auf schriftlichen Antrag und nur für ein auf ihn zugelassenes Kfz zu (§ 3a Abs. 3 Satz 1 KraftStG). Die Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung entfällt jedoch, wenn das Kfz zur entgeltlichen Beförderung anderer Personen (ausgenommen die gelegentliche Mitbeförderung) oder zur Beförderung von Gütern (ausgenommen von Handgepäck) oder durch andere Personen zu Fahrten verwendet wird, die mit der Fortbewegung oder der Haushaltführung des behinderten Menschen nicht in Zusammenhang stehen (§ 3a Abs. 3 Satz 2 KraftStG). Das sind beispielsweise Fahrten anderer Personen zu ihrer Arbeitsstätte oder ihrer Freizeitgestaltung. Bei missbräuchlicher Verwendung des Kfz entfällt die Steuervergünstigung für die Zeit des Missbrauchs, mindestens aber für die Dauer eines Monats.

Die Kfz-Steuer-Befreiung und -Ermäßigung wird jeweils in den Kfz-Schein eingetragen. Infolgedessen kann bei einer Verkehrskontrolle leicht festgestellt werden, ob das steuerbegünstigte Kfz zu anderen als den erlaubten Zwecken benutzt wird.

Zur Berücksichtigung von Kraftfahrzeugkosten im Rahmen der Einkommen- und Lohnsteuer als außergewöhnliche Belastung oder Werbungskosten vgl. 4.1.2.4 und 4.1.4.2.3 (außergewöhnliche Belastung) sowie 4.1.5 (Werbungskosten).

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4.3 Befreiung von der Umsatzsteuer

Rechtsquelle für die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist das Umsatzsteuergesetz (UStG). Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. § 4 UStG enthält Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen.

Blinde Gewerbetreibende sind nach § 4 Nr. 19 Buchstabe a UStG von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie nicht mehr als zwei Arbeitnehmer beschäftigen. Nicht als Arbeitnehmer gelten der Ehegatte, die minderjährigen Kinder, die Eltern des blinden Menschen und die Lehrlinge.

Die Steuerfreiheit gilt nicht für die Lieferung von Energieerzeugnissen im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 des Energiesteuergesetzes (das sind Kraft- und Heizstoffe wie z.B. Heizöl) und Branntweinen, wenn der Blinde für diese Erzeugnisse Energiesteuer oder Branntweinabgaben zu entrichten hat und für Lieferungen im Sinne von § 19 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 UStG.

Nach § 4 Nr. 19 Buchstabe b sind die folgenden Umsätze der nicht unter Buchstabe a fallenden Inhaber von anerkannten Blindenwerkstätten und der anerkannten Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten im Sinne des § 143 des SGB IX für die Lieferungen von Blindenwaren und Zusatzwaren und die sonstigen Leistungen, soweit bei ihrer Ausführung ausschließlich Blinde mitgewirkt haben, von der Umsatzsteuer befreit.

Auf die Steuerbefreiung kann jedoch nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet werden, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, d.h. der Unternehmer kann solche Umsätze als steuerpflichtig behandeln. Das kann sinnvoll sein, weil der andere Unternehmer dann die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer abziehen kann.

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4.4 Erbschafts- und Schenkungssteuer

Rechtsquelle ist das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG).

Der Erwerb von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ErbStG der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Was unter Erwerb von Todes wegen zu verstehen ist, ist in § 3 ErbStG und was unter Schenkungen unter Lebenden zu verstehen ist, ist in § 7 ErbStG geregelt.

§ 13 ErbStG enthält zahlreiche Steuerbefreiungen.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 6 des ErbStG bleibt eine Schenkung an oder ein Erwerb von Todes wegen durch Eltern, Adoptiveltern, Stiefeltern oder Großeltern des Schenkers bzw. Erblassers steuerfrei, wenn sie zusammen mit dem Vermögen des Erwerbers 41.000,00 Euro nicht übersteigt und der Erwerber infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen und unter Berücksichtigung seiner bisherigen Lebensstellung als erwerbsunfähig anzusehen ist oder durch die Führung eines gemeinsamen Hausstands mit erwerbsunfähigen oder in der Ausbildung befindlichen Abkömmlingen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Übersteigt der Wert des Erwerbs zusammen mit dem übrigen Vermögen des Erwerbers den Betrag von 41.000,00 Euro, wird die Steuer nur insoweit erhoben, als sie aus der Hälfte des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.

Erbschafts- bzw. schenkungssteuerfrei bleibt nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG auch ein sonst steuerpflichtiger Erwerb bis zu 20.000,00 Euro, die Personen erhalten, die dem Erblasser oder Schenker unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt haben, soweit das Zugewendete als angemessenes Entgelt anzusehen ist.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 9a ErbStG bleiben Geldzuwendungen unter Lebenden, die eine Pflegeperson für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung vom Pflegebedürftigen erhält, bis zur Höhe des nach § 37 des SGB XI gewährten Pflegegeldes oder eines entsprechenden Pflegegeldes aus privaten Versicherungsverträgen nach den Vorgaben des SGB XI (private Pflegepflichtversicherung) oder einer Pauschalbeihilfe nach den Beihilfevorschriften für häusliche Pflege schenkungssteuerfrei. Zur Steuerbefreiung hinsichtlich der Einkommenssteuer vgl. 4.1.4.2.2 am Ende.

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5. Wohnen und Bauen

Im Folgenden wird auf rechtliche Regelungen eingegangen, die das Ziel haben, den besonderen Bedürfnissen behinderter Menschen hinsichtlich des Wohnens gerecht zu werden. Dabei geht es um Rechtsgrundlagen für

  • die Gestaltung behindertengerechter Wohnungen,
  • die behindertengerechte Wohnbauförderung,
  • Besonderheiten beim Wohngeld und
  • Rechte, die sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Mietrecht ergeben.

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5.1 Behindertengerechte Wohnraumgestaltung

Der behindertengerechten Wohnraumgestaltung dienen die Festlegungen in DIN-Normen. Zu nennen ist hier die DIN 18025 Barrierefreie Wohnungen. Sie hat zwei Teile: DIN 18025-1 Barrierefreie Wohnungen für Rollstuhlbenutzer und DIN 18025-2 Barrierefreie Wohnungen. Welche die Anforderungen für Wohnungen für folgende Gruppen konkretisiert:

  • Menschen mit einer Sinnesbehinderung (Blinde und Sehbehinderte, Gehörlose und Hörgeschädigte),
  • Menschen mit eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten (z.B. gehbehinderte Menschen),
  • Menschen mit sonstigen Behinderungen,
  • klein- und großwüchsige Menschen und
  • Personen mit einer geistigen Behinderung.

Bei blinden Menschen sind Orientierungsmöglichkeiten mit taktilen (tastbaren) Elementen besonders wichtig. So ist der Übergang des Fußbodens zu Treppenstufen

mit taktilem Material zu kennzeichnen. Gleiches gilt für den Anfang und das Ende von Treppenhandläufen.

Die DIN 18025 ist allerdings überholungsbedürftig und soll durch die DIN 18040 ersetzt werden.

Die DIN-Normen sind bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zum Bau von Schwerbehindertenwohnungen zu beachten.

Bund und Länder haben die Beachtung dieser DIN-Normen in Richtlinien und Empfehlungen aufgenommen, um ihnen in der Praxis zur Anwendung zu verhelfen. Außerdem nehmen die Landesbauordnungen der meisten Bundesländer über die technischen Baubestimmungen auf sie Bezug und machen sie so - ganz oder teilweise - zu verbindlich geltendem Recht.

Die DIN 18040, welche die DIN 18025 ersetzen soll, besteht aus zwei Teilen. Der erste enthält die Planungsgrundlagen für öffentlich zugängliche Gebäude und der zweite die Planungsgrundlagen für barrierefreie Wohnungen. Der erste Teil wurde vom DIN-Ausschuss verabschiedet und ist damit in Kraft. Der zweite Teil besteht gegenwärtig noch als Entwurf. Inhaltlich werden im zweiten Teil die DIN-Normen 18025-1 und 18025-2 zusammengefasst, fortentwickelt und durch Anforderungen an Wohnraum für Menschen mit einer Sinnesbehinderung ergänzt, die bislang nur unzureichend Berücksichtigung fanden.

Der blindheits-/sehbehinderungsbedingte Mehrbedarf an Wohnfläche ist in DIN 18025-2 unter Nr. 6.3 festgestellt. Ein Mehrbedarf an Wohnfläche wird dort mit 15 qm angegeben. Er muss auch weiter anerkannt werden. Ein eigener Raum ist notwendig, um Blindenschriftunterlagen und Hilfsmittel unterbringen zu können. Dem blinden oder sehbehinderten Bewohner muss es auch möglich sein, sich zum Hören von Hörbüchern oder zum Vorlesen schriftlicher Unterlagen durch eine Assistenzkraft zurückziehen zu können.

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5.2 Wohnungshilfe im Rahmen des Sozialrechts

Hilfen zur Beschaffung und Gestaltung einer behindertengerechten Wohnung werden im Sozialrecht von verschiedenen Leistungsträgern gewährt.

Auszugehen ist vom SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen. Nach diesem Gesetz können Wohnungshilfen gewährt werden als

  • Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX),
  • Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 SGB IX) oder
  • als begleitende Hilfe im Arbeitsleben (§ 102 SGB IX).

Die Leistungen richten sich nach dem SGB IX und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen (§§ 1 und 7 SGB IX), wobei die Vorschriften des SGB IX für die Leistungen zur Teilhabe nur insoweit gelten, als sich aus den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen nichts Abweichendes ergibt (§ 7 Satz 1 SGB IX). Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen (§ 7 SGB IX Satz 2). Wer Rehabilitationsträger ist, ergibt sich aus § 6 SGB IX.

Rechtsgrundlagen in den Leistungsgesetzen sind:

  • in der gesetzlichen Unfallversicherung Wohnungshilfe gemäß § 41 SGB VII, und zwar nach Abs. 1 als Bestandteil der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und nach Abs. 2 als Bestandteil der Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben. Einzelheiten über die Leistungen enthalten Richtlinien der gesetzlichen Unfallversicherungen zur Wohnungshilfe.
  • in der gesetzlichen Rentenversicherung Wohnungshilfe nach § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, wenn ein unmittelbarer Bezug zur beruflichen Eingliederung besteht,
  • im Rahmen der Arbeitsförderung (SGB III) bzw. der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX als Hilfe zur Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung in angemessenem Umfang, wenn diese Maßnahmen in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit vorangegangenen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, z.B. einer Umschulung stehen,
  • durch die Integrationsämter als begleitende Hilfe im Arbeitsleben (§ 102 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) als Hilfe zur Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung für schwerbehinderte Menschen nach § 102 Abs. 4 Nr. 1 Buchstabe a SGB IX in Verbindung mit § 22 SchwbAV und den dazu ergangenen Richtlinien, aber nur nachrangig gegenüber den Leistungen der Unfallversicherung, der Rentenversicherung und der Arbeitsverwaltung,
  • im Rahmen der Pflegeversicherung als Zuschüsse zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 SGB XI,
  • im Rahmen des sozialen Entschädigungsrechts nach dem BVG und den auf das BVG verweisenden Gesetzen Wohnungshilfe als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 Abs. 1 BVG i.V.m. § 33 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX und im Rahmen der Kriegsopferfürsorge als Leistung der sozialen Rehabilitation nach § 27c BVG und
  • im Rahmen der Sozialhilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX Hilfen bei der Beschaffung, dem Umbau, der Ausstattung und der Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen der behinderten Menschen entspricht als Eingliederungshilfe.

