Schriftenreihe
Rechtsberatung für blinde und sehbehinderte Menschen

von

Dr. Herbert Demmel und Karl Thomas Drerup

Stand: September 2010

Herausgeber:

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V (DVBS)

Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.

Heft 01 der Schriftenreihe:
Gesetzestexte der Landesblindengeldgesetze und Gleichstellungsgesetze

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

In diesem Heft werden die Landesblindengeldgesetze und die Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder im Wortlaut wiedergegeben. Für die Beratung ist es mitunter notwendig, diese Gesetze im Vergleich zur Verfügung zu haben. Die Landesgleichstellungsgesetze sind inhaltlich weitgehend identisch. Jedoch gibt es in der Darstellung Abweichungen. Die auf Grund der Landesgleichstellungsgesetze teilweise bereits ergangenen Rechtsverordnungen wurden nicht aufgenommen. Sie orientieren sich weitgehend an den zum Bundesgleichstellungsgesetz ergangenen Rechtsverordnungen.

Die für das Blindenrecht im Übrigen wichtigen Bundesgesetze, insbesondere die Sozialgesetzbücher können im Internet unter bundesrecht24.deGesetze im Internet.de bzw. BMI Gesetze und Verordnungen.de leicht recherchiert werden. Sie werden deshalb hier nicht wiedergegeben, zumal Heft 11 mit ihrer Wiedergabe einen unvertretbaren Umfang erhalten hätte und es nicht möglich wäre, für die Aktualität zu sorgen.

Wegen des Umfanges und der Struktur der hier wiedergegebenen Gesetze ist es leider nicht möglich, diese im HTML-Format darzustellen. Sie werden deshalb im Word-Format wiedergegeben. Zu Gesetzen, welche im Internet im HTML-Format zur Verfügung stehen und welche gut erreichbar sind, wird zusätzlich ein Link eingefügt, so dass die Word-Datei oder die externe Website wahlweise aufgerufen werden kann. Wir bitten für dieses Verfahren um Verständnis.

Wir sind selbstverständlich bemüht, die hier wiedergegebenen Gesetze auf dem aktuellen Stand zu halten. Eine Garantie für die Aktualität können wir aber nicht übernehmen.

2 Landesblindengeldgesetze

2.1 Baden-Württemberg

Gesetz über die Landesblindenhilfe (Blindenhilfegesetz - BliHG)

Vom 8. Februar 1972 (GBl. 1972, S. 56) zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.10.2012 (GBl S. 545)

Übersicht
§1 Anspruchsvoraussetzungen

(1) Blinde, die das erste Lebensjahr vollendet und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Baden-Württemberg haben, oder nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, zuletzt ber. ABl. L 204 vom 4. August 2007, S. 30), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22. Dezember 2010, S. 35), in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen und Benachteiligungen eine Landesblindenhilfe. Blindengeld erhalten auch Blinde, die sich in Heimen oder gleichartigen Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zur Zeit der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Baden-Württemberg hatten und nicht nach der Regelung im Aufenthaltsland Blindengeld erhalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für Personen,

  1. deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 1/50 beträgt oder
  2. bei denen durch Nr. 1 nicht erfaßte, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, daß sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nr. 1 gleichzuachten sind.

(3) Blinde haben keinen Anspruch auf Landesblindenhilfe, wenn sie

  1. sich weigern, eine zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen,
  2. eine Freiheitsstrafe verbüßen,
  3. sich in Sicherungsverwahrung befinden,
  4. auf Grund eines strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder auf Grund einer sonstigen richterlichen Entscheidung andernorts untergebracht sind.

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§2 Höhe der Leistung

(1) Die Landesblindenhilfe wird Blinden nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe eines Betrages von 410 Euro monatlich, Blinden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Höhe eines Betrages von 205 Euro monatlich gewährt.

(2) Die Landesblindenhilfe beträgt 50 vom Hundert der Beträge nach Absatz 1, wenn sich Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befinden und

  1. Leistungen zur stationären Pflege nach § 43 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) oder entsprechende Leistungen aus einem bestehenden Pflegeversicherungsvertrag mit einem privaten Versicherungsunternehmen oder entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährt werden oder
  2. die Kosten des Aufenthalts ganz oder überwiegend aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen werden.

Dies gilt von dem ersten Tage des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird die Blindenhilfe in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

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§3 Anrechnung von Pflegeleistungen bei pflegebedürftigen blinden Menschen und von sonstigen Leistungen

(1) Leistungen, die Blinden zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften zustehen, werden auf die Landesblindenhilfe angerechnet. Entsprechendes gilt insbesondere für Blindenhilfe, die nach den Vorschriften der anderen Bundesländer erbracht wird, und für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 39 SGB XI, bei teilstationärer Pflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei der Plegestufe I mit 60 vom Hundert des Pflegegeldes dieser Pflegestufe und bei den Pflegestufen II und III mit jeweils 40 vom Hundert des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 SGB XI angerechnet.

Entsprechende Leistungen auf Grund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet.

Die Sätze 1 und 2 gelten auch für entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

(3) Bei Minderjährigen verringert sich der nach Absatz 2 jeweils anzurechnende Betrag um 50 vom Hundert.

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§4 Unübertragbarkeit, Unpfändbarkeit, Unvererblichkeit

Der Anspruch auf Landesblindenhilfe kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

Er ist nicht vererblich.

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§5 Antragstellung, Beginn und Ende der Leistung

(1) Die Landesblindenhilfe wird auf Antrag gewährt.

Ändert sich die Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe durch Aufenthaltswechsel des Berechtigten innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, so bedarf es keines neuen Antrags; die Leistungspflicht des bis zum Aufenthaltswechsel zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe endet mit Ablauf des Monats, der auf den Monat des Aufenthaltswechsels folgt.

(2) Die Gewährung der Landesblindenhilfe beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch mit dem ersten Tag des Antragsmonats.

(3) Eine Änderung oder Einstellung der Zahlung der Landesblindenhilfe wird mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die Voraussetzungen sich geändert haben oder weggefallen sind.

§ 2 Absatz 2 bleibt unberührt.

Überzahlte Beträge sind anzurechnen oder einzuziehen.

Auf die Rückforderung kann verzichtet werden, wenn sie zu einer unbilligen Härte führen würde.

(4) Werden Leistungen, die nach § 3 auf die Landesblindenhilfe anzurechnen sind, nachgezahlt, so hat der Blinde die überzahlten Beträge der Landesblindenhilfe zurückzuerstatten.

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§6 Anzeigepflichten der Leistungsempfänger

(1) Leistungsempfänger haben jede Änderung der Tatsachen, die für die Gewährung der Landesblindenhilfe maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen. Bei Beschränkung der Geschäftsfähigkeit trifft die Verpflichtung die gesetzliche Vertretung.

(2) Verstoßen Leistungsempfänger vorsätzlich gegen die nach Absatz 1 Satz 1 obliegende Verpflichtung, so kann die Landesblindenhilfe gekürzt oder entzogen werden.

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§7 Zuständigkeit

(1) Die Aufgaben nach diesem Gesetz obliegen den örtlichen Trägern der Sozialhilfe.

(2) Zuständig ist der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich die blinde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hält sich die blinde Person in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung im Geltungsbereich des Grundgesetzes auf, so ist der Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich sie im Zeitpunkt der Aufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatte. Bei Übertritten von einer solchen Einrichtung in eine andere ist der gewöhnliche Aufenthalt entscheidend, der für die erste Einrichtung maßgebend war. Ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nach Satz 2 und 3 nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln oder liegt er außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes, findet Satz 1 Anwendung. Die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie oder bei anderen Personen als bei ihren Eltern oder bei einem Elternteil ist dem Aufenthalt in einer Einrichtung gleichgestellt. Der auf richterlich angeordneter Freiheitsentziehung beruhende Aufenthalt in einer Vollzugsanstalt begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Wird ein Kind in einer Einrichtung geboren, tritt an die Stelle seines gewöhnlichen Aufenthalts der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter. Hält sich die blinde Person in einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit im Sinne des § 98 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch auf, gilt § 98 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend. Gründet sich der Anspruch auf die zweite Alternative des § 1 Absatz 1 Satz 1, ist der Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich die Beschäftigung oder die selbstständige Tätigkeit schwerpunktmäßig stattfindet.

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§8 Verfahren

(1) Soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält, findet das Erste Buch Sozialgesetzbuch und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch entsprechende Anwendung.

(2) Über Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit.

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§9 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 01. Januar 1972 in Kraft.

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2.2 Bayern

Bayerisches Blindengeldgesetz

(BayBlindG) vom 7. April 1995 (GVBl. S. 150), gültig ab 01.04.1995

zuletzt geändert durch das Gesetz vom 24.7.2013 (GVBl. S. 464), gültig ab 01.01.2013.

Übersicht
Art. 1 Anspruch

(1) Blinde und taubblinde Menschen erhalten auf Antrag, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Bayern haben oder soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl L 166 S. 1, ber. ABl L 200 S. 1, 2007 ABl L 204 S. 30) in der jeweils geltenden Fassung dies vorsieht, zum Ausgleich der durch diese Behinderungen bedingten Mehraufwendungen ein monatliches Blindengeld.

(2)

  1. Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt.
  2. Als blind gelten auch Personen,
    1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
    2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfaßte Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad bestehen, daß sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachten sind.

(3)

  1. Taubblind ist ein blinder Mensch im Sinn von Abs. 2 mit vollständigem Hörverlust oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit.
  2. Eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit liegt bei einem Hörverlust von mindestens 80 v.H. vor.

(4)

  1. Vorübergehende Seh- oder Hörstörungen sind nicht zu berücksichtigen.
  2. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten.

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Art. 2 Höhe der Leistung

(1)

  1. Das Blindengeld wird monatlich in Höhe von 85 v. H. des in § 72 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannten Betrags gezahlt; ein nicht auf volle Euro errechneter Betrag ist von 0,50 € an aufzurunden und im Übrigen abzurunden.
  2. Taubblinde Menschen im Sinn von Art. 1 Abs. 3 erhalten ein Blindengeld in Höhe des doppelten Betrags nach Satz 1.

(2)

  1. Berechtigte nach diesem Gesetz, die sich in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befinden, erhalten die Hälfte des Betrags nach Absatz 1, wenn
    1. die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen werden oder
    2. sie Mittel einer privaten Pflegeversicherung im Sinn des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) in Anspruch nehmen.
  2. Die Regelung nach Satz 1 gilt vom ersten Tag des übernächsten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts.

(3)

  1. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird Blindengeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrags nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert.
  2. Der Betrag nach Absatz 2 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

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Art. 3 Ausgeschlossener Personenkreis

(1) Keinen Anspruch nach diesem Gesetz haben Personen, die Leistungen wegen Blindheit oder Taubblindheit

  1. nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
  2. aus der gesetzlichen Unfallversicherung und
  3. aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge sowie
  4. nach einer den Nrn. 1 bis 3 entsprechenden ausländischen Rechtsvorschrift wegen Blindheit oder Taubblindheit erhalten.

(2) Abs. 1 Nr. 1 findet keine Anwendung soweit blinde oder taubblinde Menschen ergänzende Blindenhilfe nach § 27d des Bundesversorgungsgesetzes erhalten.

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Art. 4 Anrechnung von Pflegeleistungen bei pflegebedürftigen blinden oder taubblinden Menschen und von sonstigen Leistungen

(1) Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch bei häuslicher Pflege werden auf das Blindengeld angerechnet. 2 Bei Pflegebedürftigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI (Pflegestufe I) werden 60 v.H. des Betrags nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI angerechnet, in den übrigen Fällen (Pflegestufe II und III) 40 v.H. des Betrags nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI. 3 Besteht der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nicht für den vollen Kalendermonat, gilt § 37 Abs. 2 SGB XI entsprechend.

(2) Erhalten Berechtigte Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch aus einer privaten Pflegeversicherung, wird an Stelle des Betrags nach Art. 2 Abs. 1 der Betrag gezahlt, der sich durch die Anwendung des Absatzes 1 ergibt. 2 Leistungen, die blinden oder taubblinden Menschen wegen Pflegebedürftigkeit nach sonstigen inländischen oder nach ausländischen Rechtsvorschriften zustehen, werden auf das Blindengeld wie das Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI mit 60 v.H. angerechnet.

(3) Leistungen, die blinde oder taubblinde Menschen zum Ausgleich blindheitsbedingter Mehraufwendungen nach sonstigen inländischen oder nach ausländischen Rechtsvorschriften erhalten, werden auf das Blindengeld angerechnet.

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Art. 5 Antragstellung, Beginn und Ende der Leistung

(1) Der Antrag auf Blindengeld kann schriftlich oder zur Niederschrift gestellt werden.

(2) Der Anspruch auf Blindengeld entsteht mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorliegen, frühestens mit dem ersten Tag des Antragsmonats; das Blindengeld wird monatlich im Voraus gezahlt. 2 Der Anspruch auf Blindengeld entfällt mit Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen weggefallen sind.

(3) Abweichend von Abs. 2 entsteht der Anspruch auf Blindengeld für taubblinde Menschen am 1. Januar 2013, wenn der Antrag bis spätestens 31. Dezember 2013 gestellt wurde, nicht aber vor dem ersten Tag des Monats, in dem die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorliegen.

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Art. 6 Zuständigkeit

Zuständig für den Vollzug dieses Gesetzes ist das Zentrum Bayern Familie und Soziales.

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Art. 7 Verfahren

(1) Das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) finden Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält. 2 Abweichend von § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von vier Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden.

(2) § 118 Abs. 3 bis 4a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend.

(3) Für Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. 2 Soweit das Sozialgerichtsgesetz besondere Vorschriften für die Kriegsopferversorgung enthält, gelten diese auch für Streitigkeiten nach Satz 1.

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Art. 8 Übergangsvorschrift

Erhalten Blinde Leistungen nach dem Gesetz über die Gewährung eines Pflegegeldes an Zivilblinde oder haben sie diese beantragt, ist ein Antrag nach diesem Gesetz entbehrlich.

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Art. 9 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. April 1995 in Kraft. 2 Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Gewährung eines Pflegegeldes an Zivilblinde in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Januar 1989 (GVBl S. 21, BayRS 2170-6-A) außer Kraft.

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2.3 Berlin

 

Landespflegegeldgesetz (LPflGG)

Vom 17. Dezember 2003 (GVBl. S. 606);

zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.6.2012 (GVBl S. 188)

Übersicht
§ 1

(1) Blinde, hochgradig Sehbehinderte und Gehörlose, die ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Land Berlin haben oder nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1, L 200 vom 7.6.2004, S. 1, L 204 vom 4.8.2007, S. 30), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22.12.2010, S. 35) geändert worden ist, oder der Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 (ABl. L 344 vom 29.12.2010, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind, erhalten vom vollendeten ersten Lebensjahr an auf Antrag Leistungen zum Ausgleich der durch die Blindheit, hochgradige Sehbehinderung oder Gehörlosigkeit bedingten Mehraufwendungen (Pflegegeld) nach diesem Gesetz.

(2) Blinde im Sinne des Absatzes 1 sind Personen, denen das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind sind auch diejenigen Personen anzusehen, deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder bei denen andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleich zu achten sind.

(3) Hochgradig Sehbehinderte im Sinne des Absatzes 1 sind Personen, deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Zwanzigstel beträgt oder bei denen andere hinsichtlich des Schweregrades gleich zu achtende Störungen der Sehfunktion vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Einschränkung des Sehvermögens einen Grad der Behinderung von 100 vom Hundert bedingt und noch nicht Blindheit vorliegt.

(4) Gehörlose im Sinne des Absatzes 1 sind Personen mit angeborener oder bis zum siebenten Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Personen, die erst später die Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit erworben haben, gelten nur dann als Gehörlose im Sinne des Absatzes 1, wenn der Grad der Behinderung wegen schwerer Sprachstörungen mehr als 90 vom Hundert beträgt.

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§ 2

(1) Das Pflegegeld wegen Blindheit beträgt 80 vom Hundert der Blindenhilfe, die nach § 72 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für Blinde nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorgesehen ist. Liegt gleichzeitig Gehörlosigkeit vor, ist Pflegegeld in Höhe von 1.189 Euro zu gewähren.

(2) Das Pflegegeld wegen hochgradiger Sehbehinderung oder Gehörlosigkeit beträgt 20 vom Hundert der Blindenhilfe, die nach § 72 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für Blinde nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorgesehen ist. Liegen eine hochgradige Sehbehinderung und Gehörlosigkeit gleichzeitig vor, ist das Pflegegeld nach Satz 1 zu verdoppeln.

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§ 3

(1) Leistungen nach diesem Gesetz sind keine Leistungen der Sozialhilfe; sie werden unbeschadet des sonstigen Einkommens und Vermögens gewährt.

(2) Pflegegeld nach diesem Gesetz wird nicht gewährt, wenn die Blindheit, hochgradige Sehbehinderung oder Gehörlosigkeit die Folge einer gesundheitlichen Schädigung ist, für welche die Gewährung eines Pflegegeldes oder einer gleichartigen Leistung durch Bundesrecht abschließend geregelt ist.

(3) Leistungen, auf die die oder der Berechtigte zum Ausgleich der durch die Blindheit, hochgradige Sehbehinderung oder Gehörlosigkeit bedingten Mehraufwendungen aus anderen Rechtsgründen einen Anspruch hat, werden auf das Pflegegeld nach diesem Gesetz angerechnet.

(4) Soweit die oder der Berechtigte Geld- oder Sachleistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 39 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, bei teilstationärer Pflege nach § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches Sozialgesetzbuch erhält, werden diese bei Einstufung in die Pflegestufe I nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch mit 60 vom Hundert des Pflegegeldes der Pflegestufe I nach § 37 Abs. 1 Satz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei Einstufung in die Pflegestufen II oder III nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch mit jeweils 40 vom Hundert des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Abs. 1 Satz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch angerechnet. Dies gilt ebenso bei entsprechenden Leistungen aus einem Pflegeversicherungsvertrag nach § 23 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei entsprechenden Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

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§ 4

(1) Befinden sich Blinde länger als einen Monat in einer Einrichtung im Sinne des § 72 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch , ruht das Pflegegeld nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 mit Ablauf des Monats der Aufnahme in die Einrichtung, wenn die Kosten des Aufenthalts oder der Pflege und Betreuung ganz oder teilweise von einem öffentlich-rechtlichen Kostenträger oder einem Pflegeversicherung betreibenden Versicherungsunternehmen nach den Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch getragen werden. Mit Beginn des Monats, der dem Aufnahmemonat folgt, ist Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert des Pflegegeldes nach § 2 Abs. 1 zu gewähren. Das Pflegegeld nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 lebt mit Beginn des Entlassungsmonats wieder auf.

(2) Für hochgradig Sehbehinderte und Gehörlose in Einrichtungen im Sinne des § 72 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt Absatz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass mit Beginn des Monats, der dem Aufnahmemonat folgt, 50 vom Hundert des Pflegegeldes nach § 2 Abs. 2 gewährt werden.

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§ 5

(1) Leistungen nach § 1 Abs. 1 werden vom Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch vom Ersten des Antragsmonats an gewährt.

(2) Eine durch Besserung des Gesundheitszustandes bedingte Minderung oder Entziehung des Pflegegeldes nach diesem Gesetz tritt mit Ablauf des Monats ein, der auf die Bekanntgabe des die Änderung aussprechenden Bescheides folgt. Im Übrigen tritt eine Minderung oder Entziehung der Leistungen nach § 1 Abs. 1 und § 8 mit Ablauf des Monats ein, in dem die Voraussetzungen für ihre Gewährung weggefallen sind. Werden anzurechnende Leistungen (§ 3 Abs. 3 und 4) nachgezahlt, so ist der Zeitpunkt des rückwirkenden Einsetzens der Nachzahlung maßgebend.

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§ 6

(1) Die Übertragung, Verpfändung oder Pfändung des Anspruchs auf Leistungen nach § 1 Abs. 1 und § 8 ist ausgeschlossen.

(2) Mit Leistungen nach § 1 Abs. 1 und § 8 dürfen verrechnet werden

  1. Beträge, die wegen zu Unrecht gewährter Leistungen nach diesem Gesetz gemäß den §§ 45 und 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten sind,
  2. Überzahlungen, die durch nachträgliche Gewährung anzurechnender Leistungen (§ 3 Abs. 3 und 4) entstanden sind,
  3. 3. die nach § 19 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zu ersetzenden Beträge, soweit die Sozialhilfeleistungen für Pflegebedarf gewährt worden sind, für den das Pflegegeld bestimmt ist.

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§ 7

Ist beim Tode der oder des Berechtigten das Pflegegeld noch nicht ausgezahlt, so erlischt der Anspruch. In Höhe des nicht ausgezahlten Pflegegeldes wird dem überlebenden Ehegatten oder dem Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), geändert durch Artikel XI des Gesetzes vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3513), den Kindern, den Eltern oder den Geschwistern für den Zeitraum Pflegegeld gewährt, in dem sie die oder den Berechtigten überwiegend allein gepflegt oder betreut haben; sind die Kosten der Pflege beziehungsweise Betreuung ganz oder teilweise übernommen worden, so wird Pflegegeld in Höhe der übernommenen Kosten, höchstens jedoch in Höhe des nicht ausgezahlten Betrages gewährt. Unter denselben Voraussetzungen ist auch anderen Personen das Pflegegeld zu gewähren, wenn eine bezugsberechtigte Person im Sinne des Satzes 2 nicht vorhanden ist.

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§ 8

(1) Hilflose, die am 31. März 1995 einen Anspruch auf Pflegegeld nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über Pflegeleistungen in der Fassung vom 14. Juli 1986 (GVBl. S. 1106, 1987 S. 1064), das zuletzt durch Artikel IX des Gesetzes vom 26. Januar 1993 (GVBl. S. 40) geändert worden ist, hatten, erhalten das Pflegegeld weiter, wenn die Hilflosigkeit andauert und die sonstigen Vorschriften dieses Gesetzes den Leistungsbezug nicht ausschließen. Soweit die Hilflosen Geld- oder Sachleistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 39 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, bei teilstationärer Pflege nach § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches Sozialgesetzbuch erhalten, werden diese in Höhe des der jeweiligen Pflegestufe entsprechenden Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 Satz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch angerechnet. Dies gilt ebenso bei entsprechenden Leistungen aus einem Versicherungsvertrag nach § 23 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei entsprechenden Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Hilflose, die am 31. März 1995 ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in dem Teil des Landes Berlin hatten, in dem das Grundgesetz erst seit dem 3. Oktober 1990 gilt, werden so behandelt, als hätten sie einen Anspruch auf Pflegegeld in der Höhe, wie sie in § 2 Abs. 3 des Gesetzes über Pflegeleistungen in der in Satz 1 genannten Fassung festgesetzt ist.

(2) Blinden und hochgradig Sehbehinderten, die bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes über Pflegeleistungen vom 22. Dezember 1994 (GVBl. S. 520), zuletzt geändert durch Artikel IX des Gesetzes vom 16. Juli 2001 (GVBl. S. 260), einen Anspruch auf erhöhtes Pflegegeld wegen zusätzlicher Hilflosigkeit nach § 2 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Pflegeleistungen in der in Halbsatz 1 genannten Fassung hatten und die zugleich am 31. März 1995 einen Anspruch auf erhöhtes Pflegegeld wegen zusätzlicher Hilflosigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über Pflegeleistungen in der in Absatz 1 Satz 1 genannten Fassung hatten, ist mindestens ein Pflegegeld in Höhe des sich bei entsprechender Anwendung des Absatzes 1 ergebenden Betrages zu gewähren. Dasselbe gilt für Gehörlose, die am 31. März 1995 einen Anspruch auf Pflegegeld wegen Hilflosigkeit nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über Pflegeleistungen in der in Absatz 1 Satz 1 genannten Fassung hatten. Sollte sich nach der neuen Rechtslage ein höherer Pflegegeldbetrag ergeben, ist dieser zu gewähren.

(3) Für das Pflegegeld nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 entsprechend.

(4) Für das Pflegegeld nach den Absätzen 1 und 2 ist eine Anhebung der Pflegestufe ausgeschlossen. Tritt eine dauerhafte Verbesse rung des Gesundheitszustandes ein, die eine Absenkung der Pflegestufe oder den Entzug der Leistungen rechtfertigt, ist der Pflegegeldanspruch entsprechend zu mindern oder zu entziehen.

(5) Personen, die Berechtigte nach den Absätzen 1 oder 2 mit einem Anspruch auf Pflegegeld der Stufen IV bis VI überwiegend alleine pflegen (Pflegepersonen) und denen bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes über Pflegeleistungen vom 22. Dezember 1994 (GVBl. S. 520), zuletzt geändert durch Artikel IX des Gesetzes vom 16. Juli 2001 (GVBl. S. 260), Beiträge zu einer privaten Lebensversicherung nach § 8 Abs. 4 des Gesetzes über Pflegeleistungen in der im ersten Halbsatz genannten Fassung erstattet wurden, erhalten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dieses Gesetzes die Leistungen weiter, wenn die Umwandlung der Lebensversicherung in eine prämienfreie Versicherung von dem Versicherer noch nicht verlangt werden kann, weil die dafür vereinbarte Mindestrente noch nicht erreicht worden ist. Pflegepersonen, denen bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes über Pflegeleistungen in der in Satz 1 genannten Fassung freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2a des Gesetzes über Pflegeleistungen in der in Satz 1 genannten Fassung gewährt wurden, erhalten bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen dieses Gesetzes die Leistungen bis zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren für einen Anspruch auf Regelaltersrente nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch weiter.

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§ 9

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten die Vorschriften des Ersten und Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

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§ 10

Die für das Sozialwesen zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

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§ 11

Die mit der Durchführung dieses Gesetzes befassten Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen dürfen personenbezogene Daten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. Die für das Sozialwesen zuständige Senatsverwaltung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten zu treffen, insbesondere über Art und Umfang der Daten, ihre Verarbeitung in Dateien und auf sonstigen Datenträgern, ihre Löschung sowie die Datensicherung.

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§ 12

Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin folgenden Kalendermonats in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über Pflegeleistungen vom 22. Dezember 1994 (GVBl. S. 520), zuletzt geändert durch Artikel IX des Gesetzes vom 16. Juli 2001 (GVBl. S. 260), außer Kraft.

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2.4 Brandenburg

 

Brandenburgisches Landespflegegeldgesetz

Gesetz über die Leistung von Pflegegeld an Schwerbehinderte, Blinde und Gehörlose (Landespflegegeldgesetz - LPflGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1995 (GVBl.I/95, [Nr. 20], S. 259);

zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 13. März 2012

(GVBl.I/12, [Nr. 16]) (PDF)

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§ 1 Anspruch

(1) Schwerbehinderte, blinde und gehörlose Menschen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Lande Brandenburg haben nach Vollendung des ersten Lebensjahres zum Ausgleich der durch ihre Behinderung bedingten Mehraufwendungen ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen einen Anspruch auf Pflegegeld. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Pflegegeld erhalten auch Personen gemäß § 2, die nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1, L 200 S. 1, L 204 vom 4.8.2007, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22.12.2010, S. 35) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind sowie Bürgerinnen und Bürger aus Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz, wenn dieselben Voraussetzungen erfüllt sind.

(3) Asylbewerber und ihre Familienangehörigen, soweit sie nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, haben bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens keinen Anspruch. Sie haben außerdem keinen Anspruch, wenn sie nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages ausgewiesen oder abgeschoben werden können.

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§ 2 Anspruchsberechtigte Personen

Anspruchsberechtigte im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. Personen ohne Anspruch auf Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch
    1. mit Verlust beider Beine im Oberschenkelbereich oder beider Hände,
    2. mit Lähmungen oder gleichartigen Behinderungen,
    wenn dadurch auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, Betreuungsbedarf zur Sicherung der körperlichen Mobilität und hauswirtschaftlichen Versorgung besteht;
  2. Blinde Menschen und ihnen nach § 72 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gleichgestellte Personen;
  3. Gehörlose Menschen ohne Anspruch auf Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch mit angeborener oder bis zum 7. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Personen, die erst später die Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit erworben haben, gelten nur dann als gehörlos im Sinne dieses Gesetzes, wenn der Grad der Behinderung wegen schwerer Sprachstörungen 100 vom Hundert beträgt.

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§ 3 Höhe des Pflegegeldes

(1) Anspruchsberechtigte Personen nach § 2 Nr. 1 erhalten ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 148 Euro. Blinde Menschen nach § 2 Nr. 2 erhalten ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 266 Euro. Blinde Menschen nach § 2, Nr. 2, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert des Pflegegeldes nach Satz 2. Gehörlose Menschen nach § 2 Nr. 3 erhalten ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 82 Euro.

(2) Erfüllt ein Anspruchsberechtigter mehrere Voraussetzungen nach § 2 Nr. 1 bis 3, wird Pflegegeld nach diesem Gesetz nur einmal gewährt. In diesem Fall wird der höhere Betrag gewährt.

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§ 4 Ausschluß des Anspruchs

(1) Schwerbehinderte, blinde und gehörlose Menschen in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen erhalten kein Pflegegeld nach diesem Gesetz.

(2) Während der Dauer eines Freiheitsentzuges aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung ist der Anspruch ausgeschlossen.

(3) Anspruchsberechtigte nach § 2 haben keinen Anspruch auf Pflegegeld nach diesem Gesetz, wenn sie Entschädigungsleistungen für die gleiche Behinderung, wegen der sie nach § 2 anspruchsberechtigt sind,

  1. nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
  2. aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
  3. aus öffentlichen Kassen aufgrund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge oder
  4. nach ausländischen Rechtsvorschriften

erhalten.

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§ 5 Anrechnung gleichartiger Leistungen

(1) Leistungen, die der Berechtigte zum Ausgleich der durch seine Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften erhält, werden auf das Pflegegeld angerechnet. Ausgenommen sind Leistungen aus bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen. Gleichartige Leistungen, die auf das Pflegegeld anzurechnen sind, sind insbesondere Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungen nach ausländischen Rechtsvorschriften.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei Blinden nach § 2 Nr. 2 mit 70 vom Hundert angerechnet. Entsprechende Leistungen aufgrund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

(3) Werden Leistungen nachgezahlt, die auf das Pflegegeld anzurechnen sind, so hat der Berechtigte die überzahlten Beträge des Pflegegeldes zu erstatten.

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§ 6 Versagung und Kürzung des Pflegegeldes

(1) Das Pflegegeld ist zu versagen oder angemessen zu kürzen, wenn der Anspruchsberechtigte ihm nach anderen Rechtsvorschriften zustehende Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich der behinderungsbedingten Mehraufwendungen bestimmt sind, nicht in Anspruch nimmt.

(2) Das Pflegegeld kann angemessen gekürzt werden, wenn der Anspruchsberechtigte eine Einrichtung zur teilstationären Betreuung besucht. Bei fünf Ganztagsbetreuungen pro Woche sind in der Regel zwanzig vom Hundert angemessen.

(3) Werden dem Anspruchsberechtigten Pflegesachleistungen nach anderen Rechtsvorschriften gewährt, kann das Pflegegeld um bis zu zwei Drittel gekürzt werden.

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§ 7 Antrag

(1) Das Pflegegeld wird auf Antrag geleistet.

(2) Der Empfänger von Pflegegeld ist verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung maßgebend sind, insbesondere Leistungen, die nach § 6 anzurechnen sind, oder die Aufnahme in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung, unverzüglich anzuzeigen. Ist der Berechtigte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter.

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§ 8 Beginn und Einstellung der Pflegegeldleistung

(1) Die Gewährung des Pflegegeldes beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens aber mit dem Ersten des Antragsmonats.

Es wird monatlich im Voraus gezahlt.

(2) Änderungen von Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Pflegegeldes bewirken, sind vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat ihres Eintritts folgt.

(3) Der Anspruch auf Pflegegeld erlischt mit dem Ende des Monats, in dem der Berechtigte stirbt. Wurde das Pflegegeld vor dem Tode des Berechtigten festgestellt, aber noch nicht ausgezahlt, oder hätte der Anspruch bei rechtzeitiger Bearbeitung vor dem Tode des Berechtigten festgestellt werden müssen, so steht das Pflegegeld den Angehörigen des Berechtigten zu, welche ihn bis zu seinem Tode unentgeltlich gepflegt oder die Kosten seiner Pflege getragen haben. Ist ein Angehöriger im Sinne des Satzes 2 nicht vorhanden, kann das Pflegegeld auch anderen Personen unter den gleichen Voraussetzungen übertragen werden, wenn dies der Billigkeit entspricht.

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§ 9 Anwendung des Sozialgesetzbuches

Das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch finden Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abweichende Regelung enthält.

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§ 10 Zuständigkeit

(1) Zuständig für die Durchführung dieses Gesetzes sind die Landkreise und kreisfreien Städte, in deren Bezirk die anspruchsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; sie nehmen diese Aufgaben als pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben wahr. Besteht kein gewöhnlicher Aufenthalt im Land Brandenburg, ist das Landesamt für Soziales und Versorgung zuständige Behörde.

(2) Zur Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 2 vorliegen, holen die zuständigen Behörden Gutachten ein. Sie sollen nach Möglichkeit Vereinbarungen mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit dem Ziel abschließen, von diesem die Begutachtung durchführen zu lassen. Von einer Begutachtung soll abgesehen werden, wenn behördliche Unterlagen die Voraussetzungen belegen.

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§ 11 Kostenregelung

Die Aufwendungen für die Leistungen nach diesem Gesetz tragen die nach § 10 zuständigen Stellen. Das Land erstattet den Landkreisen und kreisfreien Städten die Kosten der Leistungen für den Personenkreis der blinden und gehörlosen Menschen. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zum Erstattungsverfahren zu regeln. Zuständige Behörde für das Erstattungsverfahren ist das Landesamt für Soziales und Versorgung.

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§ 12 Übergangsregelung

(1) Schwerbehinderte Menschen, die am 31. März 1995 nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen Pflegegeld nach diesem Gesetz bezogen haben, erhalten ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 410 Euro. Dies gilt nicht, soweit sich ihr Anspruch auf § 2 Abs. 1 Nr. 7 (Blinde) der zu dieser Zeit geltenden Fassung des Gesetzes stützt. Sofern zusätzlich bis zum 31. März 1995 nach § 57 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Pflegegeld gezahlt wurde, erhöht sich das monatliche Pflegegeld nach Satz 1 auf 512 Euro. Die Zahlung des Pflegegeldes nach den Sätzen 1 bis 3 erfolgt nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4.

(2) Leistungen nach Absatz 1 werden nur gewährt, soweit der schwerbehinderten Person, der nicht von ihr getrennt lebenden durch Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft verbundenen Person und, wenn sie minderjährig und unverheiratet ist, auch ihren Eltern die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des Abschnittes 4 des Bundessozialhilfegesetzes nicht zuzumuten ist. Dabei ist als maßgebender Grundbetrag der Einkommensgrenze ein Betrag von 1 196 Euro und als maßgebender Betrag nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 des Bundessozialhilfegesetzes ein Betrag von 4 091 Euro zugrunde zu legen.

(3) Neben der Anwendung des § 5 Abs. 1 und 3 und des § 6 mindern sich die Leistungen nach Absatz 1 um

  1. den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
  2. den Wert der Sachleistung nach § 36 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
  3. den Wert der Kombinationsleistung nach § 38 oder § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch.

(4) Der Anspruch nach Absatz 1 ruht für die Dauer einer Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung und während der Dauer eines Freiheitsentzugs aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung. Er entfällt, wenn

  1. die Voraussetzungen des 2 Abs. 1 in der am 31. März 1995 geltenden Fassung dieses Gesetzes nicht mehr vorliegen oder
  2. die Dauer der Unterbringung nach Satz 1 zwölf Monate übersteigt.

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2.5 Bremen

Bremisches Gesetz über die Gewährung von Pflegegeld an Blinde und Schwerstbehinderte (Landespflegegeldgesetz)

In der Fassung der Bekanntmachung vom 27. April 1984 (Brem.GBl. S. 111);

Verkündungsstand: 23.05.2014in Kraft ab: 02.01.2013

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§ 1 Pflegegeldberechtigung blinder und schwerstbehinderter Menschen

(1) 1. Blinde und schwerstbehinderte Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Lande Bremen haben und die das 1. Lebensjahr vollendet haben, erhalten ohne Rücksicht auf Einkommen oder Vermögen zum Ausgleich der durch ihre Behinderung bedingten Mehraufwendungen ein Pflegegeld. 2. Pflegegeld erhalten auch blinde und schwerstbehinderte Menschen, die in einer stationären Einrichtung im übrigen Bundesgebiet leben und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung im Lande Bremen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. 3. § 109 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch findet entsprechende Anwendung. 4. Pflegegeld erhalten auch blinde und schwerstbehinderte Menschen ab Vollendung des 1. Lebensjahres, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Lande Bremen haben, die aber nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, ABl. L 200 vom 7. Juni 2004, S. 1; ABl. L 204 vom 4. August 2007, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22. Dezember 2010, S. 35) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind oder die Bürgerinnen oder Bürger der Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz sind, wenn dieselben Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen, sind blinden Menschen gleichgestellt.

(3) Schwerstbehindert sind folgende Personen:

  1. Menschen mit Behinderungen der oberen Extremitäten, die dem Fehlen beider Hände gleichkommen (Ohnhänder) mit einer weiteren wesentlichen Behinderung;
  2. Personen mit Verlust beider Arme im Bereich der Oberarme;
  3. Personen mit Verlust dreier Gliedmaßen;
  4. Personen mit Lähmungen oder sonstigen Bewegungsbehinderungen, wenn die Behinderungen dem Verlust dreier Gliedmaßen gleichkommen
  5. querschnittsgelähmte Menschen mit Blasen- und Mastdarmlähmungen;
  6. hirngeschädigte Menschen mit schweren physischen und psychischen Störungen und Gebrauchsbehinderung mehrerer Gliedmaßen;
  7. andere Personen, deren dauerndes Krankenlager erfordernder Leidenszustand oder deren Pflegebedürftigkeit so außergewöhnlich ist, dass ihre Behinderung der Behinderung der in den Nummern 1 bis 6 genannten Personen vergleichbar ist.

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§ 2 Höhe des Pflegegeldes

(1) 1. Blinde und schwerstbehinderte Menschen erhalten nach Vollendung des 18. Lebensjahres Pflegegeld in Höhe von 369,52 Euro monatlich. 2. Das Pflegegeld verändert sich jeweils um den Vomhundertsatz, um den sich die Blindenhilfe nach § 72 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch verändert. 3. Haben sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, so wird Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert des Betrages nach Satz 1 gezahlt.

(2) 1. Leben blinde und schwerstbehinderte Menschen in einer stationären Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts vollständig aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, erhalten sie Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert der Beträge nach Absatz 1. 2. Das Pflegegeld wird zum Zwecke der individuellen Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährt zur Ergänzung der Leistungen der Einrichtungsträger.

(3) 1. Werden die Kosten des Aufenthalts in einer stationären Einrichtung von dem blinden Menschen, dem schwerstbehinderten Menschen oder von nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen voll getragen, so wird das Pflegegeld nach Absatz 1 gezahlt. 2. Bei anteiliger Kostentragung ruht das nach Absatz 1 zu zahlende Pflegegeld in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den vollen Aufenthaltskosten und dem Eigenanteil des Berechtigten. 3. Pflegegeld ist jedoch mindestens in der in Absatz 2 geregelten Höhe zu zahlen.

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§ 3 Anspruchsübertragung

Der Anspruch auf Pflegegeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

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§ 4 Anrechnung von Leistungen

(1) 1. Leistungen, die Berechtigte zum Ausgleich ihrer durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften, insbesondere nach den §§ 36 bis 39 und §§ 41 bis 43a des Elften Buches Sozialgesetzbuch erhalten oder erhalten haben, werden vollständig auf das Landespflegegeld angerechnet. 2. Satz 1 gilt entsprechend für Pflegeleistungen aus einer privaten Pflegeversicherung oder aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften sowie für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten.

(2) 1. Pflegegeld nach § 37 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, das an schwerstbehinderte Menschen gezahlt wird, die vor In-Kraft-Treten des Pflegeversicherungsgesetzes am 1. April 1995 Landespflegegeld und Pflegegeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch bezogen haben, bleibt in Höhe eines monatlichen Betrages von 103,00 Euro anrechnungsfrei. 2. Auf das Landespflegegeld sind künftige Erhöhungen der Pflegeversicherungsleistungen vollständig anzurechnen. 3. Das gilt auch bei einer Änderung der Pflegestufe.

(3) Leben blinde und schwerstbehinderte Menschen in einer stationären Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts nach Anrechnung der Leistungen nach Absatz 1 teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, erhalten sie das Pflegegeld in Höhe von 50 vom Hundert der Beträge nach § 2 Absatz 1.

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§ 5 Leistungsträger

(1) Die Aufwendungen für das Pflegegeld trägt das Land Bremen.

(2) Mit der Durchführung dieses Gesetzes werden in der Stadtgemeinde Bremen das Amt für Soziale Dienste, in der Stadtgemeinde Bremerhaven der Magistrat beauftragt.

(3) Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen kann für die Durchführung Anweisungen erlassen.

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§ 6 Antrag

(1) Das Pflegegeld wird auf Antrag gewährt.

(2) 1. Die Leistungsberechtigten sind verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung maßgebend sind, insbesondere Leistungen, die nach § 4 anzurechnen sind, oder die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, unverzüglich anzuzeigen. 2. Sind Leistungsberechtigte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter.

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§ 7 Zahlungsmodalitäten

(1) 1. Die Gewährung des Pflegegeldes beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens aber mit dem Ersten des Antragsmonats. 2. Es wird monatlich im Voraus gezahlt. 3. Für die Zahlung eines höheren Pflegegeldes gilt Satz 1 entsprechend.

(2) 1. Pflegegeld nach § 2 Abs. 2 und 3 wird vom ersten Tag des zweiten Monats an gezahlt, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts. 2. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Pflegegeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach § 2 Abs. 1 gewährt, wenn die Abwesenheit länger als sechs zusammenhängende volle Tage dauert.

(3) 1. Änderungen von Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Pflegegeldes bewirken, sind vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat ihres Eintritts folgt. 2. Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt.

(4) Werden Leistungen nachgezahlt, die nach § 4 auf das Pflegegeld anzurechnen sind, so hat der Berechtigte die überzahlten Beträge des Pflegegeldes zu erstatten.

(5) 1. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Monats geleistet, in dem der blinde oder schwerstbehinderte Mensch gestorben ist. 2. § 118 Absatz 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch findet entsprechende Anwendung, wenn für die Zeit nach dem Sterbemonat Pflegegeld überwiesen wurde.

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§ 8 Versagung und Widerruf

Ein Anspruch auf Pflegegeld besteht nicht, wenn der blinde oder schwerstbehinderte Mensch eine Freiheitsstrafe verbüßt, sich in Sicherungsverwahrung befindet oder auf Grund eines strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht ist.

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§ 9 Durchführungs- und Anwendungsbestimmungen

(1) Bei der Durchführung dieses Gesetzes sind die Vorschriften des Ersten und des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend anzuwenden.

(2) 1. Für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. 2. Die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes finden entsprechende Anwendung.

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2.6 Hamburg

 

Gesetz über die Gewährung von Blindengeld (Hamburgisches Blindengeldgesetz - HmbBlinGG)

Vom 19. Februar 1971 (HmbGVBl. 1971, S. 29)

letzte berücksichtigte Änderung: §§ 1, 3 geändert durch Gesetz vom 14. Juni 2011 (HmbGVBl. S. 254)

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§ 1

(1) Blinde Menschen und die in § 72 Absatz 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (BGBl. I S. 3022, 3023), geändert am 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 2003), in der jeweils geltenden Fassung genannten Personen erhalten, unabhängig davon, ob sie erwerbstätig sind, zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld.

(2) 1. Blindengeld erhalten blinde Menschen, die in der Freien und Hansestadt Hamburg ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

2. Blindengeld erhalten auch blinde Menschen, die sich in Anstalten, Wohneinrichtungen, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Freien und Hansestadt Hamburg hatten.

3. § 109 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung findet entsprechende Anwendung.

(3) Blindengeld erhalten auch blinde Menschen, die nach unmittelbar geltendem europäischem Recht anspruchsberechtigt sind, auch wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg haben.

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§ 2

(1) Das Blindengeld beträgt monatlich 453 Euro. Die Höhe des Blindengeldes verändert sich jeweils zum 1. Juli der Folgejahre um den Vomhundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert.

(2) 1. Befinden sich blinde Menschen in einer Anstalt, Wohneinrichtung, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung und werden die damit verbundenen Kosten aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, so verringert sich das Blindengeld um diese Leistungen, höchstens jedoch um 50 vom Hundert (v. H.) des Betrags gemäß § 2 Absatz 1.

2. Gleiches gilt, soweit die blinden Menschen Leistungen einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1015), zuletzt geändert am 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3058), in der jeweils geltenden Fassung erhalten.

3. Die Verringerung des Blindengeldes darf bei Anwendung der Sätze 1 und 2 insgesamt nicht mehr als 50 v. H. des oben genannten Betrages betragen.

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§ 3

(1) Leistungen, die der blinde Mensch zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erhält, werden auf das Blindengeld angerechnet. Angerechnet werden auch ausländische Leistungen, auf die wegen einer in § 1 Absatz 1 genannten Behinderung ein Anspruch besteht.

(2) 1. Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 SGB XI werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei der Pflegestufe I mit 60 v. H. des Pflegegeldes dieser Pflegestufe und bei den Stufen II und III mit 40 v. H. des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 SGB XI angerechnet.

2. Mindestens wird jedoch ein Betrag in Höhe von 50 v. H. des Betrags gemäß § 2 Absatz 1 gewährt.

3. Entsprechende Leistungen auf Grund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Umfang angerechnet.

4. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

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§ 4

(1) 1. Der Anspruch auf das Blindengeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

2. Er ist nicht vererblich.

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§ 5

Das Blindengeld kann versagt werden,

  1. wenn der blinde Mensch sich weigert, eine ihm zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder zu einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen oder
  2. wenn er eine Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verbüßt oder
  3. für die Zeit der gerichtlich angeordneten Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt, Entziehungsanstalt oder in Sicherungsverwahrung.

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§ 6

(1) Blindengeld wird auf Antrag gewährt.

(2) 1. Die Gewährung des Blindengeldes beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Ersten des Antragsmonats.

2. Es wird monatlich im Voraus jeweils bis zum fünften Werktag eines Monats gezahlt.

(3) Eine Änderung der Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Blindengeldes bewirkt, ist vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat folgt, in dem die Tatsachen sich geändert haben.

(4) Werden Leistungen, die nach § 2 Absatz 2 und § 3 auf das Blindengeld anzurechnen sind, nachgezahlt, so hat der blinde Mensch die überzahlten Beträge des Blindengeldes zurückzuerstatten.

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§ 7

1. Der blinde Mensch hat jede Änderung der Tatsachen, die für die Gewährung des Blindengeldes maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen.

2. Ist er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter.

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§ 8

(aufgehoben)

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§ 9

Dieses Gesetz tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.

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2.7 Hessen

 

Hessisches Gesetz über das Landesblindengeld (Landesblindengeldgesetz - LbliGG)

Vom 6. Oktober 2011 (Nr. 19 - Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Teil I - 18. Oktober 2011)

zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2013 (GVBl. S. 677)

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§ 1 Grundsatz

(1) Leistungsberechtigte Personen nach § 2 erhalten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes Blindengeld zum Ausgleich der durch die Sehbehinderung bedingten Mehraufwendungen.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für Personen, die Leistungen aufgrund ihrer anerkannten Blindheit nach den Regelungen des Bundesversorgungsgesetzes in der Fassung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. August 2013 (BGBl. I S. 3227), oder aufgrund sonstiger Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts erhalten.

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§ 2 Leistungsberechtigte

(1) Anspruch auf Blindengeld haben Personen,

    1. denen das Augenlicht vollständig fehlt (blinde Menschen),
    2. deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder bei denen nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens im Bereich des zentralen visuellen Systems von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzuachten sind (blinden Menschen Gleichgestellte), oder
    3. deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Zwanzigstel beträgt oder bei denen nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens im Bereich des zentralen visuellen Systems von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzuachten sind (hochgradig in der Sehfähigkeit behinderte Menschen),
    und
  1. die
    1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Hessen haben,
    2. in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. EU Nr. L 166 S. 1, Nr. L 200 S. 1, 2007 Nr. L 204 S. 30), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1224/2012 der Kommission vom 18. Dezember 2012 (ABl. EU Nr. L 349 S. 45), in der jeweils geltenden Fassung fallen.

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§ 3 Versagung und Kürzung des Blindengeldes

(1) Die Gewährung von Blindengeld ist zu versagen, wenn Leistungsberechtigte eine Freiheitsstrafe verbüßen, in Sicherungsverwahrung oder aufgrund strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungseinrichtung, einer sozialtherapeutischen Einrichtung oder einer vergleichbaren Einrichtung untergebracht sind.

(2) Das Blindengeld kann versagt oder angemessen verringert werden, soweit die Nutzung durch oder für Leistungsberechtigte zum Ausgleich des durch die Sehbehinderung bedingten Mehraufwandes nicht möglich ist.

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§ 4 Höhe des Blindengeldes

(1) Das Blindengeld beträgt für Personen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1

  1. Buchst. a und b
    1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres 86 Prozent,
    2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres 50 Prozent der Blindenhilfe nach § 72 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung,
  2. Buchst. c 30 Prozent des maßgeblichen Blindengeldes nach Abs. 1 Nr. 1.

(2) Bei Personen, die nach § 2 Nr. 1 Anspruch auf Blindengeld haben und sich im Land Hessen in stationären Einrichtungen nach § 13 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder einer gleichartigen Einrichtung befinden und in den letzten zwei Monaten bis zur Aufnahme in die Einrichtung

  1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Hessen hatten oder
  2. als Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union in Hessen beschäftigt waren oder eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt haben, verringert sich das Blindengeld. Es verringert sich für Personen nach § 2 Nr. 1 Buchst. a und b auf 50 Prozent und für Personen nach § 2 Nr. 1 Buchst. c auf 10 Prozent des Betragesnach Abs. 1 Nr. 1 Buchst. A oder b, wenn
    1. die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen,
    2. für die Kosten des Aufenthalts Mittel einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch in Anspruch genommen oder
    3. Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften erbracht werden. Die Verringerung nach Satz 1 gilt vom ersten Tag des zweiten Monats, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der Einrichtung.

(3) Abweichend von Abs. 2 Satz 1 wird bei vorübergehender Abwesenheit von einer Einrichtung von mehr als sechs vollen zusammenhängenden Tagen für jeden vollen Tag der Abwesenheit ein Dreißigstel des maßgeblichen Betrages nach Abs. 1 gewährt. Insoweit ist der maßgebliche Betrag nach Abs. 2 Satz 1 unter Anrechnung der bereits gezahlten Beträge für den gleichen Zeitraum zu kürzen.

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§ 5 Anrechnung anderer Leistungen

(1) Pflegeleistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 39 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, bei teilstationärer Pflege nach § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und bei Kurzzeitpflege nach § 42 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt,

  1. bei der Pflegestufe I mit 60 Prozent des Pflegegeldes der Pflegestufe I nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung und
  2. bei der Pflegestufe II und III mit 40 Prozent des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch in der jeweils geltenden Fassung

auf das Blindengeld angerechnet. Vergleichbare Leistungen aufgrund eines privatrechtlichen Pflegeversicherungsvertrages oder nach beamtenrechtlichen Vorschriften sind in tatsächlich erbrachter Höhe, höchstens jedoch in dem Umfang der Anrechnung nach Satz 1 anzurechnen.

(2) Der nach Abs. 1 anzurechnende Betrag verringert sich bei

  1. Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, um 50 Prozent, auch wenn sie zugleich hochgradig in der Sehfähigkeit behindert sind,
  2. bei hochgradig in der Sehfähigkeit behinderten Menschen um 30 Prozent.

(3) Auf das Blindengeld werden die Leistungen angerechnet, die der leistungsberechtigten Person zum Ausgleich der durch die Sehbehinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften zustehen.

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§6 Verfahren

(1) Das Blindengeld wird auf Antrag gewährt. Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landeswohlfahrtsverband Hessen als zuständigem Leistungsträger zu stellen. Dem Antrag ist eine augenfachärztliche Bescheinigung, aus der der Schweregrad der Störung des Sehvermögens hervorgeht, beizufügen. Die augenfachärztliche Bescheinigung ist nach dem Muster der Anlage zu erstellen. Über die Gewährung von Blindengeld wird durch schriftlichen Verwaltungsakt entschieden.

(2) Im Übrigen gelten für das Verfahren die Vorschriften des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt und mit der Maßgabe, dass abweichend von

  1. § 51 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht gezahlten Blindengeldes uneingeschränkt mit dem Anspruch auf laufende Geldleistungen nach diesem Gesetz aufgerechnet werden können,
  2. § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ein Bescheid, der eine Änderung oder die Einstellung der Blindengeldzahlung zur Folge hat, stets mit Ablauf des Monats wirksam wird, in dem die Voraussetzungen sich geändert haben oder weggefallen sind.

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§7 Auszahlung

(1)Die Auszahlung beginnt, auch im Falle der Gewährung eines höheren Blindengeldes, mit dem Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt ist, und erfolgt monatlich im Voraus.

(2) Für den Fall des Todes der oder des Leistungsberechtigten gelten § 102 Abs. 5 und § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

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§ 8 Höchstpersönlichkeit des Anspruchs

Der Anspruch auf Blindengeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

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§ 9 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2012 in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.

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2.8 Mecklenburg-Vorpommern

 

Landesblindengeldgesetz Mecklenburg-VorpommernGesetz über die Gewährung von Landesblindengeld (Landesblindengeldgesetz - LBlGG M-V)

Vom 12. März 2009

letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert durch Gesetz vom 4. September 2012 (GVOBl. M-V S. 414)

Übersicht

Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Berechtigte

(1) Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern haben, erhalten Landesblindengeld zum Ausgleich der durch die Blindheit oder Sehbehinderung bedingten Mehraufwendungen. Landesblindengeld erhalten auch Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, die sich in stationären Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern hatten. Die §§ 109 und 23 Absatz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend.

(2) Blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Mecklenburg-Vorpommern haben, erhalten Landesblindengeld, soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1; Abl. L 200 vom 7.6.2004, S. 1; Abl. L 204 vom 4.8. 2007, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1244/2010 (ABl. L 338 vom 22.12.2010, S. 35) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder andere Rechtsakte der Europäischen Union dies vorsehen.

(3) Blind ist der behinderte Mensch, dem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind ist auch der behinderte Mensch anzusehen,

  1. dessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 0,02 (1/50) beträgt oder
  2. wenn andere, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachten sind oder
  3. mit einem nachgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit), nicht aber mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostischen Störungen.

(4) Hochgradig in seiner Sehfähigkeit behindert ist derjenige,

  1. dessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als 0,05 (1/20) beträgt oder
  2. wenn andere, durch Nummer 1 nicht erfasste, hinsichtlich des Schweregrades gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen der Sehfunktion vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Einschränkung des Sehvermögens einen Grad der Behinderung von 100 bedingt und noch nicht Blindheit vorliegt

(5) Blindheit ist durch einen Feststellungsbescheid nach § 69 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und die hochgradige Sehbehinderung durch eine Bescheinigung der für die Feststellung der Behinderung nach § 69 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zuständigen Behörde nachzuweisen.

Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales kann für die Feststellung der hochgradigen Sehbehinderung durch Verwaltungsvorschrift andere Nachweise zulassen.

Abweichend von Satz 1 ist in den Fällen, in denen Landesblindengeld bis zum 31. Dezember 2008 aufgrund einer augenfachärztlichen Bescheinigung gewährt wurde, dieser Nachweis bis zum 31. Dezember 2009 ausreichend.

(6) Zur Feststellung der Blindheit und der hochgradigen Sehbehinderung für den in Absatz 2 benannten Personenkreis kann das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales durch Verwaltungsvorschrift weitere Nachweise zulassen.

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§ 2 Höhe der Leistungen

(1) Blinde Menschen erhalten monatlich Landesblindengeld

  1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 430 Euro,
  2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 273,05 Euro.

(2) Hochgradig sehbehinderte Menschen erhalten monatlich Landesblindengeld

  1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 107,50 Euro,
  2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 68,26 Euro.

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§ 3 Leistungen bei Aufenthalt in einer Einrichtung

(1) Befindet sich der blinde Mensch in einer stationären oder teilstationären Einrichtung und werden die Kosten dieser Betreuung ganz oder teilweise von anderen Leistungsträgern getragen, beträgt das monatlich zu gewährende Landesblindengeld

  1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres 215 Euro,
  2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres 136,53 Euro.

Dies gilt nicht bei Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch in teilstationären Einrichtungen. Die Absenkung des Landesblindengeldes nach Satz 1 erfolgt von dem ersten Tag des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthaltes in der Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Landesblindengeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach § 2 Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt. Bei der Festsetzung des Landesblindengeldes sich ergebende Bruchteile von 0,005 und mehr werden auf ganze Hundertstel aufgerundet, im Übrigen abgerundet.

(2) Befindet sich der hochgradig sehbehinderte Mensch in einer stationären Einrichtung, erhält er neben dem Barbetrag nach § 35 Absatz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch monatlich Landesblindengeld

  1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 26,64 Euro,
  2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 13,65 Euro.

Erhält der hochgradig sehbehinderte Mensch Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung und deckt er mit seinem Einkommen die übrigen Kosten der Betreuung ab, beträgt das monatlich zu gewährende Landesblindengeld

  1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres 53,75 Euro,
  2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres 34,13 Euro.

Bei der Betreuung eines hochgradig sehbehinderten Menschen in teilstationären Einrichtungen wird monatlich Landesblindengeld

  1. nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 64,50 Euro,
  2. vor Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 40,96 Euro gewährt;

dies gilt nicht bei Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch in teilstationären Einrichtungen. Bei vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 entsprechend.

(3) Die Unterbringung in einem Internat gilt als Unterbringung in einer stationären Einrichtung, wenn die Unterkunftskosten im Rahmen der Eingliederungshilfe als stationäre Leistung getragen werden.

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§ 4 Anrechnung anderer Leistungen

(1) Leistungen, die dem Berechtigten nach § 1 zum Ausgleich der durch Blindheit oder Sehbehinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zustehen, insbesondere Leistungen

  1. nach dem Bundesversorgungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495) geändert worden ist, und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
  2. aus der gesetzlichen Unfallversicherung und
  3. aus öffentlichen Kassen aufgrund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge,

werden auf das Landesblindengeld angerechnet. Eine Anrechnung auf das Landesblindengeld erfolgt auch bei Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach § 27d Absatz 1 Nummer 4 des Bundesversorgungsgesetzes, die gegenüber dem Landesblindengeld vorrangig zu gewähren sind.

(2) Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach den §§ 36 bis 38 , 41 und 42 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt,

  1. bei der Pflegestufe I mit 50 Prozent des Betrages nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch,
  2. bei der Pflegestufe II mit 33,3 Prozent des Betrages nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und
  3. bei der Pflegestufe III mit 25 Prozent des Betrages nach § 37 Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch auf das Landesblindengeld angerechnet.

(3) Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung werden in gleicher Höhe wie Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung angerechnet.

(4) Hat der Berechtigte nach § 1 für die Zeit, für die Landesblindengeld gewährt wird, gegen einen anderen Leistungsträger einen Anspruch auf Leistungen nach Absatz 1, so kann der Landkreis oder die kreisfreie Stadt bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe des gewährten Landesblindengeldes auf das Land übergeht.

(5) Werden Leistungen, die auf das Landesblindengeld anzurechnen sind, rückwirkend bewilligt, so hat der Berechtigte nach § 1 die überzahlten Beträge des Landesblindengeldes zu erstatten. Der Erstattungsanspruch kann gegen den Anspruch auf Landesblindengeld aufgerechnet werden. Im Übrigen bleiben die §§ 44 bis 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch unberührt.

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§ 5 Ausschluss

Keinen Anspruch auf Landesblindengeld hat, wer

  1. sich weigert, eine ihm zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder zu einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen,
  2. vorsätzlich gegen eine Verpflichtung nach § 8 verstößt,
  3. eine Freiheitsstrafe verbüßt, in Sicherungsverwahrung oder aufgrund strafrechtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt untergebracht ist.
  4. in den Fällen des § 1 Absatz 2 einen gleichartigen Anspruch nach ausländischen Rechtsvorschriften hat.

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§ 6 Antragsverfahren, Übertragung, Pfändung und Vererbbarkeit

(1) Das Landesblindengeld wird auf Antrag gewährt. Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der nach § 9 zuständigen Behörde zu stellen.

(2) Der Anspruch auf Landesblindengeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

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§ 7 Beginn, Änderung und Ende der Leistung

Der Anspruch auf Landesblindengeld entsteht mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Ersten des Antragsmonats.

Er endet mit Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen weggefallen sind. Eine Änderung der Anspruchsvoraussetzungen, die sich auf die Höhe des Landesblindengeldes auswirkt, wird mit Ablauf des Monats wirksam, in der sie eingetreten ist; dies gilt nicht für die gesetzliche Änderung der Höhe der Beträge des Pflegegeldes nach § 37 Absatz 1 Satz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch. § 3 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 Satz 4 bleibt unberührt.

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§ 8 Änderung von Tatsachen

Der Berechtigte nach § 1 ist verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung des Landesblindengeldes maßgebend sind, insbesondere Leistungen gemäß § 4 oder die Aufnahme in eine stationäre oder teilstationäre Einrichtung unverzüglich anzuzeigen. Ist der Berechtigte nach § 1 geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter.

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§ 9 Aufgabenwahrnehmung und Zuständigkeit

(1) Die Aufgaben nach diesem Gesetz werden vom Land wahrgenommen. Zuständige Behörde ist das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales. Zur Durchführung der Aufgaben werden die Landkreise und kreisfreien Städte herangezogen. Sie entscheiden im eigenen Namen. Das Ministerium kann Weisungen erteilen. Der Kommunale Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern erlässt den Widerspruchsbescheid.

(2) Für den Personenkreis des § 1 Absatz 1 ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt zuständig, in dessen oder deren Bereich die leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Landkreise und kreisfreien Städte können ihre Aufgaben auf andere Landkreise und kreisfreie Städte durch öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 165 der Kommunalverfassung übertragen. Hält sich der blinde oder hochgradig sehbehinderte Mensch in einer stationären Einrichtung im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes auf, so ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt zuständig, in dessen oder deren Bereich der blinde oder hochgradig sehbehinderte Mensch zum Zeitpunkt der Aufnahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder in den letzten zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat; § 109 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(3) Für den Personenkreis des § 1 Absatz 2 ist zuständig

  1. in Angelegenheiten, die sich auf eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit beziehen, der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dessen oder deren Zuständigkeitsbereich die Beschäftigung oder die selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird,
  2. in Angelegenheiten, die sich auf den Sitz eines Unternehmens beziehen, der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dessen oder deren Zuständigkeitsbereich das Unternehmen seinen Sitz hat oder hatte.

(4) Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales wird ermächtigt, seine Zuständigkeit durch Rechtsverordnung auf das Landesamt für Gesundheit und Soziales zu übertragen.

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§ 10 Verfahren

Soweit sich aus diesem Gesetz nichts Abweichendes ergibt, findet das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch entsprechende Anwendung. Abweichend von § 45 Absatz 3 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von vier Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Für nach dem Tod der leistungsberechtigten Person erbrachte Geldleistungen gilt § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

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§ 11 Erstattung

(1) Das Land erstattet die den Landkreisen und kreisfreien Städten entstehenden Aufwendungen mit Ausnahme der Verwaltungskosten.

(2) Eine Erstattungspflicht besteht nicht, soweit Leistungen zu Unrecht erbracht worden sind und Verschulden vorliegt.

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§ 12 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 2009 in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das Landesblindengeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 1995 (GVOBl. M-V S. 426), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 23. Mai 2006 (GVOBl. M-V S. 194; LVerfGE GVOBl. M-V 2007 S. 318), außer Kraft.

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2.9 Niedersachsen

Gesetz über das Landesblindengeld für Zivilblinde

Vom 18.1.1993 (GVBl S.25),

Letzte berücksichtigte Änderung: §§ 1 und 2 geändert durch Gesetz vom 11.12.2013 (Nds. GVBl. S. 302) (VBl. S. 115)

Übersicht
§ 1

(1) Zivilblinde (Blinde Menschen) erhalten Landesblindengeld (Blindengeld) zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen, wenn sie

  1. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Niedersachsen haben oder
  2. sich in stationären Einrichtungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Lande Niedersachsen hatten.

(2) 1. Blindengeld erhalten auch die nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. EU Nr. L 166 S. 1; Nr. L 200 S. 1; 2007 Nr. L 204 S. 30), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 517/2013 vom 13. Mai 2013 (ABl. EU Nr. L 158 S. 1), in der jeweils geltenden Fassung Anspruchsberechtigten. 2. Dies sind insbesondere blinde Menschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben und

  1. in Niedersachsen eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben,
  2. in einem Beamten- oder Richterverhältnis zu einem niedersächsischen Dienstherrn stehen oder dienstordnungsmäßig Angestellte eines niedersächsischen Arbeitgebers sind,
  3. in einem dieser Staaten voraussichtlich nicht länger als 24 Monate
    1. für ein Unternehmen mit Sitz in Niedersachsen eine Beschäftigung ausüben und keine andere Person ablösen oder
    2. eine Tätigkeit ausüben und gewöhnlich in Niedersachsen die gleiche oder eine vergleichbare selbständige Erwerbstätigkeit ausüben,
  4. aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit Altersrente nach dem Sechsten Buch des Sozialgesetzbuchs oder Altersrente von einer berufsständischen Versorgungseinrichtung mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland beziehen und ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland in Niedersachsen hatten,
  5. aufgrund oder infolge eines Beamtenverhältnisses zu einem deutschen Dienstherrn Ruhegehalt beziehen und ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland in Niedersachsen hatten,
  6. familienversicherte Angehörige nach § 10 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs einer Person nach Nummer 1, 2, 3, 4 oder 5 sind oder familienversicherte Angehörige wären, wenn die Person nach Nummer 1, 2, 3, 4 oder 5 in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert wäre, oder
  7. als Witwen, Witwer, hinterbliebene Lebenspartnerinnen, hinterbliebene Lebenspartner, Waisen oder Halbwaisen (Hinterbliebene) einer Person nach Nummer 1, 2, 3, 4 oder 5 Leistungen nach dem Sechsten Buch des Sozialgesetzbuchs, einer berufsständischen Versorgungseinrichtung mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder der beamtenversorgungsrechtlichen Hinterbliebenenversorgung beziehen und ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland in Niedersachsen hatten.

3. Bei mehreren Beschäftigungen oder selbständigen Erwerbstätigkeiten nach Satz 1 Nrn. 1 und 3 besteht der Anspruch auf Blindengeld nur, wenn der blinde Mensch den größten Teil seiner Tätigkeit in Niedersachsen oder für ein Unternehmen mit Sitz in Niedersachsen ausübt. 4. Einen Anspruch auf Blindengeld nach Satz 1 hat nicht, wer einen gleichartigen Anspruch gegen einen Träger der sozialen Sicherung in dem Staat des gewöhnlichen Aufenthalts hat.

(3) Einen Anspruch auf Blindengeld nach Absatz 1 hat nicht, wer aufgrund oder infolge einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit einen gleichartigen Anspruch gegen einen Träger der sozialen Sicherung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz hat.

(4) Im Sinne der Absätze 2 und 3 sind

  1. eine Beschäftigung eine solche nach § 7 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) und
  2. eine selbständige Erwerbstätigkeit eine Tätigkeit, aus der ein Arbeitseinkommen nach § 15 SGB IV erzielt wird.

(5) § 109 des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs findet entsprechende Anwendung.

(6) Als blinde Menschen gelten auch Personen,

  1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
  2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachten sind.

(7) Die Blindheit oder die Sehstörung nach Absatz 6 ist durch einen Feststellungsbescheid nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs nachzuweisen.

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§ 2

(1) Das Blindengeld beträgt

  1. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres 320 Euro je Monat und
  2. nach Vollendung des 25. Lebensjahres 300 Euro je Monat.

(2) 1. Hält sich der blinde Mensch in einer stationären Einrichtung auf, so verringert sich das Blindengeld nach Absatz 1 auf 100 Euro je Monat. 2. Dies gilt von dem ersten Tage des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt. 3. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Blindengeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt. 4Im Falle der Entlassung aus der Einrichtung wird vom Ersten des Entlassungsmonats an der Betrag nach Absatz 1 gewährt.

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§ 3

(1) Auf das Blindengeld werden die Leistungen angerechnet, die dem Blinden Menschen zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften zustehen.

(2) 1. Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt,

  1. in Fällen der Pflegestufe I bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit 130 Euro und nach der Vollendung des 25. Lebensjahres mit 135 Euro sowie
  2. in Fällen der Pflegestufe II oder III bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit 170 Euro und nach der Vollendung des 25. Lebensjahres mit 165 Euro angerechnet.

2. Entsprechende Leistungen auf Grund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens mit dem sich aus dem Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet. 3 Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

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§ 4

Der Anspruch auf Blindengeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

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§ 5

Die Aufwendungen für das Blindengeld trägt das Land.

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§ 6

Der Blinde Mensch hat keinen Anspruch auf Blindengeld, wenn er

  1. sich weigert, eine ihm zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder zu einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen.
  2. vorsätzlich gegen eine Verpflichtung nach § 8 verstößt,
  3. eine Freiheitsstrafe verbüßt, in Sicherungsverwahrung oder auf Grund strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht ist.

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§ 7

(1) 1. Das Blindengeld wird auf Antrag gewährt. 2. Die Zahlung beginnt mit dem Ersten des Monats, indem die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch mit dem Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt ist. 3.Wird nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches Blindenhilfe geleistet oder ist ein Antrag auf Blindenhilfe gestellt, so ist der Antrag entbehrlich.

(2) 1. Ändern sich die für die Gewährung von Blindengeld maßgeblichen Voraussetzungen zum Nachteil des Blinden Menschen, so wird die Änderung erst im folgenden Monat berücksichtigt. 2. § 2 Abs. 2 bleibt unberührt. 3. Gegen den Anspruch auf Blindengeld kann mit Rückforderungen von zu Unrecht geleistetem Blindengeld aufgerechnet werden.

(3) Hat ein Blinder Mensch für die Zeit, für die Blindengeld gewährt wird, gegen einen anderen einen Anspruch auf Leistungen nach § 3, so kann der überörtliche Träger der Sozialhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe des gewährten Blindengeldes auf das Land übergeht.

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§ 8

Der Empfänger des Blindengeldes ist verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung des Blindengeldes maßgebend sind, insbesondere Leistungen gemäß § 3 oder Aufnahme in eine stationäre Einrichtung, unverzüglich anzuzeigen.

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§ 9

(1) 1. Die Aufgaben nach diesem Gesetz obliegen dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe. 2. Zur Durchführung dieser Aufgaben werden die örtlichen Träger der Sozialhilfe sowie die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs herangezogenen Städte herangezogen. 3. Diese entscheiden im eigenen Namen. 4Für die Durchführung der Aufgaben kann der überörtliche Träger Weisungen erteilen.

(2) Die Aufwendungen, die den in Absatz 1 Satz 2 genannten Körperschaften entstehen, werden mit Ausnahme der Verwaltungskosten vom überörtlichen Träger der Sozialhilfe erstattet.

(3) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gilt für das Verwaltungsverfahren das Sozialgesetzbuch (Erstes und Zehntes Buch) entsprechend.

(4) Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.

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§ 10

1. Hat ein blinder Mensch am 1.Januar 2007 nach § 1 in der ab dem 1.Januar 2007 geltenden Fassung Anspruch auf Blindengeld, so ist das Blindengeld abweichend von § 7 Abs. 1 Satz 2 ab dem 1.Januar 2007 zu leisten, wenn der Antrag bis zum 30.Juni 2007 gestellt wird. 2. Erblindet ein Mensch nach dem 1.Januar 2007, aber vor dem 1.Juni 2007, so gilt Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Blindengeld ab dem Ersten des Monats zu zahlen ist, in dem der blinde Mensch Anspruch auf Blindengeld hat.

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2.10 Nordrhein-Westfalen

 

Nordrhein-Westfalen

Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose (GHBG) vom 17.12.1997 (Gesetz- und Verordnungsblatt NW, S. 436) geändert durch Gesetz vom 5.4.2005 (GVBl. S.332), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.06.2012 (GV. NRW. S. 221)

Übersicht
1. Teil: Blindengeld
§ 1

(1) Blinde erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld. Als Blinde im Sinne dieses Gesetzes gelten auch

  1. Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
  2. Personen, bei denen durch Nummer 1 nicht erfaßte, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, daß sie der Beeinträchtigung nach Nummer 1 gleichzusetzen sind.

(2) Blindengeld erhalten Blinde, die im Land-Nordrhein-Westfalen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und Blinde, die sich in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zur Zeit der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Nordrhein-Westfalen hatten.

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§ 2

(1) Die Höhe des Blindengeldes bestimmt sich nach den Vorschriften über die Blindenhilfe gemäß § 72 des SGB XII in der jeweils geltenden Fassung. Ab dem vollendeten 60. Lebensjahr der Blinden beträgt es 473 Euro. Das für die Behindertenpolitik federführende Ministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nach Zustimmung des für die kommunale Selbstverwaltung zuständigen Ausschusses des Landtags die Höhe des Blindengelds nach Satz 2 anzuheben.

(2) Befinden sich Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, so verringert sich das Blindengeld nach Absatz 1 um die aus diesen Mitteln getragenen Kosten, höchstens jedoch um 50 vom Hundert der Beträge nach Absatz 1; dies gilt vom ersten Tag des zweites Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden Kalendermonat des Aufenthalts in der Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Blindengeld in Höhe von je 1/30 des Betrages nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als 6 volle zusammenhängende Tage dauert, der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

Satz 2 gilt für Blinde, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bereits wenn die vorübergehende Abwesenheit mindestens einen vollen Tag dauert.

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§ 3

(1) Leistungen, die Blinde zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten, werden auf das Blindengeld angerechnet. Ausgenommen sind Leistungen aus bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen, jedoch nicht Leistungen von Schadensersatz.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI in der jeweils geltenden Fassung), bei Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei Pflegebedürftigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI (Pflegestufe I) mit 70 vom Hundert des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI auf das Blindengeld angerechnet, bei Pflegebedürftigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB XI (Pflegestufen II und III) mit 35 vom Hundert des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI. Besteht der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nicht für den vollen Kalendermonat, gilt § 37 Abs. 2 SGB XI entsprechend. Die Anrechnung nach Satz 1 ist jedoch nur bis zu einem Betrag von 50 vom Hundert des Betrages nach § 2 Abs. 1 zulässig. Satz 1 gilt nicht für Blinde, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(3) Erhalten Blinde Leistungen nach dem SGB XI aus einer privaten Pflegeversicherung, wird anstelle des Betrages nach § 2 Abs. 1 der Betrag gezahlt, der sich durch die entsprechende Anwendung von Absatz 2 sowie § 2 Abs. 2 ergibt. Satz 1 gilt auch für entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

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2. Teil: Hilfe für hochgradig Sehbehinderte
§ 4

(1) Hochgradig Sehbehinderte, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, erhalten zum Ausgleich der durch die hochgradige Sehbehinderung bedingten Mehraufwendungen eine Hilfe von 77 Euro monatlich, soweit sie keine entsprechenden Leistungen nach anderen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften erhalten und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen haben. Leistungen nach Satz 1 bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt.

(2) Hochgradig sehbehindert sind Personen, die sich zwar in einer ihnen nicht vertrauten Umgebung ohne fremde Hilfe noch zurechtfinden, ihr restliches Sehvermögen aber für eine Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft, vor allem an einem angemessenen Platz im Arbeitsleben, nicht oder nur unzureichend verwerten können.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn das bessere Auge mit Gläserkorrektion ohne besondere optische Hilfsmittel eine Sehschärfe von nicht mehr als 1/20 oder krankhafte Veränderungen aufweist, die das Sehvermögen in entsprechendem Maße einschränken.

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3. Teil: Hilfe für Gehörlose
§ 5

Gehörlose erhalten zum Ausgleich der durch die Gehörlosigkeit bedingten Mehraufwendungen eine Hilfe von 77 Euro monatlich, soweit sie keine entsprechenden Leistungen nach bundes- oder anderen landesrechtlichen Vorschriften erhalten und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Nordrhein-Westfalen haben. Gehörlos sind Personen mit angeborener oder bis zum 7. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit.

Leistungen nach Satz 1 bleiben als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt.

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4. Teil: Umsetzung des Rechts der Europäischen Union
§ 5a

(1) Leistungen nach diesem Gesetz erhalten auch Blinde, hochgradig Sehbehinderte und Gehörlose, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Nordrhein-Westfalen haben, soweit sie nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, L 200 S. 1, L 204 vom 4. August 2007, S. 30, ABl. L 338 vom 22. Dezember 2010, S. 35) in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind. Gleiches gilt für Bürgerinnen und Bürger aus Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz, wenn dieselben Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Leistungen, die wegen einer in diesem Gesetz genannten Behinderung nach ausländischem Recht zustehen, werden angerechnet.

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5. Teil: Verfahrensvorschriften, Zuständigkeit
§ 6

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden auf Antrag gewährt.

(2) Die Leistungen nach diesem Gesetz sind zu versagen, wenn eine bestimmungsgemäße Verwendung durch oder für die Blinden, hochgradig Sehbehinderten und Gehörlosen nicht möglich ist.

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§ 7

Im übrigen gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (SGB) entsprechend.

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§ 8

Die Landschaftsverbände führen dieses Gesetz durch und tragen die Kosten.

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§ 9

Das Landesblindengeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. November 1992 (GV. NW. S. 446) wird aufgehoben.

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§ 10

(Aufgehoben)

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2.11 Rheinland-Pfalz

 

Rheinland-Pfalz

Landesblindengeldgesetz (LBlindenGG) Vom 28. März 1995 (GVBl. S. 55 58)

Zuletzt geändert durch Gesetz vom 9.3.2011 (GVBl. S. 74).

Übersicht
§ 1 Anspruch

(1) Zivilblinde Menschen (Blinde Menschen), die in Rheinland-Pfalz ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. EU Nr. L 166 S. 1; Nr. L 200 S. 1; 2007 Nr. L 204 S. 30) in der jeweils geltenden Fassung oder anderen Rechtsakten der Europäischen Union anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich der durch ihre Blindheit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld nach diesem Gesetz.

(2) Blind ist, wer völlig ohne Sehvermögen ist.

(3) Den blinden Menschen gleichgestellt sind Personen,

  1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder
  2. bei denen dem Schweregrad der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen.

(4) Bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens haben Asylbegehrende und ihre Familienangehörigen, soweit sie nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind, keinen Anspruch. Sie haben außerdem keinen Anspruch, wenn sie nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrags ausgewiesen oder abgeschoben werden können.

(5) Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

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§ 2 Höhe des Blindengeldes

(1) Das Blindengeld beträgt 410,00 EUR monatlich. Bei blinden Menschen, die im April 2003 Blindengeld erhalten haben, beträgt das Blindengeld 529,50 EUR monatlich; dies gilt auch, wenn der Anspruch auf Blindengeld im April 2003 nach § 3 geruht hat.

(2) Blinde Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten 50 v. H. der in Absatz 1 genannten Beträge; nach Vollendung des 18. Lebensjahres erhalten sie den in Absatz 1 Satz 1 genannten Betrag.

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§ 3 Ruhen des Anspruches

(1) Der Anspruch auf Blindengeld ruht, wenn und solange blinde Menschen sich in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen aufhalten. Satz 1 gilt nicht, wenn der Aufenthalt nicht länger als vier Wochen dauert.

(2) Dauert der Aufenthalt länger als vier Wochen, wird die Leistung des Blindengeldes am ersten Tag der fünften Woche nach der Aufnahme in die Einrichtung eingestellt und am Tag nach dem Verlassen der Einrichtung wieder aufgenommen. Ist dabei das Blindengeld nach Tagen zu bemessen, ist für jeden Tag ein Dreißigstel der in § 2 genannten Beträge zu leisten. In gleicher Weise ist das Blindengeld für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung zu leisten.

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§ 4 Anrechnung anderer Leistungen

(1) Leistungen, die blinde Menschen nach anderen Rechtsvorschriften für den gleichen Zweck wie das Blindengeld erhalten, werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, auf das Blindengeld angerechnet.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei der Pflegestufe I mit 60 v. H. des Pflegegeldes dieser Pflegestufe und bei den Pflegestufen II und III mit 40 v. H. des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch angerechnet. Entsprechende Leistungen auf Grund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

(3) Werden anzurechnende Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum, für den Blindengeld geleistet worden ist, erbracht, sind die überzahlten Beträge des Blindengeldes zu erstatten.

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§ 5 Versagung und Kürzung des Blindengeldes

(1) Das Blindengeld ist zu versagen oder angemessen zu kürzen, wenn blinde Menschen ihnen nach anderen Rechtsvorschriften zustehende Leistungen, die dem gleichen Zweck wie das Blindengeld dienen, nicht in Anspruch nehmen.

(2) Ein Anspruch auf Blindengeld besteht nicht, wenn blinde Menschen vorsätzlich gegen eine Verpflichtung nach § 8 verstoßen, eine Freiheitsstrafe verbüßen, sich in Sicherungsverwahrung befinden oder auf Grund eines strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht sind.

(3) Besuchen blinde Menschen eine Einrichtung zur teilstationären Betreuung, eine Kindertagesstätte oder eine Schule, ist das Blindengeld unter Berücksichtigung der Dauer des Aufenthaltes um bis zu 25 v. H. zu kürzen.

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§ 6 Antrag

Das Blindengeld wird auf Antrag geleistet. Der Antrag ist bei der Kreisverwaltung oder der Stadtverwaltung der kreisfreien Stadt des gewöhnlichen Aufenthaltes des blinden Menschen oder, wenn kein gewöhnlicher Aufenthalt in Rheinland-Pfalz besteht, beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zu stellen.

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§ 7 Beginn und Einstellung der Blindengeldleistung

(1) Blindengeld wird vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch vom Beginn des Monats an, in dem der Antrag nach § 6 gestellt worden ist.

(2) Eine Einstellung der Leistung von Blindengeld oder eine Herabsetzung, die auf einer Änderung der für die Leistung maßgebenden Umstände beruht, wird mit Ablauf des Monats wirksam, in den die Änderung fällt. § 3 bleibt unberührt.

(3) Der Anspruch auf Blindengeld erlischt mit dem Ablauf des Sterbemonats.

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§ 8 Mitteilungspflichten

Blinde Menschen oder ihre gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter haben jede Änderung der Umstände, welche für die Leistung des Blindengeldes maßgeblich sind, der nach § 10 Abs. 1 zuständigen Behörde mitzuteilen. Dies gilt insbesondere für Änderungen des Sehvermögens oder des gewöhnlichen Aufenthaltes, für die Aufnahme in eine Einrichtung nach § 3 und die Fälle der §§ 4 und 5.

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§ 9 Verwaltungsverfahren

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten für das Verwaltungsverfahren und die Kostenerstattung zwischen den Leistungsträgern das Erste und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch entsprechend

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§ 10 Zuständigkeit

(1) Zuständige Behörde für die Durchführung dieses Gesetzes ist die Kreisverwaltung, in kreisfreien Städten die Stadtverwaltung, in deren Bezirk die blinden Menschen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben; besteht kein gewöhnlicher Aufenthalt in Rheinland-Pfalz, ist das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zuständige Behörde. Die Landkreise und die kreisfreien Städte nehmen die Aufgaben als Auftragsangelegenheit wahr.

(2) Zur Beurteilung, ob Blindheit oder eine gemäß § 1 Abs. 3 vergleichbare Beeinträchtigung der Sehschärfe vorliegt, holt die zuständige Behörde ein amtsärztliches Gutachten ein. Hiervon soll abgesehen werden, wenn behördliche Unterlagen die Blindheit oder die vergleichbare Beeinträchtigung der Sehschärfe ausweisen.

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§ 11 Kostenregelung

(1) Die Aufwendungen für das Blindengeld werden von den Landkreisen und den kreisfreien Städten getragen.

(2) Das Land erstattet den Landkreisen und den kreisfreien Städten nach Ablauf des Haushaltsjahres zwei Drittel des geleisteten Blindengeldes. Zum 1. April und zum 1. Oktober eines jeden Jahres werden Abschlagszahlungen von je 45 v. H. des voraussichtlichen Jahreserstattungsbetrages geleistet. Das Erstattungsverfahren wird vom Landesamt für Jugend und Soziales Rheinland-Pfalz durchgeführt.

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§ 12 Übergangsbestimmung

Blinde Menschen, die bis zum 31. März 1995 Leistungen nach dem Landespflegegeldgesetz erhalten haben, erhalten Blindengeld nach diesem Gesetz ohne Antrag und ohne Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens, soweit die Voraussetzungen für die Leistung von Blindengeld vorliegen.

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2.12 Saarland

 

Saarland

Gesetz Nr. 761 über die Gewährung einer Blindheitshilfe Vom 2. Juli 1962 in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Dezember 1995 (Amtsbl. 1996 S. 58), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 20. November 2013 (Amtsbl. I S. 308).

Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26.10.2010 (Amtsbl. I. S. 1409)

Geltungsbeginn: 13.12.2013, Geltungsende: 31.12.2020

Übersicht
§ 1

(1) Blinde erhalten auf Antrag, soweit sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Saarland haben oder soweit die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 29. April 2004 (ABl. L 166 vom 30. 4. 2004, S. 1, ber. ABl. L 200 vom 7. 6. 2004, S. 1, ber. ABl. L 204 vom 4. 8. 2007, S. 30), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 1224/2012 (ABl. L 349 vom 19. 12. 2012, S. 45), in der jeweils geltenden Fassung dies vorsieht, zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen eine Blindheitshilfe.

(2) Blinden Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, wird Blindheitshilfe in Höhe von monatlich 438,- Euro gewährt. Blinden Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird Blindheitshilfe in Höhe von monatlich 293,- Euro gewährt.

(3) Blinden stehen Personen gleich, deren beidäugige Gesamtsehschärfe nicht mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen.

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§ 2

Der Anspruch auf Blindheitshilfe kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

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§ 3

(1) Auf die Blindheitshilfe werden gleichartige Leistungen angerechnet, die der Blinde zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen aufgrund anderer Rechtsvorschriften erhält. Entsprechendes gilt für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, bei der Pflegestufe I mit 60 v.H. des Pflegegeldes dieser Pflegestufe und bei den Pflegestufen II und III mit 40 v.H. des Pflegegeldes der Pflegestufe II nach § 37 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch angerechnet.

(3) Entsprechende Leistungen aufgrund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Absatz 2 ergebenden Umfang angerechnet. Dies gilt entsprechend, wenn die Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

(4) Zur Realisierung des Anspruchs auf vorrangige gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften kann der Träger der Blindheitshilfe den Anspruch bis zur Höhe seiner Leistungen auf sich überleiten.

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§ 4

Befinden sich Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung, und werden die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger oder einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) getragen, so verringert sich die Blindheitshilfe nach § 1 Abs. 2 um die aus diesen Mitteln getragenen Kosten, höchstens jedoch um 50 v. H. der Beträge aus § 1 Abs. 2; dies gilt von dem ersten Tag des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung oder im Fall schon bestehender Unterbringung auf die erstmalige Beteiligung öffentlich-rechtlicher Leistungsträger an der Kostenerstattung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird die Blindheitshilfe in Höhe von je 1/30 des Betrages nach § 1 Abs. 2 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

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§ 5

Die Aufwendungen für die Blindheitshilfe trägt das Saarland.

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§ 6

(1) Die Leistungen werden in Monatsbeträgen zuerkannt, auf volle Euro aufgerundet und monatlich im Voraus gezahlt. Sie sind kostenfrei auf ein Konto, das die Empfangsberechtigten angegeben haben, zu überweisen.

(2) Die Zahlung der Blindheitshilfe beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt wird. Dies gilt auch dann, wenn eine Erhöhung der Leistung beantragt wird. Eine Erhöhung der Leistungen von Amts wegen wird vom Ersten des Monats an wirksam, in dem die Umstände oder das Ereignis, welche die Erhöhung bedingen, der nach § 8 zuständigen Behörde bekannt geworden sind.

(3) Eine Minderung oder Entziehung der Blindheitshilfe wird mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die Voraussetzungen weggefallen sind; werden anrechnungsfähige andere Leistungen nach § 3 nachgezahlt, so ist für deren Anrechnung der Zeitpunkt des rückwirkenden Einsetzens der Zahlung maßgebend. Eine durch Besserung der Sehfähigkeit bedingte Minderung oder Entziehung der Blindheitshilfe tritt mit Ablauf des Monats ein, der auf die Bekanntgabe des die Änderung aussprechenden Bescheids folgt.

(4) Ist die Überzahlung dadurch entstanden, dass die Empfänger oder die gesetzlichen Vertreter bzw. Betreuer die Wiederherstellung der Sehfähigkeit nicht mitgeteilt und insoweit ihre Mitteilungspflicht nach § 7 versäumt haben, sind die Blinden unter Beachtung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zur Rückerstattung der überzahlten Leistungen verpflichtet.

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§ 7

Der Empfänger der Blindheitshilfe ist verpflichtet, jede Änderung von Tatsachen, die für die Gewährung der Blindheitshilfe maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen. Ist er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter oder den Betreuer.

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§ 8

(1) Dieses Gesetz wird von den zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden durchgeführt.

(2) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, finden das Sozialgesetzbuch (I. und X. Buch), das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung und die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über das Vorverfahren entsprechende Anwendung.

(3) Für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

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§ 9

(1) Hochgradig Sehschwache, die zum Zeitpunkt des Änderungsgesetzes vom 24. März 1982 (Amtsbl. S. 390) Anspruch auf Gewährung einer Blindheitshilfe hatten, erhalten diese Leistungen weiter.

(2) Abweichend von § 4 gilt für Blinde, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes die erforderliche Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung erhalten, § 4 des Gesetzes über die Gewährung einer Blindheitshilfe in der Fassung vom 20. April 1982 weiter. Diese vor dem In-Kraft-Treten zustehende Blindheitshilfe darf jedoch so lange nicht erhöht werden, bis der Betrag erreicht ist, wie er sich nach der Neufassung ergibt.

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§ 10

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1962 in Kraft. Das Gesetz tritt am 31. Dezember 2020 außer Kraft.

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2.13 Sachsen

Sachsen

Gesetz über die Gewährung eines Landesblindengeldes und anderer Nachteilsausgleiche (Landesblindengeldgesetz - LBlindG)

Vom 14. Dezember 2001 zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2011

Übersicht
§ 1 Berechtigte

(1) Blinde, hochgradig Sehschwache, Gehörlose und schwerstbehinderte Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben und im Freistaat Sachsen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder nach der Verordnung VO (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, L 200 S. 1, L 204 vom 4. August 2007, S. 30), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 (ABl. L 284 vom 30. Oktober 2009, S. 43), in der jeweils geltenden Fassung, anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich ihrer behinderungsbedingten Mehraufwendungen Leistungen nach diesem Gesetz.

(2) Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind gelten auch Personen,

  1. deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Fünfzigstel beträgt oder
  2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzusetzen sind.