Ein Anspruch auf Wohnungshilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX kommt auch in Frage, wenn der Arbeitsplatz von der bisher genutzten Wohnung aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem eigenen Kraftfahrzeug nur unter unzumutbaren Erschwernissen erreicht werden kann.

Für die Wohnbauförderung als Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII i.V.m § 55 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX vgl. auch oben 2.3.5.

Des Weiteren ist eine Wohnbauförderung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues nach dem Sozialen Wohnbauförderungsgesetz - Wohnungsbauförderungsgesetz (WoFG) nach den dafür geltenden Kriterien möglich. Dazu vgl. 5.3.

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5.3 Förderung des sozialen Wohnungsbaues und der Wohnraumversorgung mit Sozialwohnungen

Rechtsquellen sind das Gesetz über die soziale Wohnbauförderung - Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) und das Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen - Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) des Bundes sowie die weitgehend an die Stelle des Wohnbauförderungsgesetzes und des Wohnungsbindungsgesetzes getretenen Landesgesetze.

Über Möglichkeiten der Wohnbauförderung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues sowie die dazu bestehenden Förderprogramme informieren u.a. die kreisfreien Städte und Landkreise.

Sozialer Wohnungsbau bezeichnet kurz gesagt den staatlich geförderten Bau von Wohnungen, der den sozialen Gruppen, die ihren Wohnungsbedarf nicht am freien Wohnungsmarkt decken können, zugute kommen soll. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaues wurde in den letzten Jahren insbesondere durch den Bund stark eingeschränkt, so dass das Angebot von Sozialwohnungen rückläufig ist.

Bis zum 1. September 2006 richtete sich die Förderung des sozialen Wohnungsbaues ausschließlich nach dem WoFG vom 1. Januar 2002. Der soziale Wohnungsbau wurde finanziell erheblich durch den Bund gefördert. Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 ("Föderalismusreform” - BGBl. I S. 2034) ist die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für die Regelung des Wohnungswesens und somit auch des sozialen Wohnungsbaues mit Wirkung ab 1. September 2006 aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG gestrichen worden, so dass seither die alleinige Zuständigkeit der Länder gegeben ist. Inzwischen haben die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein eigene Landes-Wohnraumförderungs- bzw. Wohnungsbindungsgesetze erlassen. Die Gesetzestexte stehen im Internet zur Verfügung. Soweit das Wohnraumförderungsgesetz und das Wohnungsbindungsgesetz des Bundes nicht durch landesrechtliche Regelungen ersetzt wurden oder werden, bleiben sie weiterhin gültig.

Die Förderung durch die Länder ist unterschiedlich ausgestaltet. Auf Einzelheiten der Landesgesetze kann hier nicht näher eingegangen werden. Der Aufbau, die Begriffsbestimmungen, der Zweck, die Zielgruppen und die Art der Förderung entsprechen jedoch weitgehend dem WoFG des Bundes. Die Einkommensgrenzen liegen jedoch in der Regel höher. Im Folgenden wird auf die Regelungen im WoFG und WoBindG eingegangen. Die Ausführungen können als Orientierung auch für die Landesgesetze herangezogen werden.

Das WoFG regelt gem. § 1 Abs. 1 die Förderung des Wohnungsbaus und anderer Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit Mietwohnraum, einschließlich genossenschaftlich genutzten Wohnraums, und bei der Bildung von selbst genutztem Wohneigentum (soziale Wohnraumförderung).

In § 1 Abs. 2 WoGG heißt es dazu:

"Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung sind Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind. Unter diesen Voraussetzungen unterstützt

  1. die Förderung von Mietwohnraum insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen sowie Familien und andere Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende, Schwangere, ältere Menschen, behinderte Menschen, Wohnungslose und sonstige hilfebedürftige Personen,
  2. die Förderung der Bildung selbst genutzten Wohneigentums insbesondere Familien und andere Haushalte mit Kindern sowie behinderte Menschen, die unter Berücksichtigung ihres Einkommens und der Eigenheimzulage die Belastungen des Baus oder Erwerbs von Wohnraum ohne soziale Wohnraumförderung nicht tragen können."

Nach § 2 Abs. 1 WoFG können gefördert werden:

  1. der Wohnungsbau, einschließlich des erstmaligen Erwerbs des Wohnraums innerhalb von zwei Jahren nach Fertigstellung (Ersterwerb),
  2. die Modernisierung von Wohnraum,
  3. der Erwerb von Belegungsrechten an bestehendem Wohnraum und
  4. der Erwerb bestehenden Wohnraums,

wenn damit die Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit Mietwohnraum durch Begründung von Belegungs- und Mietbindungen oder bei der Bildung von selbst genutztem Wohneigentum erfolgt.

Die Förderung erfolgt nach § 2 Abs. 2 WoFG durch:

  1. die Gewährung von Fördermitteln, die aus öffentlichen Haushalten oder Zweckvermögen als Darlehen zu Vorzugsbedingungen, auch zur nachstelligen Finanzierung, oder als Zuschüsse bereitgestellt werden,
  2. die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen sowie
  3. die Bereitstellung von verbilligtem Bauland.

Die Durchführung des WoFG obliegt gemäß § 3 Abs. 2 WoFG den Ländern als eigene Aufgabe. Die Länder bewilligen den Antragstellern (z.B. Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Einzelbauherren) in der Förderzusage nach § 13 WoFG die Fördermittel. In der Förderzusage werden Einzelheiten über die Art und Höhe der Förderung festgelegt (§ 13 Abs. 2 WoFG). Sie erfolgt durch Verwaltungsakt oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag und bedarf der Schriftform (§ 13 Abs. 3 WoFG). Auf die Förderung besteht kein Rechtsanspruch (§ 13 Abs. 4 WoFG).

Bindung des Vergaberechts: Der Sicherung des Zieles des WoFG dienen die Zweckbindung des geförderten Wohnraums und die Begrenzung des Mietzinses auf die Kostenmiete auf der Grundlage des Wohnungsbindungsgesetzes.

Regelungen für Mietwohnraum: Mietwohnraum unterliegt gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 WoFG den in der Förderzusage nach § 13 Abs. 2 WoFG bestimmten Bindungen, insbesondere Belegungs- und Mietbindungen.

Wenn nicht die Zuweisung des Mietinteressenten durch die zuständige Stelle gem. § 26 Abs. 2 WoFG im Rahmen eines Benennungsrechts oder Besetzungsrechts erfolgt, ist zum Nachweis der Berechtigung gegenüber dem Vermieter ein Wohnberechtigungsschein erforderlich (§ 27 Abs. 1 WoFG). Der Wohnberechtigungsschein ist eine amtliche Bescheinigung, mit deren Hilfe ein Mieter nachweisen kann, dass er berechtigt ist, eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung ("Sozialwohnung") zu beziehen.

Ein Wohnberechtigungsschein für die Dauer eines Jahres wird nach § 27 Abs. 2 WoFG auf Antrag des Wohnungssuchenden erteilt. Der Anspruch auf Ausstellung eines Wohnberechtigungsscheins ist gem. § 27 Abs. 3 WoFG i.V.m. § 9 WoFG vom Jahreseinkommen abhängig. Die Einkommensgrenzen ergeben sich aus § 9 Abs. 2 und 3 WoFG. Die Ermittlung des Einkommens richtet sich nach den §§ 20 bis 24 WoFG.

Für das Einkommen kommt es auf das Gesamteinkommen der Haushaltsangehörigen an (§ 20 WoFG). Gesamteinkommen des Haushalts im Sinne des WoFG ist die Summe der nach den §§ 21 bis 23 WoFG ermittelten Jahreseinkommen der Haushaltsangehörigen abzüglich der Frei- und Abzugsbeträge nach § 24 WoFG.

Nach § 24 Abs. 1 WoFG erhöht sich die Einkommensgrenze des § 9 WoFG für schwerbehinderte Menschen um einen Freibetrag wie folgt:

  1. um 4.500,00 Euro für schwerbehinderte Menschen mit einem GdB
    a) von 100 oder
    b) wenigstens 80, wenn häusliche Pflegebedürftigkeit im Sinn von § 14 SGB XI vorliegt und
  2. um 2.100,00 Euro für jeden schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von unter 80, wenn häusliche Pflegebedürftigkeit im Sinn von § 14 des SGB XI vorliegt.

Förderung der Bildung von Wohneigentum: Nicht nur durch die Bereitstellung von gefördertem Mietwohnraum, sondern auch durch die Förderung von Wohneigentum wird dem Wohnbedarf förderberechtigter Personen Rechnung getragen. die Förderung der Bildung selbst genutzten Wohneigentums dient der Wohnraumversorgung insbesondere von Familien und anderen Haushalten mit Kindern sowie behinderten Menschen, die unter Berücksichtigung ihres Einkommens und der Eigenheimzulage die Belastungen des Baus oder Erwerbs von Wohnraum ohne soziale Wohnraumförderung nicht tragen können (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 WoFG).

Selbst genutztes Wohneigentum unterliegt nach § 25 Abs. 2 Satz 1 WoFG den in der Förderzusage nach § 13 Abs. 2 WoFG bestimmten Bindungen. In der Förderzusage sind nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 WoFG Bestimmungen zu treffen über Zweckbestimmung, Einsatzart und Höhe der Förderung, Dauer der Gewährung, Verzinsung und Tilgung der Fördermittel, Einhaltung von Einkommensgrenzen und Wohnungsgrößen und Rechtsfolgen eines Eigentumswechsels an dem geförderten Gegenstand. In die Förderzusage können weitere für den jeweiligen Förderzweck erforderliche Bestimmungen aufgenommen werden.

Die Regelungen über das Einkommen (§ 9 WoFG i.V.m §§ 20 bis 24 WoFG) gelten auch für die Förderung des Wohneigentums. Dazu siehe oben.

Sonstige Berücksichtigung von Behinderung im sozialen Wohnungsbau: Nicht nur bei der in § 1 WoFG genannten Zielgruppe und bei der zu beachtenden Einkommensgrenze nach § 24 WoFG wird die Behinderung eines Menschen berücksichtigt.

Eine zusätzliche Förderung für notwendigen Mehraufwand kann nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 WoFG insbesondere für besondere bauliche Maßnahmen gewährt werden, mit denen Belangen behinderter oder älterer Menschen Rechnung getragen wird. Dazu gehören die Anforderungen an Barrierefreiheit.

Bei der Festsetzung der angemessenen Wohnungsgröße nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 WoFG sind besondere persönliche oder berufliche Bedürfnisse von Haushaltsangehörigen zu berücksichtigen. Damit ist auch ein Mehrbedarf blinder Menschen an Wohnraum zu beachten. Beim Wohnberechtigungsschein kann von den festgelegten Wohnungsgrößen bzw. der Anzahl der Wohnräume gem. § 27 Abs. 4 WoFG wegen besonderer persönlicher oder beruflicher Bedürfnisse eines Haushaltsangehörigen abgewichen werden.