(3) Hochgradig sehschwach sind Personen,

  1. deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht bei beidäugiger Prüfung mehr als ein Zwanzigstel beträgt oder
  2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste, gleichschwere Störungen der Sehfunktion vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn die Einschränkung des Sehvermögens einen Grad der Behinderung von 100 bedingt und Blindheit noch nicht vorliegt.

(4) Gehörlos im Sinne dieses Gesetzes sind Personen mit angeborener oder bis zum siebenten Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, wenn bei ihnen allein wegen der Taubheit und wegen der mit der Taubheit einhergehenden schweren Störung des Spracherwerbs ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt ist. Personen, die erst später die Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit erworben haben, gelten nur dann als gehörlos, wenn bei ihnen allein wegen der Taubheit und der mit der Taubheit einhergehenden schweren Sprachstörung ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt ist.

(5) Schwerstbehinderte Kinder im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und bei denen ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt ist.[1]

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§ 2 Höhe der Leistungen

(1) Blinde erhalten ein monatliches Blindengeld in Höhe von 333 EUR. Der monatliche Nachteilsausgleich beträgt für

  1. hochgradig Sehschwache 52 EUR,
  2. Gehörlose 103 EUR und für
  3. schwerstbehinderte Kinder 77 EUR.

(2) Blinde, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten 75 Prozent der Leistung nach Absatz 1 Satz 1.

(3) Die Leistungen nach diesem Gesetz sind einkommens- und vermögensunabhängig. Beim Zusammentreffen mehrerer Ansprüche nach diesem Gesetz wird die Summe der entsprechenden Einzelleistungen gewährt. Blinde erhalten zum Blindengeld nicht zusätzlich den Nachteilsausgleich für hochgradig Sehschwache. Bei schwerstbehinderten Kindern entstehen mehrere Ansprüche, wenn Blindheit oder hochgradige Sehschwäche oder Gehörlosigkeit gegeben ist und weitere Behinderungen vorliegen, die für sich allein einen Grad der Behinderung von 100 ergeben.

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§ 3 Ausgeschlossener Personenkreis

Auf eine Leistung nach diesem Gesetz hat keinen Anspruch, wer wegen einer in § 1 genannten Behinderung bereits einen Anspruch

  1. auf eine Leistung nach dem Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495, 2496), in der jeweils geltenden Fassung, oder nach Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
  2. auf eine Leistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
  3. auf eine Leistung aus öffentlichen Kassen aufgrund der gesetzlich geregelten Unfallversorgung oder Unfallfürsorge oder
  4. auf eine den Nummern 1 bis 3 entsprechende ausländische Leistung hat.

[2]

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§ 4 Kürzung des Blindengeldes

(1) Das Blindengeld wird um 50 Prozent des Betrages nach § 2 Abs. 1 Satz 1 gekürzt, wenn sich der Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befindet und Leistungen zur stationären Pflege nach § 43 des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1015), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, oder entsprechende Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des § 1 SGB XI oder Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährt werden.

(2) Werden die Kosten des Aufenthalts in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen, verringert sich das Blindengeld um die aus diesen Mitteln bestrittenen Kosten, höchstens jedoch um 50 Prozent des Betrages nach § 2 Abs. 1 Satz 1. Die Kürzung setzt voraus, dass in der Einrichtung dem Blinden über die Gewährung von Wohnung und Verpflegung hinaus Leistungen geboten werden, die zu einer erheblichen Minderung der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen führen.

(3) Liegen die Voraussetzungen einer Kürzung nach den Absätzen 1 und 2 gleichzeitig vor, darf das Blindengeld um nicht mehr als 50 Prozent gekürzt werden. Die Kürzung gilt für jeden vollen Kalendermonat. Sie gilt ab dem ersten Tag des Folgemonats, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt.

(4) Für jeden vollen Tag der vorübergehenden Abwesenheit von der Einrichtung wird das Blindengeld in Höhe von einem Dreißigstel des Betrages nach § 2 Abs. 1 Satz 1 geleistet, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert oder regelmäßig eine Betreuung an den Wochenenden außerhalb des Heimes erfolgt. Der Betrag nach Absatz 1 oder 2 wird in gleichem Verhältnis gekürzt.[3]

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§ 5 Anrechnung anderer Leistungen

(1) Leistungen, die der Berechtigte zum Ausgleich der durch seine Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften mit Ausnahme der Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch erhält, werden voll auf die Leistungen nach diesem Gesetz angerechnet.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 SGB XI sowie bei Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI und bei Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI werden bei Blinden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt,

  1. bei der Pflegestufe I mit 50 Prozent des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB XI,
  2. bei der Pflegestufe II mit 33,3 Prozent des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI und
  3. bei der Pflegestufe III mit 25 Prozent des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI auf das Blindengeld angerechnet.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend, wenn der Blinde Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch oder diese Leistungen zusammen mit Pflegeleistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften oder entsprechende ausländische Leistungen erhält.

(4) Liegen die Voraussetzungen der Absätze 2 oder 3 und des § 4 Abs. 2 zusammen vor, wird das Blindengeld nur nach § 4 gekürzt.[4]

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§ 6 Antragsverfahren, Übertragung, Pfändung und Vererbbarkeit

(1) Leistungen nach diesem Gesetz werden auf Antrag gewährt. Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der nach § 7 zuständigen Behörde zu stellen. Der Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz entsteht mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch mit dem ersten Tag des Antragsmonats. Er endet mit Ablauf des Monats, in dem die Voraussetzungen weggefallen sind.

(2) Der Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz kann nicht übertragen, verpfändet und gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

(3) Die Leistungen nach diesem Gesetz werden monatlich im Voraus gezahlt. Der Betrag wird auf volle Euro aufgerundet. Für Leistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten gilt § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 (BGBl. I S. 1939, 1944) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend.[5]

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§ 7 Zuständige Behörde

Sachlich zuständig für den Vollzug dieses Gesetzes sind die Landkreise und Kreisfreien Städte. Rechtsaufsichtsbehörde ist insoweit der Kommunale Sozialverband Sachsen. Ihm stehen insoweit die Befugnisse nach §§ 113 bis 116 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. März 2003 (SächsGVBl. S. 55, 159), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. Juni 2009 (SächsGVBl. S. 323, 325) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, zu. Er ist zuständig für Grundsatzangelegenheiten.[6]

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§ 8 Verfahren

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, finden das Erste Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) - Allgemeiner Teil - (Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch Artikel 7 Abs. 5 des Gesetzes vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1707, 1711) und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 15 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2258, 2270), in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend Anwendung. Abweichend von § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden. Leistungen, die zu einer Minderung des Anspruches auf Blindengeld führen, gelten als Einkommen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.

(2) Für Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Soweit das Sozialgerichtsgesetz (SGG) besondere Vorschriften für das soziale Entschädigungsrecht enthält, gelten diese auch für die Streitigkeiten nach Satz 1.

(3) Die nach § 7 zuständige Behörde erhält anhand der ihr bekannten Wohnorte der Leistungsempfänger von der jeweils zuständigen Meldebehörde folgende Angaben:

  1. im Sterbefall den Sterbetag,
  2. bei Umzug die neue Wohnanschrift und den Tag des Auszuges.

Die Übermittlung erfolgt einmal kalenderjährlich auf Veranlassung der nach § 7 zuständigen Behörde. Zur Identifizierung werden von beiden Behörden der vollständige Name, einschließlich früherer Namen, die zuletzt bekannte Anschrift, der Geburtstag und das Geschlecht des Betroffenen verwendet.[7]

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§ 9 Förderung der Teilhabe

(1) Um Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen, werden insbesondere Maßnahmen der Bewusstseinsbildung für die Lage von Menschen mit Behinderungen, der Verbesserung der Barrierefreiheit, der Einbeziehung in die Gemeinschaft, der Verbesserung der Mobilität, der Teilhabe am Arbeitsleben sowie der Teilhabe am politischen, öffentlichen und kulturellen Leben von Menschen mit Behinderungen nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 gefördert.

(2) Zur Förderung der Teilhabe nach Absatz 1 werden jährlich je schwerbehinderten Menschen 60 EUR in den Staatshaushalt eingestellt. Grundlage für die Ermittlung der Anzahl der schwerbehinderten Menschen ist die am 1. Januar des dem Inkrafttreten der Bestimmungen für das erste Haushaltsjahr des Haushaltsplanes vorausgehenden Kalenderjahres vom Statistischen Landesamt des Freistaates Sachsen als Statistischer Bericht veröffentlichte Statistik, Schwerbehinderte Menschen im Freistaat Sachsen 9 auf der Rechtsgrundlage von § 131 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046, 1047), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Bei der Aufstellung eines Doppelhaushaltes gilt die nach Satz 2 ermittelte Anzahl der schwerbehinderten Menschen für beide Haushaltsjahre.

(3) Die §§ 7 und 8 sind für die Förderung der Teilhabe nach Absatz 1 nicht anzuwenden. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Mitteln zur Förderung der Teilhabe besteht nicht. Das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz wird ermächtigt, das Nähere über die Mittelverwendung, das Verfahren und die Zuständigkeit in einer Rechtsverordnung zu regeln.[8]

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§ 10 Kosten

Die Aufwendungen für die Leistungen nach diesem Gesetz trägt der Freistaat Sachsen. An den Ausgaben zum Blindengeld gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 beteiligt sich der Kommunale Sozialverband Sachsen zur Hälfte. Den Landkreisen und Kreisfreien Städten wird zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Landesanteil zweckgebunden zur Bewirtschaftung übertragen.[9]

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§ 11 Übergangsvorschrift

Entscheidungen über Leistungen nach dem Gesetz über die Gewährung eines Landesblindengeldes und anderer Nachteilsausgleiche vom 11. Februar 1992 (SächsGVBl. S. 53), zuletzt geändert durch Artikel 52 des Gesetzes vom 28. Juni 2001 (SächsGVBl. S. 426, 431), gelten ab dem 1. Januar 2002 als Entscheidungen im Sinne dieses Gesetzes.[10]

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§ 12 In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2002 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Gewährung eines Landesblindengeldes und anderer Nachteilsausgleiche vom 11. Februar 1992 (SächsGVBl. S. 53), zuletzt geändert durch Artikel 52 des Gesetzes vom 28. Juni 2001 (SächsGVBl. S. 426, 431), außer Kraft.

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Anmerkungen
  • [1] § 1 geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [2] § 3 neu gefasst durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [3] § 4 geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [4] § 5 geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [5] § 6 geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [6] § 7 neu gefasst durch Artikel 48 des G vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 177) und geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S.387,394)
  • [7] § 8 geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [8] § 9 eingefügt durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394
  • [9] § 10 (alt § 9) geä. durch Artikel 4 des G vom 14. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 167, 175), durch Artikel 48 des G vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 177)und durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)
  • [10] Bisheriger § 10 wird neu § 11 und geä. durch Artikel 7 des G vom 15. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 387,394)

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2.14 Sachsen-Anhalt

 

Sachsen-Anhalt

Gesetz über das Blinden- und Gehörlosengeld im Land Sachsen-Anhalt vom 19. Juni 1992

Zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2013, GVBl. LSA Nr. 32/2013

Übersicht
§ 1

(1) Blinde und Gehörlose, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch im Land Sachsen-Anhalt haben oder nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. 4. 2004, S. 1, ABl. L 200 vom 7. 6. 2004, S. 1, ABl. L 204 vom 4. 8. 2007, S. 30), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 (ABl. L 284 vom 30. 10. 2009, S. 43), anspruchsberechtigt sind, erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit oder Gehörlosigkeit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld oder Gehörlosengeld ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen. Dies gilt auch für Leistungsberechtigte aus den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz sowie Hilfskräfte der Europäischen Union.

(2) Blindengeld erhalten auch Personen,

  1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
  2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleich zu achten sind. Vorübergehende Störungen sind nicht zu berücksichtigen. Als vorübergehend gilt ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten.
  3. die hochgradig sehbehindert mit einem Sehvermögen von 1/20 und weniger sind.

(3) Gehörlosengeld erhalten Personen

  1. mit angeborener oder bis zum 7. Lebensjahr erworbener Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, soweit der Grad der Behinderung infolge schwerer Störungen des Spracherwerbs 100 beträgt,
  2. mit später erworbener Taubheit, wenn der Grad der Behinderung allein infolge Taubheit und mit der Taubheit einhergehender schwerer Sprachstörung 100 beträgt.

(4) Das Blindengeld nach Absatz 1 und 2 Nrn. 1 und 2 beträgt 320 Euro monatlich, für Minderjährige 250 Euro monatlich. Hochgradig Sehbehinderte nach Absatz 2 Nr. 3 und Gehörlose nach Absatz 3 erhalten Blinden- oder Gehörlosengeld in Höhe von 41 Euro monatlich. Ein nicht auf volle Euro errechneter Betrag ist bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden.

(5) Der Nachweis über das Vorliegen von Blindheit oder Gehörlosigkeit nach den Absätzen 1 bis 3 ist durch einen Feststellungsbescheid nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zu erbringen.

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§ 1 a

Leistungen nach diesem Gesetz erhalten nicht Personen,

  1. die wegen ihrer anerkannten Blindheit Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, beziehen,
  2. die wegen Blindheit aufgrund eines Versicherungsfalles nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beziehen,
  3. bei denen die Nutzung der Leistung durch oder für sie zum Ausgleich des durch die Sehbehinderung bedingten Mehraufwandes nicht möglich ist.

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§ 2

(1) Auf das Blindengeld nach § 1 Abs. 1 und 2 Nrn. 1 und 2 werden nur gleichartige Leistungen angerechnet, die der Blinde zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen auf Grund anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften erhält. Dies gilt auch für vergleichbare Leistungen aus anderen Staaten der Europäischen Union, Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz; bei Ausübung einer Erwerbstätigkeit in diesen Staaten sind die Leistungen des Beschäftigungsstaates grundsätzlich vorrangig. Hilfskräfte der Europäischen Union haben ein Wahlrecht, welches nationale Recht angewendet wird.

(2) Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch werden auf das Blindengeld nach § 1 Abs. 1 und 2 Nrn. 1 und 2 angerechnet bei

  1. häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und
  2. Tages- und Nachtpflege nach § 41 des Elften Buches Sozialgesetzbuch, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt. Bei Pflegebedürftigkeit nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Pflegestufe I) werden 60 v. H. des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch angerechnet, bei Pflegebedürftigkeit nach § 15 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Pflegestufen II und III) 40 v. H. des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch. Besteht der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege nicht für den ganzen Kalendermonat, gilt § 37 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(3) Leistungen aus einer privaten Pflegeversicherung werden in gleicher Höhe wie Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung angerechnet. Dies gilt auch für entsprechende Leistungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

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§ 3

(1) Das Blindengeld nach § 1 Abs. 1 und 2 Nrn. 1 und 2 wird nicht gezahlt, solange der Blinde sich in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung aufhält, es sei denn, dass die Kosten dieses Aufenthalts überwiegend vom Blinden oder einem nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtigen Dritten getragen werden.

(2) Ein Anspruch auf Blindengeld nach § 1 Abs. 1 und 2 Nrn. 1 und 2 besteht nicht für die Dauer der Verbüßung einer freiheitsentziehenden Maßnahme aufgrund rechtskräftiger Verurteilung durch ein deutsches Gericht oder für die Zeit einer gerichtlich angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung der Jugendhilfe oder einer vergleichbaren Einrichtung.

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§ 4

(1) Das Blinden- oder Gehörlosengeld wird auf Antrag gewährt. Der Anspruch entsteht mit dem Ersten des Monats, in dem die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt wird. Satz 2 gilt entsprechend, wenn eine höhere Leistung beantragt wird. Die Minderung oder Entziehung der Leistung wird mit dem ersten Tag des Folgemonats wirksam, in dem die Voraussetzungen für ihre Gewährung weggefallen sind. Ist beim Tod der blinden oder gehörlosen Person das Blinden- oder Gehörlosengeld noch nicht ausgezahlt, erlischt der Anspruch.

(2) Der Anspruch entsteht für jeden Monat, in dem die Voraussetzungen an einem Tage vorliegen.

(3) Das Blinden- oder Gehörlosengeld wird in Monatsbeträgen im voraus gezahlt.

(4) Der Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Er ist nicht vererblich.

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§ 5

Empfänger von Blinden- oder Gehörlosengeld sind verpflichtet, Änderungen, die für die Gewährung der Leistungen maßgebend sind, unverzüglich anzuzeigen. Dazu gehören insbesondere:

  1. Änderungen des gewöhnlichen Aufenthaltes,
  2. Änderungen des Seh- oder Hörvermögens,
  3. die Aufnahme in ein Heim oder eine gleichartige Einrichtung,
  4. die in § 3 Abs. 2 genannten Tatbestände,
  5. Leistungen aufgrund anderer Rechtsvorschriften zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen.

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§ 6

(1) Zuständig für die Durchführung dieses Gesetzes ist das Landesverwaltungsamt.

(2) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, finden das Erste und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch, das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung und die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über das Vorverfahren entsprechende Anwendung. Abweichend von § 51 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch können Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht gezahlten Blinden- und Gehörlosengeldes uneingeschränkt mit dem Anspruch auf laufende Geldleistungen nach diesem Gesetz aufgerechnet werden. Abweichend von § 45 Abs. 3 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden. Leistungen, die zu einer Minderung des Anspruches auf Blindengeld führen, gelten als Einkommen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Für Leistungen für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten findet § 118 Abs. 3 bis 4a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechende Anwendung.

(3) Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

(4) Die nach Absatz 1 zuständige Behörde erhält anhand der ihr bekannten Wohnorte der Leistungsempfänger von der jeweils zuständigen Meldebehörde folgende Angaben:

  1. im Sterbefall den Sterbetag,
  2. bei Umzug die neue Anschrift und den Tag des Auszuges.

Die Übermittlung erfolgt einmal kalenderjährlich auf Veranlassung der nach Absatz 1 zuständigen Behörde. Zur Identifizierung werden von beiden Behörden der vollständige Name einschließlich früherer Namen, die zuletzt bekannte Anschrift, der Geburtstag und das Geschlecht des Betroffenen verwendet.

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2.15 Schleswig-Holstein

 

Schleswig-Holstein

Gesetz über Landesblindengeld i.d.F. der Bekanntmachung vom 12.5.1997 (GVO Bl S.313), - Landesblindengeldgesetz (LBlGG) letzte berücksichtigte Änderung: §§ 1, 2 und 5 geändert (Artikel 3 Ges. v. 23.01.2013, GVOBl. S. 16).

Übersicht
Präambel:

In Erkenntnis der schweren Beeinträchtigung eines Menschen durch Blindheit in seiner gesamten Existenz gewährt das Land Schleswig-Holstein ein Landesblindengeld als in die Gesellschaft.

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§ 1

(1) Zivilblinde, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Lande Schleswig-Holstein haben oder nach der Verordnung VO (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, L 200 S. 1, L 204 vom 4. August 2007, S. 30), geändert durch Verordnung (EG) Nr. 988/2009 (ABl. L 284 vom 30. Oktober 2009, S. 43), anspruchsberechtigt sind, erhalten ein Landesblindengeld zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen. Blindengeld erhalten auch Blinde, die sich in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Lande Schleswig-Holstein hatten. § 23 und § 109 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005 (BGBl. I S. 818) gelten entsprechend.

(2) Auf das Landesblindengeld nach diesem Gesetz werden Landesblindengelder, die nach den Vorschriften der anderen Bundesländer erbracht werden, angerechnet.

Entsprechendes gilt für vergleichbare Leistungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten.

(3) Landesblindengeld wird Blinden monatlich nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe von 300 Euro und Blinden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in Höhe von 200 Euro gewährt. Taubblinde erhalten 400 Euro.

(4) Als Blinde im Sinn § 9 dieses Gesetzes gelten auch Personen,

  1. deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt,
  2. bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, daß sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleichzuachten sind.

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§ 2

Die Blindheit oder eine ihr nach § 1 Abs. 4 gleichgestellte Sehbehinderung ist durch die Vorlage eines Feststellungsbescheides gemäß § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) zuletzt geändert durch Artikel 13 Abs. 26 des Gesetzes vom 12. April 2012 (BGBl. I S. 579) nachzuweisen.

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§ 3

Der Anspruch auf Blindengeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

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§ 4

(1) Leistungen, die der Blinde zum Ausgleich der durch Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Vorschriften erhält, werden auf das Blindengeld angerechnet.

(2) Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buches Sozialgesetzbuch werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, mit 50%, bei Minderjährigen mit 25 % des Pflegegeldes der jeweiligen Pflegestufe angerechnet. Entsprechende Leistungen aufgrund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen werden höchstens in dem sich aus Satz 1 ergebenden Umfang angerechnet. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn die Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

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§ 5

Befindet sich der Blinde in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung und werden die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger oder einer privaten Pflegeversicherung im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch getragen, so verringert sich das Blindengeld nach § 1 Abs. 3 um die aus diesen Mitteln getragenen Kosten, höchstens jedoch um 50% der Beträge nach § 1 Abs. 3 . Dies gilt von dem ersten Tage des zweiten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat des Aufenthalts in der Einrichtung. Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird das Blindengeld in Höhe von je einem Dreißigstel des Betrages nach § 1 Abs. 2 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert; der Betrag nach Satz 1 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.

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§ 6

Die Aufwendungen für das Blindengeld trägt das Land.

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§ 7

(1) Der Blinde hat keinen Anspruch auf Blindengeld, wenn er

  1. die Annahme ihm zumutbarer Arbeit ablehnt oder sich weigert, sich zu einem angemessenen Beruf oder für die Ausübung einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen,
  2. vorsätzlich gegen eine Verpflichtung nach § 9 verstößt,
  3. eine Freiheitsstrafe verbüßt, in Sicherungsverwahrung oder aufgrund strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt untergebracht ist.

(2) Das Blindengeld kann versagt werden, soweit seine bestimmungsgemäße Verwendung durch oder für den Blinden nicht möglich ist.

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§ 8

(1) Das Blindengeld wird auf Antrag gewährt.

(2) Die Zahlung beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Ersten des Antragsmonats.

(3) Eine Änderung oder Entziehung des Blindengeldes wird unbeschadet des § 5 mit Ablauf des Monats wirksam, in dem die Voraussetzungen sich geändert haben oder weggefallen sind. Überzahlte Beträge sind anzurechnen oder einzuziehen, wenn den Empfänger des Blindengeldes ein Verschulden trifft.

(4) Werden Leistungen, die nach § 4 auf das Blindengeld anzurechnen sind, nachgezahlt, so hat der Blinde die überzahlten Beträge des Blindengeldes zu erstatten.

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§ 9

(1) Der Empfänger des Blindengeldes ist verpflichtet, Änderungen der Tatsachen, die für die Gewährung des Blindengeldes maßgebend sind, insbesondere Leistungen gemäß § 4 oder Aufnahme in ein Heim oder in eine Anstalt unverzüglich anzuzeigen. Ist der Empfänger des Blindengeldes geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, trifft die Verpflichtung den gesetzlichen Vertreter.

(2) Verstößt der Blinde vorsätzlich gegen die ihm nach Absatz 1 Satz 1 obliegende Verpflichtung, kann das Blindengeld gekürzt oder entzogen werden.

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§ 10

Die Aufgaben nach diesem Gesetz führen die Kreise und kreisfreien Städte als Selbstverwaltungsangelegenheit durch.

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2.16 Thüringen

 

Thüringen

Thüringer Gesetz über das Blindengeld (Thüringer Blindengeldgesetz -ThürBliGG -) Neugefasst: 07.10.2010

Gültig ab: 01.07.2010

Gültig bis: 31.12.2015

Fundstelle: GVBl 2010, 319

Letzte berücksichtigte Änderung: § 1 geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2013 (GVBl. S. 157)

Übersicht
§ 1 Anspruchsberechtigte Personen

1) Blinde Menschen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 30 Abs. 3 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch in Thüringen haben, erhalten zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen Blindengeld ohne Anrechnung von Einkommen und Vermögen.

(2) Blindengeld erhalten auch blinde Menschen, die sich in stationären Einrichtungen im übrigen Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhalten, wenn sie zurzeit der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Thüringen hatten und am Ort der Einrichtung keinen Anspruch auf Blindengeld nach den dortigen landesrechtlichen Vorschriften haben.

(3) Blindengeld erhalten auch blinde Menschen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Thüringen haben, soweit sie nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30. April 2004, S. 1, L 200 vom 7. Juni 2004, S. 1, L 204 vom 4. August 2007, S. 30) in der jeweils geltenden Fassung anspruchsberechtigt sind.

(4) Blind ist, wem das Augenlicht vollständig fehlt. Gleichgestellt sind Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt oder bei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Sehvermögens vorliegen.

(5) Ausländer können Leistungen nach diesem Gesetz nur beanspruchen, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben.

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§ 2 Höhe des Blindengeldes

(1) Das Blindengeld beträgt 270 Euro monatlich.

(2) Blinde Menschen, die in einer stationären Einrichtung leben, erhalten abweichend von Absatz 1 ein Blindengeld in Höhe von 61,50 Euro monatlich.

(3) Berechtigte, die eine Freiheitsstrafe verbüßen, in Sicherungsverwahrung oder aufgrund strafgerichtlichen Urteils in einem psychiatrischen Krankenhaus, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt untergebracht sind, erhalten abweichend von Absatz 1 ein Blindengeld in Höhe von 61,50 Euro monatlich.

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§ 3 Ausgeschlossener Personenkreis

Keinen Anspruch nach diesem Gesetz haben Personen, die Leistungen wegen Blindheit nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, erhalten. Entsprechendes gilt für blindheitsbedingte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder für Leistungen wegen Blindheit nach ausländischen Rechtsvorschriften.

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§ 4 Anrechnung anderer Leistungen

(1) Leistungen, die blinde Menschen zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten, werden, auch soweit es sich um Sachleistungen handelt, auf das Blindengeld angerechnet. Entsprechendes gilt auch für Leistungen wegen Blindheit nach ausländischen Rechtsvorschriften.

(2) Erhalten blinde Menschen Leistungen der häuslichen Pflege nach den §§ 36 bis 38 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI), der teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI oder der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI, beträgt das Blindengeld nach § 2 Abs. 1 bei der Pflegestufe I 123 Euro monatlich und bei den Pflegestufen II und III jeweils 86,10 Euro monatlich. Satz 1 gilt entsprechend für blinde Menschen, die Leistungen aufgrund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen erhalten oder wenn derartige Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

(3) Erhalten blinde Menschen Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum, für den Blindengeld geleistet worden ist, nachgezahlt, sind die überzahlten Beträge des Blindengeldes zurückzuerstatten.

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§ 5 Versagung oder Kürzung des Blindengeldes

(1) Das Blindengeld ist zu versagen oder angemessen zu kürzen, wenn blinde Menschen ihnen nach anderen Rechtsvorschriften zustehende Leistungen, die dem gleichen Zweck wie das Blindengeld dienen, nicht in Anspruch nehmen. § 4 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) Das Blindengeld kann versagt oder angemessen gekürzt werden, soweit eine bestimmungsgemäße Verwendung des Blindengeldes durch oder für den Berechtigten nicht möglich ist.

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§ 6 Unveräußerlichkeit

(1) Der Anspruch auf das Blindengeld kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.

(2) Der Anspruch ist nicht vererblich. Eine Sonderrechtsnachfolge ist ausgeschlossen. Ist beim Tode des Berechtigten das Blindengeld noch nicht ausgezahlt, so erlischt der Anspruch.

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§ 7 Verfahren

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gelten das Erste und das Zehnte Buch Sozialgesetzbuch entsprechend.

(2) Für Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben.

(3) § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch findet entsprechende Anwendung.

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§ 8 Zuständigkeit, Aufsicht, Kostenerstattung

(1) Die Aufgaben nach diesem Gesetz obliegen den Landkreisen und kreisfreien Städten jeweils im übertragenen Wirkungskreis, soweit nicht durch § 12 Abs. 1, durch ein Gesetz oder durch Rechtsverordnung des für Blindengeld zuständigen Ministeriums etwas anderes geregelt ist. Örtlich zuständig ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dem oder in der der Berechtigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sofern der Berechtigte eine Leistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch von einem in Thüringen zuständigen Sozialhilfeträger erhält, richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Gewährung des Blindengeldes nach der örtlichen Zuständigkeit für die Gewährung der Leistung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch.

(2) Oberste Fachaufsichtsbehörde über die für den Vollzug zuständigen Behörden nach diesem Gesetz und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ist das für das Blindengeld zuständige Ministerium.

(3) Das Land erstattet den für den Vollzug zuständigen Landkreisen und kreisfreien Städten die Leistungen aufgrund dieses Gesetzes bei Vorlage geeigneter Nachweise jeweils nach Ablauf eines Kalenderhalbjahres. Zuständige Behörde für die Erstattung ist das Landesverwaltungsamt.

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§ 9 Antragsverfahren

(1) Blindengeld wird auf Antrag gewährt. Der Nachweis der medizinischen Voraussetzungen ist durch Vorlage einer augenärztlichen Bescheinigung oder eines Feststellungsbescheids nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch zu führen. Bei Personen, die bis zum 31. Dezember 2005 Blindengeld nach dem Thüringer Blindengeldgesetz erhalten haben, kann auf diesen Nachweis verzichtet werden. Die §§ 20 und 21 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch bleiben unberührt.

(2) Blindengeld wird von Beginn des Monats an geleistet, in dem die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch von Beginn des Monats an, in dem der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt worden ist. Das Blindengeld wird monatlich im Voraus gezahlt.

(3) Eine Änderung der Tatsachen, die eine Herabsetzung oder eine Einstellung des Blindengeldes bewirken, ist vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, der auf den Monat folgt, in dem die Tatsachen sich geändert haben.

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§ 10 Anzeigepflichten

Empfänger von Blindengeld haben jede Änderung der Tatsachen, die für die Gewährung des Blindengeldes maßgebend sind, unverzüglich der nach § 8 Abs 1 zuständigen Behörde anzuzeigen.

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§ 11 Übergangsbestimmungen für blinde Menschen unter 27 Jahren

(1) Blinde Menschen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und vor dem 1. Januar 2008 bereits Blindengeld erhalten haben sowie Berechtigte, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und einen Antrag auf Blindengeld vor dem 1. Januar 2008 gestellt haben, erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres ein Blindengeld in Höhe von 300 Euro monatlich.

(2) Leben blinde Menschen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und vor dem 1. Januar 2008 bereits Blindengeld erhalten haben sowie Berechtigte, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und einen Antrag auf Blindengeld vor dem 1. Januar 2008 gestellt haben, in einer stationären Einrichtung, so beträgt das Blindengeld bei Vorliegen der Voraussetzungen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres 150 Euro monatlich.

(3) Erhalten blinde Menschen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und vor dem 1. Januar 2008 bereits Blindengeld erhalten haben sowie Berechtigte, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und einen Antrag auf Blindengeld vor dem 1. Januar 2008 gestellt haben, Leistungen der häuslichen Pflege nach den §§ 36 bis 38 SGB XI, der teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI oder der Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI, so beträgt das Blindengeld bei Vorliegen der Voraussetzungen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres bei der Pflegestufe I 238 Euro monatlich und bei den Pflegestufen II und III jeweils 218 Euro monatlich. Satz 1 gilt entsprechend für blinde Menschen, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und vor dem 1. Januar 2008 bereits Blindengeld erhalten haben sowie für Berechtigte, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet und einen Antrag auf Blindengeld vor dem 1. Januar 2008 gestellt haben und Leistungen aufgrund eines Pflegeversicherungsvertrages mit einem privaten Versicherungsunternehmen erhalten oder wenn derartige Leistungen zusammen mit Leistungen nach beihilferechtlichen Vorschriften erbracht werden.

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§ 12 Blindenhilfe

(1) Die Zuständigkeit für die Blindenhilfe nach § 72 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) wird den Landkreisen und kreisfreien Städten als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises übertragen.

(2) Das Land erstattet den Landkreisen und kreisfreien Städten die Ausgaben für die Blindenhilfe für die Jahre 2008 und 2009.

(3) Ab dem Jahr 2010 erfolgt die Erstattung nach den Bestimmungen des § 6 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 17. Dezember 2004 (GVBl. S. 891) in der jeweils geltenden Fassung, wobei für die Zuweisung im Jahr 2010 Berechnungsgrundlage die Nettoaufwendungen für die Blindenhilfe des Jahres 2009 sind; die Zuweisung erhöht oder vermindert sich ab dem Jahr 2010 um 50 vom Hundert des Betrags, um den die Nettoaufwendungen des vorherigen Jahres für die Gewährung der Blindenhilfe die Nettoaufwendungen des vorvorherigen Jahres übersteigen oder unterschreiten.

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§ 13 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

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§ 14 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 1992 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.)

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3 Bundes- und Landesgleichstellungsgesetze

3.1 Bundesrecht

3.1.1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

 

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897),

Geltung ab 18.08.2006, Zuletzt geändert durch Art. 8 G v. 3.4.2013 ( BGBl I S.610).

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeiner Teil
  2. Abschnitt 2 Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung
    1. Unterabschnitt 1 Verbot der Benachteiligung
    2. Unterabschnitt 2 Organisationspflichten des Arbeitgebers
    3. Unterabschnitt 3 Rechte der Beschäftigten
    4. Unterabschnitt 4 Ergänzende Vorschriften
  3. Abschnitt 3 Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr
  4. Abschnitt 4 Rechtsschutz
  5. Abschnitt 5 Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
  6. Abschnitt 6 Antidiskriminierungsstelle
  7. Abschnitt 7 Schlussvorschriften
Abschnitt 1 Allgemeiner Teil
§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

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§ 2 Anwendungsbereich

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

  1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
  2. die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
  3. den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
  4. die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
  5. den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,
  6. die sozialen Vergünstigungen,
  7. die Bildung,
  8. den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.

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§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

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§ 4 Unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer Gründe

Erfolgt eine unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer der in § 1 genannten Gründe, so kann diese unterschiedliche Behandlung nach den §§ 8 bis 10 und 20 nur gerechtfertigt werden, wenn sich die Rechtfertigung auf alle diese Gründe erstreckt, derentwegen die unterschiedliche Behandlung erfolgt.

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§ 5 Positive Maßnahmen

Ungeachtet der in den §§ 8 bis 10 sowie in § 20 benannten Gründe ist eine unterschiedliche Behandlung auch zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen.

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Abschnitt 2 Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung
Unterabschnitt 1 Verbot der Benachteiligung
§ 6 Persönlicher Anwendungsbereich

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
  2. Die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
  3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten.

Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister.

(3) Soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft, gelten die Vorschriften dieses Abschnitts für Selbstständige und Organmitglieder, insbesondere Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände, entsprechend.

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§ 7 Benachteiligungsverbot

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

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§ 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.

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§ 9 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung

(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.

(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.

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§ 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

  1. die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
  2. die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
  3. die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
  4. die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
  5. eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
  6. Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

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Unterabschnitt 2 Organisationspflichten des Arbeitgebers
§ 11 Ausschreibung

Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 ausgeschrieben werden.

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§ 12 Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen.

(2) Der Arbeitgeber soll in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen hinweisen und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten nach Absatz 1.

(3) Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.

(4) Werden Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte nach § 7 Abs. 1 benachteiligt, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen.

(5) Dieses Gesetz und § 61b des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 zuständigen Stellen sind im Betrieb oder in der Dienststelle bekannt zu machen. Die Bekanntmachung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder den Einsatz der im Betrieb oder der Dienststelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen.

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Unterabschnitt 3 Rechte der Beschäftigten
§ 13 Beschwerderecht

(1) Die Beschäftigten haben das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs, des Unternehmens oder der Dienststelle zu beschweren, wenn sie sich im Zusammenhang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt fühlen. Die Beschwerde ist zu prüfen und das Ergebnis der oder dem beschwerdeführenden Beschäftigten mitzuteilen.

(2) Die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben unberührt.

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§ 14 Leistungsverweigerungsrecht

Ergreift der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz, sind die betroffenen Beschäftigten berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist.

§ 273 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.

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§ 15 Entschädigung und Schadensersatz

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

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§ 16 Maßregelungsverbot

(1) Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach diesem Abschnitt oder wegen der Weigerung, eine gegen diesen Abschnitt verstoßende Anweisung auszuführen, benachteiligen. Gleiches gilt für Personen, die den Beschäftigten hierbei unterstützen oder als Zeuginnen oder Zeugen aussagen.

(2) Die Zurückweisung oder Duldung benachteiligender Verhaltensweisen durch betroffene Beschäftigte darf nicht als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen werden, die diese Beschäftigten berührt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 22 gilt entsprechend.

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Unterabschnitt 4 Ergänzende Vorschriften
§ 17 Soziale Verantwortung der Beteiligten

(1) Tarifvertragsparteien, Arbeitgeber, Beschäftigte und deren Vertretungen sind aufgefordert, im Rahmen ihrer Aufgaben und Handlungsmöglichkeiten an der Verwirklichung des in § 1 genannten Ziels mitzuwirken.

(2) In Betrieben, in denen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes vorliegen, können bei einem groben Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften aus diesem Abschnitt der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft unter der Voraussetzung des § 23 Abs. 3 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes die dort genannten Rechte gerichtlich geltend machen; § 23 Abs. 3 Satz 2 bis 5 des Betriebsverfassungsgesetzes gilt entsprechend. Mit dem Antrag dürfen nicht Ansprüche des Benachteiligten geltend gemacht werden.

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§ 18 Mitgliedschaft in Vereinigungen

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten entsprechend für die Mitgliedschaft oder die Mitwirkung in einer

  1. Tarifvertragspartei,
  2. Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören oder die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehat, wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft besteht,sowie deren jeweiligen Zusammenschlüssen.

(2) Wenn die Ablehnung einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 darstellt, besteht ein Anspruch auf Mitgliedschaft oder Mitwirkung in den in Absatz 1 genannten Vereinigungen.

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Abschnitt 3 Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr
§ 19 Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot

(1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die

  1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder
  2. eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben,

ist unzulässig.

(2) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei der Begründung, Durchführung und Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 unzulässig.

(3) Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse.

(5) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf zivilrechtliche Schuldverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. Bei Mietverhältnissen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen. Die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch ist in der Regel kein Geschäft im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet.

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§ 20 Zulässige unterschiedliche Behandlung

(1) Eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist nicht gegeben, wenn für eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein sachlicher Grund vorliegt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung

  1. der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient,
  2. dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt,
  3. besondere Vorteile gewährt und ein Interesse an der Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt,
  4. an die Religion eines Menschen anknüpft und im Hinblick auf die Ausübung der Religionsfreiheit oder auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform sowie der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion zur Aufgabe machen, unter Beachtung des jeweiligen Selbstverständnisses gerechtfertigt ist.

(2) Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität ist im Falle des § 19 Abs. 1 Nr. 2 nur zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen.

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§ 21 Ansprüche

(1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

(2) Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbots ist der Benachteiligende verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Benachteiligende die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

(3) Ansprüche aus unerlaubter Handlung bleiben unberührt.

(4) Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteiligungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende nicht berufen.

(5) Ein Anspruch nach den Absätzen 1 und 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Frist kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn der Benachteiligte ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

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Abschnitt 4 Rechtsschutz
§ 22 Beweislast

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

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§ 23 Unterstützung durch Antidiskriminierungsverbände

(1) Antidiskriminierungsverbände sind Personenzusammenschlüsse, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend entsprechend ihrer Satzung die besonderen Interessen von benachteiligten Personen oder Personengruppen nach Maßgabe von § 1 wahrnehmen. Die Befugnisse nach den Absätzen 2 bis 4 stehen ihnen zu, wenn sie mindestens 75 Mitglieder haben oder einen Zusammenschluss aus mindestens sieben Verbänden bilden.

(2) Antidiskriminierungsverbände sind befugt, im Rahmen ihres Satzungszwecks in gerichtlichen Verfahren als Beistände Benachteiligter in der Verhandlung aufzutreten. Im Übrigen bleiben die Vorschriften der Verfahrensordnungen, insbesondere diejenigen, nach denen Beiständen weiterer Vortrag untersagt werden kann, unberührt.

(3) Antidiskriminierungsverbänden ist im Rahmen ihres Satzungszwecks die Besorgung von Rechtsangelegenheiten Benachteiligter gestattet.

(4) Besondere Klagerechte und Vertretungsbefugnisse von Verbänden zu Gunsten von behinderten Menschen bleiben unberührt.

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Abschnitt 5 Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
§ 24 Sonderregelung für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für

  1. Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
  2. Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder,
  3. Zivildienstleistende sowie anerkannte Kriegsdienstverweigerer, soweit ihre Heranziehung zum Zivildienst betroffen ist.

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Abschnitt 6 Antidiskriminierungsstelle
§ 25 Antidiskriminierungsstelle des Bundes

(1) Beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird unbeschadet der Zuständigkeit der Beauftragten des Deutschen Bundestages oder der Bundesregierung die Stelle des Bundes zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes (Antidiskriminierungsstelle des Bundes) errichtet.

(2) Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Sie ist im Einzelplan des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in einem eigenen Kapitel auszuweisen.

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§ 26 Rechtsstellung der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

(1) Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ernennt auf Vorschlag der Bundesregierung eine Person zur Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Sie steht nach Maßgabe dieses Gesetzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Bund. Sie ist in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

(2) Das Amtsverhältnis beginnt mit der Aushändigung der Urkunde über die Ernennung durch die Bundesministerin oder den Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

(3) Das Amtsverhältnis endet außer durch Tod

  1. mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages,
  2. durch Ablauf der Amtszeit mit Erreichen der Altersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes,
  3. mit der Entlassung.

Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entlässt die Leiterin oder den Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf deren Verlangen oder wenn Gründe vorliegen, die bei einer Richterin oder einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen. Im Falle der Beendigung des Amtsverhältnisses erhält die Leiterin oder der Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine von der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vollzogene Urkunde. Die Entlassung wird mit der Aushändigung der Urkunde wirksam.

(4) Das Rechtsverhältnis der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gegenüber dem Bund wird durch Vertrag mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geregelt. Der Vertrag bedarf der Zustimmung der Bundesregierung.

(5) Wird eine Bundesbeamtin oder ein Bundesbeamter zur Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bestellt, scheidet er oder sie mit Beginn des Amtsverhältnisses aus dem bisherigen Amt aus. Für die Dauer des Amtsverhältnisses ruhen die aus dem Beamtenverhältnis begründeten Rechte und Pflichten mit Ausnahme der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und des Verbots der Annahme von Belohnungen oder Geschenken. Bei unfallverletzten Beamtinnen oder Beamten bleiben die gesetzlichen Ansprüche auf das Heilverfahren und einen Unfallausgleich unberührt.

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§ 27 Aufgaben

(1) Wer der Ansicht ist, wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt worden zu sein, kann sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden.

(2) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt auf unabhängige Weise Personen, die sich nach Absatz 1 an sie wenden, bei der Durchsetzung ihrer Rechte zum Schutz vor Benachteiligungen. Hierbei kann sie insbesondere

  1. über Ansprüche und die Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens im Rahmen gesetzlicher Regelungen zum Schutz vor Benachteiligungen informieren,
  2. Beratung durch andere Stellen vermitteln,
  3. eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstreben.

Soweit Beauftragte des Deutschen Bundestages oder der Bundesregierung zuständig sind, leitet die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Anliegen der in Absatz 1 genannten Personen mit deren Einverständnis unverzüglich an diese weiter.

(3) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nimmt auf unabhängige Weise folgende Aufgaben wahr, soweit nicht die Zuständigkeit der Beauftragten der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages berührt ist:

  1. Öffentlichkeitsarbeit,
  2. Maßnahmen zur Verhinderung von Benachteiligungen aus den in § 1 genannten Gründen,
  3. Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen zu diesen Benachteiligungen.

(4) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages legen gemeinsam dem Deutschen Bundestag alle vier Jahre Berichte über Benachteiligungen aus den in § 1 genannten Gründen vor und geben Empfehlungen zur Beseitigung und Vermeidung dieser Benachteiligungen. Sie können gemeinsam wissenschaftliche Untersuchungen zu Benachteiligungen durchführen.

(5) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages sollen bei Benachteiligungen aus mehreren der in § 1 genannten Gründe zusammenarbeiten.

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§ 28 Befugnisse

(1) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann in Fällen des § 27 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Beteiligte um Stellungnahmen ersuchen, soweit die Person, die sich nach § 27 Abs. 1 an sie gewandt hat, hierzu ihr Einverständnis erklärt.

(2) Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Bereich des Bundes sind verpflichtet, die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

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§ 29 Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen und anderen Einrichtungen

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll bei ihrer Tätigkeit Nichtregierungsorganisationen sowie Einrichtungen, die auf europäischer, Bundes-, Landes- oder regionaler Ebene zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes tätig sind, in geeigneter Form einbeziehen.

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§ 30 Beirat

(1) Zur Förderung des Dialogs mit gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, die sich den Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes zum Ziel gesetzt haben, wird der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein Beirat beigeordnet. Der Beirat berät die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bei der Vorlage von Berichten und Empfehlungen an den Deutschen Bundestag nach § 27 Abs. 4 und kann hierzu sowie zu wissenschaftlichen Untersuchungen nach § 27 Abs. 3 Nr. 3 eigene Vorschläge unterbreiten.

(2) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend beruft im Einvernehmen mit der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie den entsprechend zuständigen Beauftragten der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages die Mitglieder dieses Beirats und für jedes Mitglied eine Stellvertretung. In den Beirat sollen Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen sowie Expertinnen und Experten in Benachteiligungsfragen berufen werden. Die Gesamtzahl der Mitglieder des Beirats soll 16 Personen nicht überschreiten. Der Beirat soll zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt sein.

(3) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bedarf.

(4) Die Mitglieder des Beirats üben die Tätigkeit nach diesem Gesetz ehrenamtlich aus. Sie haben Anspruch auf Aufwandsentschädigung sowie Reisekostenvergütung, Tagegelder und Übernachtungsgelder. Näheres regelt die Geschäftsordnung.

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Abschnitt 7 Schlussvorschriften
§ 31 Unabdingbarkeit

Von den Vorschriften dieses Gesetzes kann nicht zu Ungunsten der geschützten Personen abgewichen werden.

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§ 32 Schlussbestimmungen

Soweit in diesem Gesetz nicht Abweichendes bestimmt ist, gelten die allgemeinen Bestimmungen.

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§ 33 Übergangsbestimmungen

(1) Bei Benachteiligungen nach den §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuellen Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz ist das vor dem 18. August 2006 maßgebliche Recht anzuwenden.

(2) Bei Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft sind die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 18. August 2006 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen von Dauerschuldverhältnissen.

(3) Bei Benachteiligungen wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität sind die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem 1. Dezember 2006 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen von Dauerschuldverhältnissen.

(4) Auf Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist § 19 Abs. 1 nicht anzuwenden, wenn diese vor dem 22. Dezember 2007 begründet worden sind. Satz 1 gilt nicht für spätere Änderungen solcher Schuldverhältnisse.

(5) Bei Versicherungsverhältnissen, die vor dem 21. Dezember 2012 begründet werden, ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts im Falle des § 19 Absatz 1 Nummer 2 bei den Prämien oder Leistungen nur zulässig, wenn dessen Berücksichtigung bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist. Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft dürfen auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen.

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3.1.2 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)

Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)

Vom 27.4.2002 (BGBl I S. 1467)

Geltung ab 01.05.2002

Stand: Zuletzt geändert durch Art. 12 G v. 19.12.2007 (GVBl I S. 3024)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Abschnitt 3 Rechtsbehelfe
  4. Abschnitt 4 Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behindertenMenschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

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§ 2 Behinderte Frauen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

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§ 3 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 4 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 5 Zielvereinbarungen

(1) Soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, sollen zur Herstellung der Barrierefreiheit Zielvereinbarungen zwischen Verbänden, die nach § 13 Abs. 3 anerkannt sind, und Unternehmen oder Unternehmensverbänden der verschiedenen Wirtschaftsbranchen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich getroffen werden. Die anerkannten Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.

(2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere

  1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer,
  2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche im Sinne von § 4 künftig zu verändern sind, um dem Anspruch behinderter Menschen auf Zugang und Nutzung zu genügen,
  3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.

Sie können ferner eine Vertragsstrafenabrede für den Fall der Nichterfüllung oder des Verzugs enthalten.

(3) Ein Verband nach Absatz 1, der die Aufnahme von Verhandlungen verlangt, hat dies gegenüber dem Zielvereinbarungsregister (Absatz 5) unter Benennung von Verhandlungsparteien und Verhandlungsgegenstand anzuzeigen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt diese Anzeige auf seiner Internetseite bekannt. Innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntgabe haben andere Verbände im Sinne des Absatzes 1 das Recht, den Verhandlungen durch Erklärung gegenüber den bisherigen Verhandlungsparteien beizutreten. Nachdem die beteiligten Verbände behinderter Menschen eine gemeinsame Verhandlungskommission gebildet haben oder feststeht, dass nur ein Verband verhandelt, sind die Verhandlungen innerhalb von vier Wochen aufzunehmen.

(4) Ein Anspruch auf Verhandlungen nach Absatz 1 Satz 3 besteht nicht,

  1. während laufender Verhandlungen im Sinne des Absatzes 3 für die nicht beigetretenen Verbände behinderter Menschen,
  2. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die ankündigen, einer Zielvereinbarung beizutreten, über die von einem Unternehmensverband Verhandlungen geführt werden,
  3. für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer zustande gekommenen Zielvereinbarung,
  4. in Bezug auf diejenigen Unternehmen, die einer zustande gekommenen Zielvereinbarung unter einschränkungsloser Übernahme aller Rechte und Pflichten beigetreten sind.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt ein Zielvereinbarungsregister, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen nach den Absätzen 1 und 2 eingetragen werden. Der die Zielvereinbarung abschließende Verband behinderter Menschen ist verpflichtet, innerhalb eines Monats nach Abschluss einer Zielvereinbarung dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales diese als beglaubigte Abschrift und in informationstechnisch erfassbarer Form zu übersenden sowie eine Änderung oder Aufhebung innerhalb eines Monats mitzuteilen.

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§ 6 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

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Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 7 Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt

(1) Die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen der Bundesverwaltung, einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in § 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Das Gleiche gilt für Landesverwaltungen, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Bundesrecht ausführen. In Bereichen bestehender Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligung zulässig. Bei der Anwendung von Gesetzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belangen behinderter Frauen Rechnung zu tragen.

(2) Ein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des Absatzes 1 darf behinderte Menschen nicht benachteiligen. Eine Benachteiligung liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

(3) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von behinderten Menschen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.

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§ 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Zivile Neubauten sowie große zivile Um- oder Erweiterungsbauten des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden. Die landesrechtlichen Bestimmungen, insbesondere die Bauordnungen, bleiben unberührt.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes barrierefrei zu gestalten. Weitergehende landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

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§ 9 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Hör- oder sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 das Recht, mit Trägern öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Träger öffentlicher Gewalt haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf,

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägern öffentlicher Gewalt,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1 anzusehen sind.

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§ 10 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 11 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der nach Satz 2 zu erlassenden Verordnung schrittweise technisch so, dass sie von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Das Bundesministerium für Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen behinderter Menschen,
  2. die anzuwendenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung,
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen.

(2) Die Bundesregierung wirkt darauf hin, dass auch gewerbsmäßige Anbieter von Internetseiten sowie von grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, durch Zielvereinbarungen nach § 5 ihre Produkte entsprechend den technischen Standards nach Absatz 1 gestalten.

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Abschnitt 3 Rechtsbehelfe
§ 12 Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- oder sozialrechtlichen Verfahren

Werden behinderte Menschen in ihren Rechten aus § 7 Abs. 2, §§ 8, 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2 oder § 11 Abs. 1 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach § 13 Abs. 3, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen; Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Bundesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 4 oder auf Verwendung von Gebärden oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 6 Abs. 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.

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§ 13 Verbandsklagerecht

(1) Ein nach Absatz 3 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen

  1. das Benachteiligungsverbot für Träger der öffentlichen Gewalt nach § 7 Abs. 2 und die Verpflichtung des Bundes zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 11 Abs. 1,
  2. die Vorschriften des Bundesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 46 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Bundeswahlordnung, § 39 Abs. 1 Satz 3 und 4 der Europawahlordnung, § 43 Abs. 2 Satz 2 der Wahlordnung für die Sozialversicherung, § 17 Abs. 1 Nr. 4 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 4 Abs. 1 Nr. 2a des Gaststättengesetzes, § 3 Nr. 1 Buchstabe d des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 8 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes, § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 sowie § 13 Abs. 2a des Personenbeförderungsgesetzes, § 2 Abs. 3 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, § 3 Abs. 5 Satz 1 der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung, §§ 19d und 20b des Luftverkehrsgesetzes oder
  3. die Vorschriften des Bundesrechts zur Verwendung von Gebärdensprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen in § 17 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch, § 57 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und § 19 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch.

Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen nach Absatz 1 Satz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Bundes- oder einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

(3) Auf Vorschlag der Mitglieder des Beirates für die Teilhabe behinderter Menschen, die nach § 64 Abs. 2 Satz 2, 1., 3. oder 12. Aufzählungspunkt des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berufen sind, kann das Bundesministerium Arbeit und Soziales die Anerkennung erteilen. Es soll die Anerkennung erteilen, wenn der vorgeschlagene Verband

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder oder Mitgliedsverbände dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf Bundesebene zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und
  5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist.

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Abschnitt 4 Beauftragte oder Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen
§ 14 Amt der oder des Beauftragten für die Belange behinderter Menschen

(1) Die Bundesregierung bestellt eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange behinderter Menschen.

(2) Der beauftragten Person ist die für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.

(3) Das Amt endet, außer im Fall der Entlassung, mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages.

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§ 15 Aufgabe und Befugnisse

(1) Aufgabe der beauftragten Person ist es, darauf hinzuwirken, dass die Verantwortung des Bundes, für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird. Sie setzt sich bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe dafür ein, dass unterschiedliche Lebensbedingungen von behinderten Frauen und Männern berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden.

(2) Zur Wahrnehmung der Aufgabe nach Absatz 1 beteiligen die Bundesministerien die beauftragte Person bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration von behinderten Menschen behandeln oder berühren.

(3) Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen Stellen im Bereich des Bundes sind verpflichtet, die beauftragte Person bei der Erfüllung der Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

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3.1.3 Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung (VBD)

 

Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung (VBD)

vom 17.7.2002 (BGBl I 2002, S. 2652)

Verordnung zur Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Menschen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz

Geltung ab 24.07.2002

Übersicht
Eingangsformel

Auf Grund des § 10 Abs. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467) verordnet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung:

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§ 1 Anwendungsbereich

(1) Die Verordnung gilt für alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen Blindheit oder einer anderen Sehbehinderung nach Maßgabe von § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes zur Wahrnehmung eigener Rechte einen Anspruch darauf haben, dass ihnen Dokumente in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden (Berechtigte).

(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes gegenüber jeder Behörde der Bundesverwaltung geltend machen.

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§ 2 Gegenstand der Zugänglichmachung

Der Anspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes umfasst Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke (Dokumente), einschließlich der Anlagen, die die Dokumente in Bezug nehmen.

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§ 3 Formen der Zugänglichmachung

(1) Die Dokumente können den Berechtigten schriftlich, elektronisch, akustisch, mündlich oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht werden.

(2) Werden Dokumente in schriftlicher Form zugänglich gemacht, erfolgt dies in Blindenschrift oder in Großdruck. Bei Großdruck sind ein Schriftbild, eine Kontrastierung und eine Papierqualität zu wählen, die die individuelle Wahrnehmungsfähigkeit der Berechtigten ausreichend berücksichtigen.

(3) Werden Dokumente auf elektronischem Wege zugänglich gemacht, sind die Standards der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung maßgebend.

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§ 4 Bekanntgabe

Die Dokumente sollen den Berechtigten, soweit möglich, gleichzeitig mit der Bekanntgabe auch in der für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.

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§ 5 Umfang des Anspruchs

(1) Der Anspruch der Berechtigten, dass ihnen Dokumente in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, besteht, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Dabei ist insbesondere der individuelle Bedarf der Berechtigten zu berücksichtigen.

(2) Die Berechtigten haben nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht zwischen den in § 3 genannten Formen, in denen Dokumente zugänglich gemacht werden können. Die Berechtigten haben dazu der Behörde rechtzeitig mitzuteilen, in welcher Form und mit welchen Maßgaben die Dokumente zugänglich gemacht werden sollen. Die Behörde kann die ausgewählte Form, in der Dokumente zugänglich gemacht werden sollen, zurückweisen, wenn sie ungeeignet ist oder in sonstiger Weise den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entspricht. Die Blindheit oder die Sehbehinderung sowie die Wahlentscheidung nach Satz 1 sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

(3) Erhält die Behörde Kenntnis von der Blindheit oder einer anderen Sehbehinderung von Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat sie diese auf ihr Recht, dass ihnen Dokumente in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, und auf ihr Wahlrecht nach Absatz 2 Satz 1 hinzuweisen.

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§ 6 Organisation und Kosten

(1) Die Dokumente können den Berechtigten durch die Behörde selbst, durch eine andere Behörde oder durch eine Beauftragung Dritter in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden.

(2) Das Bundesverwaltungsamt berät und unterstützt die Behörde bei ihrer Aufgabe, blinden und sehbehinderten Menschen nach Maßgabe dieser Rechtsverordnung Dokumente zugänglich zu machen.

(3) Die Vorschriften über die Kosten (Gebühren und Auslagen) öffentlich-rechtlicher Verwaltungstätigkeit bleiben unberührt. Auslagen für besondere Aufwendungen, die dadurch entstehen, dass den Berechtigten Dokumente in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, werden nicht erhoben.

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§ 7 Folgenabschätzung

Diese Verordnung wird spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten auf ihre Wirkung überprüft.

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§ 8 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

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3.1.4 Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz

 

Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz

Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) vom 12.09.2011 (BGBl I 2011 S. 1843)

Übersicht
Eingangsformel

Auf Grund des § 11 Absatz 1 Satz 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes, das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:

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§ 1 Sachlicher Geltungsbereich

Die Verordnung gilt für folgende Angebote der Behörden der Bundesverwaltung:

  1. Internetauftritte und -angebote,
  2. Intranetauftritte und -angebote, die öffentlich zugänglich sind, und
  3. mittels Informationstechnik realisierte grafische Programmoberflächen, die öffentlich zugänglich sind.

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§ 2 Einzubeziehende Gruppen behinderter Menschen

Die Gestaltung der in § 1 genannten Angebote der Informationstechnik ist dazu bestimmt, behinderten Menschen im Sinne des § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes, denen ohne die Erfüllung zusätzlicher Bedingungen die Nutzung der Informationstechnik nur eingeschränkt möglich ist, den Zugang dazu zu eröffnen.

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§ 3 Anzuwendende Standards

(1) Die in § 1 genannten Angebote der Informationstechnik sind nach der Anlage 1 so zu gestalten, dass alle Angebote die unter Priorität I aufgeführten Anforderungen und Bedingungen erfüllen. Weiterhin sollen zentrale Navigations- und Einstiegsangebote zusätzlich die unter Priorität II aufgeführten Anforderungen und Bedingungen berücksichtigen.

(2) Auf der Startseite des Internet- oder Intranetangebotes (§ 1 Nummer 1 und 2) einer Behörde im Sinne des § 7 Absatz 1 Satz 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes sind gemäß Anlage 2 folgende Erläuterungen in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache bereitzustellen:

  1. Informationen zum Inhalt,
  2. Hinweise zur Navigation sowie
  3. Hinweise auf weitere in diesem Auftritt vorhandene Informationen in Deutscher Gebärdensprache oder in Leichter Sprache.

Die Anforderungen und Bedingungen der Anlage 1 bleiben unberührt.

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§ 4 Umsetzungsfristen für die Standards

(1) Die in § 1 genannten Angebote, die bis zum 22. März 2012 neu gestaltet oder in wesentlichen Bestandteilen oder größerem Umfang verändert oder angepasst werden, sind nach § 3 zu erstellen. Mindestens ein Zugangspfad zu den genannten Angeboten soll mit der Freischaltung dieser Angebote die Anforderungen und Bedingungen der Priorität I der Anlage 1 erfüllen.

(2) Angebote nach § 1 Nummer 1 und 2, die vor dem in Absatz 1 Satz 1 genannten Stichtag veröffentlicht wurden, sind spätestens bis zum 22. September 2012 nach § 3 Absatz 1 zu gestalten. Sie sind zusätzlich spätestens bis zum 22. März 2014 nach § 3 Absatz 2 zu gestalten.

(3) Für Angebote nach Absatz 2 gilt bis zur Umsetzung im Sinne der Absätze 1 und 2 die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2654) fort.

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§ 5 Folgenabschätzung

(1) Die Verordnung ist unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung regelmäßig zu überprüfen. Sie wird spätestens drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten auf ihre Wirkung hin überprüft.

(2) Wirkung und Notwendigkeit der in § 3 Absatz 2 genannten Angebote werden spätestens drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten überprüft.

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§ 6 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2654) außer Kraft.

Anmerkung: Die Anlagen 1 und 2 werden hier nicht wiedergegeben.

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3.1.5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)

 

Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)

BGBl I 1975, 1077

Zuletzt geändert durch Art. 1 G v. 2.7.2013 BGBl I S. 1938

§ 191a GVG

(1) Eine blinde oder sehbehinderte Person kann nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 verlangen, dass ihr die für sie bestimmten gerichtlichen Dokumente auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Verfahren erforderlich ist. Hierfür werden Auslagen nicht erhoben.

(2) Das Bundesministerium der Justiz bestimmt durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise die in Absatz 1 genannten Dokumente und Dokumente, die von den Parteien zur Akte gereicht werden, einer blinden oder sehbehinderten Person zugänglich gemacht werden, sowie ob und wie diese Person bei der Wahrnehmung ihrer Rechte mitzuwirken hat.

(3) Elektronische Dokumente sind für blinde oder sehbehinderte Personen barrierefrei zu gestalten, soweit sie in Schriftzeichen wiedergegeben werden. Erfolgt die Übermittlung eines elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übermittlungsweg, ist dieser barrierefrei auszugestalten. Sind elektronische Formulare eingeführt (§§ 130c der Zivilprozessordnung, 14a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 46f des Arbeitsgerichtsgesetzes, 65c des Sozialgerichtsgesetzes, 55c der Verwaltungsgerichtsordnung, 52c der Finanzgerichtsordnung), sind diese blinden oder sehbehinderten Personen barrierefrei zugänglich zu machen. Dabei sind die Standards von § 3 der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie- Informationstechnik-Verordnung - BITV) vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843) in der jeweils geltenden Fassung maßgebend.

3.1.6 Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz - EGovG)

 

Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz - EGovG)

E-Government-Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749)

Das G wurde als Artikel 1 des G v. 25.7.2013 I 2749 vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates beschlossen. Es ist gem. Art. 31 Abs. 1 dieses G am 1.8.2013 in Kraft getreten. § 2 Abs. 1 tritt gem. Art. 31 Abs. 2 dieses G am 1.7.2014 in Kraft. § 2 Abs. 3 und § 14 treten gem. Art. 31 Abs. 3 dieses G am 1.1.2015 in Kraft. § 2 Abs. 2 tritt gem. Art. 31 Abs. 4 dieses G ein Kalenderjahr nach Aufnahme des Betriebes des zentral für die Bundesverwaltung angebotenen IT-Verfahrens, über das De-Mail-Dienste für Bundesbehörden angeboten werden, in Kraft. § 6 Satz 1 tritt gem. Art. 31 Abs. 5 dieses G am 1.1.2020 in Kraft.

Übersicht
§ 1 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht ausführen.

(3) Für die Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der Nachprüfung durch die in verwaltungsrechtlichen Anwalts-, Patentanwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt.

(4) Dieses Gesetz gilt, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(5) Dieses Gesetz gilt nicht für

  1. die Strafverfolgung, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die Rechtshilfe für das Ausland in Straf- und Zivilsachen, die Steuer- und Zollfahndung (§ 208 der Abgabenordnung) und für Maßnahmen des Richterdienstrechts,
  2. Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und den bei diesem errichteten Schiedsstellen,
  3. die Verwaltungstätigkeit nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

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§ 2 Elektronischer Zugang zur Verwaltung

(1) Jede Behörde ist verpflichtet, auch einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente, auch soweit sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, zu eröffnen.

(2) Jede Behörde des Bundes ist verpflichtet, den elektronischen Zugang zusätzlich durch eine De-Mail-Adresse im Sinne des De-Mail-Gesetzes zu eröffnen, es sei denn, die Behörde des Bundes hat keinen Zugang zu dem zentral für die Bundesverwaltung angebotenen IT-Verfahren, über das De-Mail-Dienste für Bundesbehörden angeboten werden.

(3) Jede Behörde des Bundes ist verpflichtet, in Verwaltungsverfahren, in denen sie die Identität einer Person auf Grund einer Rechtsvorschrift festzustellen hat oder aus anderen Gründen eine Identifizierung für notwendig erachtet, einen elektronischen Identitätsnachweis nach § 18 des Personalausweisgesetzes oder nach § 78 Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes anzubieten.

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§ 3 Information zu Behörden und über ihre Verfahren in öffentlich zugänglichen Netzen

(1) Jede Behörde stellt über öffentlich zugängliche Netze in allgemein verständlicher Sprache Informationen über ihre Aufgaben, ihre Anschrift, ihre Geschäftszeiten sowie postalische, telefonische und elektronische Erreichbarkeiten zur Verfügung.

(2) Jede Behörde soll über öffentlich zugängliche Netze in allgemein verständlicher Sprache über ihre nach außen wirkende öffentlich-rechtliche Tätigkeit, damit verbundene Gebühren, beizubringende Unterlagen und die zuständige Ansprechstelle und ihre Erreichbarkeit informieren sowie erforderliche Formulare bereitstellen.

(3) Für Gemeinden und Gemeindeverbände gelten die Absätze 1 und 2 nur dann, wenn dies nach Landesrecht angeordnet ist.

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§ 4 Elektronische Bezahlmöglichkeiten

Fallen im Rahmen eines elektronisch durchgeführten Verwaltungsverfahrens Gebühren oder sonstige Forderungen an, muss die Behörde die Einzahlung dieser Gebühren oder die Begleichung dieser sonstigen Forderungen durch Teilnahme an mindestens einem im elektronischen Geschäftsverkehr üblichen und hinreichend sicheren Zahlungsverfahren ermöglichen.

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§ 5 Nachweise

(1) Wird ein Verwaltungsverfahren elektronisch durchgeführt, können die vorzulegenden Nachweise elektronisch eingereicht werden, es sei denn, dass durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist oder die Behörde für bestimmte Verfahren oder im Einzelfall die Vorlage eines Originals verlangt. Die Behörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Art der elektronischen Einreichung zur Ermittlung des Sachverhalts zulässig ist.

(2) Die zuständige Behörde kann erforderliche Nachweise, die von einer deutschen öffentlichen Stelle stammen, mit der Einwilligung des Verfahrensbeteiligten direkt bei der ausstellenden öffentlichen Stelle elektronisch einholen. Zu diesem Zweck dürfen die anfordernde Behörde und die abgebende öffentliche Stelle die erforderlichen personenbezogenen Daten erheben, verarbeiten und nutzen.

(3) Sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, kann die Einwilligung nach Absatz 2 elektronisch erklärt werden. Dabei ist durch die Behörde sicherzustellen, dass der Betroffene

  1. seine Einwilligung bewusst und eindeutig erteilt hat,
  2. den Inhalt der Einwilligung jederzeit abrufen kann und
  3. die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann.

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§ 6 Elektronische Aktenführung

Die Behörden des Bundes sollen ihre Akten elektronisch führen. Satz 1 gilt nicht für solche Behörden, bei denen das Führen elektronischer Akten bei langfristiger Betrachtung unwirtschaftlich ist. Wird eine Akte elektronisch geführt, ist durch geeignete technisch-organisatorische Maßnahmen nach dem Stand der Technik sicherzustellen, dass die Grundsätze ordnungsgemäßer Aktenführung eingehalten werden.

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§ 7 Übertragen und Vernichten des Papieroriginals

(1) Die Behörden des Bundes sollen, soweit sie Akten elektronisch führen, an Stelle von Papierdokumenten deren elektronische Wiedergabe in der elektronischen Akte aufbewahren. Bei der Übertragung in elektronische Dokumente ist nach dem Stand der Technik sicherzustellen, dass die elektronischen Dokumente mit den Papierdokumenten bildlich und inhaltlich übereinstimmen, wenn sie lesbar gemacht werden. Von der Übertragung der Papierdokumente in elektronische Dokumente kann abgesehen werden, wenn die Übertragung unverhältnismäßigen technischen Aufwand erfordert.

(2) Papierdokumente nach Absatz 1 sollen nach der Übertragung in elektronische Dokumente vernichtet oder zurückgegeben werden, sobald eine weitere Aufbewahrung nicht mehr aus rechtlichen Gründen oder zur Qualitätssicherung des Übertragungsvorgangs erforderlich ist.

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§ 8 Akteneinsicht

Soweit ein Recht auf Akteneinsicht besteht, können die Behörden des Bundes, die Akten elektronisch führen, Akteneinsicht dadurch gewähren, dass sie

  1. einen Aktenausdruck zur Verfügung stellen,
  2. die elektronischen Dokumente auf einem Bildschirm wiedergeben,
  3. elektronische Dokumente übermitteln oder
  4. den elektronischen Zugriff auf den Inhalt der Akten gestatten.

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§ 9 Optimierung von Verwaltungsabläufen und Information zum Verfahrensstand

(1) Behörden des Bundes sollen Verwaltungsabläufe, die erstmals zu wesentlichen Teilen elektronisch unterstützt werden, vor Einführung der informationstechnischen Systeme unter Nutzung gängiger Methoden dokumentieren, analysieren und optimieren. Dabei sollen sie im Interesse der Verfahrensbeteiligten die Abläufe so gestalten, dass Informationen zum Verfahrensstand und zum weiteren Verfahren sowie die Kontaktinformationen der zum Zeitpunkt der Anfrage zuständigen Ansprechstelle auf elektronischem Wege abgerufen werden können.

(2) Von den Maßnahmen nach Absatz 1 kann abgesehen werden, soweit diese einen nicht vertretbaren wirtschaftlichen Mehraufwand bedeuten würden oder sonstige zwingende Gründe entgegenstehen. Von den Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 kann zudem abgesehen werden, wenn diese dem Zweck des Verfahrens entgegenstehen oder eine gesetzliche Schutznorm verletzen. Die Gründe nach den Sätzen 1 und 2 sind zu dokumentieren.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend bei allen wesentlichen Änderungen der Verwaltungsabläufe oder der eingesetzten informationstechnischen Systeme.

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§ 10 Umsetzung von Standardisierungsbeschlüssen des IT-Planungsrates

Fasst der Planungsrat für die IT-Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung zwischen Bund und Ländern (IT-Planungsrat) einen Beschluss über fachunabhängige und fachübergreifende IT-Interoperabilitäts- oder IT-Sicherheitsstandards gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 3 des Vertrages über die Errichtung des IT-Planungsrats und über die Grundlagen der Zusammenarbeit beim Einsatz der Informationstechnologie in den Verwaltungen von Bund und Ländern - Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c GG (BGBl. 2010 I S. 662, 663), so beschließt der Rat der IT-Beauftragten der Bundesregierung (IT-Rat) die Umsetzung dieses Beschlusses innerhalb der Bundesverwaltung. § 12 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik gilt entsprechend.

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§ 11 Gemeinsame Verfahren

(1) Gemeinsame Verfahren sind automatisierte Verfahren, die mehreren verantwortlichen Stellen im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes die Verarbeitung personenbezogener Daten in oder aus einem Datenbestand ermöglichen. Soweit gemeinsame Verfahren auch Abrufe anderer Stellen ermöglichen sollen, gilt insoweit für die Abrufverfahren § 10 des Bundesdatenschutzgesetzes.

(2) Die Beteiligung öffentlicher Stellen des Bundes nach § 2 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes an gemeinsamen Verfahren ist nur zulässig, wenn dies unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der Aufgaben der beteiligten Stellen angemessen ist. Die Vorschriften über die Zulässigkeit der Verarbeitung der Daten im Einzelfall bleiben unberührt.

(3) Vor der Einrichtung oder wesentlichen Änderung eines gemeinsamen Verfahrens ist eine Vorabkontrolle nach § 4d Absatz 5 und 6 des Bundesdatenschutzgesetzes durchzuführen und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zu hören. Ihm sind die Festlegungen nach Absatz 4 und das Ergebnis der Vorabkontrolle vorzulegen.

(4) Vor der Einrichtung oder wesentlichen Änderung eines gemeinsamen Verfahrens ist über die Angaben nach § 4e Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes hinaus schriftlich insbesondere festzulegen,

  1. welche Verfahrensweise angewendet wird und welche Stelle jeweils für die Festlegung, Änderung, Fortentwicklung und Einhaltung von fachlichen und technischen Vorgaben für das gemeinsame Verfahren verantwortlich ist und
  2. welche der beteiligten Stellen jeweils für die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung verantwortlich ist.

Die nach Satz 1 Nummer 1 verantwortlichen Stellen bestimmen eine der beteiligten Stellen, deren Beauftragter für den Datenschutz eine Kopie der von den beteiligten Stellen zu erstellenden Übersicht im Sinne von § 4g Absatz 2 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes verwahrt und diese nach § 4g Absatz 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes zusammen mit den Angaben nach Satz 1 Nummer 1 und 2 zur Einsicht für jedermann bereithält. Nach Satz 1 Nummer 1 können auch verantwortliche Stellen bestimmt werden, die andere Stellen mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für das gemeinsame Verfahren beauftragen dürfen. § 11 des Bundesdatenschutzgesetzes bleibt im Übrigen unberührt.

(5) Soweit für die beteiligten Stellen unterschiedliche Datenschutzvorschriften gelten, ist vor Einrichtung eines gemeinsamen Verfahrens zu regeln, welches Datenschutzrecht angewendet wird. Weiterhin ist zu bestimmen, welche Kontrollstellen die Einhaltung der Datenschutzvorschriften prüfen.

(6) Die Betroffenen können ihre Rechte nach den §§ 19 bis 20 des Bundesdatenschutzgesetzes gegenüber jeder der beteiligten Stellen geltend machen, unabhängig davon, welche Stelle im Einzelfall für die Verarbeitung der jeweiligen Daten nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 verantwortlich ist. Die Stelle, an die der Betroffene sich wendet, leitet das Anliegen an die jeweils zuständige Stelle weiter.

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§ 12 Anforderungen an das Bereitstellen von Daten, Verordnungsermächtigung

(1) Stellen Behörden über öffentlich zugängliche Netze Daten zur Verfügung, an denen ein Nutzungsinteresse, insbesondere ein Weiterverwendungsinteresse im Sinne des Informationsweiterverwendungsgesetzes, zu erwarten ist, so sind grundsätzlich maschinenlesbare Formate zu verwenden. Ein Format ist maschinenlesbar, wenn die enthaltenen Daten durch Software automatisiert ausgelesen und verarbeitet werden können. Die Daten sollen mit Metadaten versehen werden.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Bestimmungen für die Nutzung der Daten gemäß Absatz 1 festzulegen. Die Nutzungsbestimmungen sollen die kommerzielle und nichtkommerzielle Nutzung abdecken. Sie sollen insbesondere den Umfang der Nutzung, Nutzungsbedingungen, Gewährleistungs- und Haftungsausschlüsse regeln. Es können keine Regelungen zu Geldleistungen getroffen werden.

(3) Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über technische Formate, in denen Daten verfügbar zu machen sind, gehen vor, soweit sie Maschinenlesbarkeit gewährleisten.

(4) Absatz 1 gilt für Daten, die vor dem 31. Juli 2013 erstellt wurden, nur, wenn sie in maschinenlesbaren Formaten vorliegen.

(5) Absatz 1 gilt nicht, soweit Rechte Dritter, insbesondere der Länder, entgegenstehen.

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§ 13 Elektronische Formulare

Ist durch Rechtsvorschrift die Verwendung eines bestimmten Formulars vorgeschrieben, das ein Unterschriftsfeld vorsieht, wird allein dadurch nicht die Anordnung der Schriftform bewirkt. Bei einer für die elektronische Versendung an die Behörde bestimmten Fassung des Formulars entfällt das Unterschriftsfeld.

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§ 14 Georeferenzierung

(1) Wird ein elektronisches Register, welches Angaben mit Bezug zu inländischen Grundstücken enthält, neu aufgebaut oder überarbeitet, hat die Behörde in das Register eine bundesweit einheitlich festgelegte direkte Georeferenzierung (Koordinate) zu dem jeweiligen Flurstück, dem Gebäude oder zu einem in einer Rechtsvorschrift definierten Gebiet aufzunehmen, auf welches sich die Angaben beziehen.

(2) Register im Sinne dieses Gesetzes sind solche, für die Daten auf Grund von Rechtsvorschriften des Bundes erhoben oder gespeichert werden; dies können öffentliche und nichtöffentliche Register sein.

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§ 15 Amtliche Mitteilungs- und Verkündungsblätter

(1) Eine durch Rechtsvorschrift des Bundes bestimmte Pflicht zur Publikation in einem amtlichen Mitteilungs- oder Verkündungsblatt des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde kann unbeschadet des Artikels 82 Absatz 1 des Grundgesetzes zusätzlich oder ausschließlich durch eine elektronische Ausgabe erfüllt werden, wenn diese über öffentlich zugängliche Netze angeboten wird.

(2) Jede Person muss einen angemessenen Zugang zu der Publikation haben, insbesondere durch die Möglichkeit, Ausdrucke zu bestellen oder in öffentlichen Einrichtungen auf die Publikation zuzugreifen. Es muss die Möglichkeit bestehen, die Publikation zu abonnieren oder elektronisch einen Hinweis auf neue Publikationen zu erhalten. Gibt es nur eine elektronische Ausgabe, ist dies in öffentlich zugänglichen Netzen auf geeignete Weise bekannt zu machen. Es ist sicherzustellen, dass die publizierten Inhalte allgemein und dauerhaft zugänglich sind und eine Veränderung des Inhalts ausgeschlossen ist. Bei gleichzeitiger Publikation in elektronischer und papiergebundener Form hat die herausgebende Stelle eine Regelung zu treffen, welche Form als die authentische anzusehen ist.

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§ 16 Barrierefreiheit

Die Behörden des Bundes sollen die barrierefreie Ausgestaltung der elektronischen Kommunikation und der Verwendung elektronischer Dokumente nach § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes in angemessener Form gewährleisten.

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3.1.7 Verordnung zur barrierefreien Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Personen im gerichtlichen Verfahren (ZMV)

 

Verordnung zur barrierefreien Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Personen im gerichtlichen Verfahren (ZMV)

Vom 26.02.2007

Gültig ab: 1.06.2007

Fundstelle: BGBl I 2007, S. 215

Übersicht
Eingangsformel

Auf Grund des § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), der durch Artikel 20 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) eingefügt und durch Artikel 15c Nr. 2 des Gesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837) geändert worden ist, auch in Verbindung mit § 46 Abs. 8 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), der durch Artikel 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2864, 3516) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Justiz:

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§ 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung regelt die Anforderungen und das Verfahren für die Zugänglichmachung von Dokumenten im gerichtlichen Verfahren an eine blinde oder sehbehinderte Person (berechtigte Person) in einer für sie wahrnehmbaren Form.

(2) Die Verordnung gilt für das staatsanwaltschaftliche Ermittlungs- und Vollstreckungsverfahren sowie für das behördliche Bußgeldverfahren entsprechend, wenn blinde oder sehbehinderte Personen beteiligt sind.

(3) Der Anspruch auf Zugänglichmachung besteht nach Maßgabe dieser Verordnung im gerichtlichen Verfahren gegenüber dem Gericht, im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren gegenüber der Staatsanwaltschaft, im behördlichen Bußgeldverfahren gegenüber der Verfolgungsbehörde und in den mit diesen Verfahren in Zusammenhang stehenden Vollstreckungsverfahren gegenüber der jeweils zuständigen Vollstreckungsbehörde.

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§ 2 Gegenstand der Zugänglichmachung

(1) Der Anspruch auf Zugänglichmachung nach § 191a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes, auch in Verbindung mit § 46 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, umfasst Dokumente, die einer berechtigten Person zuzustellen oder formlos bekannt zu geben sind. Diesen Dokumenten als Anlagen beigefügte Zeichnungen und andere Darstellungen, die nicht in Schriftzeichen wiedergegeben werden können, sowie von einer Behörde vorgelegte Akten werden von der Verordnung nicht erfasst.

(2) Die Vorschriften über die Zustellung oder formlose Mitteilung von Dokumenten bleiben unberührt.

(3) Weitergehende Ansprüche auf Zugänglichmachung, die sich für berechtigte Personen aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, bleiben unberührt.

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§ 3 Formen der Zugänglichmachung

(1) Die Dokumente können der berechtigten Person schriftlich, elektronisch, akustisch, mündlich, fernmündlich oder in anderer geeigneter Weise zugänglich gemacht werden.

(2) Die schriftliche Zugänglichmachung erfolgt in Blindenschrift oder in Großdruck. Bei Großdruck sind ein Schriftbild, eine Kontrastierung und eine Papierqualität zu wählen, die die individuelle Wahrnehmungsfähigkeit der berechtigten Person ausreichend berücksichtigen.

(3) Die elektronische Zugänglichmachung erfolgt durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments. Dabei sind die Standards von § 3 der Barrierefreie Informationstechnikverordnung maßgebend. Das Dokument ist gegen unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

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§ 4 Umfang des Anspruchs

(1) Der Anspruch auf Zugänglichmachung besteht, soweit der berechtigten Person dadurch der Zugang zu den ihr zugestellten oder formlos mitgeteilten Dokumenten erleichtert und sie in die Lage versetzt wird, eigene Rechte im Verfahren wahrzunehmen.

(2) Die Zugänglichmachung erfolgt auf Verlangen der berechtigten Person. Die nach § 1 Abs. 3 verpflichtete Stelle hat die berechtigte Person auf ihren Anspruch hinzuweisen.

(3) Das Verlangen auf Zugänglichmachung kann in jedem Abschnitt des Verfahrens geltend gemacht werden. Es ist aktenkundig zu machen und im weiteren Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

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§ 5 Mitwirkung der berechtigten Person

Die berechtigte Person ist verpflichtet, bei der Wahrnehmung ihres Anspruchs auf Zugänglichmachung im Rahmen ihrer individuellen Fähigkeiten und ihrer technischen Möglichkeiten mitzuwirken. Sie soll die nach § 1 Abs. 3 verpflichtete Stelle unverzüglich über ihre Blindheit oder Sehbehinderung in Kenntnis setzen und mitteilen, in welcher Form ihr die Dokumente zugänglich gemacht werden können.

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§ 6 Ausführung der Zugänglichmachung

Die berechtigte Person hat ein Wahlrecht zwischen den in § 3 genannten Formen der Zugänglichmachung. Die nach § 1 Abs. 3 verpflichtete Stelle hat die Zugänglichmachung in der von der berechtigten Person gewählten Form auszuführen.

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§ 7 Zeitpunkt der Zugänglichmachung

Die Zugänglichmachung soll im zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der für die berechtigte Person bestimmten Dokumente erfolgen, es sei denn, die damit verbundene Verzögerung ist unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der übrigen Verfahrensbeteiligten oder des Verfahrenszwecks nicht hinnehmbar.

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§ 8 Organisation

Die nach § 1 Abs. 3 verpflichtete Stelle kann die Übertragung der Dokumente in eine Form, die die berechtigte Person wahrnehmen kann, und die Übermittlung der Dokumente an diese Person einer anderen Stelle übertragen.

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§ 9 Inkrafttreten

Die Verordnung tritt am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

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3.2 Gleichstellungsgesetze der Länder

3.2.1 Baden-Württemberg

Baden-Württemberg - Landes-Behindertengleichstellungsgesetz (L-BGG)

Landesgesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und zur Änderung anderer Gesetze

Der Landtag hat am 20. April 2005 das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Landesgesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Landes-Behindertengleichstellungsgesetz - L-BGG)

Übersicht
  1. Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
  2. Zweiter Abschnitt Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Dritter Abschnitt Rechtsbehelfe
  4. Vierter Abschnitt Beauftragter der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu verhindern und zu beseitigen sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten, ihnen eine selbstbestimmte Lebensführungzu ermöglichen und dabei ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

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§ 2 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 3 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Die Begriffsbestimmungen der Landesbauordnung für Baden-Württemberg bleiben unberührt.

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§ 4 Benachteiligung

Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

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§ 5 Frauen mit Behinderungen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen sowie zum Abbau und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

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Zweiter Abschnitt Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 6 Benachteiligungsverbot für öffentliche Stellen

(1) Die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen der Landesverwaltung einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in § 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten; dies gilt auch für Gerichte und Staatsanwaltschaften, sofern sie in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden. Die Verpflichtungen nach Satz 1 gelten auch für Gemeinden, Gemeindeverbände und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts. In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber nicht behinderten Menschen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen zulässig. Bei der Anwendung von Gesetzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belangen von Frauen mit Behinderungen Rechnung zu tragen.

(2) Öffentliche Stellen im Sinne des Absatzes 1 dürfen Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen.

(3) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

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§ 7 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Bauliche und andere Anlagen sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere der Landesbauordnung für Baden-Württemberg, barrierefrei herzustellen.

(2) Neu zu errichtende öffentliche Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und neu zu beschaffende Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Landes barrierefrei zu gestalten. Bei großen Umbau- oder Erweiterungsmaßnahmen sollen diese nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des Landes barrierefrei gestaltet werden.

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§ 8 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Menschen mit Hörbehinderungen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, mit öffentlichen Stellen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die öffentlichen Stellen haben die dafür erforderlichen Aufwendungen zu erstatten.

(4) Die Erstattung der erforderlichen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste erfolgt in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung. Für den Einsatz sonstiger Kommunikationshilfen werden die angemessenen Kosten erstattet.

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§ 9 Gestaltung des Schriftverkehrs

Öffentliche Stellen im Sinne des § 6 Abs. 1 sollen auf Verlangen im Schriftverkehr mit den Bürgern im Rahmen der technischen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten sowie rechtlichen Bestimmungen eine Behinderung von Menschen berücksichtigen. Die Vorschriften über Form, Bekanntgabe und Zustellung von Verwaltungsakten bleiben hiervon unberührt.

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§ 10 Barrierefreie mediale Angebote

Öffentliche Stellen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, im Rahmen der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Die Anforderungen zur barrierefreien Gestaltung orientieren sich an den Standards der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2654) in der jeweils geltenden Fassung.

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Dritter Abschnitt Rechtsbehelfe
§ 11 Rechtsschutz durch Verbände

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Gesetz verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem schriftlichen Einverständnis Verbände nach § 12 Abs. 1, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

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§ 12 Klagerecht

(1) Ein nach § 13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468) in der jeweils geltenden Fassung anerkannter Verband oder dessen baden-württembergischer Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes auf Feststellung eines Verstoßes gegen § 8 Abs. 3 durch die in § 6 Abs. 1 Satz 1 genannten Behörden erheben. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die angegriffene Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt ist. Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungsoder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere gegeben, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Sachverhalte vorliegt. Für Klagen nach Absatz 1 Satz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

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Vierter Abschnitt Beauftragter der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
§ 13 Amt des Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Der Ministerpräsident kann einen Beauftragten der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (Landes-Behindertenbeauftragter) für die Dauer der Legislaturperiode bestellen.

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§ 14 Aufgaben und Befugnisse

(1) Der Landes-Behindertenbeauftragte wirkt darauf hin, dass die Verpflichtung des Landes, für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird. Er setzt sich bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe dafür ein, dass unterschiedliche Lebensbedingungen von Frauen und Männern mit Behinderungen berücksichtigt und Benachteiligungen beseitigt werden.

(2) Öffentliche Stellen im Sinne des § 6 Abs. 1 sollen den Landes-Behindertenbeauftragten bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen. Dies umfasst insbesondere die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Akteneinsicht im Rahmen der Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten.

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3.2.2 Bayern

Bayern - Bayerisches Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG)

Bayerisches Gesetz zur Gleichstellung, Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung (Bayerisches Behindertengleichstellungsgesetz - BayBGG) vom 9. Juli 2003 (GVBl S. 419, BayRS 805-9-A), geändert durch Gesetz vom 22. Juli 2008 (GVBl S. 479) letzte berücksichtigte Änderung: Art. 11 und 17 geänd. (§ 1 G v. 27.11.2012, GVBl S. 582)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Abschnitt 3 Rechtsbehelfe
  4. Abschnitt 4 Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung; Landesbehindertenrat
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Aufgaben und Ziele

(1) Aus der Bejahung des Lebens jedes Menschen erwächst die Aufgabe, geborenes und ungeborenes Leben umfassend zu schützen.

(2) Gleichstellung und soziale Eingliederung von Menschen mit körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung sind eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(3) 1. Ziel dieses Gesetzes ist es, das Leben und die Würde von Menschen mit Behinderung zu schützen, ihre Benachteiligung zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten, ihre Integration zu fördern und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. 2. Dabei gilt der Grundsatz der ganzheitlichen Betreuung und Förderung. 3. Den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung wird Rechnung getragen. 4. Das gilt auch, soweit deren Behinderung, wie im Fall von Menschen mit seelischer Behinderung, nicht offenkundig ist.

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Art. 2 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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Art. 3 Frauen mit Behinderung

1. Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen sowie künftige Benachteiligungen zu verhindern. 2. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

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Art. 4 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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Art. 5 Benachteiligung

Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderung ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

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Art. 6 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenstän-dige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) 1. Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. 2. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden. 3. Aufwendungen der in Satz 1 genannten Personen für die Verwendung der Gebärdensprache oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen werden nur nach Maßgabe des Art. 11 erstattet.

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Art. 7 Sicherung der Teilhabe

(1) Die zuständigen Staatsministerien entwickeln Fachprogramme mit dem Ziel der Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft und am gesellschaftlichen Leben sowie der Verbesserung des Qualitätsmanagements bei Beratung und Versorgung von Menschen mit Behinderung, von Menschen die von einer Behinderung bedroht sind und von psychisch kranken Menschen.

(2) Dabei soll insbesondere Menschen mit geistiger Behinderung oder Mehrfachbehinderung, Menschen mit schweren Verhaltensstörungen und Menschen mit psychischer Erkrankung, die sowohl im ambulanten als auch im teil- und vollstationären Bereich großen Hilfebedarf haben, eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden.

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Art. 8 Selbsthilfe-Organisationen

Die Selbsthilfe-Organisationen von Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit und von deren Angehörigen nehmen für die Sicherung der Teilhabe wichtige Aufgaben im Bereich der Behindertenhilfe wahr.

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Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
Art. 9 Benachteiligungsverbot

(1) 1. Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Bayern mit Ausnahme der Staatsanwaltschaften, die Gemeinden, Gemeindeverbände und die sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme des Bayerischen Rundfunks und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (Träger öffentlicher Gewalt) sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs die in Art. 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. 2. Ferner ist darauf hinzuwirken, dass auch Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend in öffentlicher Hand befinden, diese Ziele berücksichtigen. 3. In Bereichen bestehender Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen zulässig. 4. Bei der Anwendung von Gesetzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belangen behinderter Frauen Rechnung zu tragen.

(2) Ein Träger öffentlicher Gewalt im Sinn des Abs. 1 Satz 1 darf Menschen mit Behinderung nicht benachteiligen.