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5.4 Wohngeld - Freibeträge für behinderte Menschen

Rechtsquelle ist das Wohngeldgesetz (WoGG). Es gilt als besonderer Teil des Sozialgesetzbuches (§ 68 Nr. 10 SGB I).

Das Wohngeld ist eine Sozialleistung (Leistung der sozialen Förderung) und keine Sozialhilfeleistung. Wohngeld wird zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens als Miet- oder Lastenzuschuss zu den Aufwendungen für den Wohnraum geleistet (§ 1 WoGG).

Auf Wohngeld besteht ein Rechtsanspruch. Wer Anspruch auf Wohngeld als Mietzuschuss hat, ist in § 3 Abs. 1 WoGG geregelt. Zu den Berechtigten gehören nicht nur Mieter selbstgenutzten Wohnraums. Es genügt auch ein mietähnliches Dauerwohnrecht oder der dauernde Aufenthalt in einem Heim im Sinne des Heimgesetzes oder entsprechender Landesgesetze. Ein Anspruch auf Wohngeld als Mietzuschuss kann auch dann bestehen, wenn der Eigentümer Wohnraum in seinem Haus selbst bewohnt, sofern dieses mehr als zwei Wohnungen hat.

Bei Bewohner von Heimen (z.B. Alten- und Pflegeheimen) werden bei einer Belegung eines Raumes mit einem Bewohner 20 %, bei einer Belegung mit mehreren Bewohnern 15 % der gesamten Unterbringungskosten als zuschussfähige Miete angesetzt.

Anspruchsberechtigt für Wohngeld als Lastenzuschuss sind nach § 3 Abs. 2 WoGG Eigentümer selbst genutzten Wohnraums, sofern das in seinem Eigentum stehende Gebäude nicht mehr als zwei Wohnungen hat. Wer eine Eigentumswohnung in einer Eigentumswohnanlage selbst nutzt, gehört zum berechtigten Personenkreis. Dem Eigentümer gleichgestellt sind

  1. die erbbauberechtigte Person,
  2. die Person, die ein eigentumsähnliches Dauerwohnrecht, ein Wohnungsrecht oder einen Nießbrauch innehat und
  3. die Person, die einen Anspruch auf Bestellung oder Übertragung des Eigentums, des Erbbaurechts, des eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts, des Wohnungsrechts oder des Nießbrauchs hat.

Die Höhe des Wohngeldes hängt nach § 4 WoGG von drei Faktoren ab:

  1. der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§ 5 bis 8 WoGG),
  2. der Höhe der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung (§ 9 bis 12 WoGG) und
  3. der Höhe des Gesamteinkommens (§ 13 bis 18 WoGG).

Die Formel zur Berechnung der Wohngeldhöhe ergibt sich aus § 19 WoGG.

Wer zu den zu berücksichtigenden Haushaltsmitgliedern zählt, ist den §§ 5 und 6 WoGG zu entnehmen.

Die vom Anspruch auf Wohngeld ausgeschlossenen Personen (die dann auch nicht bei der Haushaltsgemeinschaft berücksichtigt werden) werden in § 7 WoGG aufgezählt. Dazu gehören in der Regel Empfänger von Transferleistungen. Seit Inkrafttreten des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV") und den damit verbundenen Änderungen wohngeldrechtlicher Bestimmungen zum 1. Januar 2005 entfällt für Empfänger staatlicher Transferleistungen (zum Beispiel Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Asylbewerberleistungen) sowie für Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft das Wohngeld, wenn bei der Berechnung der vorstehenden Leistungen Kosten der Unterkunft berücksichtigt wurden. Die angemessenen Unterkunftskosten der Empfänger dieser Transferleistungen sind in der Regel in den jeweiligen Sozialleistungen enthalten.

Weitere Fälle, in denen ein Wohngeldanspruch nicht besteht, sind in den §§ 20 und 21 WoGG geregelt. So besteht nach § 21 Nr. 2 WoGG kein Wohngeldanspruch, wenn alle zum Haushalt zählenden Personen nach §§ 7 und 8 WoGG ausgeschlossen sind, also z.B. Transferleistungen erhalten oder wenn das Wohngeld weniger als 10,00 Euro monatlich betragen würde oder soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre, insbesondere wegen erheblichen Vermögens.

Beim Einkommen kommt es auf das Gesamteinkommen an. Das Gesamteinkommen ist gem. § 13 Abs. 1 WoGG die Summe der Jahreseinkommen (§ 14 WoGG) der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder abzüglich der Freibeträge (§ 17 WoGG) und der Abzugsbeträge für Unterhaltsleistungen (§ 18 WoGG).

Was zum Einkommen zählt, wird in § 14 WoGG bestimmt. Was dabei abweichend vom Einkommensteuergesetz auch zum Einkommen zählt, wird in § 14 Abs. 2 WoGG aufgelistet.

Bei den nach § 17 WoGG abzusetzenden Freibeträgen werden auch behinderte Menschen berücksichtigt.

Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind deshalb u.a. die folgenden jährlichen Freibeträge abzuziehen:

  1. 500,00 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderung
    a) von 100 oder
    b) von wenigstens 80 bei Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gleichzeitiger häuslicher oder teilstationärer Pflege oder Kurzzeitpflege
  2. 200,00 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderung von unter 80 bei Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gleichzeitiger häuslicher oder teilstationärer Pflege oder Kurzzeitpflege.

Das Wohngeld wird auf Antrag der wohngeldberechtigten Person geleistet (§ 22 WoGG). Es soll für die Dauer von 12 Monaten ab dem 1. des Monats der Antragstellung, frühestens jedoch ab dem 1. des Monats, in welchem die Voraussetzungen vorliegen, bewilligt werden (§ 25 Abs. 1 und 2 WoGG). Danach ist ein neuer Antrag erforderlich.

Für weitere Informationen zum Wohngeld verweisen wir auf eine PDF-Datei zum Wohngeld auf der Website des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wohngeldverordnung (WoGV).

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5.5 Rechte aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem Mietrecht nach dem BGB

Im Folgenden wird dargestellt, welche Bedeutung das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auf das Mietrecht des BGB für blinde Menschen hat. Deshalb wird zunächst unter 5.4.1 auf das AGG eingegangen und dann unter 5.4.2 das Mietrecht im BGB behandelt.

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5.5.1 Bedeutung des AGG für das Mietrecht

Ziel des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist nach § 1 AGG, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Zum AGG vgl. Kapitel 7 mit Unterpunkten.

Für die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch enthält § 19 AGG besonders zu beachtende Regelungen, die leider zur Folge haben, dass die Vermietung von Wohnraum nur noch theoretisch unter den Schutz des AGG fällt: Die Vermietung ist in der Regel kein Massengeschäft im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG und ist damit vom Schutz des AGG ausgeschlossen, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet (§ 19 Abs. 5 S. 3 AGG). Ferner ist bei der Vermietung von Wohnraum eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig (§ 19 Abs. 3 AGG). Dadurch soll eine Ghettobildung vermieden werden.

Wenn der Vermieter mindestens 50 Wohnungen vermietet, kann ein blinder oder sehbehinderter Mietinteressent sich mit den ihm nach dem AGG zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen wehren. Dazu vgl. 7.4.

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5.5.2 Regelungen im Mietrecht

Das Mietrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 535 bis 580a geregelt.

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5.5.2.1 Zulässigkeit baulicher Veränderungen

§ 554a BGB trägt die Überschrift "Barrierefreiheit". Er hat den Zweck, behinderten Menschen barrierefreies Wohnen zu ermöglichen.

Nach § 554a Abs. 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Der Vermieter kann seine Zustimmung verweigern, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen anderer Mieter in dem Gebäude zu berücksichtigen.

Ein berechtigtes Interesse ist auch dann gegeben, wenn nicht der Mieter, sondern eine andere berechtigt in der Wohnung lebende Person behindert ist.

Der Vermieter kann nach § 554a Abs. 2 seine Zustimmung von der Leistung einer angemessenen zusätzlichen Sicherheit für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes abhängig machen. § 551 Abs. 3 und 4 BGB, in denen geregelt ist, dass der Vermieter eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen hat, wenn keine andere Anlageform vereinbart wird und dass eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam ist, gilt entsprechend. Angemessen ist eine Sicherheit in Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.

Eine zum Nachteil des Mieters von § 554a Absatz 1 BGB abweichende Vereinbarung ist nach dessen Abs. 3 unwirksam.

Wenn es für einen sehbehinderten Mieter notwendig ist, z.B. den Beginn und das Ende einer Treppe durch eine Kontrastfarbe zu markieren, kann er sich auf diese Bestimmung stützen.

Der Mieter ist nach Wegfall der Behinderung, spätestens nach Beendigung des Mietverhältnisses berechtigt, angebrachte Einrichtungen wegzunehmen (§§ 539 Abs. 2, 552 Abs. 1 BGB) und verpflichtet, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen (§ 546 Abs. 1 BGB).

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5.5.2.2 Recht zur Haltung eines Blindenführhundes in der Wohnung

Die Tierhaltung in einer Mietwohnung ist eine Frage des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Mietsache. Nur zu dieser ist der Mieter berechtigt. Inwieweit die Tierhaltung zulässig ist, richtet sich zunächst nach dem Mietvertrag. Häufig wird die Tierhaltung formularmäßig oder durch Individualvereinbarung untersagt oder von einer Genehmigung des Vermieters im Einzelfall abhängig gemacht. Dann aber stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Bestimmung wirksam ist.

Wenn der Mieter und der Vermieter eine Vereinbarung getroffen haben, die nicht bereits im Mietvertrag vorformuliert war, ist diese Vereinbarung auch dann wirksam, wenn das Halten von Haustieren völlig untersagt ist. Der Mieter muss sich an Inhalt und Umfang dieser Vereinbarung halten. Hat er sich ein Tier angeschafft, obwohl dies nicht erlaubt ist, muss er es auf Verlangen des Vermieters wieder abgeben.

Einem blinden Mieter oder Angehörigen des Haushalts darf jedoch die Haltung eines Blindenführhundes nicht versagt werden. Die Haltung des Blindenführhundes ist deshalb selbst dann erlaubt, wenn, was zulässig ist, im Mietvertrag die Haltung von Hunden und Katzen formularmäßig untersagt wird.

Wenn sich der Vermieter im Vertrag die Genehmigung der Tierhaltung im Einzelfall vorbehält, muss vor Anschaffung des Blindenführhundes die Genehmigung eingeholt werden. Sie darf allerdings nicht versagt werden. Das hat das Amtsgericht Bamberg mit Urteil vom 13.07.1998 - AZ: E/Allg.-1-AG BA 5.79 - sehr grundsätzlich und wohlbegründet entschieden. Das AG Bamberg stützt seine Entscheidung auf § 536 i.V.m. § 242 BGB. Der Anspruch besteht, wie das AG Bamberg ausführt "deswegen, weil die Klägerin auf Grund ihrer Blindheit schutzwürdig ist. Sie ist zwar durchaus in der Lage, sich mittels Blindenlangstocks in der Öffentlichkeit fortzubewegen; doch würde ihr ein Blindenführhund größere Sicherheit verleihen und es ihr ermöglichen, auch weitere Strecken zu Fuß zurückzulegen. Die dazu notwendigen physischen Voraussetzungen bringt sie unstreitig mit. Sie hat nach alledem unter Beachtung der grundgesetzlichen Wertung des Art. 3 III S. 2 GG - auch unter dem Gesichtspunkt der selbstgestaltenden Lebensführung - ein berechtigtes Interesse an der Erlaubniserteilung. Dem klägerischen Begehren steht auch kein wichtiger Grund entgegen. Ein solcher wichtiger Grund könnte nur in dem grundgesetzlich geschützten Eigentum und der Vermieterposition des Beklagten liegen. Eine unzumutbare Einschränkung dieser Rechtspositionen ist aber nicht ersichtlich." Das Urteil ist auszugsweise auf der Homepage des Deutschen Vereins für Blindenführhunde und Mobilitätshilfen e. V. (DVBM) wiedergegeben.