(3) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von behinderten Menschen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

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Art. 10 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) 1. Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten der Behörden, Gerichte und sonstigen öf-fentlichen Stellen des Freistaates Bayern sowie entsprechende Bauten der Gemeinden, Gemeindeverbän-de und der sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentli-chen Rechts sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. 2. Gleiches gilt für Tageseinrichtungen für Kinder, die von einem Träger öffentlicher Gewalt nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 getragen werden; dies gilt auch für die Staatsanwaltschaften, den Bayerischen Rundfunk und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien. 3. Von den Anforderungen nach den Sätzen 1 und 2 kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefrei-heit erfüllt werden. 4. Die Regelungen der Bayerischen Bauordnung bleiben unberührt.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

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Art. 11 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen

(1) 1. Hör- oder sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 das Recht, mit Trägern öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. 2. Die Träger öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 haben dafür auf Antrag der Berechtigten nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2, die notwendigen Aufwendungen zu erstatten. 3. Hör- oder sprachbehinderten Eltern nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder werden nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 auf Antrag die notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation mit der Kindertageseinrichtung, Tagespflegestelle oder Schule in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen erstattet. 4. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für die Staatsanwaltschaften.

(2) Die Staatsregierung bestimmt durch Rechtsverordnung,

  1. Voraussetzung und Umfang des Anspruchs nach Abs. 1 Satz 1, wobei eine Regelung dahingehend getroffen werden kann, dass ein Anspruch nur dann besteht, wenn der hör- oder sprachbehinderte Mensch einen Gebärdensprachdolmetscher, einen Gebärdensprachdozenten, der hörend und der Lautsprache mächtig ist, oder eine sonstige gemäß Nr. 4 anerkannte Kommunikationshilfe selbst zur Verfügung stellt,
  2. Voraussetzungen und Umfang der Ansprüche nach Abs. 1 Sätze 2 und 3,
  3. Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. Kommunikationsformen, die als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinn des Abs. 1 anzusehen sind.

(3) Für die Anerkennung von Prüfungen für Gebärdensprachdozenten erlässt die Staatsregierung eine Rechtsverordnung, in der zu regeln ist:

  1. die Prüfungsart,
  2. das Prüfungsverfahren,
  3. die Übertragbarkeit der Zuständigkeit zur Abhaltung der Prüfung auf geeignete Institute und die Regelung der Vergütung in diesen Fällen und
  4. die Voraussetzungen der Anerkennung von bereits tätigen Gebärdensprachdozenten ohne Ablegung der Prüfung.

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Art. 12 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) 1. Träger öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen; dies gilt auch für die Staatsanwaltschaften, den Bayerischen Rundfunk und die Landeszentrale für neue Medien. 2. Blinde, erblindete und sehbehinderte Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zu-gänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. 3. Vorschriften über Form, Bekanntmachung und Zustellung von Verwaltungsakten bleiben un-berührt.

(2) Die Staatsregierung bestimmt durch Rechtsverordnung, unter Berücksichtigung der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Art und Weise die in Abs. 1 genannten Dokumente blinden, erblindeten und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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Art. 13 Barrierefreies Internet und Intranet

1. Träger öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 gestalten ihre Internet- und Intranetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, unter Berücksichtigung der nach Satz 2 zu erlassenden Verordnung schrittweise technisch so, dass sie von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können; dies gilt entsprechend für die Staatsanwaltschaften. 2. Die Staatsregierung bestimmt durch Rechtsverordnung, nach Maßgabe der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten:

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen behinderter Menschen,
  2. die anzustrebenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung,
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen,
  4. Übergangsfristen zur Anpassung bereits bestehender Angebote.

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Art. 14 Barrierefreie Medien

1. Der Bayerische Rundfunk und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien sollen ferner die Ziele aus Art. 1 bei ihren Planungen und Maßnahmen beachten. 2. Hierzu sollen insbesondere Fernsehprogramme untertitelt sowie mit Bildbeschreibungen für blinde, erblindete und sehbehinderte Menschen versehen werden. 3. Diejenigen Träger öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1, denen kommunikationspolitische Angelegenheiten übertragen sind, sollen darauf hinwirken, dass auch der von Art. 9 Abs. 1 Satz 1 nicht erfasste öffentlich-rechtliche Rundfunk im Rahmen der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten die in Art. 1 genannten Ziele aktiv fördert und bei der Planung von Maßnahmen beachtet.

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Abschnitt 3 Rechtsbehelfe
Art. 15 Rechtsschutz durch Verbände

1. Werden behinderte Menschen in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 2, Art. 10 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1, Art. 12 Abs.1 Satz 2 oder Art. 13 Satz 1 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) vom 27. April 2002 (BGBl I S. 1468) anerkannten Verbände sowie deren bayerische Landesverbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. 2. Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinn des Art. 4 oder auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen im Sinn des Art. 6 Abs. 3 vorsehen. 3. In all diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderung selbst vorliegen.

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Art. 16 Verbandsklagerecht

(1) 1. Ein nach § 13 Abs. 3 BGG anerkannter Verband oder dessen bayerischer Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch Träger der öffentlichen Gewalt nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 gegen

  1. das Benachteiligungsverbot des Art. 9 Abs. 2 und die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit in Art. 10 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Art. 13 Satz 1,
  2. die Vorschriften zur Herstellung der Barrierefrei-heit in Art. 9 Abs. 1 Satz 5 des Bayerischen Straßen-und Wegegesetzes - BayStrWG - (BayRS 91-1-I), Art. 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 des Gesetzes über den öf-fentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖP-NVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Juli 1996 (GVBl S. 336, BayRS 922-1-W).

2. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) 1. Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. 2. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungsoder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Abs. 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. 3. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt. 4. Vor Erhebung der Klage nach Abs. 1 Satz 1 fordert der Verband die betroffene Behörde auf, zu der von ihm behaupteten Rechtsverletzung Stellung zu nehmen. 5. § 72 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl I S. 686) gilt entsprechend.

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Abschnitt 4 Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung; Landesbehindertenrat
Art. 17 Amt des Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung

(1) 1. Der Ministerpräsident beruft für die Dauer einer Legislaturperiode eine Persönlichkeit zur Beratung in Fragen der Behindertenpolitik (Beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung). 2. Wiederberufung ist zulässig. 3. Die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung ist unabhängig, weisungsungebunden und ressortübergreifend tätig. 4. Sie kann von ihrem Amt vor Ablauf ihrer Amtszeit nur abberufen werden, wenn eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit dies rechtfertigt. 5. Die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung hat Tätigkeiten, die neben dem Amt wahrgenommen werden, offen zu legen.

(2) 1. Die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung berät die Staatsregierung bei der Fortentwicklung und Umsetzung der Behindertenpolitik. 2. Sie - o arbeitet hierzu mit dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen insbesondere bei behindertenspezifischen Anliegen zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration von Menschen mit Behinderung zusammen,- bearbeitet die Anregungen von einzelnen Betroffenen, von Selbsthilfegruppen, von Behindertenverbänden und von Beauftragten auf kommunalen Ebenen für die Belange von Menschen mit Behinderung und - regt Maßnahmen zur verbesserten Integration von Menschen mit Behinderung an.

(3) Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Abs. 2 beteiligen die Staatsministerien die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration von behinderten Menschen behandeln oder berühren.

(4) 1. Die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung unterrichtet den Ministerrat zweimal pro Legislaturperiode über die Ergebnisse ihrer Beratungstätigkeit. 2. Der Ministerrat leitet den Bericht dem Landtag zu.

(5) 1. Die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung ist dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zugeordnet. 2. Die für die Erfüllung ihrer Aufgabe notwendigen Ausgaben trägt das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen nach Maßgabe des Staatshaushalts.

(6) Die beauftragte Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung bindet die Verbände, welche die Belange behinderter Menschen fördern, in geeigneter Weise in ihre Arbeit ein.

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Art. 18 Beauftragte auf kommunalen Ebenen für die Belange von Menschen mit Behinderung

1. Zur Verwirklichung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung sollen die Bezirke, die Landkreise und die kreisfreien Gemeinden eine Persönlichkeit zur Beratung in Fragen der Behindertenpolitik (Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung) bestellen. 2. Näheres, insbesondere die Beteiligung bei behindertenspezifischen Belangen, wird durch Satzung oder anderweitige Regelung bestimmt.

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Art. 19 Landesbehindertenrat

(1) 1. Um die Umsetzung dieses Gesetzes und die Verwirklichung der in Art. 1 Abs. 3 genannten Ziele zu för-dern, wird ein Landesbehindertenrat gegründet. 2. Er wird von der Staatsregierung in geeigneter Weise zu Fragen der Fortentwicklung und Umsetzung der Behindertenpolitik in Bayern einbezogen.

(2) 1. Der Landesbehindertenrat muss durch seine Mitglieder die Menschen mit Behinderung in ihrer Gesamtheit auf Landesebene repräsentieren. 2. Dabei ist auf ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern zu achten. 3. Dem Landesbehindertenrat gehören neben dem Vorsitzenden und der beauftragten Person der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung 15 weitere Mitglieder an. 4. Den Vorsitz führt der Staatsminister für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. 5. Die Amtsperiode des Landesbehindertenrats beträgt drei Jahre. 6Die Geschäftsführung obliegt dem Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen.

(3) 1. Die 15 weiteren Mitglieder des Landesbehindertenrats setzen sich aus Vertretern der Selbsthilfeorganisationen, der Freien und Öffentlichen Wohlfahrtspflege sowie der kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung zusammen. 2. Für jedes dieser Mitglieder ist ein Stellvertreter zu benennen. 3. Die Mitglieder und ihre Vertreter werden auf Vorschlag der Verbände für die Dauer der Amtsperiode des Landesbehindertenrats vom Vorsitzenden berufen. 4. Erneute Berufung ist zulässig. 5. Die Mitglieder undihre Stellvertreter üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. 6. Sie können ihr Amt jederzeit niederlegen. 7. Aus wichtigem Grund können sie von ihrem Amt abberufen werden.

(4) Das Nähere insbesondere zu Auswahl, Berufung und Abberufung der Mitglieder bzw. Stellvertreter nach Abs. 3 wird durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen geregelt.

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Art. 20 Verweisung

Die in diesem Gesetz enthaltenen Verweisungen betreffen die genannten Vorschriften in der jeweils geltenden Fassung.

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3.2.3 Berlin

Berlin - Berliner Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG)

Berliner Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG),

zugleich Artikel 1, Gesetz zu Artikel 11 der Verfassung von Berlin (Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung) vom 17. Mai 1999,

zuletzt geändert mit Wirkung vom 29.12.2010 durch Art. IV Gesetz zur Regelung von Partizipation und Integration in Berlin vom 15.12.2010 (GVBl. S. 560)

Übersicht
  1. Abschnitt I Allgemeine Vorschriften
  2. Abschnitt II Förderung von Gehörlosen und hörgeschädigten Menschen
  3. Abschnitt III Außerordentliches Klagerecht
  4. Abschnitt IV Barrierefreie Bescheide und Informationstechnik
Abschnitt I Allgemeine Vorschriften
§ 1 Gleichberechtigungsgebot

(1) Ziel dieses Gesetzes ist die Umsetzung des Benachteiligungsverbotes von Menschen mit Behinderung und die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung gemäß Artikel 11 der Verfassung von Berlin.

(2) Alle Berliner Behörden sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wirken im Rahmen ihrer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgaben aktiv auf das Erreichen des Ziels nach Absatz 1 hin. Das Gleiche gilt für Betriebe oder Unternehmen, die mehrheitlich vom Land Berlin bestimmt werden.

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§ 2 Diskriminierungsverbot

(1) Niemand darf wegen seiner Behinderung diskriminiert werden.

(2) Der Gesetzgeber und der Senat wirken darauf hin, dass Menschen mit Behinderung die Entfaltung ihrer Persönlichkeit, die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, die Teilnahme am Erwerbsleben und die selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht werden.

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§ 3 Diskriminierung, Beweislastumkehr

(1) Diskriminierung im Sinne dieses Gesetzes ist jede nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Nicht gerechtfertigt ist eine Ungleichbehandlung, wenn sie ausschließlich oder überwiegend auf Umständen beruht, die in mittelbarem oder unmittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung ist nicht gegeben, wenn eine Berücksichtigung der Behinderung der Sache nach unverzichtbar geboten ist oder zur Wahrung der berechtigten Interessen der Menschen mit Behinderung erforderlich ist.

(2) Macht ein Mensch mit Behinderung im Streitfall Tatsachen glaubhaft, die eine Diskriminierung wegen der Behinderung vermuten lassen, so trägt die Gegenseite die Beweislast dafür, dass keine Diskriminierung vorliegt oder der Tatbestand des Absatzes 1 Satz 3 erfüllt ist.

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§ 4 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 4a Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Eine besondere Erschwernis liegt insbesondere auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderung die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird.

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§ 5 Berliner Landesbeauftragter oder Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung

(1) Der Senat beruft im Einvernehmen mit dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderung auf Vorschlag der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung einen Landesbeauftragten oder eine Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung. Die Amtsperiode beträgt fünf Jahre. Die erneute Berufung ist möglich. Der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung ist ressortübergreifend und fachlich eigenständig tätig.

(2) Aufgabe des oder der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung ist es, darauf hinzuwirken, dass die Verpflichtung des Landes, für gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird, und insbesondere auf die fortlaufende Umsetzung der Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt zu achten. Er oder sie setzt sich bei der Wahrnehmung seiner oder ihrer Aufgaben dafür ein, dass unterschiedliche Lebensbedingungen von behinderten Frauen und Männern berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden.

(3) Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Absatz 2 beteiligen die Senatsverwaltungen den Landesbeauftragten oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration der Menschen mit Behinderung behandeln oder berühren, rechtzeitig vor Beschlussfassung. Im Übrigen unterstützt jede Berliner Behörde sowie Körperschaft, Anstalt und Stiftung des öffentlichen Rechts den Landesbeauftragten oder die Landesbeauftragte bei der Erfüllung seiner oder ihrer Aufgaben.

(4) Der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung arbeitet mit dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderung zusammen. Er oder sie beachtet die Beschlüsse des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung und nimmt auf Anforderung innerhalb von sechs Wochen dazu Stellung.

(5) Jeder Mensch kann sich an den Landesbeauftragten oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung wenden, wenn er der Ansicht ist, dass Rechte von Menschen mit Behinderung verletzt worden sind.

(6) Jede Behörde sowie Körperschaft, Anstalt und Stiftung des öffentlichen Rechts erteilt dem oder der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung zur Erfüllung seiner oder ihrer Aufgaben auf Anforderung die erforderlichen Auskünfte unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften. Stellt der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung Verstöße gegen das Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung fest, so beanstandet er oder sie dies

  1. bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen der Hauptverwaltung gegenüber dem zuständigen Mitglied des Senats, im Übrigen gegenüber dem Präsidenten oder der Präsidentin des Abgeordnetenhauses, dem Präsidenten oder der Präsidentin des Rechnungshofs oder dem oder der Berliner Datenschutzbeauftragten,
  2. bei den landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie bei Vereinigungen solcher Körperschaften, Anstalten und Stiftungen gegenüber dem Vorstand oder dem sonst vertretungsberechtigten Organ
  3. und fordert zur Stellungnahme innerhalb einer von ihm oder ihr zu bestimmenden Frist auf. Mit der Beanstandung können Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und zur Verbesserung der Umsetzung des Verbots der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung verbunden werden.

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§ 6 Landesbeirat für Menschen mit Behinderung

(1) Es wird ein Landesbeirat für Menschen mit Behinderung gebildet, der den Landesbeauftragten oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung in allen Fragen, die die Belange von Menschen mit Behinderung berühren, berät und unterstützt. Seine Amtsperiode beträgt fünf Jahre.

(2) Dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderung gehören als stimmberechtigte Mitglieder jeweils ein Vertreter oder eine Vertreterin von 15 rechtsfähigen gemeinnützigen Verbänden und Vereinen im Land Berlin an, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben die Unterstützung der Interessen behinderter Menschen durch Aufklärung und Beratung oder die Bekämpfung der Benachteiligung behinderter Menschen gehört. Der Landesbeirat muss nach der Zusammensetzung seiner stimmberechtigten Mitglieder die Menschen mit Behinderung in ihrer Gesamtheit auf Landesebene vertreten. Dem Landesbeirat gehören außerdem die folgenden neun nicht stimmberechtigten Mitglieder an:

  1. der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung,
  2. je ein Vertreter oder eine Vertreterin
    1. des Integrationsamtes,
    2. der Bezirke,
    3. der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit,
    4. der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege,
    5. des Landessportbundes,
    6. der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen,
    7. der oder des Beauftragten des Senats für Integration und Migration;
  3. die Hauptschwerbehindertenvertretung.Für jedes stimmberechtigte Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu berufen.

(3) Die Beschlüsse des Landesbeirats sind unverzüglich dem oder der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung zur Kenntnis zu geben. Der Landesbeirat kann zu seinen Beschlüssen eine Stellungnahme des oder der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung fordern.

(4) Der Landesbeirat gibt sich eine Geschäfts- und Wahlordnung und wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden oder eine Vorsitzende.

(5) Bei dem oder der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung wird eine Geschäftsstelle des Landesbeirats gebildet. Der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung beruft die konstituierende Sitzung des Landesbeirats ein.

(6) Die Mitglieder des Landesbeirats üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder werden auf Vorschlag der Verbände und Vereine beziehungsweise der zuständigen Dienststellen durch den Senat berufen.

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§ 7 Bezirksbeauftragte für Menschen mit Behinderung

(1) In den Bezirken wählt die Bezirksverordnetenversammlung auf Vorschlag des Bezirksamtes einen Bezirksbeauftragten oder eine Bezirksbeauftragte für Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich seiner oder ihrer Rechte und Aufgaben gegenüber dem Bezirksamt und den anderen bezirklichen Einrichtungen gilt § 5 entsprechend der bezirklichen Zuständigkeit.

(2) Die Bezirksbeauftragten für Menschen mit Behinderung nehmen in engem Zusammenwirken mit den örtlichen Organisationen der Behindertenselbsthilfe insbesondere folgende Aufgaben wahr:

  1. Sie geben Anregungen und unterbreiten Vorschläge zu Entwürfen von Anordnungen und Maßnahmen des Bezirks, soweit diese Aufwirkungen auf die Verwirklichung der Gleichstellung behinderter Menschen haben.
  2. Sie wachen darüber, dass bei allen Projekten, die der Bezirk plant oder realisiert, die Belange behinderter Menschen berücksichtigt werden.

(3) Die Bezirksbeauftragten für Menschen mit Behinderung sind Ansprechpartner oder Ansprechpartnerinnen für Vereine, Initiativen und sonstige Organisationen, die sich mit Fragen im Zusammenhang mit der Lebenssituation behinderter Menschen befassen, sowie für Einzelpersonen bei auftretenden Problemen.

(4) Hierdurch ist die Verantwortung der zuständigen Bezirksverwaltung nicht aufgehoben.

(5) In den Bezirken wird ein Beirat von und für Menschen mit Behinderung gebildet. Er arbeitet eng mit dem oder der Bezirksbeauftragten für Menschen mit Behinderung zusammen und gibt diesem oder dieser sowie dem Bezirksamt und der Bezirksverordnetenversammlung Empfehlungen zu Fragen des Lebens von Menschen mit Behinderung im Bezirk.

(6) Die Beiräte geben sich eine Geschäftsordnung.

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§ 8 Stärkung des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Behinderung

Das Land Berlin fördert das freiwillige soziale Engagement zur Stärkung des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Behinderung.

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§ 9 Sicherung der Mobilität

(1) Der öffentliche Personennahverkehr in Berlin soll so gestaltet werden, dass Menschen mit Behinderung ihn nutzen können.

(2) Für Fahrten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, die nicht mit dem öffentlichen Personennahverkehr durchgeführt werden können, wird für Menschen mit Behinderung ein besonderer Fahrdienst vorgehalten, auf den die Vorschriften des § 145 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Anwendung finden. Das Nähere über die Berechtigungskriterien, die Finanzierung, die Eigenbeteiligung der Nutzer und Nutzerinnen, die den Fahrdienst Betreibenden, die Beförderungsmittel und das Beförderungsgebiet regelt die für Soziales zuständige Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung.

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§ 10 Förderung behinderter Frauen

Das Land Berlin fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderung in der Gesellschaft. Zur Verbesserung der Situation behinderter Frauen ist auf die Überwindung bestehender geschlechtsspezifischer Nachteile hinzuwirken.

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§ 11 Berichte

(1) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus alle vier Jahre über die Lage der Menschen mit Behinderung und die Entwicklung der Teilhabe in Berlin.

(2) Der Senat legt dem Abgeordnetenhaus jährlich den Bericht des oder der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung vor über

  1. Verstöße gegen die Regelungen zur Gleichstellung behinderter Menschen durch Behörden oder sonstige öffentliche Stellen und deren dazu abgegebene Stellungnahmen oder ergriffene Maßnahmen,
  2. die Tätigkeit der oder des Landesbeauftragten.

(3) Die für Inneres zuständige Senatsverwaltung unterrichtet das Abgeordnetenhaus alle zwei Jahre über die Erfüllung der Beschäftigungspflicht durch die einzelnen Berliner Arbeitsgeber der öffentlichen Hand, gegliedert nach Hauptverwaltung, Bezirksverwaltungen und landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, hinsichtlich der Zahl der

  1. Arbeits- und Ausbildungsplätze gemäß § 73 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
  2. Pflichtplätze gemäß § 71 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
  3. mit Schwerbehinderten und gleichgestellten Behinderten besetzten Plätze unter Berücksichtigung von nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch zulässigen Mehrfachanrechnungen.

(4) Alle Aussagen der Berichte sind geschlechtsspezifisch zu treffen.

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Abschnitt II Förderung von Gehörlosen und hörgeschädigten Menschen
§ 12 Kommunikationsformen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Lautsprachbegleitende Gebärden sind eine gleichberechtigte Kommunikationsform der deutschen Sprache.

(2) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben das Recht, mit öffentlichen Stellen (§ 1 Abs. 2 Satz 1) in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die öffentlichen Stellen haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen. §§ 2, 3, 4 Abs.1 und § 5 der Kommunikationshilfenverordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2650) finden in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung.

(3) Der Senat wird ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Voraussetzungen schafft, dass gehörlosen, hörbehinderten und sprachbehinderten Eltern nicht gehörloser Kinder auf Antrag die notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation mit der Schule in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen erstattet werden können.

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§ 13 Unterricht

(1) An den Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Hören in Berlin wird der Unterricht in Lautsprache, lautsprachbegleitenden Gebärden, Gebärdensprache und Schriftsprache erteilt. Bei Kindern, die über die Aktivierung des Resthörvermögens keine Lautsprachkompetenz erwerben können, soll die Gebärdensprache frühzeitig zur Förderung der Kommunikationsfähigkeit und zum Wissenserwerb eingesetzt werden. An integrativen Schulen kann der Unterricht auch in lautsprachbegleitenden Gebärden und in Gebärdensprache angeboten werden.

(2) Die für Schulwesen zuständige Senatsverwaltung erlässt die zur Einführung der Gebärdensprache und zur Durchführung des Unterrichts in lautsprachbegleitenden Gebärden und in Gebärdensprache erforderlichen Ausführungsvorschriften und ergänzt insoweit die 1. Lehrerprüfungsordnung vom 18. August 1982 (GVBl. S. 1650), zuletzt geändert durch Artikel II des Gesetzes vom 26. Oktober 1995 (GVBl. S. 699), um Regelungen über den Erwerb der Befähigung, Unterricht in lautsprachbegleitenden Gebärden und in Gebärdensprache zu erteilen.

(3) Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Sinne des Absatzes 1 tätigen Lehrer müssen die Befähigung, Unterricht in Gebärdensprache zu erteilen, bis zum 31. Dezember 2007 erwerben.

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§ 14 Berufsqualifizierung für Dolmetscher und Dolmetscherinnen

(1) Die für Hochschulen zuständige Senatsverwaltung wirkt darauf hin, die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Studiengangs "Gebärdensprachdolmetschen" zu schaffen.

(2) Die für Schulwesen zuständige Senatsverwaltung bezieht die Gebärdensprache bis zum 31. Dezember 2000 in die Verordnung über die Staatliche Prüfung für Übersetzer und Übersetzerinnen vom 2. Juli 1990 (GVBl. S. 1458) ein.

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Abschnitt III Außerordentliches Klagerecht
§ 15 Außerordentliches Klagerecht

(1) Ein im Landesbeirat für Menschen mit Behinderung mit einem stimmberechtigten Mitglied vertretener rechtsfähiger gemeinnütziger Verband oder Verein kann, ohne die Verletzung eigener Rechte darlegen zu müssen, nach Maßgabe der Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung Widerspruch einlegen und gerichtlichen Rechtsschutz beantragen (Rechtsbehelfe), wenn er geltend macht, dass die öffentliche Verwaltung in rechtswidriger Weise eine Abweichung von den Vorschriften des § 50 Abs. 1 Satz 1 oder des § 51 der Bauordnung für Berlin oder des § 16 der Betriebs-Verordnung zulässt oder eine Ausnahme oder Befreiung von den Vorschriften des § 3 Abs. 1 Satz 2 oder des § 4 Abs. 1 der Gaststättenverordnung gestattet oder erteilt oder die Pflichten nach den Vorschriften des § 10 Abs. 2 Satz 3 des Sportförderungsgesetzes oder des § 7 Abs. 3 des Berliner Straßengesetzes verletzt hat.

(2) Ein Rechtsbehelf ist ausgeschlossen, wenn die Maßnahme auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgt ist.

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Abschnitt IV Barrierefreie Bescheide und Informationstechnik
§ 16 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

Öffentliche Stellen im Sinne des § 1 Abs. 2 sollen bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen berücksichtigen. Insbesondere können blinde und sehbehinderte Menschen verlangen, dass ihnen sämtliche Anträge zur Niederschrift abgenommen werden und Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke nach Maßgabe der entsprechend anzuwendenden §§ 1 bis 5 und § 6 Abs. 1 und 3 der Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2652) auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Vorschriften über Form, Bekanntmachung und Zustellung von Verwaltungsakten bleiben unberührt.

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§ 17 Barrierefreie Informationstechnik

Öffentliche Stellen im Sinne des § 1 Abs. 2 gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der nach Satz 2 zu erlassenden Verordnung schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderung grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Die für die Steuerung des landesweiten Einsatzes von Informationstechnik in der Berliner Verwaltung zuständige Senatsverwaltung bestimmt im Einvernehmen mit der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen von Menschen mit Behinderung,
  2. die anzuwendenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung,
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen.

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3.2.4 Brandenburg

Brandenburg - Brandenburgisches Behindertengleichstellungsgesetz - BbgBGG

Gesetz des Landes Brandenburg zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Brandenburgisches Behindertengleichstellungsgesetz- BbgBGG)

Vom 11. Februar 2013

(GVBl.I/13, [Nr. 05])

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Abschnitt 3 Rechtsbehelfe
  4. Abschnitt 4 Interessensvertretung der Menschen mit Behinderungen
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, in Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1420) Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen im Land Brandenburg zu verhindern und zu beseitigen, gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit sowie die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird spezifischen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen Rechnung getragen.

(2) Die Schaffung einer inklusiven Gesellschaft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

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§ 2 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für das Land, die Gemeinden, die Gemeindeverbände sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts des Landes Brandenburg.

(2) Die in Absatz 1 genannten Träger der öffentlichen Verwaltung sollen darauf hinwirken, dass auch Einrichtungen, Vereinigungen und Unternehmen, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend in ihrer Hand befinden, die Ziele dieses Gesetzes berücksichtigen.

(3) Die in Absatz 1 genannten Träger der öffentlichen Verwaltung berücksichtigen bei der Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Leistungen die Ziele dieses Gesetzes.

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§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.

(2) Eine Diskriminierung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar beeinträchtigt werden.

(3) Barrierefreiheit liegt vor, wenn bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Eine besondere Erschwernis liegt auch dann vor, wenn Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert oder erschwert wird.

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Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 4 Diskriminierungsverbot, Beweislasterleichterung

(1) Die in § 2 Absatz 1 benannten Träger der öffentlichen Verwaltung dürfen bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgaben Menschen mit Behinderungen nicht diskriminieren.

(2) Wenn ein Mensch mit Behinderung Sachverhalte oder Tatsachen glaubhaft macht, die eine Diskriminierung aufgrund seiner Behinderung vermuten lassen, ist diese Vermutung im Streitfalle von der Gegenseite zu widerlegen.

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§ 5 Gleichstellungsgebot

(1) Zur Durchsetzung der Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen sind die spezifischen Belange von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Diskriminierungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zulässig, die die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen fördern und bestehende Diskriminierungen beseitigen.

(2) Zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern sind die spezifischen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Diskriminierungen zu beseitigen. Dabei sind auch besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Diskriminierungen zulässig.

(3) Zur Verwirklichung einer selbstbestimmten Elternschaft sind die spezifischen Bedürfnisse von Eltern mit Behinderungen zu berücksichtigen.

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§ 6 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Menschen mit einer Hörbehinderung (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und Menschen mit einer Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder die als Kommunikationsform anerkannten lautsprachbegleitenden Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

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§ 7 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Menschen mit einer Hör- und Sprachbehinderung haben das Recht, mit den in § 2 Absatz 1 genannten Trägern der öffentlichen Verwaltung in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Hierfür haben die in Satz 1 genannten Träger der öffentlichen Verwaltung auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscherinnen und dolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen ohne zusätzliche Kosten sicherzustellen.

(2) Das Recht, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen zu kommunizieren, erstreckt sich im Kindertagesstätten- und im Schulbereich auf die im Rahmen des Erziehungs- und Bildungsverhältnisses wahrzunehmenden Rechte und Pflichten von Eltern minderjähriger Kinder und Jugendlicher. Satz 1 gilt auch für Kindertagesstätten und Schulen in freier Trägerschaft.

(3) Die hierfür entstehenden Kosten werden durch das Land getragen.

(4) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Schule und Jugend und dem für Finanzen zuständigen Mitglied der Landesregierung Anlass und Umfang der Bereitstellung einer Gebärdensprachdolmetscherin oder eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen durch Rechtsverordnung zu regeln.

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§ 8 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die in § 2 Absatz 1 genannten Träger der öffentlichen Verwaltung haben bei der Gestaltung von Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Soweit Schwierigkeiten mit dem Textverständnis bestehen, sind Bescheide, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke in leicht verständlicher Sprache zu erläutern.

(2) Blinde Menschen und Menschen mit einer Sehbehinderung können insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Bundesverwaltung vom 17. Juli 2002 (BGBI. I S. 2652) findet entsprechende Anwendung.

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§ 9 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die in § 2 Absatz 1 genannten Träger der öffentlichen Verwaltung gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten graphischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

(2) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, für das Land und für die der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Einvernehmen mit dem für Inneres zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen von Menschen mit Behinderungen, die anzuwendenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung, die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen zu bestimmen.

(3) Die Gemeinden und Gemeindeverbände treffen für ihren Zuständigkeitsbereich entsprechende Regelungen.

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§ 10 Zielvereinbarungen

(1) Zur Herstellung von Barrierefreiheit sollen Zielvereinbarungen zwischen den Landesverbänden von Menschen mit Behinderungen und den Unternehmen und Unternehmensverbänden für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich geschlossen werden, soweit keine Zielvereinbarung nach § 5 Absatz 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes besteht.

(2) Zur Herstellung von Barrierefreiheit können Zielvereinbarungen zwischen den Landesverbänden von Menschen mit Behinderungen und den in § 2 Absatz 1 genannten Trägern der öffentlichen Verwaltung geschlossen werden.

(3) Für das Verfahren zu Zielvereinbarungen ist § 5 Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Der die Zielvereinbarung abschließende Verband von Menschen mit Behinderungen teilt dem für Soziales zuständigen Mitglied der Landesregierung den Abschluss einer Zielvereinbarung mit.

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Abschnitt 3 Rechtsbehelfe
§ 11 Vertretungsbefugnis in verwaltungsrechtlichen und sozialrechtlichen Verfahren

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten aus § 7 Absatz 1 oder § 8 Absatz 2 verletzt oder machen sie geltend, dass in einem anderen Verfahren gegen § 4 Absatz 1 verstoßen worden ist, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die nach § 12 Absatz 3 anerkannten Verbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. Gleiches gilt bei Verstößen gegen die Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 3 Absatz 3 oder auf Verwendung von Gebärden oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 6 Absatz 3 vorsehen. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderung selbst vorliegen.

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§ 12 Verbandsklage

(1) Ein nach Absatz 3 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot nach § 4 Absatz 1, gegen die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit gemäß § 7 Absatz 1, § 8 Absatz 2 und § 9 oder gegen die Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 3 Absatz 3 vorsehen. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Eine Klage oder ein Antrag ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahmen in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderung selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage oder der Antrag nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt.

(3) Die Anerkennung eines Verbandes kann das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung nach Anhörung der beauftragten Person erteilen, wenn der Verband nach seiner Satzung nicht nur vorübergehend die Belange von Menschen mit Behinderungen fördert, nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder der Mitgliedsverbände dazu berufen ist, Interessen von Menschen mit Behinderungen auf Landesebene zu vertreten, zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereins zu berücksichtigen und wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist.

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Abschnitt 4 Interessensvertretung der Menschen mit Behinderungen
§ 13 Beauftragte oder Beauftragter der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen

Auf Vorschlag des für Soziales zuständigen Mitgliedes der Landesregierung wird durch die Landesregierung für die Dauer der Wahlperiode eine Beauftragte oder ein Beauftragter der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen (beauftragte Person) berufen. Der Landesbehindertenbeirat ist hierbei zu beteiligen. Erneute Berufungen sind zulässig. Die mit der Wahrnehmung der Aufgabe beauftragte Person hat ein direktes Vortragsrecht bei dem für Soziales zuständigen Mitglied der Landesregierung. Sie übt ihre Tätigkeit nach diesem Gesetz weisungsfrei und ressortübergreifend aus.

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§ 14 Aufgaben und Befugnisse

(1) Aufgabe der beauftragten Person ist es, insbesondere darauf hinzuwirken, dass die Verantwortung des Landes für gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird, sich dafür einzusetzen, dass unterschiedliche Lebensbedingungen von Frauen mit Behinderungen und Männern mit Behinderungen berücksichtigt und geschlechtsspezifische Diskriminierungen beseitigt werden, Maßnahmen in Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen anzuregen und dabei die zivilgesellschaftlichen Beteiligten einzubinden.

(2) Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben ist die beauftragte Person, soweit die Belange der Menschen mit Behinderungen betroffen sind, bei Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben frühzeitig zu beteiligen.

(3) Jede Person hat das Recht, sich mit Bitten, Beschwerden und Anregungen unmittelbar an die beauftragte Person zu wenden, wenn sie der Auffassung ist, dass Verstöße gegen die Rechte und Belange von Menschen mit Behinderungen erfolgt sind oder drohen.

(4) Die in § 2 Absatz 1 genannten Träger der öffentlichen Verwaltung unterstützen die beauftragte Person bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere erteilen sie die erforderlichen Auskünfte und gewähren Akteneinsicht, soweit dies zur sachgerechten Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. § 29 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg gilt hinsichtlich der Erteilung von Auskünften und der Gewährung von Akteneinsicht entsprechend. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

(5) Zur Erfüllung der Aufgaben fördert die beauftragte Person die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch zwischen den kommunalen Behindertenbeauftragten der Landkreise, dem Landesbehindertenbeirat, den Behindertengruppen, -vereinen und -verbänden, Gewerkschaften und sonstigen Organisationen, die sich mit den besonderen Interessen von Menschen mit Behinderungen befassen, und unterstützt deren Tätigkeit.

(6) Die beauftragte Person legt dem Landtag alle fünf Jahre einen Bericht zur Umsetzung dieses Gesetzes vor. Bei der Erfüllung der Berichtspflicht wird eine zusammenfassende, nach Geschlecht differenzierte Darstellung und Bewertung abgegeben.

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§ 15 Landesbehindertenbeirat

(1) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung beruft gemäß § 16 Absatz 1 einen ehrenamtlich tätigen Landesbehindertenbeirat.

(2) Der Landesbehindertenbeirat unterstützt die Landesregierung bei der Aufgabe, gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu schaffen. Er berät die Landesregierung und die beauftragte Person in allen Angelegenheiten und ist berechtigt, ihr und der Landesregierung Empfehlungen zu geben.

(3) Der Landesbehindertenbeirat soll von der Landesregierung vor dem Einbringen von Gesetzentwürfen und dem Erlass von Rechtsverordnungen, die die Belange von Menschen mit Behinderungen betreffen, angehört werden.

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§ 16 Mitglieder

(1) Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung beruft auf Vorschlag je eine Vertreterin oder einen Vertreter der landesweit tätigen rechtsfähigen Behindertenverbände, der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Brandenburg e. V. als stimmberechtigte Mitglieder in den Landesbehindertenbeirat.

(2) Als nicht stimmberechtigte Mitglieder gehören dem Landesbehindertenbeirat je eine Vertreterin oder ein Vertreter

  • des Landkreistages Brandenburg e. V.,
  • des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg,
  • der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit,
  • der Arbeitgeberverbände des Landes Brandenburg,
  • der Gewerkschaften des Landes Brandenburg,
  • des Behindertensportverbandes Brandenburg e. V. und
  • des Landesamtes für Soziales und Versorgung

an.

(3) Auf Vorschlag des Landesbehindertenbeirates kann das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung weitere Mitglieder berufen.

(4) Bei den Vorschlägen und bei der Berufung sollen Frauen und Männer in gleicher Zahl berücksichtigt werden.

(5) Die Mitglieder des Landesbehindertenbeirates wählen aus dem Kreis der entsandten Vertreterinnen und Vertreter der landesweit tätigen rechtsfähigen Behindertenverbände eine den Vorsitz führende Person und die stellvertretenden Personen.

(6) Der Landesbehindertenbeirat arbeitet eng mit den behindertenpolitisch sachverständigen Personen, Institutionen und Verbänden zusammen und lädt diese bei Bedarf zu seinen Sitzungen ein.

(7) Der Landesbehindertenbeirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die Näheres über die Arbeitsweise und über die Zusammenarbeit mit den behindertenpolitischen Beteiligten festlegt.

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§ 17 Überprüfung des Gesetzes

Drei Jahre nach Inkrafttreten ist dieses Gesetz hinsichtlich seiner Wirkungen zu überprüfen. Der Landesregierung ist Bericht über die Prüfung durch das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung zu erstatten.

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§ 18 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Brandenburgische Behindertengleichstellungsgesetz vom 20. März 2003 (GVBl. I S. 42), die Brandenburgische Verordnung über barrierefreie Dokumente in der Landesverwaltung vom 24. Mai 2004 (GVBI. II S. 489) sowie die Brandenburgische Kommunikationshilfenverordnung vom 24. Mai 2004 (GVBI. II S. 490) außer Kraft. § 7 Absatz 2 tritt am 31. Dezember 2014 außer Kraft.

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3.2.5 Bremen

 

Bremen - Bremisches Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und zur Änderung anderer Gesetze

Bremisches Behindertengleichstellungsgesetz - BremBGG

Vom 18.12.2003 (Brem. GBl. S. 413 - 86-e-1)

Zuletzt geändert durch Nr. 2.2 i.V.m. Anl. 2 ÄndBek vom 24. 1. 2012 (Brem.GBl. S. 24)

Übersicht
  1. Teil 1 - Allgemeine Bestimmungen
  2. Teil 2 - Maßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen
  3. Teil 3 - Beauftragte oder Beauftragter des Landes für die Belange behinderter Menschen
  4. Teil 4 - Schlussvorschriften
Teil 1 - Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

Ziel dieses Gesetzes ist es, Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

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§ 2 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 3 Benachteiligung

Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

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§ 4 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 5 Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für die Behörden des Landes Bremen und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven und die sonstigen nicht bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Sitz im Land Bremen als Träger öffentlicher Gewalt. Sie sollen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel und nach Maßgabe der §§ 8 bis 11 für die dort beschriebenen Regelungsbereiche insbesondere geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit, soweit diese in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich noch nicht gewährleistet ist, ergreifen und gemäß §§ 6 und 7 auf die Beseitigung bestehender und die Vermeidung neuer Benachteiligungen hinwirken.

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Teil 2 - Maßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen
§ 6 Benachteiligungsverbot

(1) Behinderte Menschen dürfen gegenüber nicht behinderten Menschen nicht benachteiligt werden. Bestehende Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sollen durch besondere Maßnahmen abgebaut, verhindert oder beseitigt werden.

(2) Besondere Benachteiligungsverbote zugunsten behinderter Menschen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

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§ 7 Besondere Belange behinderter Frauen

Bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei soll durch besondere Maßnahmen die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen gefördert und bestehende Benachteiligungen abgebaut oder beseitigt werden.

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§ 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten der in § 5 genannten Stellen sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maß die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden oder wenn die Anforderungen an Neubauten und große Um- und Erweiterungsbauten nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen des Landes und der Stadtgemeinden, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

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§ 9 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die in § 5 genannten Stellen haben ihre Internet- und Intranetseiten sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so zu gestalten, dass sie auch von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die barrierefreie Gestaltung der Informationstechnik im Sinne des Absatzes 1 zu treffen und die dabei anzuwendenden Standards nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten festzulegen. Die nach § 12 Abs. 4 anerkannten Verbände behinderter Menschen sind bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen.

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§ 10 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Gehörlose und hörbehinderte Menschen und Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit haben nach Maßgabe der Verordnung nach Absatz 4 das Recht, mit den in § 5 genannten Stellen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die in § 5 genannten Stellen haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im erforderlichen Umfang die Übersetzung durch Gebärdendolmetscherinnen oder Gebärdendolmetscher oder die Verständigung mit anderen Kommunikationshilfen sicherzustellen; sie tragen die hierzu notwendigen Aufwendungen.

(4) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die Heranziehung von Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetschern und die Grundsätze für deren angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen zu treffen. Die nach § 12 Abs. 4 anerkannten Verbände behinderter Menschen sind bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen.

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Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die in § 5 genannten Stellen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener behinderter Menschen zu berücksichtigen. Blinden und sehbehinderten Menschen sind nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 die in Satz 1 genannten Dokumente auf ihren Wunsch ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen darüber zu treffen, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden. Die nach § 12 Absatz 4 anerkannten Verbände behinderter Menschen sind bei der Vorbereitung der Rechtsverordnung zu beteiligen.

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§ 12 Verbandsklagerecht

(1) Ein nach Absatz 4 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch die in § 5 genannten Stellen gegen

  1. das Benachteiligungsverbot nach § 6 Abs. 1 und die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 3 oder § 11 Abs. 1 Satz 2 oder gegen Bestimmungen der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen,
  2. die Vorschriften des Landesrechts zur Herstellung der Barrierefreiheit in § 9 Abs. 1 des Bremischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege, § 34 Sätze 3 und 4 der Bremischen Landeswahlordnung, § 16 Abs. 1 und 2 der Wahlordnung zum Bremischen Personalvertretungsgesetz, § 9 Abs. 3 und 4 der Wahlordnung zur Wahl der Frauenbeauftragten oder § 10 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 Satz 2 des Bremischen Landesstraßengesetzes,
  3. die Vorschriften zur Herstellung der Barrierefreiheit nach der Bremischen Landesbauordnung bei der Erteilung von Baugenehmigungen.

(2) Eine Klage nach Absatz 1 ist nicht zulässig, wenn die angegriffene Maßnahme

  1. den Verband nicht in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt,
  2. aufgrund einer Entscheidung in einem gerichtlichen Verfahren erlassen worden ist oder
  3. in einem gerichtlichen Verfahren als rechtmäßig bestätigt worden ist.

Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist eine Klage nach Absatz 1 nur zulässig, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der angegriffenen Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt.

(3) Vor Erhebung einer Klage nach Absatz 1 ist ein Vorverfahren entsprechend den Bestimmungen der §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung in der jeweils geltenden Fassung durchzuführen; dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist.

(4) Die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen soll einen Verband anerkennen, der

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf der Ebene des Bundes oder des Landes zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in dieser Zeit im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet und
  5. den Anforderungen der Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit im Sinne der Abgabenordnung genügt.

(5) Wird in einem Fall des Absatzes 1 ein behinderter Mensch in seinen Rechten verletzt, kann an seiner Stelle und mit seinem Einverständnis ein nach Absatz 4 anerkannter Verband, der nicht selbst am Verfahren beteiligt ist, Rechtsschutz beantragen; in diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.

(6) Ein nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung anerkannter Verband gilt auch als anerkannt im Sinne des Absatz 4; entsprechendes gilt für rechtlich selbständige Mitgliedsvereine eines solchen Verbandes.

(7) Bei Wegfall einer der in Absatz 4 genannten Voraussetzungen kann die Anerkennung nach Anhörung des betroffenen Verbandes widerrufen werden. Mit einem Widerruf seitens des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung entfällt für Verbände nach Absatz 6 die Anerkennung durch die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen.

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§ 13 Berichterstattung

Der Senat berichtet einmal in jeder Legislaturperiode der Bürgerschaft über die Erfahrungen mit diesem Gesetz, seine Auswirkungen und Anwendungsprobleme in der Praxis und Fragen der Benachteiligung behinderter Menschen. Alle Feststellungen des Berichts sind geschlechtsdifferenziert zu treffen. Den nach § 12 Abs. 4 anerkannten Verbänden behinderter Menschen ist bei der Vorbereitung des Berichts Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Sie wird der Bürgerschaft mit dem Bericht zugeleitet.

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Teil 3 - Beauftragte oder Beauftragter des Landes für die Belange behinderter Menschen
§ 14 Amt der oder des Landesbehindertenbeauftragten

(1) Der Präsident der Bürgerschaft schlägt die beauftragte Person vor, nachdem er von den verbandsklageberechtigten Verbänden nach § 12 eine Stellungnahme zu seinem Vorschlag eingeholt hat. Die Bürgerschaft (Landtag) wählt die auf Vorschlag des Präsidenten beauftragte Person für einen Zeitraum von sechs Jahren. Sie wird danach vom Vorstand der Bürgerschaft ernannt.

(2) Die beauftragte Person soll möglichst ein Mensch mit Behinderung sein.

(3) Die beauftragte Person ist in der Wahrnehmung des Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

(4) Der beauftragten Person sind für die Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendigen Personal- und Sachmittel zur Verfügung zu stellen.

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§ 15 Aufgaben und Befugnisse

(1) Die beauftragte Person wirkt auf gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens hin.

(2) Die beauftragte Person wirkt darauf hin, dass die Verpflichtung der Träger öffentlicher Gewalt, für die Gleichstellung behinderter Menschen und die Beseitigung geschlechtsspezifischer Benachteiligungen behinderter Frauen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird.

(3) Die beauftragte Person ist in der Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Sie steht den Bürgerinnen und Bürgern mit und ohne Behinderung und ihren Verbänden im Sinne einer Ombudsfunktion als Mittler zwischen den Interessen behinderter Menschen, Behindertenverbänden und Organisationen, die behinderte Menschen vertreten, Rehabilitationsträgern, Einrichtungen für behinderte Menschen und der öffentlichen Verwaltung sowie der Bürgerschaft (Landtag) zur Verfügung.

(4) Jede Bürgerin und jeder Bürger kann sich an die beauftragte Person wenden, wenn die Ansicht besteht, dass Rechte von behinderten Menschen beeinträchtigt werden. Niemand darf deswegen benachteiligt werden.

(5) Der Senat beteiligt die beauftragte Person bei allen Vorhaben des Senats, die die Belange behinderter Menschen betreffen; sie hat das Recht auf frühzeitige Information und kann jederzeit Stellungnahmen abgeben.

(6) Der Senat trägt dafür Sorge, dass alle Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Aufgaben die beauftragte Person bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen und ihr auf Anforderung die hierfür erforderlichen Auskünfte unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften erteilen.

(7) Stellt die beauftragte Person Verstöße gegen das Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen oder gegen die Bestimmungen zur Barrierefreiheit fest oder werden andere Verpflichtungen aus dem Gesetz nicht eingehalten, so beanstandet sie dies gegenüber dem Träger öffentlicher Aufgaben oder dem zuständigen Mitglied des Senats. Die beauftragte Person kann sich zur Abhilfe auch an die Präsidentin oder den Präsidenten der Bürgerschaft (Landtag) wenden.

(8) Die beauftragte Person nimmt zum Bericht des Senats zur Lage der Menschen mit Behinderung Stellung und legt der Bürgerschaft (Landtag) alle zwei Jahre einen Bericht über ihre eigene Tätigkeit vor. In der Aussprache über den Tätigkeitsbericht kann die Bürgerschaft (Landtag) der beauftragten Person Gelegenheit zur Vorstellung des Tätigkeitsberichts geben.

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Teil 4 - Schlussvorschriften
§ 16 Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2014 außer Kraft.

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3.2.6 Hamburg

 

Hamburg - Hamburgisches Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze

Hamburgisches Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze

Vom 21. März 2005 (HmbGVBl. Nr. 10, Dienstag, den 29. März 2005 S.75-79).

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Abschnitt 3 Vertretungsbefugnisse anerkannter Verbände
  4. Abschnitt 4 Koordination für die Gleichstellung behinderter Menschen
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziele

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung behinderter Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

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§ 2 Behinderte Frauen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

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§ 3 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 4 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen ohne besondere Erschwernis und in der Regel ohne besondere Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 5 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Hörbehinderte Menschen (gehörlose, ertaubte und schwerhörige Menschen) und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

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Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 6 Benachteiligungsverbot für Träger öffentlicher Gewalt

(1) Die Behörden und sonstigen Einrichtungen der Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die in einer der öffentlichen Verwaltung vergleichbaren Art öffentliche Aufgaben erfüllen (Träger öffentlicher Gewalt), sollen im Rahmen ihres Aufgabenbereiches die in § 1 genannten Ziele fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Ferner ist darauf hinzuwirken, dass auch Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar, ganz oder überwiegend in öffentlicher Hand befinden, diese Ziele berücksichtigen. In Bereichen bestehender Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen zulässig. Bei der Anwendung von Gesetzen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist den besonderen Belangen von Frauen mit Behinderungen Rechnung zu tragen.

(2) Ein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des Absatzes 1 darf behinderte Menschen nicht benachteiligen. Eine Benachteiligung liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar der mittelbar beeinträchtigt werden.

(3) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von behinderten Menschen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.

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§ 7 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Neubauten und große Um- und Erweiterungsbauten der Träger öffentlicher Gewalt sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. Andere Lösungen, die in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen, sind zulässig. Die Regelungen der Hamburgischen Bauordnung bleiben unberührt.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen der Träger öffentlicher Gewalt und öffentliche Wege sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten. Weitergehende Vorschriften bleiben unberührt.

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§ 8 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Hör- und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 das Recht, mit den Trägern öffentlicher Gewalt in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Träger öffentlicher Gewalt haben dafür nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 die notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung über

  1. Voraussetzungen und Umfang des Anspruchs nach Absatz 1,
  2. Grundsätze und Höhe für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen aus Haushaltsmitteln der Freien und Hansestadt Hamburg für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen nach Absatz 1 Satz 1 und
  3. Kommunikationsformen, die als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 anzusehen sind, zu bestimmen.

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§ 9 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die Träger öffentlicher Gewalt haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener behinderter Menschen zu berücksichtigen. Blinde, erblindete und sehbehinderte Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlichrechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Vorschriften über Form, Bekanntmachung und Zustellung von Verwaltungsakten bleiben unberührt.

(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 2 genannten Dokumente blinden, erblindeten und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 10 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die Träger öffentlicher Gewalt haben ihre Internetauftritte und Intranetauftritte sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 schrittweise technisch so zu gestalten, dass sie von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

(2) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten zu bestimmen, wie die in Absatz 1 genannte Verpflichtung umzusetzen ist. Insbesondere sind festzulegen,

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen behinderter Menschen,
  2. die anzuwendenden technischen Standards sowie der Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung und
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen.

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Abschnitt 3 Vertretungsbefugnisse anerkannter Verbände
§ 11 Vertretungsbefugnisse in verwaltungs- und sozialrechtlichen Verfahren

Werden behinderte Menschen in ihren Rechten aus § 6 Absatz 2, § 7, § 8 Absatz 1, § 9 Absatz 1 Satz 2 oder § 10 Absatz 1 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die nach § 13 Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), geändert am 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304, 2331), anerkannten Verbände sowie deren Hamburger Landesverbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 4 oder auf Verwendung von Gebärden oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 5 Absatz 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.

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§ 12 Verbandsklagerecht

(1) Ein nach § 13 Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannter Verband sowie dessen Hamburger Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch die Träger öffentlicher Aufgaben im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 gegen das Benachteiligungsverbot nach § 6 Absatz 2 und gegen ihre Verpflichtungen zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Schaffung von Barrierefreiheit. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist eine Klage nach Absatz 1 nur zulässig, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der angegriffenen Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt; dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt.

(3) Vor Erhebung einer Klage nach Absatz 1 ist ein Vorverfahren entsprechend den Bestimmungen der §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung oder der §§ 78 bis 86 des Sozialgerichtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist.

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Abschnitt 4 Koordination für die Gleichstellung behinderter Menschen
§ 13 Senatskoordinatorin oder Senatskoordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen

(1) Der Senat bestellt für die Dauer der Wahlperiode der Bürgerschaft eine Koordinatorin oder einen Koordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen. Das Amt endet, außer im Fall der Entlassung, mit dem Zusammentreten einer neuen Bürgerschaft. Die Koordinatorin oder der Koordinator bleibt bis zur Nachfolgebestellung im Amt; erneute Bestellung ist möglich. Dem zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestellten Senatskoordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen werden die Aufgaben aus Absatz 2 übertragen.

(2) Aufgabe der Koordinatorin oder des Koordinators ist es, aus einer unabhängigen Position heraus zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung zu vermitteln, als koordinierende Stelle für behinderte Menschen und deren Verbände und Organisationen zur Verfügung zu stehen und darauf hinzuwirken, dass die Verantwortung der Träger öffentlicher Gewalt, für die Gleichstellung behinderter Menschen und die Beseitigung geschlechtsspezifischer Benachteiligungen behinderter Frauen zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird.

(3) Der Senat beteiligt frühzeitig die Koordinatorin oder den Koordinator bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, die die Gleichstellung behinderter Menschen betreffen oder berühren.

(4) Die Träger öffentlicher Gewalt unterstützen die Koordinatorin oder den Koordinator bei der Wahrnehmung der Aufgaben, insbesondere erteilen sie die erforderlichen Auskünfte und gewähren Akteneinsicht. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

(5) Die Koordinatorin oder der Koordinator unterrichtet den Senat alle zwei Jahre über seine Tätigkeit, die Umsetzung dieses Gesetzes und die Lage der Menschen mit Behinderungen in Hamburg. Der Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen kann zu dem Bericht eine Stellungnahme abgeben. Der Senat leitet den Bericht und die Stellungnahme des Landesbeirat der Bürgerschaft zu.

(6) Die Koordinatorin oder der Koordinator handelt weisungsunabhängig. Die Funktion wird ehrenamtlich ausgeübt. Die Koordinatorin oder der Koordinator erhält eine Aufwandsentschädigung. Zur Gewährleistung der Arbeit der Koordinatorin oder des Koordinators sind ausreichende Personal- und Sachmittel zur Verfügung zu stellen.

(7) Die Rechts- und Dienstaufsicht obliegt der zuständigen Behörde.

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§ 14 Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen

(1) Bei der zuständigen Behörde wird für die Dauer der Wahlperiode der Bürgerschaft ein Beirat für die Teilhabe behinderter Menschen eingerichtet. Der Beirat hat die Aufgabe, die Koordinatorin oder den Koordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen in allen Fragen, die die Belange behinderter Menschen berühren, zu beraten und zu unterstützen und gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung zu schaffen. Dem Beirat obliegt es gemeinsam mit der Koordinatorin oder dem Koordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen, die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes sowie anderer Vorschriften, die die Belange behinderter Menschen betreffen, bei den Trägern der öffentlichen Gewalt zu überwachen. Der Beirat kann den Trägern öffentlicher Gewalt Empfehlungen zur Durchsetzung der Gleichstellung behinderter Menschen geben.

(2) Der Beirat setzt sich aus 20 ständigen, stimmberechtigten Mitgliedern zusammen, die neben den Betroffenen und ihren Organisationen die für die Gleichstellung und Teilhabe behinderter Menschen wichtigen Bereiche und gesellschaftlichen Gruppierungen vertreten. Die Mitglieder werden von der zuständigen Behörde bestellt. Die Koordinatorin oder der Koordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen sowie die zuständige Behörde können Mitglieder vorschlagen. Die Mitglieder des Beirates üben ihr Amt ehrenamtlich aus. Die Mitgliedschaft endet mit dem Zusammentreten einer neuen Bürgerschaft.

(3) Die Geschäftsführung liegt bei der Koordinatorin oder dem Koordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen. Die Koordinatorin oder der Koordinator für die Gleichstellung behinderter Menschen ist vorsitzendes Mitglied des Beirates ohne Stimmrecht.

(4) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.

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3.2.7 Hessen

 

Hessen - Hessisches Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und zur Änderung anderer Gesetze

(Hessisches Behinderten-Gleichstellungsgesetz - HessBGG)

Vom 20. Dezember 2004,

zuletzt geändert durch Artikel 64 des Gesetzes vom 13. Dezember 2012 (GVBl. S. 622)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
  3. Abschnitt 3 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  4. Abschnitt 4 Rechtsbehelfe
  5. Abschnitt 5 Die oder der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen
  6. Abschnitt 6
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

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§ 2 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 3 Barrierefreiheit

(1)Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

(2) Zur Herstellung der Barrierefreiheit können, soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, Zielvereinbarungen zwischen Landesverbänden von Menschen mit Behinderungen einerseits und kommunalen Körperschaften, deren Verbänden und Unternehmen andererseits für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations-oder Tätigkeitsbereich getroffen werden. Soweit Landesverbände nicht vorhanden sind, können auch örtliche Verbände mit kommunalen Körperschaften sowie deren Verbände Zielvereinbarungen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations-oder Tätigkeitsbereich treffen.

(3) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere

  1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer,
  2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche künftig zu verändern sind, um dem Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf Zugang und Nutzung zu genügen,
  3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur

Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.

(4) Die Verhandlungen über Zielvereinbarungen sind innerhalb von vier Wochen nach deren Anzeige gegenüber dem Vereinbarungspartner aufzunehmen. Verhandlungen können nicht für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer bereits zustande gekommenen Zielvereinbarung geführt werden. Dies gilt auch in Bezug auf diejenigen, die einer zustande gekommenen Zielvereinbarung ohne Einschränkung aller Rechte und Pflichten beigetreten sind.

(5) Die oder der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen führt ein Zielvereinbarungsregister, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen eingetragen werden. Der die Zielvereinbarung abschließende Verband ist verpflichtet, die erforderlichen Anzeigen nach Satz 1 in informationstechnisch erfassbarer Form zu übermitteln.

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§ 4 Benachteiligung

Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine Benachteiligung liegt auch vor, wenn Menschen mit Behinderungen die Mitnahme oder der Einsatz benötigter Hilfsmittel verweigert wird.

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Abschnitt 2 Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
§ 5 Frauen mit Behinderungen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig und nach Möglichkeit durchzuführen.

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§ 6 Gemeinsame Erziehung und Bildung in öffentlichen Einrichtungen

Öffentliche Einrichtungen zur Erziehung und Bildung in Hessen fördern die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung am Leben der Gesellschaft und bieten ihnen gemeinsame Lern- und Lebensfelder. Das Nähere regeln die jeweiligen Landesgesetze.

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§ 7 Wohnen von Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen soll im Rahmen der individuellen Hilfeplanung ihren Wünschen entsprechend die Möglichkeit gegeben werden, auch bei wachsendem Hilfebedarf in dem ihnen vertrauten Wohnumfeld zu verbleiben. Dies gilt auch für Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen.

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§ 8 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

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Abschnitt 3 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 8a Sicherung der Teilhabe

(1) Das Land hat bei der Ausgestal­tung von Förderprogrammen und -maßnahmen die Ziele des Gesetzes angemessen zu berücksichtigen.

(2) Das für das Recht der Menschen mit Behinderungen zuständige Minis­terium entwickelt Fachkonzepte zur Verbesserung der Teilhabe von Men­schen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft, insbesondere zur

  1. Verbesserung der Beratungs- und Versorgungsstruktur,
  2. Unterstützung der Hilfen auch im Rahmen des Persönlichen Budgets im Sinne des § 17 Abs. 2 bis 6 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046, 1047), zuletzt geändert durch Ge­setz vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2495), mit dem Ziel, die Hilfen personenzentriert auszurichten, und
  3. Unterstützung des Bürgerengagements.

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§ 8b Interessenvertretung für Menschen mit Behinderungen

Das Land unterstützt die Arbeit der Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen und wirkt darauf hin, dass deren Rolle ausgebaut und gefestigt wird.

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§ 9 Benachteiligungsverbot

(1) Das Land, seine Behörden und Dienststellen sowie die seiner Aufsicht unterliegenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der kommunalen Gebietskörperschaften sind im Rahmen ihrer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgaben verpflichtet, aktiv auf das Erreichen der Ziele nach § 1 hinzuwirken. Für den Hessischen Rundfunk und die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk gilt § 15. Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend im Eigentum des Landes befinden, sollen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Ziele des § 1 berücksichtigen. In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen sind besondere Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligungen zulässig.

(2) Die kommunalen Gebietskörperschaften, ihre Behörden und Dienststellen sowie die sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, an denen sie maßgeblich beteiligt sind, haben zu prüfen, ob sie im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten die Ziele dieses Gesetzes bei ihren Planungen und Maßnahmen umsetzen können. Im Rahmen dieser Prüfung stellen die kommunalen Gebietskörperschaften einen Plan zur Umsetzung der Ziele nach § 1 auf, soweit sie nicht die ent­sprechende Anwendung dieses Gesetzes beschlossen haben. Der Abschluss einer Zielvereinbarung nach § 3 Abs. 2 ersetzt die Aufstellung eines Plans.

(3) Ein Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des Abs. 1 Satz 1 darf Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen.

(4) Besondere Benachteiligungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

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§ 10 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten der Behörden, Gerichte oder sonstigen öffentlichen Stellen des Landes Hessen sowie entsprechende Bauten der sonstigen der Aufsicht des Landes Hessen unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der kommunalen Gebietskörperschaften sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden, soweit dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bereits bestehende Bauten sind entsprechend schrittweise mit dem Ziel einer möglichst weitreichenden Barrierefreiheit zu gestalten. Ausnahmen von Satz 1 sind bei großen Um-und Erweiterungsbauten zulässig, wenn die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können oder eine andere Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt. Die Regelungen der Hessischen Bauordnung bleiben unberührt.

(2) Die Anforderungen an die Barrierefreiheit sonstiger baulicher oder anderer Anlagen, öffentlicher Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugänglicher Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr richten sich nach den für den jeweiligen Bereich gültigen Rechtsvorschriften.

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§ 11 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen

(1) Hör- oder sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 das Recht, mit Trägern öffentlicher Gewalt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Träger öffentlicher Gewalt haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscherinnen oder Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen. Hör- oder sprachbehinderten Eltern werden nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 auf Antrag die notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation mit der Schule in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder mittels anderer geeigneter Kommunikationshilfen erstattet.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung einer Gebärdensprachdolmetscherin oder eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetscherinnen oder Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägern öffentlicher Gewalt,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Abs. 1 anzusehen sind.

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§ 12 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinde, sehbehinderte und taubblinde Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Abs. 2 verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Abs. 1 genannten Dokumente blinden, sehbehinderten und taubblinden Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 13 Kostentragung für Stimmzettelschablonen

Übernehmen Blindenvereine die Herstellung oder die Verteilung von Stimmzettelschablonen nach § 37 Abs. 3 der Landeswahlordnung in der Fassung vom 26.Februar 1998 (GVBl. I S. 101, 167), zuletzt geändert durch Gesetz vom ??. Dezember 2004 (GVBl. I S. ???), oder nach § 6 Abs. 2 Satz 3 der Stimmordnung vom 6.November 1990 (GVBl. I S. 613), zuletzt geändert durch Gesetz vom ??. Dezember 2004 (GVBl. I S. ???), werden ihnen die dadurch veranlassten notwendigen Ausgaben erstattet.

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§ 14 Barrierefreie Informationstechnik

Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 gestalten ihre Intranet- und Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der nach Satz 2 zu erlassenden Verordnung schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen von Menschen mit Behinderungen,
  2. die technischen Standards und
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen.

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§ 15 Barrierefreie Medien

(1) Der Hessische Rundfunk soll die Ziele des § 1 bei seinen Planungen und Maßnahmen beachten. Hierzu sollen insbesondere Fernsehprogramme untertitelt sowie mit Bildbeschreibungen für blinde, erblindete und sehbehinderte Menschen versehen werden. Die Intendantin oder der Intendant des Hessischen Rundfunks berichtet dem Rundfunkrat regelmäßig über die getroffenen Maßnahmen.

(2) Die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk setzt sich dafür ein, dass auch private Fernsehveranstalter im Rahmen ihrer technischen und wirtschaft- lichen Möglichkeiten bei ihren Fernsehprogrammen Maßnahmen nach Abs. 1 Satz 2 ergreifen.

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Abschnitt 4 Rechtsbehelfe
§ 16 Rechtsschutz durch Verbände

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten aus § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1 oder § 14 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die nach § 13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), geändert durch Verordnung vom 25. November 2003 (BGBI. I S. 2304), anerkannten Verbände sowie deren hessischen Landesverbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 3 oder auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 8 Abs. 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

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§ 17 Verbandsklagerecht

(1) Ein nach § 13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes anerkannter Verband oder dessen hessischer Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch Träger der öffentlichen Gewalt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 gegen 1. das Benachteiligungsverbot des § 9 Abs. 3 und die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1, §§ 13 oder 14,2. die Vorschriften zur Herstellung der Barrierefreiheit im Hessischen Straßenund Wegegesetz sowie im Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Hessen. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs-oder sozialgerichtlichen Streitverfahren getroffen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Abs. 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen nach Abs. 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

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Abschnitt 5 Die oder der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Menschen mit Behinderungen
§ 18 Amt der oder des Behindertenbeauftragten der Hessischen Landesregierung

(1) Die Landesregierung beruft für die Dauer der Wahlperiode des Landtags eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Die Wiederberufung ist zulässig. Die beauftragte Person ist unabhängig, weisungsungebunden und ressortübergreifend tätig. Sie kann von dem Amt vor Ablauf der Amtszeit außer mit ihrem Einverständnis nur abberufen werden, wenn die Abberufung bei entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit gerechtfertigt ist. Nach Ablauf der Wahlperiode bleibt sie bis zur Neuberufung einer beauftragten Person im Amt. Endet das Amt aus einem anderen Grund, nimmt bis zur Neubestellung die Staatssekretärin oder der Staatssekretär im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport die Aufgaben wahr.

(2) Die beauftragte Person berät die Landesregierung bei der Fortentwicklung und Umsetzung der Behindertenpolitik.

  1. Sie achtet im Zusammenwirken mit den Schwerbehindertenvertretungen sowie den Behindertenverbänden in Hessen und deren Zusammenschlüssen auf die Einhaltung der Gleichstellungsverpflichtung nach diesem Gesetz.
  2. Sie arbeitet hierzu mit dem Sozialministerium insbesondere bei behindertenspezifischen Anliegen zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration von Menschen mit Behinderungen zusammen.
  3. Sie bearbeitet die Anregungen von einzelnen Betroffenen, von Selbsthilfegruppen, von Behindertenverbänden und von kommunalen Behindertenbeauftragten.
  4. Sie regt Maßnahmen zur verbesserten Integration von Menschen mit Behinderungen an.
  5. Sie wirkt durch geeignete Maßnahmen darauf hin, dass das Land Hessen die Beschäftigungspflicht nach den §§ 71 bis 76 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt. Hierzu berät die beauftragte Person die Hessische Landesregierung in allen Fragen der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und initiiert und begleitet Integrationsmaßnahmen in der Landesverwaltung.

(3) Zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Abs. 2 beteiligen die obersten Landesbehörden die beauftragte Person rechtzeitig bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Belange von Menschen mit Behinderungen behandeln oder berühren.

(4) Die beauftragte Person unterrichtet die Landesregierung und den Landtag regelmäßig über ihre Tätigkeit. Der Bericht hat Aussagen über die Wirksamkeit und Umsetzung dieses Gesetzes zu enthalten. Darüber hinaus berichtet das für das Recht der Menschen mit Behinderungen zuständige Ressort über das Ergebnis der den kommu­nalen Gebietskörperschaften nach § 9 Abs. 2 obliegenden Prüfung.

(5) Die beauftragte Person der Hessischen Landesregierung und ihre Dienststelle sind dem Ministerium des Innern und für Sport zugeordnet. Die für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung ist durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport nach Maßgabe des Landeshaushalts zur Verfügung zu stellen. Die beauftragte Person ist ehrenamtlich tätig. Sie erhält eine Aufwandsentschädigung, deren Höhe im Haushaltsplan festgelegt wird. § 68 des Beamtenversorgungsgesetzes findet entsprechende Anwendung.

(6) Die beauftragte Person hat, auch nach Beendigung der Tätigkeit, über die dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im dienstlichen Verkehr oder über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(7) Die beauftragte Person beteiligt die Verbände, welche die Belange von Menschen mit Behinderungen fördern sowie die kommunalen Behindertenbeauftragten in geeigneter Weise an ihrer Arbeit.

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Abschnitt 6
§ 19 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

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3.2.8 Mecklenburg-Vorpommern

 

Mecklenburg-Vorpommern: Gesetz zur Gleichstellung, gleichberechtigten Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderungen

(Landesbehindertengleichstellungsgesetz - LBGG M-V) Vom 10. Juli 2006

Artikel 1 des Gesetzes zur Gleichstellung, gleichberechtigten Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderungen und zur Änderung anderer Vorschriften vom 10. Juli 2006 (GVOBl. M-V S. 539, 540)

Fundstelle: GVOBl. M-V 2006, S. 539

Zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Oktober 2012 (GVOBl. M-V S. 539, 540)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Maßnahmen zur Gleichstellung, Teilhabe, Integration und Barrierefreiheit
  3. Abschnitt 3 Rat für Integrationsförderung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen; dabei ist besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

(2) Zur Erreichung des Zieles dieses Gesetzes sollen die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen mit den Interessenvertretungen für Menschen mit Behinderungen nach § 10 zusammenarbeiten.

(3) Bei Maßnahmen nach diesem Gesetz sind die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen und Männer zu berücksichtigen. Dabei ist die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip zu befolgen.

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§ 2 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verwaltungen des Landes und der kommunalen Körperschaften sowie der ihnen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit diese Verwaltungsaufgaben wahrnehmen.

(2) Soweit die in Absatz 1 genannten Stellen Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des privaten Rechts halten oder erwerben, haben sie darauf hinzuwirken, dass die Grundzüge dieses Gesetzes auch von den juristischen Personen des privaten Rechts, an denen die Beteiligung besteht, beachtet werden.

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§ 3 Behinderung

Eine Behinderung liegt vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 4 Frauen mit Behinderungen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen mit Behinderungen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

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§ 5 Benachteiligung

Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

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§ 6 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen, Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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Abschnitt 2 Maßnahmen zur Gleichstellung, Teilhabe, Integration und Barrierefreiheit
§ 7 Benachteiligungsverbot und Gleichstellungsgebot

(1) Menschen mit Behinderungen dürfen von den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen gegenüber Menschen ohne Behinderungen nicht benachteiligt werden. In Bereichen bestehender Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen sind Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung dieser Benachteiligung zulässig.

(2) Macht ein Mensch mit Behinderungen eine Benachteiligung im Sinne von § 5 durch eine Stelle nach § 2 Abs. 1 glaubhaft, so muss jene beweisen, dass eine Benachteiligung nicht vorliegt, für die Benachteiligung zwingende Gründe vorliegen oder dass nicht durch die Behinderung bedingte, sachliche Gründe vorliegen. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Vorschriften abweichende Bestimmungen enthalten.

(3) Empfänger öffentlicher Zuwendungen sollen nach Maßgabe der geltenden haushalts- und förderrechtlichen Bestimmungen des Landes auf die Förderung des Gesetzeszieles hinwirken.

(4) Besondere Benachteiligungsverbote zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

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§ 8 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Hinsichtlich der Herstellung der Barrierefreiheit von baulichen Anlagen und anderen Anlagen und Einrichtungen der in § 2 Abs. 1 genannten Stellen gilt § 50 der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

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§ 9 Zielvereinbarungen

(1) Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, können zur Herstellung der Barrierefreiheit zwischen den Landesverbänden von Menschen mit Behinderungen und den in § 2 Abs. 1 1 genannten Stellen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich Zielvereinbarungen getroffen werden.

(2) Die Zielvereinbarungen sind an das Zielvereinbarungsregister zu melden, das vom Landesamt für Gesundheit und Soziales geführt wird.

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§ 10 Interessenvertretungen für Menschen mit Behinderungen

(1) Rechtsfähige Vereine und Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörigen sind durch ihre Struktur und demokratische Wahlen als Interessenvertretung der Betroffenen legitimiert.

(2) Das Land erkennt das Recht der rechtsfähigen Vereine und Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie der Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörigen an, sich auf Landesebene, in den Regionen und lokal zu organisieren und zu vertreten. Insbesondere wird das Land darauf hinwirken, dass die Rolle der Selbsthilfeorganisationen ausgebaut und gefestigt wird, ihr Einfluss im Gemeinwesen, bei der Planung und Evaluierung von Diensten und Maßnahmen, die das Leben von Menschen mit Behinderungen berühren, wirksam bleiben und zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit beitragen kann.

(3) Rechtsfähige Vereine und Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörigen, die individuelle, personenbezogene Beratung und Hilfe anbieten, können nach Maßgabe des Haushaltes gefördert werden.

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§ 11 Gebärdensprache und Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(2) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 3 das Recht, mit den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen haben dafür auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen. Die notwendigen Aufwendungen werden vom Land getragen. Kann eine von den in § 2 Abs. 1 genannten Stellen bestimmte und nicht gesetzlich vorgegebene Frist nicht eingehalten werden, weil ein Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden konnte, ist die Frist angemessen zu verlängern.

(3) Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport und dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägern öffentlicher Gewalt,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen sowie das Verfahren zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen durch das Land und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 2 anzusehen sind.

(4) Die Rechtsverordnung nach Absatz 3 muss bis zum 31. Juli 2007 in Kraft treten.

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§ 12 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener Menschen mit Behinderungen schrittweise zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 insbesondere verlangen, dass ihnen die in Satz 1 genannten Dokumente ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(2) Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport und dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

(3) Die Rechtsverordnung nach Absatz 2 muss bis zum 31. Juli 2007 in Kraft treten.

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§ 13 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die in § 2 Abs. 1 genannten Stellen gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, nach Maßgabe der nach Absatz 3 zu erlassenen Rechtsverordnung schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

(2) Amtliche Informationen sollen schrittweise mit Mitteln der Informationstechnik barrierefrei veröffentlicht werden, soweit sie nicht in einer anderen für Menschen mit Behinderungen wahrnehmbaren Form zugänglich sind.

(3) Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport und dem Finanzministerium durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen MöglichkeitenNäheres über die barrierefreie Gestaltung der Informationstechnik nach Absatz 1 und legt die dabei anzuwendenden technischen Standards fest.

(4) Die Rechtsverordnung nach Absatz 3 muss bis zum 31. Juli 2007 in Kraft treten.

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§ 14 Ausgleichsregelung

(1) Für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach den §§ 12 und 13 wird den kreisfreien Städten, Landkreisen, Ämtern und amtsfreien Gemeinden ein Ausgleichsbetrag von jährlich 20300 Euro gewährt. Dieser Betrag wird anteilig wie folgt verteilt:

  1. Die kreisfreien Städte erhalten den Anteil an dem Betrag entsprechend dem Anteil ihrer Einwohnerzahl bezogen auf die Zahl der Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern.
  2. Die Landkreise und die Ämter und amtsfreien Gemeinden erhalten den Anteil an dem Betrag entsprechend dem Anteil ihrer Einwohnerzahl bezogen auf die Zahl der Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern je zur Hälfte.

Die Ermittlung der Einwohnerzahl richtet sich nach § 27 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes . Die Auszahlung der Zuweisungen wird in entsprechender Anwendung des § 29 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes vorgenommen.

(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 wird im Jahr 2007 für die Jahre 2006 und 2007 ein Ausgleichsbetrag von 28 758 Euro gewährt.

(3) Die Ausgleichsbeträge nach Absatz 1 sowie deren Verteilung sind spätestens drei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes an die Entwicklung des Aufwandes anzupassen.

(4) Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport und dem Finanzministerium, die Ausgleichsbeträge und deren Verteilung unter Beteiligung der kommunalen Landesverbände durch Rechtsverordnung anzupassen.

(5) Die Landesregierung berichtet dem Landtag bis zum 31. März 2009 über die Kostenfolgen dieses Gesetzes.

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§ 15 Mitwirkung von Verbänden, Verbandsklage, Vertretungsbefugnis

(1) Ein nach § 13 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), der zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3024) geändert worden ist, anerkannter Verband, dessen mecklenburg-vorpommerscher Landesverband oder ein nach Absatz 5 anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, bei dem zuständigen Träger öffentlicher Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 1 die Feststellung beantragen, dass dieser gegen

  1. das Benachteiligungsverbot und Gleichstellungsgebot nach § 7 Abs. 1 oder
  2. seine Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach §§ 8, 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 oder § 13 Abs. 1 und 2

verstoßen hat. Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Über den Antrag ist durch schriftlichen Verwaltungsakt zu entscheiden. Gegen den Verwaltungsakt stehen dem Verband die Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung zu. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung erlassen worden ist.

(2) Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist die Klage gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 1 Satz 3 nur zulässig, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle vorliegt.

(3) Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach § 7 Abs. 1, §§ 8, 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 oder § 13 Abs. 1 und 2 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach Absatz 1 Satz 1, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den betroffenen Menschen selbst vorliegen. Das Einverständnis ist schriftlich zu erklären.

(4) Solange über einen Antrag nach Absatz 1 Satz 1 nicht bestandskräftig entschieden worden ist oder die Klage eines Verbandes gegen einen Verwaltungsakt nach Absatz 1 Satz 3 rechtshängig ist oder wenn über die Sache selbst rechtskräftig entschieden worden ist, kann die Sache von keinem anderen Verband anderweitig beantragt oder anhängig gemacht werden.

(5) Das Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales erkennt auf Antrag einen Verband nach Absatz 1 Satz 1 an. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn der Verband

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Belange von Menschen mit Behinderungen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Menschen mit Behinderungen auf Landesebene zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang seiner bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit des Vereines zu berücksichtigen und 5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 774) geändert worden ist, von der Körperschaftsteuer befreit ist.

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Abschnitt 3 Rat für Integrationsförderung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen
§ 16 Ziel

Bei der Landesregierung ist ein Rat für Integrationsförderung für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen (Integrationsförderrat) eingerichtet. Ziel der Arbeit des Integrationsförderrates ist es, Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen herzustellen, Voraussetzungen für ihre gleichberechtigte Teilnahme am Leben in der Gesellschaft zu schaffen und noch bestehende tatsächliche Benachteiligungen abzubauen.

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§ 17 Aufgaben

(1) Der Integrationsförderrat unterstützt und berät die Landesregierung bei der Aufgabe, gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu schaffen.

(2) Der Integrationsförderrat erstattet der Landesregierung grundsätzlich einmal in der jeweiligen Berufungsperiode einen Bericht über seine Tätigkeit. Der Bericht enthält Schlussfolgerungen und Schwerpunkte für die weitere Arbeit der Landesregierung. Die Landesregierung hat zeitnah dem Landtag diesen Bericht zuzuleiten und über Maßnahmen zur Umsetzung von Beschlüssen des Integrationsförderrats zu unterrichten.

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§ 18 Befugnisse

(1) Der Integrationsförderrat ist berechtigt, der Landesregierung Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften vorzuschlagen, die geeignet sind, die Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zu beseitigen und zu verhindern. Diese prüft die Vorschläge auf ihre Durchführbarkeit. Über das Ergebnis der Prüfung und das weitere Verfahren ist der Integrationsförderrat zu unterrichten. Er arbeitet mit dem Bürgerbeauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie anderen Institutionen und Organisationen, die sich mit den besonderen Belangen von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen befassen, zusammen.

(2) Der Integrationsförderrat ist von der Landesregierung vor dem Einbringen von Gesetzentwürfen und dem Erlass von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, die die Belange von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen betreffen, anzuhören. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelungen wird er beratend einbezogen und ist befugt, Stellungnahmen und Empfehlungen abzugeben.

(3) Der Integrationsförderrat kann der Landesregierung und einzelnen Ministerien Empfehlungen zur Verbesserung der besonderen Situation von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen geben und diesbezüglich beratend tätig werden.

(4) Die Landesregierung teilt dem Integrationsförderrat unverzüglich die Gründe für das Nichtrealisieren von Empfehlungen und Vorschlägen des Integrationsförderrates mit.

(5) Im Rahmen seiner Aufgaben kann der Integrationsförderrat auch öffentliche Erklärungen abgeben.

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§ 19 Mitglieder

(1) Dem Integrationsförderrat gehören als Mitglieder an:

  1. sieben Vertreter der Behindertenverbände,
  2. je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Staatskanzlei und aller Ministerien der Landesregierung
  3. ein Vertreter des Landkreistages Mecklenburg-Vorpommern e. V.,
  4. ein Vertreter des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern e. V.,
  5. je ein Vertreter des Sozialverbandes Deutschland Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., des Sozialverbandes VdK Mecklenburg-Vorpommern e. V., der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. und des Frauenrates.

(2) Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu benennen.

(3) Für die Benennung der Mitglieder und der Stellvertreter gelten folgende Regelungen:

  1. Die sieben Vertreter und deren Stellvertreter nach Absatz 1 Nr. 1 werden von der Selbsthilfe Behinderter Mecklenburg-Vorpommern e. V. und dem Allgemeinen Behindertenverband in Mecklenburg-Vorpommern e. V. benannt.
  2. Die Mitglieder nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 und deren Stellvertreter werden von den jeweiligen Institutionen benannt.
  3. Es ist darauf hinzuwirken, dass möglichst viele Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen oder deren Angehörige als Mitglieder benannt werden. Behörden, Organisationen und Gruppen, die mehrere Mitglieder entsenden, müssen mindestens zur Hälfte dieser Mitglieder Frauen entsenden. Behörden, Organisationen und Gruppen, die ein Mitglied entsenden, müssen für mindestens jede zweite Amtszeit eine Frau entsenden.

(4) Die Mitglieder und ihre Stellvertreter werden für die Dauer von vier Jahren durch die Landesregierung berufen. Über die Berufung wird eine Urkunde ausgehändigt. Die Mitgliedschaft beginnt mit dem Tag der Berufung. Scheidet ein Mitglied nach Absatz 1 oder ein Stellvertreter nach Absatz 2 vorzeitig aus, so ist von der benennenden Stelle ein neues Mitglied oder ein neuer Stellvertreter für die Restdauer der Berufungsperiode zu benennen.

(5) Die Tätigkeit der Mitglieder des Integrationsförderrats und ihrer Stellvertreter ist ehrenamtlich.

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§ 20 Vorsitz

(1) Der Integrationsförderrat wählt aus seiner Mitte in je einem Wahlgang einen Vorsitzenden und zwei stellvertretende Vorsitzende. § 22 Satz 1 gilt entsprechend. Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder oder ihrer Vertreter erhält.

(2) Der Vorsitzende vertritt den Integrationsförderrat nach außen und leitet die Sitzungen.

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§ 21 Sitzungen

(1) Der Integrationsförderrat gibt sich eine Geschäftsordnung.

(2) Die Sitzungen des Integrationsförderrats sind in der Regel nicht öffentlich. Auf Antrag kann durch Beschluss der Mehrheit der anwesenden Mitglieder die Öffentlichkeit von Sitzungen hergestellt werden. Zu den Sitzungen können Sachverständige, andere sachkundige Personen sowie Vertreter von Verbänden hinzugezogen werden. Die Entscheidung hierzu trifft die Mehrheit der anwesenden Mitglieder.

(3) Die Mitglieder des Integrationsförderrats und andere Sitzungsteilnehmer sind zur Verschwiegenheit über die als vertraulich bezeichneten Beratungsunterlagen und Informationen verpflichtet. Sitzungsteilnehmer, die nicht Mitglied des Integrationsförderrats sind, sind mit der Versendung der Unterlagen und zu Sitzungsbeginn darauf hinzuweisen.

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§ 22 Beschlüsse

Der Integrationsförderrat ist beschlussfähig, wenn mit einer Ladungsfrist von 21 Tagen geladen wurde und mindestens zwei Drittel der Mitglieder anwesend sind. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Beschlüsse bedürfen der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Integrationsförderrates. Ist eine Angelegenheit wegen Beschlussunfähigkeit zurückgestellt worden, ist eine neue Sitzung zur Beratung desselben Gegenstandes mit einer Ladungsfrist von mindestens einer Woche von dem Vorsitzenden einzuberufen. Der Vorsitzende hat auf die Beschlussunfähigkeit der vorhergehenden Sitzung in der Einladung hinzuweisen. Der erneut einberufende Integrationsförderrat ist in seiner zweiten Sitzung mit der Zahl der anwesenden Mitglieder mit der Mehrheit ihrer Stimmen beschlussfähig. Der Vorsitzende stellt die Beschlussfähigkeit zu Beginn der Sitzung fest.

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§ 23 Entschädigung

Über Entschädigungen entscheidet der Integrationsförderrat im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Für die Höhe der Reisekosten sind die Regelungen des Landesreisekostengesetzes zu Grunde zu legen.

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§ 24 Geschäftsstelle

Der Integrationsförderrat verfügt über eine bei der Landesregierung eingerichtete Geschäftsstelle.

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3.2.9 Niedersachsen

 

Niedersachsen - Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

Niedersächsisches Gleichstellungsgesetz

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

Vom 25. November 2007 (Nds. GVBl. S. 661), zuletzt geändert durch Gesetz vom 03.04.2014 (Nds. GVBl S. 90 Niedersächsisches Behindertengleichstellungsgesetz (NBGG)

Übersicht
§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel dieses Gesetzes ist es, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

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Begriffsbestimmungen

(1) 1. Öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes sind die Behörden, Gerichte und sonstige Einrichtungen des Landes sowie die der alleinigen Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. 2. Ausgenommen sind

  1. Sparkassen,
  2. Gerichte und Staatsanwaltschaften, soweit sie Aufgaben der Rechtsprechung, der Strafverfolgung oder der Strafvollstreckung wahrnehmen,
  3. öffentliche Stellen im Sinne des Satzes 1, soweit sie zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten tätig werden.

(2) Menschen haben eine Behinderung, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

(3) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 3 Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern

Die öffentlichen Stellen berücksichtigen die unterschiedlichen Lebensbedingungen von Frauen und Männern mit Behinderungen.

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§ 4 Benachteiligungsverbot

(1) Die öffentlichen Stellen sollen in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich die in § 1 genannten Ziele verwirklichen und bei der Planung von Maßnahmen beachten.

(2) 1. Die öffentlichen Stellen dürfen Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen. 2. Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit Behinderungen und Menschen ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden.

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§ 5 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) 1. Menschen mit Hörbehinderung und Menschen mit Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. 2. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

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§ 6 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und Kommunikationshilfen

(1) 1. Ein Mensch mit Hör- oder Sprachbehinderung hat das Recht, mit öffentlichen Stellen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren oder zur Wahrnehmung seiner Interessen in Kindertagesstätten und Schulen erforderlich ist. 2. Dabei ist auf Wunsch der oder des Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch eine Gebärdensprachdolmetscherin oder einen Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung über andere geeignete Kommunikationshilfen sicherzustellen. 3. Die Hochschulen in staatlicher Verantwortung müssen auf Antrag für einen Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderung anstelle von mündlichen Prüfungen und Leistungsfeststellungen Prüfungen und Leistungsfeststellungen in schriftlicher Form durchführen, soweit der Prüfungs- oder Leistungsfeststellungszweck nicht entgegensteht.

(2) 1. Die öffentlichen Stellen sind verpflichtet, die durch Verwendung der Gebärdensprache, lautsprachbegleitender Gebärden und geeigneter Kommunikationshilfen nach Absatz 1 Satz 1 entstehenden Kosten zu tragen. 2Herangezogene Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher oder andere Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer erhalten auf Antrag eine Vergütung in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416), in der jeweils geltenden Fassung.

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§ 7 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) 1. Neubauten sowie große Um- oder Erweiterungsbauten öffentlicher Stellen sollen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden. 2. Von den allgemein anerkannten Regeln der Technik kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung die Anforderungen an die Barrierefreiheit in gleichem Maß erfüllt werden. 3. Ausnahmen von Satz 1 sind bei großen Um- und Erweiterungsbauten zulässig, soweit die Anforderungen an die Barrierefreiheit nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.

(2) Sonstige öffentliche bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Verkehrsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind barrierefrei zu gestalten, soweit dies durch Rechtsvorschrift vorgegeben ist.

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§ 8 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die öffentlichen Stellen haben bei der Gestaltung von Bescheiden, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken Behinderungen von Menschen zu berücksichtigen.

(2) Die öffentlichen Stellen haben einem blinden oder sehbehinderten Menschen auf Verlangen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke kostenfrei auch in einer für diesen geeigneten und wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen, soweit dies zur Wahrnehmung von Rechten im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

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§ 9 Informationstechnik

1. Die öffentlichen Stellen gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. 2. Vorhandene Internetauftritte und -angebote sowie zur Verfügung gestellte grafische Programmoberflächen sind im Sinne des Satzes 1 schrittweise umzugestalten. 3Sollte eine solche schrittweise Umgestaltung aus technischen Gründen nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich sein, so sind die Internetauftritte und -angebote sowie die zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen spätestens bei einer Neugestaltung des bestehenden Auftritts, des Angebots oder der bestehenden grafischen Programmoberfläche im Sinne des Satzes 1 zu gestalten.

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§ 10 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen

(1) 1. Die Landesregierung bestellt eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, der amtierende Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen hat ein Vorschlagsrecht und ist vor der Bestellung anzuhören. 2. Die oder der Landesbeauftragte soll ein Mensch mit Behinderung sein. 3Sie oder er ist in der Wahrnehmung des Amtes unabhängig

(2) Die oder der Landesbeauftragte ist dem für Soziales zuständigen Ministerium zugeordnet; ihr oder ihm ist die für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Ausstattung zur Verfügung zu stellen.

(3) Die Bestellung endet, außer aus beamten- oder arbeitsrechtlichen Gründen, durch Abberufung durch die Landesregierung.

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§ 11 Aufgaben der oder des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen

(1) Aufgabe der oder des Landesbeauftragten ist es, darauf hinzuwirken, dass die Ziele des Gesetzes verwirklicht werden und die öffentlichen Stellen die Verpflichtungen nach den §§ 3, 4 und 6 bis 9 erfüllen.

(2) Die Ministerien und die Staatskanzlei beteiligen die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten bei den Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit diese die Zielsetzung dieses Gesetzes betreffen.

(3) 1. Die öffentlichen Stellen sind mit Ausnahme der kommunalen Gebietskörperschaften verpflichtet, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten bei der Erfüllung der Aufgabe zu unterstützen, insbesondere Auskünfte zu erteilen und Einsicht in Unterlagen zu gewähren, soweit dies zur sachgerechten Aufgabenwahrnehmung erforderlich und im Rahmen der Gesetze zulässig ist. 2. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

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§ 12 Beiräte für Menschen mit Behinderungen

(1) Die oder der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen richtet einen Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen ein, der sie oder ihn bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterstützt.