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5.5.2.3 Widerspruchsrecht gegen eine Kündigung

Der Mieter kann nach § 574 Abs. 1 BGB der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Eine Härte liegt nach Abs. 2 auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.

Der Widerspruch ist auch in den Fällen möglich, in denen die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Haushaltsangehörigen eine soziale Härte darstellen würde und diese auch gegenüber berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen wäre. Eine Härte liegt z.B. dann vor, wenn unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes oder auch einer Behinderung keine angemessene andere Wohnung gefunden werden kann. Für einen blinden Mieter, der sich in der näheren Umgebung der gekündigten Wohnung gut auskennt und sich selbständig bewegen kann, könnte es eine zu berücksichtigende Härte sein, wenn er in eben diesem bekannten Bereich keine andere geeignete Wohnung finden kann.

Der Mieter muss nach § 574b BGB den Widerspruch schriftlich und in der Regel spätestens zwei Monate vor der sich aus der Kündigung ergebenden Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber dem Vermieter erklären. Wenn der Vermieter allerdings nicht rechtzeitig entsprechend § 568 Abs. 2 BGB auf die Form und Frist des Widerspruchs hingewiesen hat, kann der Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklärt werden (§ 574b Abs. 2 Satz 2 BGB).

In welcher Weise das Mietverhältnis für seine Fortsetzung gegebenenfalls anzupassen ist und ob es für eine bestimmte Frist oder unbefristet fortzusetzen ist, richtet sich nach § 574a BGB.

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6. Kommunikation und Medien

Für eine selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft kommt der Kommunikation und dem Zugang zu den Medien große Bedeutung zu. Das wird auch in der Präambel Buchstabe V. der UN-Behindertenrechtskonvention hervorgehoben. Nach Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe g) verpflichten sich die Vertragsstaaten der UN-Behindertenrechtskonvention u.a., die Verfügbarkeit und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken zu fördern. In Art. 9 der UN-Behindertenkonvention mit der Überschrift "Zugänglichkeit" heißt es:

"(1) Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offen stehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen, gelten nter anderem für (...) b) Informations-, Kommunikations- und andere Dienste, einschließlich elektronischer Dienste und Notdienste.
(2) Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen, (...) b) um sicherzustellen, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste, die der Öffentlichkeit offen stehen oder für sie bereitgestellt werden, anbieten, alle Aspekte der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen; (...)."

Schließlich und endlich wird in Artikel 21 der UN-Behindertenkonvention die Bedeutung des Zugangs zu Informationen im Zusammenhang mit dem Recht auf Meinungsfreiheit deutlich. Artikel 21 trägt die Überschrift: "Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen". In Artikel 21 heißt es:

"Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Gedankengut sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben, gleichberechtigt mit anderen und durch alle von ihnen gewählten Formen der Kommunikation im Sinne des Artikels 2 ausüben können, unter anderem indem sie

  1. Menschen mit Behinderungen für die Allgemeinheit bestimmte Informationen rechtzeitig und ohne zusätzliche Kosten in zugänglichen Formaten und Technologien, die für unterschiedliche Arten der Behinderung geeignet sind, zur Verfügung stellen;
  2. im Umgang mit Behörden die Verwendung von Gebärdensprachen, Brailleschrift, ergänzenden und alternativen Kommunikationsformen und allen sonstigen selbst gewählten zugänglichen Mitteln, Formen und Formaten der Kommunikation durch Menschen mit Behinderungen akzeptieren und erleichtern;
  3. private Rechtsträger, die, einschließlich durch das Internet, Dienste für die Allgemeinheit anbieten, dringend dazu auffordern, Informationen und Dienstleistungen in Formaten zur Verfügung zu stellen, die für Menschen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar sind;
  4. die Massenmedien, einschließlich der Anbieter von Informationen über das Internet, dazu auffordern, ihre Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu gestalten;
  5. die Verwendung von Gebärdensprachen anerkennen und fördern."

Nach Artikel 30 Abs. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention anerkennen die Vertragsstaaten "das Recht von Menschen mit Behinderungen, gleichberechtigt mit anderen am kulturellen Leben teilzunehmen, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen

  1. Zugang zu kulturellem Material in zugänglichen Formaten haben;
  2. Zugang zu Fernsehprogrammen, Filmen, Theatervorstellungen und anderen kulturellen Aktivitäten in zugänglichen Formaten haben; (...)"

Die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergebenden Verpflichtungen müssen bei der Weiterentwicklung und Erhaltung der in den folgenden Punkten behandelten Leistungen berücksichtigt werden.

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6.1 Rundfunk- und Fernsehgebühr

Die Rundfunk- und Fernsehgebührenbefreiung ist im Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) geregelt. Dieser soll mit Wirkung ab 2013 völlig neu gestaltet werden.

Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag ist ein Staatsvertrag aller deutschen Bundesländer. Er ist die Rechtsgrundlage für die zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von allen Rundfunkteilnehmern erhobenen Rundfunkgebühren.

Derzeit (Oktober 2010) gilt noch folgendes:

Die Verpflichtung zur Entrichtung einer Rundfunk- und Fernsehgebühr ist geknüpft an das Bereithalten entsprechender Empfangsgeräte im Sinn von § 1 Abs. 1 RGebStV. Wer ein Rundfunk- oder Fernsehgerät zum Empfang bereithält, ist nach § 3 RGebStV zur Anmeldung verpflichtet.

Die Rundfunk- und Fernsehgebühr wird in unterschiedlicher Höhe erhoben. Sie besteht aus der Grundgebühr und der Fernsehgebühr (§ 2 Abs. 1 RGebStV). Jeder Rundfunkteilnehmer hat, soweit er nicht nach den §§ 5 oder 6 des RGebStV befreit ist, gemäß § 2 Abs. 2 RGebStV für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten. Für Privathaushalte gilt jedoch nach § 5 Abs. 1 RGebStV eine Befreiung für so genannte Zweitgeräte. Diese Befreiung gilt für alle weiteren Geräte desselben Typs, die vom Rundfunkteilnehmer, seinem Ehegatten oder Lebenspartner zum Empfang bereitgehalten werden. Diese Zweitgeräte müssen auch nicht angezeigt werden. Die Befreiung für Zweitgeräte erstreckt sich auch auf Autoradios in privat genutzten Kraftfahrzeugen und auf mobile Empfangsgeräte. Für Personen, die mit einem Rundfunkteilnehmer zusammen wohnen und nicht mit ihm verheiratet sind oder in einer Lebenspartnerschaft leben (also z.B. bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Kindern im Haushalt ihrer Eltern oder Wohngemeinschaften), gilt die Zweitgerätebefreiung für von diesen betriebenen Empfangsgeräten nur dann, wenn diese Personen nicht über ein eigenes, den einfachen Sozialhilferegelsatz übersteigendes Einkommen verfügen. Beispielsweise müssen im Haushalt mitlebende Kinder, deren eigenes monatliches Einkommen über dem einfachen Sozialhilferegelsatz liegt, die in ihren eigenen Zimmern stehenden Empfangsgeräte unabhängig vom elterlichen Haushalt anmelden und dafür Gebühren bezahlen; liegt das eigene Einkommen darunter, gibt es weder eine Gebühren- noch eine Anzeigepflicht.

Auf Antrag müssen die in § 6 Abs. 1 des RGebStV genannten natürlichen Personen und deren Ehegatten oder Lebenspartner von den Gebühren befreit werden.

Dass sich die Rundfunkgebührenbefreiung auf die Haushaltsgemeinschaft bezieht, ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 2 RGebStV. Dieser lautet:

"Innerhalb der Hausgemeinschaft wird Gebührenbefreiung gewährt, wenn

  1. der Haushaltsvorstand selbst zu dem (...) befreiungsberechtigten Personenkreis gehört,
  2. der Ehegatte zu dem (...) Personenkreis gehört,
  3. ein anderer Haushaltsangehöriger, der zu dem (...) Personenkreis gehört, nachweist, dass er selbst das Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält."

Eine Rundfunkgebührenbefreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV wird für bestimmte sozial schwache und behinderte Personengruppen gewährt.

In § 6 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 werden sozial schwache Empfänger bestimmter Sozialleistungen aufgeführt, z.B.: Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem dritten Kapitel des SGB XII, Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem vierten Kapitel des SGB XII, Empfänger von Sozialgeld oder Arbeitslosengeld II nach dem SGB II, nicht bei den Eltern wohnende Empfänger von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, Empfänger von Berufsausbildungsbeihilfe nach den §§ 99, 100 Nr. 5 SGB III, Empfänger von Ausbildungsgeld nach dem SGB III.

Die Rundfunkgebührenbefreiung aus Gründen der Behinderung besteht für 3 Personengruppen:

  1. nach 6 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe a) des RGebStV blinde und nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem GdB ab 60 = Visus 0,16) allein wegen der Sehbehinderung,
  2. nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 Buchstabe b) hörbehinderte Menschen, die gehörlos sind oder mit denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist und
  3. nach § 6 Abs. 1 Nr. 8 behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können (z.B. wegen Herzleistungsschwäche oder wegen der Gefahr der Ansteckung oder Belästigung anderer).

Kinder, die im Haushalt ihrer Eltern leben und bei denen die Voraussetzungen für eine Rundfunkgebührenbefreiung gegeben sind, können diese für von ihnen bereitgehaltene Geräte nur in Anspruch nehmen, wenn sie völlig selbständig über die Geräte verfügen und die Geräte nicht auch von den übrigen Haushaltsmitgliedern benutzt werden. Die Eltern müssen in diesem Fall für die von ihnen betriebenen Geräte Gebühren entrichten.

Zum Nachweis der Berechtigung muss nach § 6 Abs. 2 des RGebStV der Behindertenausweis (Merkzeichen "RF") oder der Bescheid des Versorgungsamtes im Original oder als (behördlich) beglaubigte Kopie vorgelegt werden. Akzeptiert werden Beglaubigungen, die von Versorgungsämtern, Stadt- und Gemeindeverwaltungen oder von Pfarrämtern vorgenommen werden. Nicht akzeptiert werden Beglaubigungen durch Rechtsanwälte, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer und durch Vereine. Eine Ausnahme gilt für Blindenvereine. Die GEZ hält zwar gemäß ihrem Schreiben an den DBSV vom 14.6.2005 an ihren strengen Regelungen über die Echtheit bzw. die amtliche Beglaubigung der zur Begründung des Antrags auf Befreiung von der Rundfunkgebühr eingereichten Unterlagen grundsätzlich fest. Sie ist aber bereit, "zunächst bis auf Widerruf" von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen und Bestätigungsvermerke der "örtlichen Gliederungen" des DBSV als ausreichend anzuerkennen. Die GEZ behält sich allerdings vor, in Einzelfällen, wenn es Zweifel gibt, die amtliche Beglaubigung zu verlangen.