(2) 1. Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen besteht aus der oder dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen als vorsitzendem Mitglied und 20 weiteren Mitgliedern. 2. Als weitere Mitglieder beruft die oder der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen für die Dauer der jeweiligen Wahlperiode des Landtages

  1. zehn Personen auf Vorschläge von Landesverbänden von Vereinigungen oder Selbsthilfegruppen von Menschen mit Behinderungen
  2. fünf Personen auf Vorschlag der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Niedersachsen,
  3. je eine Person auf Vorschlag eines jeden kommunalen Spitzenverbandes,
  4. eine Person auf Vorschlag von Gewerkschaften und
  5. eine Person auf Vorschlag von Unternehmensverbänden.

3. Die weiteren Mitglieder nehmen ihre Aufgabe ehrenamtlich wahr. 4. Das Land trägt die notwendigen Reisekosten der Mitglieder nach Satz 2 Nr. 1.

(3) 1. Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen gibt sich im Benehmen mit dem für Soziales zuständigen Ministerium eine Geschäftsordnung. 2. In der Geschäftsordnung sind insbesondere Regelungen über die Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Sitzungen sowie über die Beschlussfassung zu treffen.

(4) 1. Die Landkreise und die kreisfreien Städte richten zu ihrer Unterstützung bei der Verwirklichung der Zielsetzung dieses Gesetzes jeweils einen Beirat oder ein vergleichbares Gremium ein. 2. Näheres wird durch Satzung bestimmt.

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§ 13 Verbandsklage

(1) 1. Ein nach § 13 Abs. 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467), zuletzt geändert durch Artikel 262 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), anerkannter Verband oder dessen niedersächsischer Landesverband kann, ohne die Verletzung in eigenen Rechten geltend zu machen, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 4 Abs. 2 und die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach § 6 Abs. 1, § 7 oder 8. 2. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch eine Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird.

(2) 1. Absatz 1 Satz 1 gilt nicht,

  1. wenn sich die Klage auf einen Sachverhalt bezieht, über den bereits in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren entschieden oder ein Vergleich geschlossen worden ist, oder
  2. soweit ein Mensch mit Behinderung selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgt, verfolgen kann oder hätte verfolgen können.

2. Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 kann die Klage nach Absatz 1 erhoben werden, wenn es sich um einen Sachverhalt von allgemeiner Bedeutung handelt. 3. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt.

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§ 14 Leistungen für Aufwendungen der kommunalen Gebietskörperschaften

(1) Die Landkreise, die Region Hannover und die kreisfreien Städte sowie die Landeshauptstadt Hannover und die Stadt Göttingen erhalten vom Land jährlich insgesamt 1 500 000 Euro.

(2) § 7 Abs. 1, 3 und 4 des Niedersächsischen Finanzverteilungsgesetzes gilt entsprechend.

(3) 1. Von den Zuweisungen nach Absatz 2 für einen Landkreis oder die Region Hannover erhalten die Gemeinden, soweit sie nicht Mitglied einer Samtgemeinde sind, und die Samtgemeinden 50 vom Hundert des um 5 000 Euro reduzierten Betrages nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen. 2. Dies gilt nicht für die Landeshauptstadt Hannover und die Stadt Göttingen.

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§ 15 Überprüfung des Gesetzes

Die Landesregierung überprüft bis zum 31. Dezember 2010 die Auswirkungen dieses Gesetzes.

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3.2.10 Nordrhein-Westfalen

 

Nordrhein-Westfalen - Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (BGG NRW)

(Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen - BGG NRW) Vom 16. Dezember 2003 Zuletzt geändert durch Art. 3 Föderalismusreform-UmsetzungsG vom 18. 11. 2008 (GV. NRW. S. 738)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Abschnitt 3 Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung
  4. Abschnitt 4 Berichtspflichten
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel des Gesetzes/Geltungsbereich

(1) Ziel des Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

(2) Dieses Gesetz gilt für die Dienststellen und Einrichtungen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, für die Eigenbetriebe und Krankenhäuser des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände, für die Hochschulen, den Landesrechnungshof, die Landesbeauftragte und den Landesbeauftragten für den Datenschutz, den Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen und sonstige Landesbetriebe im Sinne des § 14a Landesorganisationsgesetz und für den Westdeutschen Rundfunk Köln. Für den Landtag und für die Gerichte sowie für die Behörden der Staatsanwaltschaften gilt dieses Gesetz, soweit sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Die in den Sätzen 1 und 2 Genannten sind verpflichtet, aktiv auf das Erreichen des Zieles hinzuwirken. Sie sollen hierzu eng mit den Organisationen und Verbänden der Menschen mit Behinderung zusammenarbeiten. Soweit Dritte Aufgaben wahrnehmen oder Angebote bereitstellen, die auch im erheblichen Interesse der in den Sätzen 1 und 2 Genannten liegen, sollen diese darauf hinwirken, dass die Dritten die Anforderungen des § 4 erfüllen.

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§ 2 Frauen mit Behinderung

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderung zu berücksichtigen und Benachteiligungen zu beseitigen. Dazu werden auch besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen mit Behinderung ergriffen.

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§ 3 Behinderung, Benachteiligung

(1) Menschen haben eine Behinderung, wenn ihre körperlichen Funktionen, geistige Fähigkeiten oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

(2) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit Behinderung aufgrund ihrer Behinderung im Vergleich zu Menschen ohne Behinderung unterschiedlich behandelt werden und dadurch in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft oder in ihrer selbstbestimmten Lebensführung unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden, ohne dass hierfür zwingende Gründe vorliegen. Die in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Genannten dürfen Menschen mit Behinderung nicht benachteiligen.

(3) Macht ein Mensch mit Behinderung eine Benachteiligung im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 durch einen der in § 1 Abs. 2 Satz 1 Genannten glaubhaft, so muss jener beweisen, dass eine Benachteiligung nicht vorliegt, für die Benachteiligung zwingende Gründe vorliegen oder dass nicht durch die Behinderung bedingte, sachliche Gründe vorliegen.

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§ 4 Barrierefreiheit

Barrierefreiheit ist die Auffindbarkeit, Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der gestalteten Lebensbereiche für alle Menschen. Der Zugang und die Nutzung müssen für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein; hierbei ist die Nutzung persönlicher Hilfsmittel zulässig. Zu den gestalteten Lebensbereichen gehören insbesondere bauliche und sonstige Anlagen, die Verkehrsinfrastruktur, Beförderungsmittel im Personennahverkehr, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen sowie Kommunikationseinrichtungen.

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§ 5 Zielvereinbarungen

(1) Zur Herstellung der Barrierefreiheit sollen, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegen stehen, Zielvereinbarungen zwischen den nach § 13 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) anerkannten Verbänden oder deren nordrhein-westfälischen Landesverbänden einerseits und kommunalen Körperschaften, deren Verbänden und Unternehmen andererseits für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich getroffen werden. Soweit Verbände nach Satz 1 nicht vorhanden sind, können dies auch landesweite und örtliche Verbände von Menschen mit Behinderung sein. Die Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.

(2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere

  1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer,
  2. die Festlegung von Mindestbedingungen, wie gestaltete Lebensbereiche im Sinne von § 4 künftig zu verändern sind, um dem Anspruch von Menschen mit Behinderung auf Zugang und Nutzung zu genügen,
  3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.

(3) Ein Verband nach Absatz 1, der die Aufnahme von Verhandlungen verlangt, hat dies gegenüber dem Zielvereinbarungsregister (Absatz 5) unter Benennung von Verhandlungsgegenstand und Verhandlungsparteien anzuzeigen. Das für die Behindertenpolitik federführende Ministerium gibt diese Anzeige auf seiner Internetseite bekannt. Innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntgabe haben andere Verbände im Sinne des Absatzes 1 das Recht, den Verhandlungen durch Erklärung gegenüber den bisherigen Verhandlungsparteien beizutreten. Nachdem die beteiligten Verbände eine gemeinsame Verhandlungskommission gebildet haben oder feststeht, dass nur ein Verband verhandelt, sind die Verhandlungen binnen vier Wochen aufzunehmen.

(4) Ein Anspruch auf Verhandlungen nach Absatz 1 Satz 3 besteht nicht,

  1. während laufender Verhandlungen im Sinne des Absatzes 3 für die nicht beigetretenen Verbände,
  2. für die dort Genannten, die ankündigen, einer Zielvereinbarung beizutreten, über die von anderen dort Genannten Verhandlungen geführt werden,
  3. für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer zustande gekommenen Zielvereinbarung,
  4. für die in dort Genannten, die einer zustande gekommenen Zielvereinbarung ohne Einschränkung beigetreten sind.

(5) Das für die Behindertenpolitik federführende Ministerium führt ein Register, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen nach Absatz 1 und 2 eingetragen werden. Der die Zielvereinbarung abschließende Verband von Menschen mit Behinderung ist verpflichtet, innerhalb eines Monats nach Abschluss einer Zielvereinbarung diesem Ministerium diese als beglaubigte Abschrift und in informationstechnisch erfassbarer Form zu übersenden sowie eine Änderung oder Aufhebung innerhalb eines Monats mitzuteilen.

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§ 6 Mitwirkung von Verbänden, Verbandsklage

(1) Ein nach § 13 BGG anerkannter Verband oder dessen nordrhein-westfälischer Landesverband kann, ohne dass ihm dadurch eigene Rechte verliehen würden, gegen einen zuständigen Träger öffentlicher Belange im Sinne von § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen

  1. § 2
  2. das Benachteiligungsverbot nach § 3 Abs. 2 Satz 2
  3. dessen Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach §§ 7 bis 10.

Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungsgerichtlichen Streitverfahren getroffen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderung selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere bei einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle der Fall.

(3) Werden Menschen mit Behinderung in ihren Rechten nach Absatz 1 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach Absatz 1 Satz 1, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderung selbst vorliegen. Das Einverständnis ist schriftlich zu erklären.

(4) Solange in einer Sache im Sinne des Absatzes 1 die Klage eines Verbandes anhängig ist und soweit über die Sache selbst rechtskräftig entschieden worden ist, kann die Sache von keinem anderen Verband anderweitig anhängig gemacht werden.

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Abschnitt 2 Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 7 Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Die Errichtung oder die Änderung baulicher Anlagen der in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 genannten Träger öffentlicher Belange sind entsprechend den bauordnungsrechtlichen Vorschriften barrierefrei zu gestalten.

(2) Absatz 1 gilt auch für sonstige bauliche oder andere Anlagen im Sinne von § 4 Satz 3.

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§ 8 Verwendung der Gebärdensprache

(1) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte, Schwerhörige, Taubblinde und hörsehbehinderte Menschen) und sprachbehinderte Menschen haben das Recht, mit den in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 genannten Trägern öffentlicher Belange in Deutscher Gebärdensprache oder über lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationsformen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist und eine schriftliche Verständigung nicht möglich ist. Die Träger öffentlicher Belange im Sinne des § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 haben, sofern sie nicht selbst auf ihre Kosten eine Gebärdensprachdolmetscherin oder Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe zur Verfügung stellen, auf Antrag der Berechtigten die notwendigen Auslagen zu erstatten, die diesen für eine Gebärdensprachdolmetscherin oder einen Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe entstehen.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung einer Gebärdensprachdolmetscherin/eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetscherinnen/Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder die Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetschdienstleistung oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1 anzusehen sind, zu regeln.

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§ 9 Gestaltung von Bescheiden, amtlichen Informationen und Vordrucken

(1) Die in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 genannten Träger öffentlicher Belange haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen, Vordrucken und amtlichen Informationen die besonderen Belange betroffener Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, Vordrucke und amtliche Informationen kostenlos auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(2) Das Innenministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit den übrigen Ressorts zu regeln, in welcher Weise und bei welchen Anlässen die in Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 10 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 genannten Träger öffentlicher Belange gestalten ihre Online-Auftritte und -Angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten Programmoberflächen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderung genutzt werden können.

(2) Das für die Behindertenpolitik federführende Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den übrigen Ressorts durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die barrierefreie Gestaltung der Informationstechnik im Sinne des Absatzes 1 und die dabei anzuwendenden Standards zu treffen.

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Abschnitt 3 Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung
§ 11 Aufgabenübertragung, Rechtsstellung

(1) Die Landesregierung soll eine Beauftragte oder einen Beauftragten für die Belange der Menschen mit Behinderung (§ 12) bestellen. Das Amt endet, außer im Fall der Entlassung, mit dem Zusammentreten eines neuen Landtags. Eine erneute Übertragung ist zulässig. Einem Verlangen auf vorzeitige Beendigung der Aufgabenübertragung ist stattzugeben.

(2) Das Land hat die für die Erfüllung der Aufgabe notwendige Personal- und Sachausstattung nach Maßgabe des Haushalts zur Verfügung zu stellen.

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§ 12 Aufgaben

(1) Zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung gehören insbesondere folgende Aufgaben:

  • die Durchsetzung der Gleichbehandlung von Menschen mit und ohne Behinderung,
  • die Anregung von Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung abzubauen oder deren Entstehen entgegenzuwirken,
  • die Zusammenarbeit mit den von den Gemeinden und Gemeindeverbänden auf örtlicher Ebene für die Angelegenheiten von Menschen mit Behinderung bestellten Persönlichkeiten oder Gremien sowie mit einem auf Landesebene zu bildenden Beirat. Das für die Behindertenpolitik federführende Ministerium wird ermächtigt, Näheres über Art und Zusammensetzung des Beirates in einer Rechtsverordnung zu regeln.

Bei der Aufgabenwahrnehmung ist darauf zu achten, dass besondere Benachteiligungen von Frauen mit Behinderung beseitigt und unterschiedliche Lebensbedingungen von Frauen und Männern mit Behinderung berücksichtigt werden.

(2) Die Landesbeauftragte oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung überwacht die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes sowie anderer Vorschriften, die die Belange von Menschen mit Behinderung betreffen, bei den Trägern öffentlicher Belange im Sinne des § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2. Sie können ihnen auch Empfehlungen zur Durchsetzung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung geben, insbesondere die Landesregierung und die Ministerien, Gemeinden und Gemeindeverbände in Fragen der Belange von Menschen mit Behinderung beraten.

(3) Die Ministerien hören die oder den Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung bei Gesetzes- und Verordnungsvorhaben sowie bei der Erarbeitung von Verwaltungsvorschriften des Landes rechtzeitig vor einer Kabinettbefassung an, soweit sie Fragen der Belange von Menschen mit Behinderung behandeln oder berühren. Die Ministerien geben der oder dem Landesbehindertenbeauftragten bei sonstigen Ressortabstimmungen, die die Belange der Menschen mit Behinderung betreffen, rechtzeitig Gelegenheit zur Stellungnahme. Die in § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 genannten Träger öffentlicher Belange sind verpflichtet, die oder den Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihnen Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

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§ 13 Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung auf örtlicher Ebene

Die Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung auch auf örtlicher Ebene ist eine Aufgabe von wichtiger Bedeutung für die Verwirklichung der Gleichstellung behinderter Menschen. Näheres bestimmen die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Satzung.

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Abschnitt 4 Berichtspflichten
§ 14 Berichte

(1) Die Landesregierung berichtet einmal in jeder Wahlperiode, beginnend mit der 14. Wahlperiode, dem Landtag über die Erfahrungen mit diesem Gesetz, dessen Auswirkungen und Anwendungsprobleme in der Praxis. Hierzu werden die Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung im Rahmen ihrer Aufgaben und Kompetenzen gemäß §§ 11 und 12 beteiligt.

(2) Die Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung berichten einmal in jeder Wahlperiode der Landesregierung über die Situation der Menschen mit Behinderung in Nordrhein-Westfalen sowie über ihre Tätigkeit. Die Landesregierung leitet den Bericht mit ihrer Stellungnahme zusammen mit ihrem Bericht nach Absatz 1 dem Landtag zu.

(3) Alle Feststellungen im Bericht sind geschlechtsbezogen zu treffen. Der Bericht schließt die Darstellung von Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot ein und nimmt zu möglichen weiteren Maßnahmen Stellung.

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3.2.11 Rheinland-Pfalz

 

Rheinland-Pfalz - Gleichstellungsgesetz Rheinland-Pfalz (LGGBehM)

Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen vom 04.12.2004

Übersicht
  1. Teil 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Teil 2 Maßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen
  3. Teil 3 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen, Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen
  4. Teil 4 Übergangs- und Schlussbestimmungen
Artikel 1

Landesgesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (LGGBehM)

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Teil 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel dieses Gesetzes ist es, auf der Grundlage des Artikels 64 der Verfassung für Rheinland-Pfalz Benachteiligungen von behinderten Menschen zu beseitigen und zu verhindern sowie ihnen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

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§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

(2) Eine Benachteiligung liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

(3) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind.

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Teil 2 Maßnahmen zur Gleichstellung behinderter Menschen
§ 3 Benachteiligungsverbot

(1) Behinderte Menschen dürfen gegenüber nicht behinderten Menschen nicht benachteiligt werden.

(2) Besteht Streit über das Vorliegen einer Benachteiligung und macht der behinderte Mensch Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, so trägt die Gegenseite die Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung vorliegt. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Vorschriften abweichende Bestimmungen enthalten.

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§ 4 Besondere Belange behinderter Frauen

Bei der Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung behinderter Frauen, die dem Abbau oder dem Ausgleich bestehender Ungleichheiten dienen, zulässig.

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§ 5 Maßnahmen öffentlicher Stellen

Die Behörden einschließlich der Gerichte des Landes sowie die Behörden der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts haben im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs das in § 1 genannte Ziel zu berücksichtigen und aktiv zu fördern. Sie haben im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel insbesondere geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit zu ergreifen, soweit diese in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich noch nicht gewährleistet ist. Bei bestehenden Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber nicht behinderten Menschen sind Maßnahmen zum Abbau oder zum Ausgleich dieser Benachteiligungen zulässig.

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§ 6 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die in § 5 Satz 1 genannten Behörden haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange davon betroffener behinderter Menschen zu berücksichtigen. Blinden und sehbehinderten Menschen sind die in Satz 1 genannten Dokumente auf ihren Wunsch ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Für Gerichte und Staatsanwaltschaften finden die Sätze 1 und 2 Anwendung, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 Satz 2 geregelte Verpflichtung umzusetzen ist.

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§ 7 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die in § 5 Satz 1 genannten Behörden haben ihre Internet- und Intranetseiten sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so zu gestalten, dass sie auch von behinderten Menschen möglichst uneingeschränkt genutzt werden können. Für Gerichte und Staatsanwaltschaften findet Satz 1 Anwendung, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die barrierefreie Gestaltung der Informationstechnik im Sinne des Absatzes 1 zu treffen und die dabei anzuwendenden Standards nach Maßgabe der technischen, finanziellen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten festzulegen.

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§ 8 Gebärdensprache und andere Kommunikationsformen

(1) Gehörlose und hörbehinderte Menschen und Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit haben das Recht, sich mit den in § 5 Satz 1 genannten Behörden in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen zu verständigen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die in § 5 Satz 1 genannten Behörden haben auf Wunsch im erforderlichen Umfang die Übersetzung durch Gebärdendolmetscherinnen oder Gebärdendolmetscher oder die Verständigung mit anderen Kommunikationshilfen sicherzustellen; sie tragen die hierzu notwendigen Aufwendungen. Für Gerichte und Staatsanwaltschaften finden die Sätze 1 und 2 Anwendung, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Regelungen über die Heranziehung und die Vergütung von Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetschern und über die Bereitstellung anderer Kommunikationshilfen zu treffen.

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§ 9 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Bauliche Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der für den jeweiligen Bereich geltenden Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

(2) Das Land, die Gemeinden und die Gemeindeverbände sowie die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sollen

  1. bei Neubauten sowie bei großen Um- oder Erweiterungsbauten die allgemein anerkannten Regeln der Technik zur barrierefreien Gestaltung so weit wie möglich berücksichtigen und
  2. die bereits bestehenden Bauten schrittweise entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik so weit wie möglich barrierefrei gestalten.

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§ 10 Verbandsklagerecht

(1) Ein von dem fachlich zuständigen Ministerium anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch die in § 5 Satz 1 genannten Behörden gegen § 3 Abs. 1, § 4 Satz 1, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 oder § 9 Abs. 2 Nr. 1 oder gegen Bestimmungen der hierzu erlassenen Rechtsverordnungen; Klage kann auch erhoben werden auf Feststellung eines Verstoßes durch die in § 5 Satz 1 genannten Behörden gegen sonstige Bestimmungen des Landesrechts zur Herstellung von Barrierefreiheit, soweit dort auf § 2 Abs. 3 verwiesen wird.

(2) Eine Klage nach Absatz 1 ist nicht zulässig, wenn die angegriffene Maßnahme

  1. den Verband nicht in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt,
  2. aufgrund einer Entscheidung in einem gerichtlichen Verfahren erfolgt oder
  3. in einem gerichtlichen Verfahren als rechtmäßig bestätigt worden ist.

Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist eine Klage nach Absatz 1 nur zulässig, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der angegriffenen Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt; dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt.

(3) Vor Erhebung einer Klage nach Absatz 1 ist ein Vorverfahren entsprechend den Bestimmungen der §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung oder der §§ 78 bis 86 des Sozialgerichtsgesetzes durchzuführen; dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist.

(4) Die Anerkennung eines Verbands nach Absatz 1 soll nach Anhörung des Landesbeirats zur Teilhabe behinderter Menschen erteilt werden, wenn der Verband

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf der Ebene des Bundes oder des Landes zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in dieser Zeit im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet und
  5. den Anforderungen der Gemeinnützigkeit oder Mildtätigkeit im Sinne der Abgabenordnung genügt. Ein nach vergleichbaren Bestimmungen vom Bund anerkannter Verband gilt als anerkannt im Sinne des Absatzes 1.

(5) Wird in einem Fall des Absatzes 1 ein behinderter Mensch in seinen Rechten verletzt, kann an seiner Stelle und mit seinem Einverständnis ein nach Absatz 4 anerkannter Verband, der nicht selbst am Verfahren beteiligt ist, Rechtsschutz beantragen; in diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.

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Teil 3 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen, Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen
§ 11 Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen

(1) Die Landesregierung bestellt für die Dauer der Wahlperiode des Landtags eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen. Die oder der Landesbeauftragte bleibt bis zur Nachfolgebestellung im Amt; Wiederbestellung ist zulässig.

(2) Aufgabe der oder des Landesbeauftragten ist es, darauf hinzuwirken, dass das in § 1 genannte Ziel verwirklicht und die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Vorschriften zugunsten behinderter Menschen eingehalten werden; sie oder er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass die besonderen Belange behinderter Frauen berücksichtigt und bestehende Benachteiligungen behinderter Frauen beseitigt werden. Die oder der Landesbeauftragte hat Eingaben von behinderten oder zugunsten behinderter Menschen zu prüfen und auf eine einvernehmliche, die besonderen Interessen der behinderten Menschen berücksichtigende Erledigung der Eingaben hinzuwirken.

(3) Die oder der Landesbeauftragte ist innerhalb der Landesregierung bei allen grundsätzlichen Fragen, die die Belange von behinderten Menschen betreffen, rechtzeitig zu beteiligen. Die in § 5 Satz 1 genannten Behörden haben die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten bei der Wahrnehmung der Aufgaben zu unterstützen. Sie haben insbesondere Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren; § 29 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt hinsichtlich der Erteilung von Auskünften und der Gewährung von Akteneinsicht entsprechend. Für Gerichte finden die Sätze 2 und 3 und für Staatsanwaltschaften und den Rechnungshof findet Satz 3 Anwendung, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden.

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§ 12 Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen

(1) Es wird ein Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen gebildet, der die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten in allen wesentlichen Fragen, die die Belange behinderter Menschen berühren, berät und unterstützt. Die obersten Landesbehörden haben den Landesbeirat bei der Erstellung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften und bei sonstigen Vorhaben anzuhören, soweit diese für behinderte Menschen von besonderer Bedeutung sind.

(2) Die oder der Landesbeauftragte ist vorsitzendes Mitglied des Landesbeirats ohne Stimmrecht; sie oder er legt die Anzahl der weiteren Mitglieder des Landesbeirats fest und beruft diese auf Vorschlag insbesondere

  1. von Verbänden und von Selbsthilfegruppen behinderter Menschen,
  2. der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege im Lande Rheinland-Pfalz,
  3. der kommunalen Spitzenverbände und
  4. von Gewerkschaften und von Unternehmerverbänden.

Für jedes weitere Mitglied ist ein stellvertretendes Mitglied zu berufen, welches die Aufgaben des Mitglieds im Vertretungsfall wahrnimmt. Bei den Vorschlägen und bei der Berufung sind nach Möglichkeit Frauen und Männer in gleicher Zahl zu berücksichtigen. Die oder der Landesbeauftragte kann eine Person bestimmen, die im Vertretungsfall anstelle der oder des Landesbeauftragten an Sitzungen des Landesbeirats als stellvertretendes vorsitzendes Mitglied teilnimmt.

(3) Die weiteren Mitglieder des Landesbeirats werden für die Amtszeit der oder des Landesbeauftragten berufen; erneute Berufung ist zulässig. Sie können ihr Amt jederzeit niederlegen; auf Antrag der vorschlagenden Stelle hat sie die oder der Landesbeauftragte abzuberufen.

(4) Der Landesbeirat gibt sich eine Geschäftsordnung. In der Geschäftsordnung sind insbesondere Regelungen über die Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Sitzungen, über die Bildung von Arbeitsgruppen, über die Beteiligung weiterer sachverständiger Personen und über die Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Landesbeirats zu treffen; Regelungen über die Aufwandsentschädigung bedürfen der Zustimmung des fachlich zuständigen Ministeriums.

(5) Die Geschäfte des Landesbeirats werden von dem fachlich zuständigen Ministerium geführt.

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Teil 4 Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 13 Berichtspflicht

(1) Die Landesregierung berichtet dem Landtag alle zwei Jahre, erstmals im Jahr 2004, über die Lage der behinderten Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Situation behinderter Frauen und über die Umsetzung des Landesgesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz.

(2) In den Berichten nach Absatz 1 ist auch auf die Situation am Arbeitsmarkt, gegliedert nach den einzelnen Gruppen behinderter Menschen, einzugehen.

(3) In die Berichte nach Absatz 1 ist auch eine geschlechtsspezifisch und nach Ressortbereichen gegliederte statistische Darstellung der Entwicklung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in den in § 5 Satz 1 genannten Behörden aufzunehmen.

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§ 14 Übergangsbestimmungen

(1) Von der Verpflichtung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 kann bei zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bereits geplanten oder begonnenen Neu-, Um- oder Erweiterungsbauten längstens bis zum 31. Dezember 2004 abgewichen werden, soweit die nachträgliche Berücksichtigung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zur barrierefreien Gestaltung zu einem unverhältnismäßigen Mehraufwand führen würde; § 9 Abs. 2 Nr. 2 bleibt unberührt.

(2) Die oder der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestellte Landesbehindertenbeauftragte gilt als Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für die Belange behinderter Menschen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 bestellt.

(3) Der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes gebildete Landesbehindertenbeirat bleibt für den Rest der Amtszeit seiner Mitglieder (§ 12 Abs. 3 Satz 1) als Landesbeirat zur Teilhabe behinderter Menschen bestehen; im Übrigen finden die Bestimmungen des § 12 auf ihn Anwendung.

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§ 15 In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

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3.2.12 Saarland

 

Saarland: GesetzNr. 1541 zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen im Saarland

(Saarländisches Behindertengleichstellungsgesetz - SBGG)

Vom 26. November 2003 (Amtsbl_03,2987)

Geändert Art.4 Abs.15 des Gesetzes Nr.1587 zur organisationsrechtlichen Anpassung und Bereinigung von Landesgesetzen vom 15.02.06 (Amtsbl_06,474)

Übersicht
§ 1 Gesetzesziel

Ziel des Gesetzes ist es, auf der Grundlage des Artikels 12 Abs. 4 der Verfassung des Saarlandes Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei ist besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

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§ 2 Behinderte Frauen

Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind besondere Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von behinderten Frauen und zur Beseitigung bestehender Benachteiligungen zulässig.

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§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

(2) Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderung ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

(3) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernisse und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 4 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für die Verwaltungen des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände, sowie der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes, der Gemeindeverbände oder der Gemeinden unterstehen und für die Gerichte und Staatsanwaltschaften.

(2) Soweit das Land, die Gemeinden oder die Gemeindeverbände Mehrheitsbeteiligungen an juristischen Personen des privaten Rechts halten oder erwerben, haben sie darauf hinzuwirken, dass die Grundzüge dieses Gesetzes auch von juristischen Personen des privaten Rechts, an denen eine Mehrheitsbeteiligung besteht, beachtet werden.

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§ 5 Benachteiligungsverbot

Die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen haben im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereiches die in § 1 genannten Ziele aktiv zu fördern und bei der Planung von Maßnahmen zu beachten. Sie ergreifen insbesondere geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich. Bei bestehenden Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen gegenüber nicht behinderten Menschen sind Maßnahmen zum Abbau oder zum Ausgleich dieser Benachteiligungen zulässig.

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§ 6 Sicherung der Teilhabe

(1) Die Landesregierung entwickelt Fachprogramme mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft und am gesellschaftlichen Leben. Fachprogramme im Sinne von Satz 1 sind insbesondere der Saarländische Landesbehindertenplan, der Saarländische Psychiatrieplan, der Saarländische Pflegeplan, der Saarländische Altenplan und der Saarländische Vorschulentwicklungsplan.

(2) Dabei soll insbesondere Menschen, die aufgrund ihrer schweren Behinderung sowohl im ambulanten als auch im teil- und vollstationären Bereich großen Hilfebedarf haben, eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden.

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§ 7 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinden und sehbehinderten Menschen sind die in Satz 1 genannten Dokumente auf ihren Wunsch ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich zu machen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Für Gerichte und Staatsanwaltschaften finden die Sätze 1 und 2 Anwendung, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden, und bundesrechtliche Regelungen nicht entgegenstehen.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung unter Berücksichtigung der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 8 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen gestalten ihre Intranet-und Internetseiten nd -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten graphischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so, dass sie von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung, nach Maßgabe der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten:

  1. die in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehenden Gruppen behinderter Menschen,
  2. die anzuwendenden technischen Standards, sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung,
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen,
  4. Übergangsfristen zur Anpassung bereits bestehender Angebote.

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§ 9 Barrierefreie Medien

Die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen, denen kommunikationspolitische Angelegenheiten übertragen sind, sollen darauf hinwirken, dass sowohl der von § 4 Abs. 1 erfasste öffentlich-rechtliche Rundfunk als auch der von § 4 Abs. 1 nicht unmittelbar erfasste private Rundfunk im Rahmen der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungs-organisatorischen Möglichkeiten die in § 1 genannten Ziele aktiv fördert und bei der Planung von Maßnahmen beachtet.

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§ 10 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Bauliche Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der für den jeweiligen Bereich geltenden Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

(2) Neubauten sowie große Um-und Erweiterungsbauten baulicher Anlagen der in § 4 Abs. 1 genannten Stellen sind entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei zu gestalten. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden können. Ausnahmen von Satz 1 können hinsichtlich großer Um- und Erweiterungsbauten gestattet werden, wenn die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können. Die Bestimmungen der Landesbauordnung bleiben unberührt.

(3) Bereits bestehende Bauten der in § 4 Abs. 1 genannten Stellen sind schrittweise entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik soweit wie möglich barrierefrei zu gestalten mit dem Ziel, bis spätestens zum 1. Januar 2014 eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit im Sinne des § 3 Abs. 3 zu erreichen. Absatz 2 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.

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§ 11 Gebärdensprache und andere Kommunikationsmittel

(1) Hörbehinderte Menschen und Menschen mit eingeschränkter Sprechfähigkeit haben das Recht sich mit den in § 4 Abs. 1 genannten Stellen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitender Gebärde oder mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen zu verständigen, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen haben auf Wunsch in erforderlichem Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetschern oder die Verständigung mit anderen Kommunikationshilfen sicherzustellen. Sie tragen die hierzu notwendigen Aufwendungen. Welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen anzusehen sind, richtet sich nach der Kommunikationshilfeverordnung vom 17. Juli 2002 (BGBL. I S 2650). Für Gerichte und Staatsanwaltschaften finden die Sätze 1, 2 und 3 Anwendung, soweit diese in Verwaltungsangelegenheiten tätig werden, und bundesrechtliche Regelung nicht entgegen stehen.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung:

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder andere geeignete Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägern öffentlicher Gewalt,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1 anzusehen sind.

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§ 12 Zielvereinbarungen

(1) Soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, sollen zur Herstellung der Barrierefreiheit Zielvereinbarungen zwischen den Verbänden, die nach § 14 Abs. 4 anerkannt sind, und den in § 4 Abs. 1 genannten Stellen getroffen werden. Die anerkannten Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.

(2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere

  1. die Bestimmung der Vereinbarungspartner und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer,
  2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche im Sinne von § 3 Abs. 3 künftig zu verändern sind, um dem Anspruch behinderter Menschen auf Zugang und Nutzung zu genügen,
  3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.

(3) Ein Verband nach Absatz 1, der die Aufnahme von Verhandlungen verlangt, hat dies gegenüber dem Zielvereinbarungsregister (Absatz 5) unter Benennung von Verhandlungsparteien und Verhandlungsgegenstand anzuzeigen. Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen gibt diese Anzeige auf seiner oder ihrer Internetseite bekannt. Innerhalb von vier Wochen nach der Bekanntgabe haben andere Verbände im Sinne des Absatzes 1 das Recht, den Verhandlungen durch Erklärung gegenüber den bisherigen Verhandlungspartnern beizutreten. Nachdem die beteiligten Verbände eine gemeinsame Verhandlungskommission gebildet haben oder feststeht, dass nur ein Verband verhandelt, sind die Verhandlungen innerhalb von vier Wochen aufzunehmen.

(4) Ein Anspruch auf Verhandlungen nach Absatz 1 Satz 1 besteht nicht,

  1. während laufender Verhandlungen im Sinne des Absatzes 3 für die nicht beigetretenen Verbände,
  2. für den Geltungsbereich und die Geltungsdauer einer zustande gekommenen Zielvereinbarung.

(5) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen führt das Zielvereinbarungsregister, in das der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen nach den Absätzen 1 und 2 eingetragen werden. Der die Zielvereinbarung abschließende Verband ist verpflichtet, innerhalb eines Monats nach Abschluss der Zielvereinbarung der oder dem Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen diese als beglaubigte Abschrift und in informationstechnisch erfassbarer Form zu übermitteln sowie eine Änderung oder eine Aufhebung innerhalb eines Monats mitzuteilen.

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§ 13 Beweislastumkehr

Besteht Streit über das Vorliegen einer Benachteiligung im Sinne des § 3 Abs. 2 und macht der behinderte Mensch Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, so trägt die Gegenseite die Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung vorliegt. Satz 1 findet keine Anwendung, soweit bundesrechtliche Vorschriften abweichende Bestimmungen enthalten.

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§ 14 Verbandsklagerecht

(1) Ein vom Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales nach Absatz 4 anerkannter Verband behinderter Menschen kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19. März 1991 (BGBl. I. S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 1 und 6 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGB. I S. 3987) in der jeweils geltenden Fassung, oder des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535) zuletzt geändert durch Artikel 33 des Gesetzes vom 27. April 2002 (BGB. I S. 1467) in der jeweils geltenden Fassung, Klage erheben auf Feststellung eines Verstoßes durch die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen gegen § 5 (Benachteiligungsverbot), § 7 (Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken), § 8 (barrierefreie Informationstechnik), § 10 (Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr), § 11(Gebärdensprache und andere Kommunikationsmittel). Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßgabe auf Grund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialrechtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt ist. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Vielzahl von gleichgelagerten Fällen vorliegt.

(3) Vor Erhebung einer Klage nach Absatz 1 ist ein Vorverfahren entsprechend den §§ 68 bis 73 der Verwaltungsgerichtsordnung oder der §§ 78 bis 86 des Sozialgerichtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung durchzuführen. Dies gilt auch dann, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde getroffen worden ist.

(4) Die Anerkennung eines Verbandes nach Absatz 1 soll nach Anhörung des Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen erteilt werden, wenn der Verband

  1. nach seiner Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder dazu berufen ist, Interessen behinderter Menschen auf der Ebene des Bundes oder des Landes zu vertreten,
  3. zum Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in dieser Zeit im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist,
  4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet und
  5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes (KStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144), in der jeweils geltenden Fassung, von der Körperschaftssteuer befreit ist.

(5) Ein nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz-BGG) vom 27. April 2002 (BGBl. I. S. 1468ff) durch das zuständige Bundesministerium anerkannter Verband gilt auch als anerkannt im Sinne des Absatzes 4; Entsprechendes gilt für rechtlich selbständige Mitgliedsvereine von Verbänden, die auf Bundesebene anerkannt sind.

(6) Bei Wegfall der in Absatz 4 genannten Voraussetzungen ist die Anerkennung nach Anhörung des betroffenen Verbandes zu widerrufen. Mit einem Widerruf seitens des zuständigen Bundesministeriums entfällt für Verbände nach Absatz 5 die Anerkennung durch das Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales.

(7) Wird in einem Fall des Absatzes 1 ein behinderter Mensch in seinen Rechten verletzt, kann an seiner Stelle und mit seinem Einverständnis ein nach Absatz 4 anerkannter Verband, der nicht selbst am Verfahren beteiligt ist, Rechtsschutz beantragen. In diesem Falle müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen. Das Einverständnis ist schriftlich zu erklären.

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§ 15 Bestellung einer oder eines Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen

(1) Die Landesregierung bestellt für die Dauer von sechs Jahren eine Landesbeauftragte oder einen Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Die oder der Landesbeauftragte bleibt bis zur Nachfolgebestellung im Amt. Eine erneute Bestellung ist möglich.

(2) Die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen ist dem Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales zugeordnet.

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§ 16 Aufgaben der oder des Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen

(1) Aufgabe der oder des Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen ist es,

  1. darauf hinzuwirken, dass das in § 1 genannte Ziel verwirklicht und die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Vorschriften zu Gunsten behinderter Menschen eingehalten werden,
  2. die Landesregierung und den Landtag in Grundsatzangelegenheiten behinderter Menschen zu beraten,
  3. bei der Erstellung von Rechtsvorschriften, die den Bereich von Menschen mit Behinderungen berühren, beratend mitzuwirken, insbesondere bei der Fortschreibung des Landesplanes für Menschen mit Behinderungen und der Landesbauordnung,
  4. darauf hinzuwirken, dass geschlechtspezifische behinderungsbedingte Benachteiligungen von behinderten Frauen abgebaut und verhindert werden,
  5. Anlaufstation für die individuellen und allgemeinen Probleme behinderter Menschen, ihrer Angehörigen und von Verbänden und Institutionen behinderter Menschen zu sein,
  6. die Öffentlichkeit über die Situation von Menschen mit Behinderungen und ihrer Angehörigen zu unterrichten,
  7. im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit eine enge Zusammenarbeit mit den Medien durchzuführen,
  8. dem Landtag und der Landesregierung über die Situation der Menschen mit Behinderungen sowie über ihre, seine Tätigkeit jeweils in der Mitte der Legislaturperiode schriftlich Bericht zu erstatten,
  9. in regionalen und überregionalen Gremien mitzuarbeiten und
  10. eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Institutionen, Verbänden und Selbsthilfegruppen zu pflegen.

(2) Die in § 4 Abs. 1 genannten Stellen erteilen der oder dem Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen Auskunft zur Situation von Menschen mit Behinderungen und unterstützen sie oder ihn bei der Erfüllung der Aufgaben. Die dem Datenschutz dienenden Vorschriften bleiben hiervon unberührt.

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§ 17 Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen

(1) Es wird ein Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen unter Vorsitz des oder der Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen gebildet. Es ist sicherzustellen, dass sich der Beirat mehrheitlich aus Vertretern/ Vertreterinnen der Organisationen und Selbsthilfegruppen der behinderten Menschen zusammensetzt. Im Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen sind die folgenden Gruppen vertreten:

  1. Verbände und Selbsthilfegruppen behinderter Menschen,
  2. die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege,
  3. Institutionen der beruflichen und sozialen Rehabilitation,
  4. Institutionen des Wirtschafts- und Erwerbslebens,
  5. die Arbeitskammer des Saarlandes,
  6. die, der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen,
  7. eine Vertreterin, ein Vertreter der kommunalen Selbstverwaltung,
  8. eine Vertreterin, ein Vertreter der kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen,
  9. Arbeitsgemeinschaften von Schwerbehindertenvertretungen der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes,
  10. die Bundesagentur für Arbeit,
  11. eine Vertreterin, ein Vertreter der Landesregierung.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zu regeln. In der Rechtsverordnung sind insbesondere Regelungen zu treffen über:

  1. die zahlenmäßige Zusammensetzung der Mitglieder und Gruppen,
  2. das Verfahren der Benennung und Ernennung der Mitglieder,
  3. die Amtsperiode und
  4. die Geschäftsführung des Beirates.

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§ 18 Aufgaben und Befugnisse des Landesbeirates für Menschen mit Behinderungen

(1) Der Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen berät den Landtag und die Landesregierung in allen grundsätzlichen Fragen der Politik von Menschen mit Behinderungen.

(2) Der Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen spricht Empfehlungen aus.

(3) Insbesondere ist der Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen vor Erlass von Gesetzen bzw. Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zu hören, soweit sie besondere Belange von Menschen mit Behinderungen behandeln oder berühren.

(4) Der Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen soll die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Verbänden fördern und auch Initiativen erarbeiten.

(5) Der Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen bestimmt seine Beratungsthemen in eigener Verantwortung.

(6) Die Sitzungen des Landesbeirates für die Belange von Menschen mit Behinderungen sind öffentlich.

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§ 19 Beteiligung auf kommunaler Ebene

(1) Die Gemeinden, die Gemeindeverbände bestellen zur Verwirklichung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen jeweils eine Person zur Beratung in Fragen der Behindertenpolitik (Beauftragte, Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderungen). Als Beauftragte sind möglichst in der Behindertenarbeit erfahrene Personen zu bestellen.

(2) Die oder der Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen berät die Gemeinden und die Gemeindeverbände in allen Angelegenheiten, die behinderte Bürger betreffen. Die oder der Behindertenbeauftragte ist berechtigt, an den Sitzungen der Vertretungsorgane der Gemeinden oder Gemeindeverbände beratend teilzunehmen; er oder sie ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Das jeweilige kommunale Vertretungsorgan kann mit den Stimmen einer Fraktion oder einem Viertel der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder dem oder der kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu jedem Verhandlungsgegenstand der Tagesordnung ein Rederecht einräumen; ein entsprechender Beschluss kann auch auf Antrag der oder des kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen herbeigeführt werden.

(3) Zu den Aufgaben der oder des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen gehört auch die Zusammenarbeit mit den Organisationen der örtlichen Behindertenselbsthilfe.

(4) Unbeschadet der Regelungen über die Bestellung eines/einer Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen können die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Beratung und Unterstützung des/der Beauftragten kommunale Beiräte für die Belange von Menschen mit Behinderungen bilden.

(5) Näheres wird durch Satzung bestimmt.

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§ 20 Berichtspflicht

Die Landesregierung legt einmal in einer Legislaturperiode den Landesbehindertenplan vor und verbindet damit einen Bericht zur Umsetzung dieses Gesetzes im Saarland.

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§ 21 Übergangsbestimmungen

(1) Von der Verpflichtung des § 10 Abs. 2 Satz 1 kann bei zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bereits geplanten oder begonnenen Neu-, Um-oder Erweiterungsbauten längstens bis zum 31. Dezember 2005 abgewichen werden, soweit die nachträgliche Berücksichtigung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zur barrierefreien Gestaltung zu einem unverhältnismäßigen Mehraufwand führen würde. § 10 Abs. 3 bleibt unberührt.

(2) Die oder der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestellte Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen gilt als Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für Fragen von Menschen mit Behinderungen im Sinne des § 13 Abs. 1 als bestellt. Die Amtszeit gilt als am Tag des In-Kraft-Tretens begonnen.

(3) Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes berufenen kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen gelten bis zum Ablauf ihrer Amtszeit als bestellt im Sinne des § 19 Abs. 1.

(4) Der zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes gebildete Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen bleibt für den Rest der Amtszeit seiner Mitglieder als Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen bestehen.

(5) Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes gebildeten kommunalen Beiräte für die Belange von Menschen mit Behinderungen bleiben für den Rest der Amtszeit ihrer Mitglieder bestehen.

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§ 22 In-Kraft-Treten

Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

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3.2.13 Sachsen

 

Sachsen Gesetz zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen

Gesetz zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Integrationsgesetz - SächsIntegrG)

Vom 28. Mai 2004 (SächsGVBl. Jg. 2004 Bl.-Nr. 8 S. 196), geändert mit Gesetz vom 14.07.2005 (SächsGVBl. S. 167, 176)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Aufgaben und Maßnahmen
  3. Abschnitt 3 Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziele des Gesetzes

(1) Ziel des Gesetzes ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen (Integration).

(2) Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen sollen im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereiches die in Absatz 1 genannten Ziele aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten. Das Gleiche gilt für Betriebe und Unternehmen, die sich mehrheitlich in staatlicher Hand befinden.

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§ 2 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 3 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 4 Benachteiligungsverbot

(1) Niemand darf von einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle des Freistaates Sachsen wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(2) Die Gemeinden und Landreise werden auf das Benachteiligungsverbot nach Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland hingewiesen.

(3) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

(4) Zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern mit Behinderungen sind deren Lebensbedingungen und geschlechtsspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen. Bei bestehenden Benachteiligungen sind besondere Maßnahmen zu deren Beseitigung zulässig.