Die Gebührenbefreiung wird gem. § 6 Abs. 6 RGebStV für die Dauer der Gültigkeit des Behindertenausweises, längstens jedoch für 3 Jahre gewährt. Da die Gebührenbefreiung nur für Geräte gilt, die bei der GEZ angemeldet sind, sind die Gebühren nachzuzahlen, wenn die Anmeldung versäumt worden ist; das heißt: Es gibt keine rückwirkende Gebührenbefreiung, auch wenn man für die betreffende Zeit das Merkzeichen RF nachweisen kann. Rechtzeitig vor Fristablauf muss ein neuer Antrag auf Gebührenbefreiung gestellt werden.

Bei einem Kabelanschluss gibt es für die darauf entfallenden Gebühren keine Ermäßigung oder Befreiung.

Nach § 5 Abs. 7 und 8 RGebStV besteht der Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebühr auch für bestimmte Einrichtungen. Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht wird auf Antrag danach auch für Krankenhäuser, Kureinrichtungen, Einrichtungen für behinderte Menschen, Werkstätten für Behinderte, Einrichtungen der Jugend-, Suchtkranken- und Altenhilfe, Obdachloseneinrichtungen u.a. gewährt, wenn der Rechtsträger, der Betrieb oder die Einrichtung gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken im Sinne der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung dient bzw. diese Einrichtungen gemäß § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes von der Gewerbesteuer befreit sind. Diese Voraussetzungen treffen für die Blindenselbsthilfeorganisationen und deren Einrichtungen zu.

Für die künftige Gestaltung der Rundfunkgebühr liegen derzeit nur Eckpunkte vor, auf welche sich die Ministerpräsidenten der Länder am 10. Juni 2010 geeinigt haben.

Die Eckpunkte sind im Internet mit Google unter dem Stichwort "Rundfunkfinanzierungsmodell" zu finden.

Bei den Eckpunkten ging es neben anderen Fragen auch um das Thema, ob bzw. in welcher Höhe es künftig eine Rundfunkgebührenbefreiung für behinderte Menschen ohne finanzielle Bedürftigkeit geben wird.

Hintergrund dieser schwierigen Diskussion war das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2000 (Az.: B 9 SB II 2/00 R, NJW 2001, S. 1966). In diesem Urteil wird die Ansicht vertreten, dass ein durch Gebührenbefreiung ausgleichbarer Mehraufwand behinderter Rundfunk- und Fernsehteilnehmer nicht entstehe, da die deutsche Bevölkerung unabhängig von Behinderungen nahezu vollständig Rundfunk hört und fernsehe. Die einkommensunabhängige Gebührenbefreiung für behinderte Menschen sei ein Verstoß gegen den gebührenrechtlichen Grundsatz der verhältnismäßigen Gleichbehandlung.

Das neue Gebührenmodell soll ab 2013 eingeführt werden.

Es soll in Zukunft keine Rundfunkgebühr mehr auf Geräte, sondern einen Rundfunkbeitrag pro Haushalt in einer Wohnung und pro Betriebsstätte geben.

Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände sind auch in den Eckpunkten vorgesehen. Dazu heißt es in den Eckpunkten:

"Die einkommensabhängigen Befreiungstatbestände im privaten Bereich bleiben unverändert; für bestimmte "Härtefälle" (Grenzfälle) werden zusätzliche Befreiungsmöglichkeiten vorgesehen. Eine rückwirkende Befreiung ist bei entsprechendem Sozialbescheid möglich (Antragstellung innerhalb von zwei Monaten ab Ausstellungsdatum)".

Für behinderte Menschen wird eine ermäßigte Gebühr eingeführt:

"Finanziell leistungsfähige Menschen mit Behinderungen haben einen ermäßigten Beitrag in Höhe von einem Drittel des Rundfunkbeitrages zu entrichten, sofern sie nicht einen Befreiungsgrund aus finanziellen Gründen geltend machen können. Damit kann die Finanzierung barrierefreier Angebote erleichtert werden."

Zu bedenken ist, dass das Fernsehen von blinden Menschen nur sehr eingeschränkt genutzt werden kann. Deshalb ist jedenfalls eine volle Gebühr nicht gerechtfertigt und eine Drittelgebühr auch nur dann, wenn der Zugang z.B. durch Bildbeschreibung (Audiodeskription) wesentlich gesteigert wird. Aber auch dann kann das Fernsehen nur eingeschränkt genutzt werden, weil der optische Eindruck nie vollständig ausgeglichen werden kann. Bei Blindheit und wesentlicher Sehbehinderung ist die Nutzung des Fernsehens deutlich eingeschränkt, weil die Aufnahme visueller oder visuell gestützter Informationen und die Möglichkeit des Sehgenusses (Ästhetik, Wiedersehen, Komik) entfallen.

Die Frage ist auch, wie Haushalte behandelt werden, wenn ihnen nichtbehinderte und behinderte Menschen angehören.

Zur Gebührenregelung für Einrichtungen wird in den Eckpunkten festgestellt:

"Die Befreiungstatbestände im nichtprivaten Bereich für die bisher begünstigten Einrichtungen können entfallen, da die Beitragslast durch die Staffelregelung bereits vermindert ist. Für bestimmte nicht private Einrichtungen (gemeinnützige Einrichtungen der Jugend- und Altenhilfe, für Behinderte, Suchtkranke und Nichtsesshafte, eingetragene gemeinnützige Vereine und Stiftungen, Schulen und Universitäten, Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr und Katastrophenschutz) ist der Rundfunkbeitrag auf höchstens einen Beitrag pro Betriebsstätte begrenzt."

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6.2 Telefon-Sozialtarif

Die Telekom räumt einen Sozialtarif für Menschen mit geringem Einkommen und schwerbehinderte Menschen ein.

Der Sozialtarif bedeutet eine Vergünstigung auf die Verbindungskosten in Höhe von 6,94 Euro für bestimmte Gruppen mit geringem Einkommen und schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen "RF" im Schwerbehindertenausweis (Sozialtarif 1) bzw. 8,72 Euro für blinde, gehörlose und sprachbehinderte Menschen ab einem Grad der Behinderung von 90 (Sozialtarif 2) innerhalb eines Abrechnungszeitraums. Dieser Betrag wird mit allen Gebühren für Festnetz- und Auslandsverbindungen, die über die Deutsche Telekom hergestellt werden, verrechnet. Ausgenommen sind Verbindungen zu Mobilfunknummern, zu Sonderrufnummern und Verbindungen, die über andere Anbieter hergestellt werden. Der Sozialtarif gilt nur für Anschlüsse, bei denen die T-Com als Verbindungsnetzbetreiber dauerhaft voreingestellt ist.

In Verbindung mit einer Sprachflatrate oder einem DSL-Komplettpaket wird der Sozialtarif nicht gewährt.

Diese Regelungen gelten auch, wenn ein im Haushalt lebender Angehöriger die oben genannten Voraussetzungen erfüllt.

Der Antrag ist bei allen T-Punkt-Läden erhältlich. Er kann auch telefonisch unter der Nr. 088.330.1000 angefordert werden. Dem Antrag müssen die erforderlichen Nachweise, insbesondere die Bescheinigung der Gebühreneinzugsstelle (GEZ) über die Befreiung von der Rundfunkgebühr beigefügt werden.

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6.3 Blindensendungen

Blindensendungen sind im inländischen Postverkehr portofrei. Im Postverkehr mit dem Ausland gibt es von der Gebührenfreiheit Ausnahmen. Grundlage für den internationalen Postverkehr ist der Weltpostvertrag - veröffentlicht in BGBl III Nr. 53/2008. Die Portofreiheit der Blindensendungen ist dort in Art 7 Nr. 3 geregelt. Im Schlußprotokoll zum Weltpostvertrag ist in Art III Nr. 1 geregelt, dass Indonesien, St. Vincent und Grenadinen, und die Türkei, die im Inland keine Portofreiheit für Blindensendungen kennen, auch im internationalen Postverkehr nicht an die Regelung gebunden sind.

Bei der Gebührenfreiheit für Blindensendungen handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Deutschen Post AG. Der Weltpostvertrag verpflichtet die in der Weltpostunion organisierten Unternehmen lediglich dazu, die als Blindensendung im Ausland ordnungsgemäß abgeschickten Sendungen an den Empfänger im Inland weiter zu befördern, ohne dafür ein Entgelt zu nehmen.

Grundlage für Blindensendungen sind die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG für den Briefdienst", (AGB Brief) unter 2.5 Brief national (AGB Brief national) und die "Versandbedingungen Paket".

Blindensendungen sind:

  • Schriftstücke in Blindenschrift (Braille-Schrift),
  • für Blinde bestimmte Tonaufzeichnungen oder sonstige Magnetträger, deren Absender oder Empfänger eine amtlich anerkannte Blindenanstalt ist oder in deren Auftrag der Versand erfolgt,
  • Papiere für die Aufnahme von Blindenschrift, wenn sie von einer anerkannten Blindenanstalt an Blinde versandt werden.

Solche Anstalten sind z.B. die Blindenbibliotheken (Blindenschrift- und Hörbüchereien). Der DBSV und seine Landes- und Ortsvereine werden von der Deutschen Post AG als einer solchen Anstalt gleichstehend angesehen (vgl. AGB BfD Nr. 2.5.).

Voraussetzung für die Gebührenfreiheit ist, dass der Inhalt leicht geprüft werden kann (offener Umschlag), dass die Sendung im Inland oberhalb der Anschrift die Aufschrift "Blindensendung", ins Ausland die Aufschrift "Cecogramme" trägt und dass das Höchstgewicht von 7 kg nicht überschritten wird (Blindensendungen über 1.000 g werden im Frachtdienst befördert).

Ferner sind Maximalmaße vorgegeben: Das versandte Paket darf nicht größer sein als 60 cm mal 30 cm mal 15 cm.

Die Portobefreiung umfasst nicht die üblichen und weiterhin zu zahlenden Aufschläge für Einschreiben, Expressbriefe usw. Die Blindensendung kann aber mit diesen Versandarten kombiniert werden. Die entsprechenden Zuschläge müssen bezahlt werden.

Die Portofreiheit für Blindensendungen ist vor allem für die Benützung der Bibliotheken für blinde Menschen von großer Bedeutung. Sowohl die Hörbüchereien als auch die Blindenschriftbüchereien bestehen nur an wenigen Orten. Sie sind deshalb Versandbibliotheken und keine Präsenzbibliotheken. Deshalb ist zu fordern, dass sie auch nach der Beseitigung des Postmonopols ab 2011 im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie 2008/6/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft nicht beseitigt wird. Die Richtlinie enthält bedauerlicherweise keine entsprechende Verpflichtung. Lediglich in den "recitals" wird unter Ziffer 37 empfohlen:

"In Anbetracht der Bedeutung der Postdienste für Blinde und Sehbehinderte als Kunden sollte bekräftigt werden, dass die Öffnung des Marktes die Fortführung bestimmter kostenloser Dienste, die in den Mitgliedsstaaten für Blinde und Sehbehinderte gemäß den internationalen Verpflichtungen eingeführt wurden, durch den (die) Universaldienstleister nicht einschränken sollte."

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7. Diskriminierungsverbot nach dem AGG

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beruht auf Europarecht. Durch den Amsterdam-Vertrag aus dem Jahre 1997 wurde ein neuer Artikel 13 in den EG-Vertrag aufgenommen. Er ermächtigt die Europäische Gemeinschaft, geeignete

Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14.08.2006 (BGBl I S. 1897) wurden vier europäische Antidiskriminierungsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt. Es handelt sich um:

  • Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. EG Nr. L 180 S. 22) - so genannte Antirassismus-Richtlinie -
  • Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) - so genannte Rahmenrichtlinie Beschäftigung
  • Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. EG Nr. L 269 S. 15) - so genannte Gender-Richtlinie -
  • Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (ABl. Nr. L 373 vom 21/12/2004 S. 37-43)

Die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, jegliche Diskriminierung auf Grund einer Behinderung zu vermeiden und dazu die erforderlichen gesetzlichen Maßnahmen zu ergreifen, ergibt sich auch aus der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese begründet zwar selbst keine individuell einklagbaren Rechte. Sie ist aber bei der Auslegung nationaler Rechtsnormen zu beachten. Was unter Diskriminierung zu verstehen ist, ist Art. 2 der Behindertenrechtskonvention zu entnehmen. Die Nichtdiskriminierung zählt nach Art. 3 Buchstabe a) zu den Grundsätzen der Behindertenrechtskonvention. Die Verpflichtung der Vertragsstaaten zum Erlass der erforderlichen Gesetze besteht nach Art. 4 Abs. 1 Buchstabe a) und b) der Behindertenrechtskonvention. Eingehend werden die Pflichten der Vertragsstaaten zur Gewährleistung der gleichberechtigten Teilhabe und zur Vermeidung jeglicher Diskriminierung auf Grund einer Behinderung in Art. 5 Behindertenrechtskonvention behandelt.

Die verfassungsrechtliche Grundlage im Grundgesetz ist Artikel 3 GG und dort insbesondere Abs. 3.

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7.1 Aufbau des AGG

Das AGG ist in sieben Abschnitte eingeteilt, nämlich:

  • Abschnitt 1 Allgemeiner Teil (§§ 1 bis 5),
  • Abschnitt 2 Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung mit vier Unterabschnitten (§§ 6 bis 18),
  • Abschnitt 3 Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr (§§ 19 bis 21),
  • Abschnitt 4 Rechtsschutz (§§ 22 bis 23),
  • Abschnitt 5 Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse (§ 24),
  • Abschnitt 6 Antidiskriminierungsstelle (§§ 26 bis 30) und
  • Abschnitt 7 Schlussvorschriften (§§ 31 bis 33).

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7.2 Allgemeines

Ziel des Gesetzes ist nach § 1 AGG, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Der Begriff "Behinderung" ist nach der Rechtsprechung des EuGH nicht rein medizinisch, sondern medizinisch/sozial auszulegen (EuGH NZA 06, 639). Erfasst werden Einschränkungen, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen sind und ein Hindernis für die Teilhabe am Berufsleben bilden oder, soweit es um die Anwendung im Zivilrecht geht, die Teilhabe am Zivilverkehr erschweren. Einschränkungen sind nur dann Behinderungen, wenn es sich um Abweichungen von den für das Lebensalter typischen Zustand handelt und es wahrscheinlich ist, dass sie von langer Dauer sind (EuGH aaO, Palandt RN 6 zu § 1 AGG). Nicht erforderlich ist ein bestimmter Grad der Behinderung. Für Schwerbehinderte im Sinn von § 2 Abs. 2 SGB IX besteht im Arbeitsleben zusätzlich zu den Regelungen im AGG der Schutz nach § 81 SGB IX (Palandt RZ. 7 zu § 1 AGG). In § 81 Abs. 2 SGB IX wird auf das AGG verwiesen. § 81 Abs. 4 SGB IX enthält für schwerbehinderte Arbeitnehmer zusätzlich zum Diskriminierungsverbot Ansprüche auf besondere Maßnahmen.

Der Anwendungsbereich des AGG ist § 2 zu entnehmen. Zu unterscheiden sind der arbeitsrechtliche Anwendungsbereich mit der Kernregelung in Abs. 1 Nr. 2 und den Regelungen in den Nrn. 1, 3 und 4 und der zivilrechtliche Bereich mit der Kernregelung in Abs. 1 Nr. 8 und den Regelungen in den Nummern 5 bis 7. Er bezieht sich somit vor allem auf Benachteiligungen im Berufsleben und im Zivilrechtsverkehr beim Zugang zu sowie bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen einschließlich Wohnraum, also auf Massengeschäfte. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt in seinem arbeitsrechtlichen Teil (§§ 6-18) für Arbeitnehmer und Auszubildende der Privatwirtschaft, und zwar auch für Stellenbewerber. Für Beamte, Richter und Beschäftigte des Bundes und der Länder findet es im Dienstrecht entsprechende Anwendung (§ 24 AGG). Im Zivilrecht gilt es für bestimmte Bereiche des privaten Vertragsrechts (§§ 19-21 AGG), nämlich Massengeschäfte und für das Versicherungsvertragsrecht.

Für behinderte Menschen erweitert sich damit der schon bislang im Arbeitsrecht (für schwerbehinderte Menschen) bestehende Diskriminierungsschutz (näher vgl. 7.3.1). Zusätzliche Bedeutung hat das AGG für behinderte Menschen im Bereich des Zivilrechts unter bestimmten Voraussetzungen für Geschäfte, die generell mit jedermann abgeschlossen werden, wie sie im Tourismus, im Gastgewerbe und im übrigen Dienstleistungsbereich vorkommen sowie für private Verträge einschließlich Versicherungs- und Mietverträgen (näher dazu unter 7.3.2).

Begriffsbestimmungen zu den Handlungen, die eine Diskriminierung darstellen, enthält § 3 AGG:

Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

Eine unmittelbare Benachteiligung kann z.B. in der Ablehnung eines Vertragsschlusses, im Abschluss nur zu ungünstigeren Vertragsbedingungen, in der Benachteiligung bei der Durchführung des Vertrages oder in der Kündigung bestehen, wenn der Grund eine Behinderung ist.

Eine mittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Absatz 2 AGG vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren angewandt werden, die neutral erscheinen, bei denen aber durch § 1 AGG geschützte Personen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt werden, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Eine mittelbare Benachteiligung ist z.B. gegeben, wenn in einer Stellenausschreibung ein Führerschein verlangt wird, obwohl er für diesen Arbeitsplatz überhaupt nicht gebraucht wird. Dadurch würden Blinde und Sehbehinderte ohne sachlichen Grund von vornherein ausgegrenzt.

Eine Belästigung ist nach § Abs. 3 AGG eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. Geringfügige oder einmalige Taktlosigkeiten fallen nicht unter diese Bestimmung, da dadurch noch kein "feindliches Umfeld" geschaffen wird (Palandt RZ. 5 zu § 3 AGG).

Eine sexuelle Belästigung ist, wie es in § 3 Abs. 4 AGG heißt: "eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird." Wegen der Verweisung auf § 2 Nrn. 1 bis 4 AGG wird nur der arbeitsrechtliche Bereich betroffen.

Nach § 3 Abs. 5 gilt als Benachteiligung auch die Anweisung einer anderen Person zur Benachteiligung einer unter den Schutz des AGG fallenden Person aus einem in § 1 genannten Grund. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, also im arbeitsrechtlichen Bereich, insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Denkbar ist, dass in einem konkreten Fall eine unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt. In diesem Fall kann diese unterschiedliche Behandlung gemäß § 4 AGG "nach den §§ 8 bis 10 und 20 nur gerechtfertigt werden, wenn sich die Rechtfertigung auf alle diese Gründe erstreckt, derentwegen die unterschiedliche Behandlung erfolgt." Liegt z.B. eine Benachteiligung wegen einer Behinderung und eine Benachteiligung auf Grund des Alters vor und ist z.B. die Benachteiligung wegen der Behinderung nach §§ 8 bis 10 oder 20 AGG gerechtfertigt, ist es möglich, dass für die Benachteiligung auf Grund des Alters keine Rechtfertigung gegeben ist. Dann liegt eine ungerechtfertigte Benachteiligung vor und die sich daraus ergebenden Ansprüche können geltend gemacht werden. Deshalb ist stets zu prüfen, ob z.B. neben der Benachteiligung wegen einer Behinderung auch eine Benachteiligung aus einem anderen der nach § 1 geschützten Merkmale gegeben ist.

Wenn eine Benachteiligung auf Grund von Merkmalen des § 1 AGG erfolgt, ist stets auch zu prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung auf Grund von geeigneten und angemessenen Maßnahmen, welche einen Ausgleich schaffen sollen, zulässig ist. Das ergibt sich aus § 5 AGG.

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7.3 Regelungen für einzelne Bereiche

Im Folgenden wird unter 7.3.1 auf den Schutz im arbeitsrechtlichen Bereich und unter 7.3.2 auf den Schutz im Zivilrechtsverkehr näher eingegangen.

7.3.1 Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung

Der Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung ist im zweiten Abschnitt mit den §§ 6 bis 18 AGG geregelt. Dazu vgl. näher auch Heft 05 der Schriftenreihe Kapitel 5.2.3 und 5.2.4.

Ziel des Abschnittes 2 des AGG ist eine "von Benachteiligung freie Beschäftigungswelt" (BT-Drs. 16/1780 S. 25). Der persönliche Anwendungsbereich ergibt sich aus § 6 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 AGG. Erfasst werden alle Beschäftigten einschließlich der Bewerber und der Ausgeschiedenen (§ 6 Abs. 1 AGG), und zwar in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Erfasst werden in entsprechender Anwendung auch öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse (§ 24 AGG). Eine entsprechende Anwendung findet auch auf die Mitgliedschaft bzw. Mitwirkung in Vereinigungen im Sinn von § 18 AGG statt. Das sind Tarifvertragsparteien und Vereinigungen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören oder die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehaben, wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht. Nach § 6 Abs. 3 AGG gelten die Vorschriften des 2. Abschnittes des AGG soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, auch für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

Wer verpflichtet ist, ergibt sich aus § 6 Abs. 2 AGG. Es sind Arbeitgeber und zwar natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach § 6 Abs. 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

Das Verbot, z.B. Arbeitnehmer wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen, gilt nicht nur für Arbeitgeber, sondern auch für Dritte, z.B. Arbeitskollegen des behinderten Menschen. Es handelt sich gemäß § 7 Abs. 3 AGG in diesen Fällen um eine Verletzung vertraglicher Pflichten des Arbeitgebers.

Vertragsbestimmungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind unwirksam (§ 134 BGB, § 7 Abs. 2 AGG). Die Nichtigkeit erfasst aber nicht den gesamten Vertrag, sondern nur die benachteiligende Vertragsbestimmung (§ 139 BGB).

Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers zur Vermeidung von Benachteiligungen ergeben sich aus § 12 AGG. Da das Benachteiligungsverbot auch Dritte umfasst, muss der Arbeitgeber Maßnahmen treffen, um seine Beschäftigten vor Benachteiligungen zu schützen. Bei Verstößen von Kollegen gegen das Benachteiligungsverbot hat er nach § 12 Abs. 3 AGG die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Benachteiligung zu unterbinden (z.B. durch Abmahnung, Umsetzung und ggf. sogar Kündigung). Aber auch vorbeugend muss der Arbeitgeber tätig werden, indem er beispielsweise dieses Gesetz sowie Informationen über die Behandlung von Beschwerden nach dem AGG im Betrieb bekannt macht (§ 12 Abs. 5 AGG). Auch Schulungen können in Betracht kommen, um Diskriminierungen bereits im Vorfeld vorzubeugen.

Kommt es dennoch zu einer Benachteiligung im Sinne des AGG, hat der Betroffene zunächst das Recht, sich beim Arbeitgeber bzw. den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle zu beschweren (§ 13 Abs. 1 AGG). Wenn der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz ergreift, sind die betroffenen Beschäftigten nach § 14 AGG berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist.

Schließlich kann der Arbeitgeber bei einem schuldhaften Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet sein, den dem Betroffenen dadurch entstandenen konkreten Vermögensschaden nach § 15 Abs. 1 AGG zu ersetzen (z.B. Ersatz der Bewerbungskosten). Zusätzlich kann die benachteiligte Person nach § 15 Abs. 2 AGG auch eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (als Ersatz des immateriellen Schadens, der durch die Benachteiligung und damit durch die Verletzung des Persönlichkeitsrechts entstanden ist); bei diesem Entschädigungsanspruch kommt es auf ein Verschulden des Arbeitgebers nicht an. Was eine "angemessene" Entschädigung ist, sagt das Gesetz nicht; dies hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Diese Regelung gilt auch für Bewerbungen um einen beruflichen Aufstieg.

Ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG muss gemäß § 15 Abs. 4 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Es handelt sich um eine materielle Ausschlussfrist, die in einem Rechtsstreit von Amts wegen zu beachten ist. Die Höhe des verlangten Schadensersatzes muss in dem Schreiben, mit welchem der Anspruch geltend gemacht wird, nicht benannt werden. Die Frist kann auch durch unmittelbare Erhebung der Klage oder einen Mahnbescheid gewahrt werden (Palandt, RN 8 zu § 15 AGG).

Ansprüche auf Schadensersatz können sich gemäß § 32 AGG auch aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, z.B. im Falle einer "unerlaubten Handlung" im Sinne des § 823 BGB aus eben dieser Vorschrift.

Allerdings ist zu beachten, dass das Benachteiligungsverbot nicht grenzenlos besteht. Nach § 8 (zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen), § 9 (zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung) und § 10 (zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters) kann ausnahmsweise eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein. So ist es nach § 8 AGG zulässig, einen sehbehinderten Menschen von einer Tätigkeit auszuschließen, wenn dieser die beruflichen Anforderungen an das Sehvermögen nicht erfüllt, oder einen blinden Menschen, wenn sich auf die Tätigkeit auswirkende Defizite durch den Einsatz von Hilfsmitteln nicht ausgeglichen werden können.

Positive Maßnahmen, die eine verbotene Benachteiligung ausgleichen, machen eine an sich verbotene Ungleichbehandlung zulässig (§ 5 AGG).

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7.3.2 Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr

Der Schutz vor Benachteiligungen im Zivilrechtsverkehr ist im dritten Abschnitt des AGG mit den §§ 19 bis 21 geregelt.

Der Anwendungsbereich ergibt sich aus § 19 Abs. 1 und 2 AGG.

Abs. 1 lautet:

"Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die

  1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (den Massengeschäften gleichgestellte Geschäfte) oder
  2. eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben,

ist unzulässig."

Abs. 2 lautet:

"Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei der Begründung, Durchführung und Beendigung onstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 unzulässig."

Der Anwendungsbereich umfasst zunächst also Massengeschäfte (Nr. 1 erste Alternative) und den Massengeschäften gleichgestellte Geschäfte (zweite Alternative) und Versicherungsgeschäfte (Nr. 2).

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7.3.2.1 Massengeschäfte und diesen ähnliche Geschäfte

Massengeschäfte sind vor allem Geschäfte im Konsumgüterbereich und standardisierte Dienstleistungen, z.B. Einkäufe in Warenhäusern oder im Einzelhandel, Dienstleistungen in der Gastronomie, Hotelübernachtungen, Besuch kultureller Veranstaltungen, die Buchung von Ferienreisen, Handwerkerleistungen, Dienstleistungen im Transportgewerbe oder in Freizeiteinrichtungen. Behinderten darf der Zugang zu Restaurants, Hotels, Bars, Diskotheken, Schwimmbädern und Saunen grundsätzlich nicht mehr versagt werden. Ein Beispiel für ein den Massengeschäften gleichgestelltes Geschäft ist z.B. die Vermietung einer Garage durch eine Privatperson.

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7.3.2.2 Sonstige zivilrechtliche Schuldverhältnisse

Der Anwendungsbereich umfasst gemäß dem oben zitierten § 19 Abs. 2 AGG darüber hinaus ein Verbot von Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft bei der Begründung, Durchführung und Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 AGG. Es handelt sich dabei um (in welcher Häufigkeit auch immer auftretende) Rechtsgeschäfte, welche keine Massengeschäfte oder Versicherungsverträge im Sinn von § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG sein müssen. Rechtsgeschäfte im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 AGG sind Rechtsgeschäfte, die sich beziehen auf den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AGG), die sozialen Vergünstigungen (§ 2 Ab. 1 Nr. 6 AGG), die Bildung (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 AGG) und den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG). Die unter § 2 Abs. 1 Nrn. 5 bis 7 fallenden Leistungen in den Bereichen Sozialschutz, soziale Vergünstigungen, Bildung fallen allerdings nur insoweit unter diese Regelung, als sie auf zivilrechtlicher Grundlage und nicht wie häufig durch öffentlich-rechtliche Körperschaften auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbracht werden. In diesen Fällen besteht das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG und den Behindertengleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder oder in anderen Gesetzen. Für Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern gilt gemäß § 2 Abs. 2 AGG das Diskriminierungsverbot nach § 33c SGB I und § 19a SGB IV. Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, bleiben neben den Bestimmungen nach dem AGG bestehen (§ 2 Abs. 3 AGG).

Der Geltungsbereich, wie er in § 19 Abs. 1 und 2 festgelegt ist, gilt aber nicht ohne Einschränkungen. Diese ergeben sich aus § 19 Abs. 3 bis 5 und § 20 AGG.

Nach § 19 Abs. 4 AGG finden diese Vorschriften keine Anwendung auf familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse.

Bei Schuldverhältnissen, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird (z.B. Kreditgeschäfte, Vertrag als Pflegekraft oder Haushaltshilfe), findet das Benachteiligungsverbot gem. § 19 Abs. 5 Satz 1 AGG keine Anwendung. Bei Mietverhältnissen kann ein solches Nähe- oder Vertrauensverhältnis insbesondere gegeben sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen (§ 19 Abs. 5 Satz 2 AGG).

Für die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch enthält § 19 AGG überhaupt erhebliche Sonderregelungen. Die Vermietung ist in der Regel kein Massengeschäft im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet (§ 19 Abs. 5 S. 3 AGG). Ferner ist bei der Vermietung von Wohnraum eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig (§ 19 Abs. 3 AGG). Dadurch soll eine Ghettobildung vermieden werden. Diese Sonderregelungen haben zur Folge, dass die Vermietung von Wohnraum nur noch theoretisch unter den Schutz des AGG fällt.

Unter welchen Voraussetzungen eine unterschiedliche Behandlung zulässig ist, regelt § 20 AGG. Eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist nach § 20 Abs. 1 AGG nicht gegeben, wenn für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung

  1. der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient,
  2. dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt,
  3. besondere Vorteile gewährt und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt,
  4. an die Religion eines Menschen anknüpft und im Hinblick auf die Ausübung der Religionsfreiheit oder auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform sowie der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion zur Aufgabe machen, unter Beachtung des jeweiligen Selbstverständnisses gerechtfertigt ist.

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung zur Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art. Die Maßnahmen müssen geeignet und erforderlich sein. Dem Leistungsanbieter steht ein gewisser Spielraum zu, weil die vorbeugende Gefahrvermeidung auf einer Prognose beruht, die mit Unsicherheiten behaftet ist. Für die Abwicklung von Massengeschäften kann zudem wegen der bestehenden Verkehrssicherungspflicht eine bestimmte Standardisierung erforderlich sein. Auf diese Argumente stützen sich z.B. Freizeitparks, wenn sie den Zutritt zu bestimmten Fahrgeschäften für Personen mit einer körperlichen Behinderung oder bis zu einem bestimmten Alter nur mit einer Begleitperson gestatten oder ganz ausschließen (vgl. dazu Palandt RN 3 zu § 20 AGG). Auch blinden Besuchern eines Freizeitparks wurde wiederholt der Zutritt zu Fahrgeschäften oder der Zugang zu Fitness-Studios versagt und der Eintritt in Schwimmbädern ohne Begleitperson verwehrt. Solche Einschränkungen sollten zumindest mit sachverständigen Vertretern von Behindertenorganisationen - bei blinden oder sehbehinderten Personen mit Vertretern des DBSV oder des DVBS - abgestimmt werden. Die Versagung des Eintritts in ein Schwimmbad kann nicht damit begründet werden, dass im Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "B" eingetragen sei. Nach § 3 Abs. 2 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) ist der Eintrag des Merkzeichens B mit dem erläuternden Satz versehen: "Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen." In § 146 Abs. 2 SGB IX heißt es dazu: "(2) Zur Mitnahme einer Begleitperson sind schwerbehinderte Menschen berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Die Feststellung bedeutet nicht, dass die schwerbehinderte Person, wenn sie nicht in Begleitung ist, eine Gefahr für sich oder für andere darstellt." Vgl. dazu auch Nr. 3.3.1 in Heft 2 dieser Schriftenreihe.

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7.3.2.3 Versicherungsverträge und zulässige Differenzierungen

Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse ist nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 AGG auch bei Versicherungsverträgen unzulässig. Versicherungsverträge im Sinn von § 19 Abs. 1 Nr. 2 sind alle Arten von privatrechtlichen Versicherungsverträgen, z.B. Schadens-, Lebens-, Kranken- und Unfallversicherungen.

Versicherungen spielen bei der Daseinsvorsorge eine große Rolle. Nicht selten wurde blinden und sehbehinderten Antragstellern der Abschluss eines Versicherungsvertrages ohne Begründung oder lediglich unter Hinweis auf "versicherungsmedizinische Erfahrungen" verweigert. Oder es wurden Risikozuschläge zwischen 10 und 100 Prozent verlangt. Weit verbreitet war und ist auch die Praxis, die Blindheit bzw. Sehbehinderung "und ihre Folgen" vom Versicherungsschutz auszuschließen (Hauck in Horus 1/2008). Es ist wegen der Bedeutung privatrechtlicher Versicherungen zur Absicherung gegen Lebensrisiken unabdingbar, dass auch den behinderten Menschen nicht bloß in Einzelfällen sondern generell die Möglichkeit eröffnet wird, sich zu verlässlichen, diskriminierungsfreien Konditionen privat zu versichern.

Eine eng begrenzte Zulässigkeit unterschiedlicher Behandlung bei Versicherungsverträgen regelt § 20 Abs. 2 Satz 3 AGG. Soweit danach eine unterschiedliche Behandlung zulässig ist, kann sich diese auf das Ob eines Vertragsabschlusses und auf die Vertragsgestaltung, insbesondere die Prämiengestaltung oder die Versicherungsleistungen beziehen (Palandt RN 8 zu § 20 AGG). Für die Merkmale Religion, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität lässt § 20 Abs. 2 Satz 3 eine unterschiedliche Behandlung nur zu, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen. Hierunter sind die Grundsätze zu verstehen, die von Versicherungsmathematikern bei der Berechnung von Prämien und Deckungsrückstellungen anzuwenden sind. Das ist vor allem für private Krankenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen, Unfallversicherungen, Risikolebensversicherungen oder Haftpflichtversicherungen, aber auch andere Versicherungen von Bedeutung. Die Risikomerkmale müssen statistisch erfassbar sein und einen deutlichen Zusammenhang mit der Schadenserwartung haben (Palandt RN 9 zu § 20 AGG; BT-Drs. 16/1780 S 45). Da es sich in § 20 Abs. 2 AGG um Rechtfertigungsgründe handelt, muss der Leistungsanbieter, also die Versicherung, die Voraussetzungen darlegen und beweisen. Hinsichtlich der versicherungsmathematischen und statistischen Daten trifft den Versicherer eine erhöhte Darlegungs- und Beweislast (Palandt RN 10 zu § 20 AGG; Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts Saarbrücken 5. Zivilsenat vom 9. September 2009, Az.: 5 U 26/09 Randnummer 69 und 70).

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7.3.2.4 Folgen bei Verstößen

Die Ansprüche, welche sich aus der Verletzung des Benachteiligungsverbots im Zivilrechtsverkehr ergeben, regelt § 21 AGG.

Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteiligungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende gemäß § 21 Abs. 4 nicht berufen. Soweit nur einzelne Vertragsbestimmungen diskriminierend sind, bleibt das Rechtsverhältnis im Übrigen bestehen. § 21 Abs. 4 AGG verdrängt § 139 BGB (Palandt RN 2 zu § 21 AGG).

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Zivilrecht kann die Beseitigung bzw. Unterlassung der Beeinträchtigung verlangt werden (§ 21 Abs. 1 Satz 1 AGG). Es genügt eine objektive Verletzung des Benachteiligungsverbotes. Ein Verschulden ist nicht notwendig. Wenn nur einzelne Bestimmungen des Versicherungsvertrages unwirksam sind, werden sie durch die Bestimmungen ersetzt, zu denen der Anbieter mit anderen Kunden abschließt Der Verletzer ist verpflichtet, an einer entsprechenden Vertragsänderung mitzuwirken (Palandt RN 3 zu § 21 AGG). Wenn weitere Beeinträchtigungen zu befürchten sind, kann der Benachteiligte auf Unterlassung klagen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 AGG). Die Wiederholungsgefahr kann sich auf tatsächliches Handeln beziehen, z.B. Verweigerung des Zutritts zu einer Gaststätte, einer Diskothek oder ein Schwimmbad. Wenn bereits eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes stattgefunden hat, ist das ein widerlegliches Indiz für eine Wiederholungsgefahr (Palandt RN 4 zu § 21 AGG).

Darüber hinaus kann der Benachteiligte bei Verschulden des Benachteiligenden den Ersatz seines konkreten Vermögensschadens verlangen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 AGG). Voraussetzung ist ein Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot nach § 19 AGG. Der Anspruch umfasst z.B. die Kosten für ein Taxi, wenn die Beförderung durch ein öffentliches Verkehrsmittel abgelehnt worden ist oder den Vermögensschaden für ein entgangenes Geschäft. Zusätzlich kann der Benachteiligte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (§ 21 Abs. 2 Satz 3 AGG). Dadurch soll eine Genugtuung für die erlittene Beeinträchtigung als immateriellen Schaden geleistet werden. Voraussetzung ist, dass die durch die Diskriminierung zugefügte Herabsetzung oder Zurücksetzung eine gewisse Intensität erreicht haben muss. Ein immaterieller Schaden könnte z.B. geltend gemacht werden, wenn in einer Gaststätte die Bedienung eines behinderten Menschen abgelehnt wird. Zur Höhe der Entschädigung reicht ein bloß symbolischer Geldbetrag als Genugtuung nicht aus. So hat das AG Oldenburg mit Urteil vom 23.07.2008 - 2 C 2126/07 - eine Entschädigung von 500,00 Euro für ein Ausländerverbot in einer Diskothek zuerkannt (Palandt RN 6 zu § 21 AGG).

Neben den Ansprüchen aus § 21 AGG können Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) oder auch aus Vertragsverletzungen bestehen. Das ergibt sich aus § 21 Abs. 3 AGG.

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7.4 Rechtsschutz nach dem AGG

Spezielle Regelungen für den Rechtsschutz sind im vierten Abschnitt des AGG mit den §§ 22 und 23 geregelt.

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7.4.1 Fristen

Zu beachten sind die kurzen Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadensersatz oder Entschädigung nach § 15 AGG im Bereich der Beschäftigung (dazu vgl. 7.3.1) und nach § 21 im übrigen Zivilrechtsbereich (dazu vgl. 7.3.2). Nach Ablauf dieser Fristen erlöschen die Ansprüche allein wegen des Zeitablaufs.

Für das Arbeitsrecht gilt eine zweistufige Ausschlussfrist:

Für die Geltendmachung gegenüber dem Anspruchsgegner beträgt sie 2 Monate ab Kenntnis der Benachteiligung (§ 15 Abs. 4 AGG) und für die gerichtliche Geltendmachung vor dem Arbeitsgericht 3 Monate, gerechnet ab der schriftlichen Geltendmachung (§ 61b ArbGG).

Für das Zivilrecht beträgt die Ausschlussfrist, in welcher die Ansprüche aus § 21 Abs. 1 und Abs. 2 AGG gegenüber dem Verletzer geltend bemacht werden müssen, 2 Monate (§ 21 Abs. 5 AGG). Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn der Benachteiligte ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war (§ 21 Abs. 5 AGG). Eine Klagefrist besteht dagegen nicht. Die Geltendmachung kann durch formlose Erklärung erfolgen. Zweckmäßig ist aber Schriftform. Die Erklärung muss die tatsächlichen Umstände des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot benennen und ausdrücken, dass ihretwegen Ansprüche geltend gemacht werden. Dies muss so konkret erfolgen, dass der Verletzer die Vorwürfe überprüfen kann. Die genaue Bezeichnung der Ansprüche und ihre Bezifferung ist dagegen nicht erforderlich (Palandt RN 8 zu § 21 AGG).

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7.4.2. Beweislastregelung

Für Rechtsstreitigkeiten enthält § 22 AGG eine besondere Beweislastregel. Normalerweise gilt, dass in einem Rechtsstreit die klagende Partei die für sie günstigen, anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen muss. Hier bringt § 22 AGG eine Beweislasterleichterung: Wenn im Streitfall die von einer Benachteiligung betroffene Partei Indizien (Hilfstatsachen) beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals, also z.B. wegen einer Behinderung vermuten lassen, wozu überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt, trägt der Anspruchsgegner die Beweislast dafür, dass keine unzulässige Benachteiligung vorliegt.

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7.4.3. Unterstützung durch Antidiskriminierungsverbände und die Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Unterstützung können nach § 23 AGG in Rechtsstreitigkeiten Antidiskriminierungsverbände leisten. Antidiskriminierungsverbände sind Personenzusammenschlüsse, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend entsprechend ihrer Satzung die besonderen Interessen von benachteiligten Personen oder Personengruppen, welche in § 1 AGG genannt sind, wahrnehmen. Weitere Voraussetzung ist, dass sie mindestens 75 Mitglieder haben oder einen Zusammenschluss aus mindestens sieben Verbänden bilden. Die Selbsthilfeorganisationen der blinden und sehbehinderten Menschen erfüllen diese Voraussetzungen.

Antidiskriminierungsverbände sind befugt, im Rahmen ihres Satzungszwecks in gerichtlichen Verfahren als Beistände Benachteiligter in der Verhandlung aufzutreten (§ 90 ZPO), nicht dagegen als Bevollmächtigte (§ 79 ZPO). Den Antidiskriminierungsverbänden ist im Rahmen ihres Satzungszwecks die Besorgung von Rechtsangelegenheiten Benachteiligter gestattet (§ 23 Abs. 3 AGG). Für die außergerichtliche und gerichtliche Rechtsberatung bestehen deshalb die Beschränkungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes nicht. Daneben bestehen die besonderen Klagerechte und Vertretungsbefugnisse von Verbänden zu Gunsten von behinderten Menschen, wie sie sich z.B. aus § 63 SGB IX ergeben. Darauf verweist ausdrücklich § 23 Abs. 4 AGG. Vgl. auch Heft 02 Nr. 4.1.3 und Heft 10 Nr. 2.1 mit Unterpunkten.

Hinzuweisen ist auch auf die Möglichkeit, nach § 27 Abs. 1 AGG, sich wegen erlittener Benachteiligungen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zu wenden. Diese besteht beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt gem. § 27 Abs. 2 AGG auf unabhängige Weise Personen, die sich nach § 27 Abs. 1 AGG an sie wenden, bei der Durchsetzung ihrer Rechte zum Schutz vor Benachteiligungen. Hierbei kann sie insbesondere

  1. über Ansprüche und die Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens im Rahmen gesetzlicher Regelungen zum Schutz vor Benachteiligungen informieren,
  2. Beratung durch andere Stellen vermitteln,
  3. eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstreben.

Soweit Beauftragte des Deutschen Bundestages oder der Bundesregierung zuständig sind, leitet die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Anliegen der Personen, die sich an sie gewandt haben, mit deren Einverständnis unverzüglich an diese weiter (§ 27 Abs. 2 Satz 3 AGG). Ein solcher Beauftragter ist z.B. der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung.

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8. Literaturhinweise

  • Palandt: Bürgerliches Gesetzbuch mit Nebengesetzen - Kommentierung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
  • Trenk-Hinterberger, Peter: Die Rechte behinderter Menschen und ihrer Angehörigen.
  • Bayerisches Staatsministerium für Finanzen: "Steuertipps für Menschen mit Behinderung". (auch andere Finanzministerien der Länder geben "Steuertipps für Menschen mit Behinderung" heraus).

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9. Impressum

Schriftenreihe: Rechtsberatung für blinde und sehbehinderte Menschen

Heft 07 der Schriftenreihe:
Weitere Nachteilsausgleiche und Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz

Stand: September 2010

Von: Dr. Herbert Demmel und Karl Thomas Drerup
Herausgeber: Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. und Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V.

Diese Schriftenreihe widmen wir dem Andenken an Dr. Dr. Rudolf Kraemer. Zu seiner Person vgl. Heft 01 Abschnitt 1.

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