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§ 5 Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Menschen mit einer Hörbehinderung (Gehörlose, Ertaubte und Schwerhörige) und Menschen mit einer Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

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Abschnitt 2 Aufgaben und Maßnahmen
§ 6 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Menschen mit einer Hör-oder Sprachbehinderung haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 das Recht, mit Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen haben auf Antrag der Berechtigten nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen.

(2) Die Staatsregierung bestimmt durch Rechtsverordnung

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation zwischen Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung und den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 1 anzusehen sind.

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§ 7 Barrierefreie Informationstechnik

Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen gestalten ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten graphischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

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§ 8 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können insbesondere verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

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Abschnitt 3 Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen
§ 9 Vertretungsbefugnisse durch Verbände

(1) Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten aus § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1, §§ 7 und 8 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die gemäß § 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz - BGG) vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467), in der jeweils geltenden Fassung, anerkannten Verbände sowie deren sächsische Landesverbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. Gleiches gilt bei Verstößen gegen Vorschriften des Landesrechts, die einen Anspruch auf Herstellung von Barrierefreiheit im Sinne des § 3 oder auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen im Sinne des § 5 Abs. 3 vorsehen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

(2) Ein gemäß § 13 Abs. 3 BGG anerkannter Verband oder dessen sächsischer Landesverband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung(VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987, 3990), in der jeweils geltenden Fassung, oder des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), zuletzt geändert durch Artikel 38 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3065), in der jeweils geltenden Fassung, erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 und die Verpflichtung nach § 6 Abs. 1, §§ 7 und 8 durch Behörden und sonstige öffentliche Stellen des Freistaates Sachsen. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem verwaltungs- oder sozialgerichtlichen Streitverfahren erlassen worden ist.

(3) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 2 Satz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere dann gegeben, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt. Vor Erhebung der Klage nach Absatz 2 Satz 1 fordert der Verband die betroffene Behörde auf, zu der von ihm behaupteten Rechtsverletzung Stellung zu nehmen. Sagt die Behörde Abhilfe zu, gilt § 72 VwGO entsprechend.

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§ 10 Beauftragter der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

(1) Zur Wahrung der Belange der im Freistaat Sachsen lebenden Menschen mit Behinderungen und zur Förderung ihrer Integration beruft der Ministerpräsident für die Dauer einer Legislaturperiode einen Beauftragten. Der Beauftragte bleibt bis zu einer Nachfolgeberufung im Amt. Wiederberufung ist zulässig. Der Beauftragte ist unabhängig, weisungsungebunden und ministeriumsübergreifend tätig. Er kann von seinem Amt vor Ablauf seiner Amtszeit nur abberufen werden, wenn bei entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit dies gerechtfertigt ist.

(2) Aufgabe des Beauftragten ist es, darauf hinzuwirken, dass die in § 1 genannten Ziele verwirklicht und die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Vorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden. Er hat auch dafür Sorge zu tragen, dass die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden.

(3) Der Beauftragte berät die Staatsregierung in Fragen der Behindertenpolitik sowie bei deren Fortentwicklung und Umsetzung. Er

  1. arbeitet hierzu insbesondere mit dem Staatsministerium für Soziales und dem Sächsischen Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen zusammen,
  2. bearbeitet die Anregungen von einzelnen Personen, von Selbsthilfegruppen, von Behindertenverbänden und von kommunalen Beauftragten und Beiräten für die Belange von Menschen mit Behinderungen und
  3. regt Maßnahmen zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen an.

(4) Zur Wahrnehmung der Aufgaben beteiligen die Staatsministerien den Beauftragten bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Integration von Menschen mit Behinderungen behandeln oder berühren. Die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen sind verpflichtet, den Beauftragten bei der Erfüllung der Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt.

(5) Der Beauftragte ist ehrenamtlich tätig. Die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Ausgaben trägt der Freistaat Sachsen nach Maßgabe des Haushalts. Der Beauftragte erhält eine Aufwandsentschädigung, deren Höhe im Haushaltsplan festgelegt wird.

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§ 11 Sächsischer Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen

(1) Beim Staatsministerium für Soziales wird ein Sächsischer Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen eingerichtet. Er 1. berät und unterstützt den Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in allen wesentlichen Fragen, die die Belange behinderter Menschen berühren, und 2. unterstützt das Staatsministerium für Soziales bei der Koordinierung der Hilfen, Dienste und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen auf Landesebene.

(2) Die Geschäfte des Landesbeirates werden durch das Staatsministerium für Soziales geführt. Das Nähere über die Zusammensetzung und die Aufgaben des Landesbeirates sowie die Aufwandsentschädigung für seine Mitglieder regelt eine Verwaltungsvorschrift des Staatsministeriums für Soziales.

(3) Der Landesbeirat gibt sich eine Geschäftsordnung. In der Geschäftsordnung sind insbesondere Regelungen über die Vorbereitung, Einberufung und Durchführung von Sitzungen, über die Bildung von Arbeitsgruppen und über die Beteiligung weiterer sachverständiger Personen zu treffen.

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§ 12 Besuchskommissionen

(1) Das Staatsministerium für Soziales beruft im Benehmen mit den kommunalen Landesverbänden, dem Sachsen Kommunalen Sozialverband, der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit sowie den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und dem Sächsischen Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen unabhängige Kommissionen, die in der Regel unangemeldet Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und diesen angegliederte Förder- und Betreuungsbereiche sowie Wohnstätten für Menschen mit Behinderungen und deren Außenwohngruppen besuchen. Die Kommissionen überprüfen, ob den Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine selbstbestimmte Lebensführung möglich ist. Die Einrichtungen sind verpflichtet, die Kommissionen zu unterstützen und ihnen die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Die Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt. Den Betroffenen oder ihren gesetzlichen Vertretern ist Gelegenheit zu geben, Wünsche oder Beschwerden vorzutragen.

(2) Jede Kommission legt spätestens zwei Monate nach dem Besuch einer Einrichtung dem Träger und dem Staatsministerium für Soziales einen Bericht vor. Personenbezogene Daten dürfen dabei nur in anonymisierter Form übermittelt werden. Das Staatsministerium für Soziales berichtet dem Landtag einmal in der Legislaturperiode zusammenfassend über die Ergebnisse der Arbeit der Kommissionen.

(3) Die Aufsichtspflichten und Befugnisse der zuständigen Behörden sowie das Recht der Betroffenen, andere Instanzen anzurufen, bleiben unberührt.

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§ 13 Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen

Die Staatsregierung legt dem Sächsischen Landtag in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen vor. Neben der Bestandsaufnahme und Analyse soll der Bericht Vorschläge zur Verwirklichung der in § 1 genannten Ziele enthalten.

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§ 14 Zielvereinbarungen

(1) Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, können rechtsfähige Organisationen und Verbände der Behindertenselbsthilfe zur Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen von behinderten Menschen und ihrer sozialen Integration mit Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaates Sachsen, Trägern der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege, Unternehmen oder Unternehmensverbänden der verschiedenen Wirtschaftsbranchen, Kirchen, Parteien sowie sonstigen Organisationen und Verbänden Zielvereinbarungen abschließen.

(2) Die Zielvereinbarungen sind an das Zielvereinbarungsregister zu melden, das von der Geschäftsstelle des Sächsischen Landesbeirates für die Belange von Menschen mit Behinderungen geführt wird.

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3.2.14 Sachsen-Anhalt

 

Sachsen-Anhalt Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

(Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt - BGG LSA) Vom 16. Dezember 2010, S. 584)

Übersicht
  1. Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt 2 Gleichstellung
  3. Abschnitt 3 Barrierefreiheit
  4. Abschnitt 4 Rechtsbehelfe
  5. Abschnitt 5 Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen
  6. Abschnitt 6 Übergangs- und Schlussbestimmungen
Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel des Gesetzes

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, in Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen im Land Sachsen-Anhalt zu verhindern und zu beseitigen, gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit sowie die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

(2) Dieses Gesetz zielt darauf ab, dass Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit entfalten und an Erziehung und Bildung sowie am Erwerbs- und Arbeitsleben teilhaben können.

(3) Geschlechtsspezifische Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen sind abzubauen und zu verhindern.

(4) Die Träger der öffentlichen Verwaltung fördern im Rahmen ihrer Aufgaben aktiv die Verwirklichung der Ziele dieses Gesetzes und ergreifen insbesondere Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit. Die Träger der öffentlichen Verwaltung, denen kommunikationspolitische Aufgaben übertragen sind, wirken darauf hin, dass sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die privaten Medien im Rahmen der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten die Ziele dieses Gesetzes aktiv fördern und bei der Planung von Maßnahmen beachten.

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§ 2 Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen mit nicht nur vorübergehenden körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hindern können. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten.

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§ 3 Besondere Belange von Frauen mit Behinderungen

Bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange von Frauen mit Behinderungen zu berücksichtigen und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Dabei sind Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen mit Behinderungen, die dem Abbau oder dem Ausgleich bestehender Ungleichheiten dienen, zulässig.

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§ 4 Benachteiligung

Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderungen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch Menschen mit Behinderungen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Sie umfasst alle Formen, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen. Angemessene Vorkehrungen sind notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit Menschen ohne Behinderungen am Leben in der Gesellschaft teilhaben und von ihren Grundfreiheiten Gebrauch machen können.

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§ 5 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und andere Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 6 Kommunikation

Der Begriff der Kommunikation umfasst Sprache, Textdarstellung, Brailleschrift, taktile Kommunikation, allgemein zugängliches Multimedia sowie schriftliche, auditive, in einfache Sprache übersetzte, durch Vorlesende zugänglich gemachte sowie ergänzende und alternative Formen, Mittel und Formate der Kommunikation, einschließlich allgemein zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologie. Der Begriff der Sprache umfasst gesprochene Sprachen sowie Gebärdensprachen und andere nicht gesprochene Sprachen.

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§ 7 Geltungsbereich

(1) Träger der öffentlichen Verwaltung sind Dienststellen und sonstige Einrichtungen des Landes Sachsen-Anhalt, der Gemeinden und der Gemeindeverbände in Sachsen-Anhalt sowie die sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände unterstehen. Sie haben die Bestimmungen dieses Gesetzes zu beachten und aktiv auf die Verwirklichung seiner Ziele hinzuwirken.

(2) Soweit die Träger der öffentlichen Verwaltung Beteiligungen an juristischen Personen des privaten Rechts halten oder erwerben oder Verwaltungsaufgaben auf Personen des privaten Rechts übertragen, haben sie darauf hinzuwirken, dass die Grundzüge dieses Gesetzes auch von diesen beachtet werden.

(3) Empfängerinnen oder Empfänger öffentlicher Zuwendungen und sonstiger öffentlicher Leistungen sind nach Maßgabe der jeweils geltenden haushalts- und förderrechtlichen Bestimmungen zu verpflichten, sich für die Förderung der in § 1 festgehaltenen Ziele einzusetzen.

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Abschnitt 2 Gleichstellung
§ 8 Benachteiligungsverbot

(1) Menschen mit Behinderungen haben einen Anspruch auf eine ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit im Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und eine selbstbestimmte Lebensführung. Sie dürfen nicht benachteiligt werden.

(2) Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf die Verhinderung und die Beseitigung von benachteiligenden Maßnahmen und Regelungen.

(3) Besteht Streit über das Vorliegen einer Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen und werden Tatsachen dargelegt, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, so trägt die Gegenseite die Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung vorliegt.

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§ 9 Sicherung der Teilhabe

(1) Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes sind vor ihrem Erlass auf die Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen sowie deren Gleichstellung zu überprüfen.

(2) Die Landesregierung entwickelt Fachprogramme mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft und setzt diese um. Angebote der Teilhabe sind dabei insbesondere am individuellen Bedarf, am Wunsch- und Wahlrecht und am Grundsatz der Vorrangigkeit ambulanter Leistungen auszurichten.

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§ 10 Gemeinsame Erziehung und Bildung in öffentlichen Einrichtungen

Einrichtungen zur Erziehung und Bildung fördern die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen am Leben in der Gesellschaft und bieten ihnen gemeinsame Lern- und Lebensfelder. Hierzu gehört auch der Einsatz der in § 6 genannten Mittel der Kommunikation. Die individuell notwendige Förderung ist dabei zu gewährleisten.

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§ 11 Leitlinien für Hilfen, Dienste und Einrichtungen

(1) Hilfen, Dienste und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen orientieren sich am Bedarf der Betroffenen. Dabei ist zu gewährleisten, dass sie die Selbständigkeit von Menschen mit Behinderungen in ihrer Lebensführung unterstützen, von ihnen selbst organisierte Hilfeformen ermöglichen und die Zielsetzung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft fördern. Das gesetzlich vorgesehene Wunsch- und Wahlrecht ist zu beachten.

(2) Hilfen, Dienste und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, auf die ein rechtlicher Anspruch besteht, sind bürgernah vorzuhalten. Qualitätsgerechte Maßnahmen und Leistungen sind sicherzustellen.

(3) Bei der Ausgestaltung familienergänzender und schulbegleitender Angebote der Jugendhilfe sowie spezieller Angebote der Jugendförderung ist solchen Formen der Vorrang einzuräumen, die für Menschen mit und ohne Behinderungen gleichermaßen geeignet sind.

(4) Maßnahmen der Prävention, Habilitation und Rehabilitation haben Vorrang vor sonstigen Hilfen.

(5) Die berufliche Integration und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hat Vorrang vor sonstigen Arbeits- und Beschäftigungsangeboten.

(6) Angebote des selbständigen Wohnens sowie der ambulanten Tagesförderung haben Vorrang vor stationären Betreuungsformen.

(7) Aufklärung über und Abbau von Benachteiligungen gehören zu den wichtigen pädagogischen Inhalten in der Förderung und Betreuung von jungen Menschen.

(8) Die Träger der öffentlichen Verwaltung unterrichten und beraten Menschen mit Behinderungen sowie deren Angehörige oder sonstige ihnen Hilfe leistende Personen im Rahmen ihrer Zuständigkeit über die für sie in Betracht kommenden Hilfen, Dienste und Einrichtungen. Das Recht auf die Wahl einer unabhängigen Beratung bleibt unberührt.

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Abschnitt 3 Barrierefreiheit
§ 12 Herstellung von Barrierefreiheit bei der Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben

(1) Die Träger der öffentlichen Verwaltung stellen sicher, dass die Verfahren, Einrichtungen und Materialien für die Wahlen zu den Volksvertretungen auch für Menschen mit Behinderungen geeignet, zugänglich und leicht zu verstehen und zu handhaben sind.

(2) Die Träger der öffentlichen Verwaltung schützen das Recht von Menschen mit Behinderungen, ein Amt wirksam innezuhaben und alle öffentlichen Aufgaben wahrzunehmen, indem sie bei Bedarf die Nutzung unterstützender Technologien erleichtern sowie die erforderliche Assistenz sicherstellen.

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§ 13 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Bauliche Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personennahverkehr sind nach Maßgabe der geltenden Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

(2) Neubauten, Um- und Erweiterungsbauten der Träger der öffentlichen Verwaltung sollen entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei gestaltet werden.

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§ 14 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, die Deutsche Gebärdensprache oder lautsprachbegleitende Gebärden zu verwenden. Soweit sie sich nicht in der Deutschen Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden verständigen können, haben sie nach Maßgabe der einschlägigen Gesetze das Recht, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden.

(4) Soweit es zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist, haben die Träger der öffentlichen Verwaltung die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen zu tragen.

(5) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern oder anderen geeigneten Kommunikationshilfen festzulegen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern oder anderen geeigneten Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- und sprachbehinderten Menschen und den Trägern der öffentlichen Verwaltung zu regeln,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen zu regeln und
  4. zu regeln, welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne des Absatzes 3 anzusehen sind.

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§ 15 Gestaltung von Dokumenten

(1) Die Träger der öffentlichen Verwaltung haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen in angemessenem Maße zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können verlangen, dass ihnen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten auch in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Vorschriften über die Form, die Bekanntgabe und die Zustellung von Verwaltungsakten bleiben unberührt.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung zu bestimmen, bei welchen Anlässen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 16 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die Träger der öffentlichen Verwaltung gestalten ihre Internetauftritte und Internetangebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so, dass sie auch von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können.

(2) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Verordnung

  1. die anzuwendenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung und
  2. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen zu bestimmen.

(3) Die Landesregierung wirkt darauf hin, dass andere Anbietende von Internetseiten sowie von grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, durch Zielvereinbarungen ihre Produkte entsprechend den technischen Standards nach Absatz 2 Nr. 1 gestalten.

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§ 17 Zielvereinbarungen

(1) Zur Herstellung von Barrierefreiheit sollen Zielvereinbarungen zwischen Landesverbänden von Menschen mit Behinderungen und den Trägern der öffentlichen Verwaltung sowie Unternehmen und Unternehmensverbänden für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich geschlossen werden. Soweit Landesverbände nicht vorhanden sind, können auch örtliche Verbände Zielvereinbarungen für ihren jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich treffen. Die nach diesem Gesetz anerkannten Verbände können die Aufnahme von Verhandlungen über Zielvereinbarungen verlangen.

(2) Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit enthalten insbesondere

  1. die Bestimmung der Vereinbarungsparteien und sonstige Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer,
  2. die Festlegung von Mindestbedingungen darüber, wie gestaltete Lebensbereiche künftig zu verändern sind, um dem Anspruch der Menschen mit Behinderungen auf Zugang und Nutzung zu genügen,
  3. den Zeitpunkt oder einen Zeitplan zur Erfüllung der festgelegten Mindestbedingungen.

Die Vereinbarungen können ferner eine Vertragsstrafe für den Fall der Nichterfüllung oder des Verzugs enthalten.

(3) Der Abschluss, die Änderung und die Aufhebung von Zielvereinbarungen sind an das für Behindertenpolitik zuständige Ministerium zu melden.

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Abschnitt 4 Rechtsbehelfe
§ 18 Vertretungsbefugnis in verwaltungsrechtlichen und sozialrechtlichen Verfahren

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Gesetz verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis die nach diesem Gesetz anerkannten Verbände, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei Rechtsschutzersuchen durch Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

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§ 19 Klagerecht anerkannter Verbände

(1) Ein anerkannter Verband kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes auf Feststellung eines Verstoßes durch einen Träger der öffentlichen Verwaltung gegen das Benachteiligungsverbot und die Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach diesem Gesetz und anderen landesrechtlichen Bestimmungen, insbesondere nach den Vorschriften zur Herstellung der Barrierefreiheit in der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt sowie im Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt, erheben. Wird eine Maßnahme aufgrund einer Entscheidung in einem Verfahren vor einem Verwaltungs- oder Sozialgericht getroffen, besteht keine Klagebefugnis.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein Mensch mit Behinderungen selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann eine Klage nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt.

(3) Vor Erhebung einer Klage ist ein Vorverfahren nach den §§ 68 bis 80b der Verwaltungsgerichtsordnung oder nach den §§ 78 bis 86b des Sozialgerichtsgesetzes durchzuführen.

(4) Die Anerkennung eines Verbandes kann das für Behindertenpolitik zuständige Ministerium auf Antrag nach Anhörung der oder des Landesbehindertenbeauftragten und des Behindertenbeirates des Landes Sachsen-Anhalt erteilen, wenn der Verband

  1. nach seiner Satzung die Belange der Menschen mit Behinderungen fördert,
  2. nach der Zusammensetzung seiner Mitglieder oder Mitgliedsverbände dazu berufen ist, Interessen von Menschen mit Behinderungen auf Landesebene zu vertreten,
  3. unter Berücksichtigung der Art und des Umfangs seiner bisherigen Tätigkeit, des Mitgliederkreises sowie seiner Leistungsfähigkeit die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet und
  4. aufgrund gemeinnütziger Zwecke von der Körperschaftsteuer befreit ist.

Das für Behindertenpolitik zuständige Ministerium kann die Erteilung der Anerkennung auf eine andere Behörde seines Geschäftsbereichs übertragen. Rücknahme und Widerruf der Anerkennung richten sich nach den entsprechenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen. Eine nach vergleichbaren bundesgesetzlichen Bestimmungen durch eine Bundesbehörde erfolgte Anerkennung steht einer Anerkennung im Sinne des Satzes 1 gleich.

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Abschnitt 5 Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen
§ 20 Landesbehindertenbeauftragte oder Landesbehindertenbeauftragter

(1) Die Landesregierung beruft auf Vorschlag des für Behindertenpolitik zuständigen Ministeriums und im Benehmen mit dem Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt eine hauptamtliche Landesbehindertenbeauftragte oder einen hauptamtlichen Landesbehindertenbeauftragten für die Dauer von fünf Jahren für die Belange der Menschen mit Behinderungen. Erneute Berufungen sind zulässig.

(2) Die oder der Landesbehindertenbeauftragte trägt die Bezeichnung "Die Beauftragte der Landesregierung von Sachsen-Anhalt für die Belange der Menschen mit Behinderungen - Landesbehindertenbeauftragte" oder "Der Beauftragte der Landesregierung von Sachsen-Anhalt für die Belange der Menschen mit Behinderungen - Landesbehindertenbeauftragter".

(3) Die Landesregierung stellt der oder dem Landesbehindertenbeauftragten die für die Aufgabenerfüllung notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung.

(4) Die oder der Landesbehindertenbeauftragte ist dem für Behindertenpolitik zuständigen Mitglied der Landesregierung dienst- oder arbeitsrechtlich direkt unterstellt, jedoch in ihrer oder seiner Tätigkeit unabhängig, weisungsungebunden und geschäftsbereichsübergreifend.

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§ 21 Aufgaben und Befugnisse

(1) Die oder der Landesbehindertenbeauftragte fördert die Verwirklichung der Ziele dieses Gesetzes. Insbesondere

  1. berät sie oder er die Landesregierung bei der Fortentwicklung und Umsetzung der Behindertenpolitik,
  2. regt sie oder er Maßnahmen an, die darauf gerichtet sind, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen abzubauen oder ihrem Entstehen entgegenzuwirken,
  3. tritt sie oder er dafür ein, dass dem Benachteiligungsverbot gemäß Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes und Artikel 7 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt sowie den bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen zugunsten von Menschen mit Behinderungen, insbesondere den Vorschriften dieses Gesetzes, im Sinne des Artikels 38 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt Rechnung getragen wird,
  4. legt sie oder er dem Landtag einmal in der Legislaturperiode einen Bericht zur Umsetzung dieses Gesetzes vor.

(2) Erlangt die oder der Landesbehindertenbeauftragte Kenntnis von Tatsachen, die darauf hindeuten, dass Menschen mit Behinderungen benachteiligt werden, so klärt sie oder er in Zusammenarbeit mit den Trägern der öffentlichen Verwaltung den Sachverhalt auf und vermittelt zwischen den Beteiligten. Hierzu kann sie oder er insbesondere Berichte und Stellungnahmen anfordern, Auskünfte einholen und Akten einsehen. Ist für die Aufklärung des Sachverhaltes im Einzelfall die Weitergabe personenbezogener Daten erforderlich, so bedarf die oder der Landesbehindertenbeauftragte hierzu der Einwilligung der oder des Betroffenen.

(3) Zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben hat die oder der Landesbehindertenbeauftragte mit Einwilligung der oder des Betroffenen insbesondere das Recht, bei den Trägern der öffentlichen Verwaltung Auskünfte einzuholen und Akteneinsicht zu nehmen, sofern dies im Zusammenhang mit einer glaubhaft gemachten Benachteiligung steht und Rechte Dritter hierdurch nicht verletzt werden. Wird die Auskunft oder die Akteneinsicht verweigert, so haben die Träger der öffentlichen Verwaltung dies der oder dem Landesbehindertenbeauftragten unverzüglich und unter Angabe von Gründen schriftlich mitzuteilen. Für Streitigkeiten, die sich aus der Verweigerung der Auskunft oder der Akteneinsicht ergeben, steht der Verwaltungsrechtsweg offen.

(4) Zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben arbeitet die oder der Landesbehindertenbeauftragte insbesondere mit

  1. den obersten Landesbehörden,
  2. dem Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt,
  3. den auf Landesebene tätigen Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderungen,
  4. den Tarifparteien und Berufsverbänden,
  5. dem Runden Tisch für Menschen mit Behinderungen und
  6. den kommunalen Behindertenbeauftragten

zusammen.

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§ 22 Beteiligung

Die oder der Landesbehindertenbeauftragte ist, soweit die Belange der Menschen mit Behinderungen betroffen sind, bei Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben sowie bei der Erarbeitung von Verwaltungsvorschriften frühzeitig zu beteiligen. Dabei ist ihr oder ihm Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.

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§ 23 Anrufungsrecht

Jeder Mensch hat das Recht, sich mit Bitten, Beschwerden oder Anregungen an die Landesbehindertenbeauftragte oder den Landesbehindertenbeauftragten zu wenden, wenn er der Ansicht ist, dass gegen die Rechte von Menschen mit Behinderungen verstoßen oder ihren Belangen auf andere Weise nicht entsprochen wird.

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§ 24 Verschwiegenheitspflicht

(1) Die oder der Landesbehindertenbeauftragte hat, auch nach Beendigung ihrer oder seiner Tätigkeit, über die ihr oder ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(2) Die oder der Landesbehindertenbeauftragte darf nur mit Einwilligung des für Behindertenpolitik zuständigen Ministeriums über Angelegenheiten nach Absatz 1 Satz 1 vor Gericht Aussagen machen oder Erklärungen abgeben.

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§ 25 Kommunale Behindertenbeauftragte

(1) Zur Verwirklichung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und zu ihrer Einbeziehung in kommunale Entscheidungsprozesse sowie zur Umsetzung dieses Gesetzes im eigenen Zuständigkeitsbereich haben die kreisfreien Städte und Landkreise Behindertenbeauftragte zu bestellen.

(2) Unbeschadet der Regelung des Absatzes 1 können die kreisfreien Städte und Landkreise zur Beratung und Unterstützung der Behindertenbeauftragten Beiräte für die Belange der Menschen mit Behinderungen auf kommunaler Ebene bilden.

(3) Näheres zu den Absätzen 1 und 2 wird durch Satzung bestimmt.

(4) Die oder der Landesbehindertenbeauftragte bildet zusammen mit den kommunalen Behindertenbeauftragten eine Landesarbeitsgemeinschaft, deren Aufgabe der Erfahrungs- und Informationsaustausch ist.

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§ 26 Runder Tisch für Menschen mit Behinderungen

(1) Bei dem für Behindertenpolitik zuständigen Ministerium wird ein Runder Tisch für Menschen mit Behinderungen eingerichtet. Seine Tätigkeit ist unabhängig, überparteilich und auf eine Förderung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen sowie deren gleichberechtigter Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gerichtet. Zu diesem Zweck greift er eigenständig Themen mit behindertenpolitischem Bezug auf und erarbeitet Beschlussempfehlungen für den Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt.

(2) Leitung und Geschäftsführung des Runden Tisches werden durch die Landesbehindertenbeauftragte oder den Landesbehindertenbeauftragten wahrgenommen. Der Runde Tisch gibt sich im Benehmen mit dem für Behindertenpolitik zuständigen Ministerium eine Geschäftsordnung.

(3) Auf Antrag können die im Zusammenhang mit der Teilnahme am Runden Tisch entstandenen Reisekosten nach dem Bundesreisekostenrecht erstattet werden.

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§ 27 Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt

(1) Bei dem für Behindertenpolitik zuständigen Ministerium wird ein Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt eingerichtet.

(2) Der Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt ist unabhängig und überparteilich und berät die Landesregierung in allen Angelegenheiten, die für die Belange der Menschen mit Behinderungen von Bedeutung sind, und wird bei Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben angehört, soweit diese für Menschen mit Behinderungen von besonderer Bedeutung sind.

(3) Der Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt besteht aus 16 stimmberechtigten Mitgliedern, der oder dem stimmberechtigten Landesbehindertenbeauftragten und aus sachverständigen, nicht stimmberechtigten Mitgliedern. Der Vorsitz und die Geschäftsführung werden von der oder dem Landesbehindertenbeauftragten wahrgenommen.

(4) Der Runde Tisch für Menschen mit Behinderungen schlägt dem für Behindertenpolitik zuständigen Ministerium 16 stimmberechtigte Mitglieder und deren Vertreterinnen oder Vertreter vor. Bei der Auswahl der Vorschläge ist dafür zu sorgen, dass

  1. eine möglichst umfassende Vertretung von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen sichergestellt ist und
  2. Frauen und Männer in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander vertreten sind.

(5) Folgende Institutionen können dem für Behindertenpolitik zuständigen Ministerium ein sachverständiges, nicht stimmberechtigtes Mitglied und dessen Vertreterin oder Vertreter vorschlagen:

  1. die auf Landesebene tätigen Verbände und Vereinigungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
  2. die auf Landesebene tätigen Verbände und Vereinigungen der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber,
  3. die auf Landesebene tätigen Arbeitsgemeinschaften von Schwerbehindertenvertretungen der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes,
  4. die Bundesagentur für Arbeit,
  5. die als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zugelassenen Kommunen im Land Sachsen-Anhalt,
  6. die landesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung,
  7. die Kassenärztliche Vereinigung des Landes Sachsen-Anhalt,
  8. die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland,
  9. die LIGA der freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt,
  10. der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt,
  11. der Landkreistag Sachsen-Anhalt e.V.,
  12. die Architektenkammer Sachsen-Anhalt und
  13. die obersten Landesbehörden.

(6) Die für Behindertenpolitik zuständige Ministerin oder der zuständige Minister beruft die Mitglieder und ihre Vertreterinnen und Vertreter für die Dauer von fünf Jahren. Erneute Berufungen sind zulässig.

(7) Der Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt arbeitet mit den folgenden Institutionen zusammen und lädt diese bei Bedarf zu seinen Sitzungen ein:

  1. die Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt e.V.,
  2. der Landesfrauenrat e.V.,
  3. die Heimaufsicht und
  4. Rehabilitationsträger, die nicht in Absatz 5 genannt sind.

(8) Die Mitglieder des Behindertenbeirates des Landes Sachsen-Anhalt und ihre Vertreterinnen oder Vertreter üben ihr Mandat unabhängig von ihrer sonstigen Tätigkeit aus. Sie werden ehrenamtlich oder, sofern sie kraft Amtes dem Behindertenbeirat angehören, im Rahmen ihrer Dienstpflichten tätig.

(9) Aus wichtigem Grund kann ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied des Behindertenbeirates des Landes Sachsen-Anhalt auf Vorschlag des Runden Tisches für Menschen mit Behinderungen oder einer der in Absatz 5 genannten Institution vor Ablauf der Amtszeit abberufen werden.

(10) Die im Landtag von Sachsen-Anhalt vertretenen Fraktionen bestimmen je ein Mitglied, das an den Sitzungen des Behindertenbeirates des Landes Sachsen-Anhalt teilnehmen kann. Den Fraktionen des Landtages von Sachsen-Anhalt werden die Sitzungstermine und die jeweils vorgesehene Tagesordnung spätestens vier Wochen vor der Sitzung mitgeteilt.

(11) Der Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt gibt sich im Benehmen mit dem für Behindertenpolitik zuständigen Ministerium eine Geschäftsordnung.

(12) Auf Antrag können die im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft im Behindertenbeirat und mit der Teilnahme an Sitzungen des Behindertenbeirats entstandenen Reisekosten nach dem Bundesreisekostenrecht erstattet werden.

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Abschnitt 6 Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 28 Berichterstattung

Das für Behindertenpolitik zuständige Ministerium evaluiert das Gesetz zwei Jahre nach dem Inkrafttreten und erstattet dem Landtag von Sachsen-Anhalt einen schriftlichen Bericht.

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§ 29 Übergangsvorschriften

(1) Der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes berufene Beauftragte der Landesregierung von Sachsen-Anhalt für die Belange behinderter Menschen wird als Landesbehindertenbeauftragter tätig. Die Dauer seiner Berufung beträgt unter Anrechnung seiner bisherigen Berufungszeit fünf Jahre.

(2) Der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingerichtete Behindertenbeirat des Landes Sachsen-Anhalt bleibt für den Rest seiner Amtszeit bestehen. Der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes eingerichtete Runde Tisch für behinderte Menschen wird als Runder Tisch für Menschen mit Behinderungen nach § 26 fortgeführt.

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§ 30 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt das Behindertengleichstellungsgesetz vom 20. November 2001 (GVBl. LSAS. 457), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. Dezember 2004 (GVBl. LSA S. 856), außer Kraft.

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3.2.15 Schleswig-Holstein

Schleswig-Holstein - Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein

(Landesbehindertengleichstellungsgesetz - LBGG)Vom 16. Dezember 2002 (GVOBl. S. 264)

letzte berücksichtigte Änderung: mehrfach geändert (Art. 1 Ges. v. 18.11.2008, GVOBl. S. 582)

Übersicht
  1. Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen
  2. Abschnitt II Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für behinderte Menschen
  3. Abschnitt III Besondere Vorschriften
Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Gesetzesziel

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es, die Benachteiligung behinderter Menschen zu beseitigen und zu verhindern, sowie gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit für behinderte Menschen herzustellen, ihnen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

(2) die Träger der öffentlichen Verwaltung fördern im Rahmen ihrer gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben aktiv die Verwirklichung der Ziele gemäß Absatz 1 und ergreifen insbesondere geeignete Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich. Sie dürfen behinderte Menschen nicht benachteiligen.

(3) Bei der Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern sind die besonderen Belange behinderter Frauen zu berücksichtigen. Dabei sind Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung behinderter Frauen, die dem Abbau oder dem Ausgleich bestehender Ungleichheiten dienen, zulässig.

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§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

(2) Eine Benachteiligung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn behinderte und nicht behinderte Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden. Eine unterschiedliche Behandlung ist insbesondere dann nicht gerechtfertigt, wenn sie ausschließlich oder überwiegend auf Umständen beruht, die in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit der Behinderung steht. Ist eine Benachteiligung aus zwingenden Gründen nicht zu vermeiden, ist für den Ausgleich ihrer Folgen Sorge zu tragen, soweit hiermit nicht ein unverhältnismäßiger Mehraufwand verbunden ist.

(3) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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§ 3 Klagerecht

(1) Ein Interessenverband behinderter Menschen nach Absatz 3 kann, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung erheben auf Feststellung eines Verstoßes gegen

  1. das Benachteiligungsverbot der Träger der öffentlichen Verwaltung nach § 1 Abs. 2,
  2. die Verpflichtung der Träger der öffentlichen Verwaltung zur Herstellung der Barrierefreiheit nach § 10, § 11 Abs.1, hinsichtlich öffentlich zugänglicher Verkehrsanlagen nach § 11 Abs. 2, sowie nach § 13,
  3. die Verpflichtung zur Unterrichtung von gehörlosen Schülerinnen und Schülern in Deutscher Gebärdensprache und lautsprachbegleitenden Gebärden nach § 25 Abs. 7 Satz 1 Schulgesetz.

(2) Eine Klage ist nur zulässig, wenn der Verband durch die Maßnahme in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. Soweit ein behinderter Mensch selbst seine Rechte durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, kann die Klage nach Absatz 1 nur erhoben werden, wenn der Verband geltend macht, dass es sich bei der Maßnahme um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handelt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vorliegt. Für Klagen nach Absatz 1 gelten die Vorschriften des 8. Abschnittes der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend mit der Maßgabe, dass es eines Vorverfahrens auch dann bedarf, wenn die angegriffene Maßnahme von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist.

(3) Die Klagebefugnis nach Absatz 1 steht Interessenverbänden behinderter Menschen zu, die

  1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend die Belange behinderter Menschen fördern,
  2. nach der Zusammensetzung ihrer Mitglieder oder Mitgliedsvereine und -verbände dazu berufen sind, Interessen behinderter Menschen auf Landesebene zu vertreten,
  3. mindestens drei Jahre bestehen und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen sind und
  4. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftssteuergesetzes von der Körperschaftssteuer befreit sind.

(4) Werden behinderte Menschen in ihren Rechten nach Absatz 1 verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände nach Absatz 3, die nicht selbst am Verfahren beteiligt sind, Rechtsschutz beantragen. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen. Das Einverständnis ist schriftlich zu erklären.

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Abschnitt II Landesbeauftragte oder Landesbeauftragter für behinderte Menschen
§ 4 Wahl und Abberufung

(1) Das Amt der oder des Beauftragten für Menschen mit Behinderung wird bei der Präsidentin oder dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages eingerichtet.

(2) Der Landtag wählt ohne Aussprache die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder für die Dauer von sechs Jahren. Die Wiederwahl ist zulässig. Die oder der Landesbeauftragte soll ein Mensch mit Behinderung sein. Vorschlagsberechtigt sind die Fraktionen des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Kommt vor Ablauf der Amtszeit eine Neuwahl nicht zustande, führt die oder der Landesbeauftragte das Amt bis zur Neuwahl weiter.

(3) Die Präsidentin oder der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages ernennt die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten zur Beamtin oder zum Beamten auf Zeit.

(4) Vor Ablauf der Amtszeit kann die oder der Landesbeauftragte nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages abberufen werden. Die oder der Landesbeauftragte kann jederzeit die Entlassung verlangen. Für den Fall der vorzeitigen Abberufung oder Entlassung führt die Stellvertreterin oder der Stellvertreter gemäß § 6 a Abs. 1 bis zur Neuwahl die Geschäfte weiter.

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§ 5 Aufgaben

(1)Aufgabe der oder des Landesbeauftragten ist es,

  1. die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen am Leben in der Gesellschaft aktiv zu fördern,
  2. darauf hinzuwirken, dass die Verpflichtung des Landes, für gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung zu sorgen, in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens erfüllt wird und
  3. die Landesregierung und den Landtag in Grundsatzangelegenheiten behinderter Menschen zu beraten.

(2) Die oder der Landesbeauftragte wirkt aktiv darauf hin, dass geschlechtsspezifische Benachteiligungen von behinderten Frauen abgebaut und verhindert werden.

(3) Jede Person, jeder Verband oder jede Institution kann sich in Angelegenheiten, die die Lebenssituation behinderter Menschen betreffen, an die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten wenden.

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§ 6 Rechtliche Stellung

Die oder der Landesbeauftragte ist in der Ausübung des Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Dies betrifft insbesondere Stellungnahmen gegenüber dem Landtag, Behörden, Verbänden oder der Öffentlichkeit. Sie oder er untersteht der Dienstaufsicht der Präsidentin oder des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Die oder der Landesbeauftragte darf weder einer Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch einer kommunalen Vertretungskörperschaft angehören.

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§ 6 a Stellvertretung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

(1) Die oder der Landesbeauftragte bestellt eine Mitarbeiterin zur Stellvertreterin oder einen Mitarbeiter zum Stellvertreter. Die Stellvertreterin oder der Stellvertreter führt die Geschäfte, wenn die oder der Landesbeauftragte an der Ausübung des Amtes verhindert ist.

(2) Für die Erfüllung der Aufgaben ist der oder dem Landesbeauftragten die notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; die Mittel sind im Einzelplan des Landtages in einem gesonderten Kapitel auszuweisen.

(3) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden auf Vorschlag der oder des Landesbeauftragten ernannt. Sie können nur im Einvernehmen mit ihr oder ihm versetzt oder abgeordnet werden. Ihre Dienstvorgesetzte oder ihr Dienstvorgesetzter ist die oder der Landesbeauftragte, an deren oder dessen Weisungen sie ausschließlich gebunden sind.

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§ 7 Unterstützung durch die Träger der öffentlichen Verwaltung

(1) Die Träger der öffentlichen Verwaltung erteilen der oder dem Landesbeauftragten zur Situation behinderter Menschen Auskunft und unterstützen sie oder ihn bei der Erfüllung der Aufgaben. Die dem Datenschutz dienenden Vorschriften bleiben hiervon unberührt.

(2) Stellt die oder der Landesbeauftragte Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot des § 1 Abs. 2 fest, fordert sie oder er eine Stellungnahme an und beanstandet gegebenenfalls festgestellte Verstöße. Mit der Beanstandung können Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und zur Verbesserung der Umsetzung des Benachteiligungsverbots verbunden werden.

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§ 8 Beteiligung

(1) Die Landesregierung beteiligt die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten frühzeitig und umfassend an allen Gesetzes- und Verordnungsvorhaben, die die Belange behinderter Menschen betreffen.

(2) Bei Gesetzesvorhaben, die den Zuständigkeitsbereich der oder des Landesbeauftragten betreffen, hat sie oder er das Recht auf Anhörung vor dem Landtag.

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§ 9 Bericht

Die oder der Landesbeauftragte berichtet dem Landtag alle zwei Jahre über die Situation von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein sowie über ihre oder seine Tätigkeit. Darüber hinaus kann die oder der Landesbeauftragte dem Landtag weitere Berichte vorlegen.

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Abschnitt III Besondere Vorschriften
§ 10 Gebärdensprache

(1) Die Deutsche Gebärdensprache wird als eigenständige Sprache anerkannt. Lautsprachbegleitende Gebärden werden als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(2) Hörbehinderte Menschen (Gehörlose, Ertaubte, hochgradig Schwerhörige) haben das Recht, in Verwaltungsverfahren mit Trägern der öffentlichen Verwaltung in Deutscher Gebärdensprache oder mit lautsprachbegleitenden Gebärden zu kommunizieren oder, soweit dies nicht möglich ist, andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden, sofern nicht eine schriftliche Verständigung möglich ist. Die Träger der öffentlichen Verwaltung haben dafür auf Wunsch der Berechtigten eine Gebärdensprachdolmetscherin oder einen Gebärdensprachdolmetscher hinzuzuziehen oder andere geeignete Kommunikationshilfen bereitzustellen, mit deren oder dessen Hilfe die Verständigung erfolgen kann. Kann eine Frist nicht eingehalten werden, weil eine Gebärdensprachdolmetscherin oder ein Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden konnte, ist die Frist angemessen zu verlängern. Darüber hinaus soll eine Gebärdensprachdolmetscherin oder ein Gebärdensprachdolmetscher hinzugezogen oder eine andere geeignete Kommunikationshilfe bereitgestellt werden, wenn dies zur Wahrnehmung eigener Rechte unerlässlich ist. Die notwendigen Aufwendungen sind von dem Träger der öffentlichen Verwaltung zu tragen. Die Vergütung erfolgt in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), zuletzt geändert durch Artikel 9 Abs. 2 des Gesetzes vom 16. August 2005 (BGBl. I S. 2437). Welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen anzusehen sind, richtet sich nach der Kommunikationshilfenverordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2650).

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§ 11 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau- und Verkehr

(1) Neubauten sowie große Um- und Erweiterungsbauten baulicher Anlagen der Träger der öffentlichen Verwaltung sind entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik barrierefrei zu gestalten. Von diesen Anforderungen kann abgewichen werden, wenn mit einer anderen Lösung in gleichem Maße die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt werden können. Ausnahmen von Satz 1 können hinsichtlich großer Um- und Erweiterungsbauten gestattet werden, wenn die Anforderungen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können. Die Bestimmungen der Landesbauordnung bleiben unberührt.

(2) Neubauten, große Um- und Erweiterungsbauten öffentlich zugänglicher Verkehrsanlagen der Träger der öffentlichen Verwaltung sowie die Beschaffungen neuer Beförderungsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr sind unter Berücksichtigung der Belange behinderter und älterer Menschen sowie anderer Personen mit Mobilitätsbeeinträchtigung zu gestalten oder durchzuführen. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

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§ 12 Barrierefreie Informationstechnik

Die Träger der öffentlichen Verwaltung gestalten ihre Internetseiten sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Oberflächen technisch so, dass behinderte Menschen sie nutzen können.

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§ 13 Gestaltung von Bescheiden, amtlichen Informationen und Vordrucken

Die Träger der öffentlichen Verwaltung haben bei der Gestaltung von Verwaltungsakten, Allgemeinverfügungen, öffentlichrechtlichen Verträgen, Vordrucken und amtlichen Informationen Behinderungen von Menschen zu berücksichtigen. Blinde und sehbehinderte Menschen können insbesondere verlangen, dass ihnen Verwaltungsakte, Vordrucke und amtliche Informationen in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden. Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben.

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3.2.16 Thüringen

 

Thüringer Gesetz zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen (ThQrGIG)

Vom 16. Dezember 2005 (GVBl 2005, S. 383)

Geltungsbeginn: 24.12.2005

Übersicht
  1. Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
  2. Zweiter Abschnitt Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
  3. Dritter Abschnitt Interessenvertretung für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
  4. Vierter Abschnitt Rechtsbehelfe
  5. Fünfter Abschnitt Schlussbestimmungen
Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen zu verhindern und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft herzustellen und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Dabei wird besonderen Bedürfnissen Rechnung getragen.

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§ 2 Ausgestaltung von Rechten und Pflichten

Bei der Ausgestaltung von Rechten oder Pflichten nach diesem Gesetz ist die Leistungsfähigkeit der kommunalen Träger öffentlicher Verwaltung zu berücksichtigen. Die entstehenden Kosten müssen vertretbar Sein.

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§ 3 Behinderung

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

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§ 4 Benachteiligung

(1) Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen aufgrund ihrer Behinderung im Vergleich zu nicht behinderten Menschen ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt und dadurch in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.

(2) Macht ein behinderter Mensch eine Benachteiligung durch einen der in § 6 Abs. 1 genannten Träger öffentlicher Verwaltung glaubhaft, so muss der Träger beweisen, dass eine Ungleichbehandlung nicht vorliegt, sie durch zwingen- de Gründe geboten ist oder dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe hierfür vorliegen.

(3) Besondere Benachteiligungsverbote zugunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch, bleiben unberührt.

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§ 5 Barrierefreiheit

Barrierefrei sind bauliche und sonstigeAnlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde. Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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Zweiter Abschnitt Verpflichtung zur Gleichstellung und Barrierefreiheit
§ 6 Geltungsbereich

Bei der Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften sind die Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen zu prüfen und deren Gleichstellung sicherzustellen

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§ 7 Benachteiligungsverbot

(1) Die Träger öffentlicher Verwaltung im Sinne des § 6 Abs. 1 dürfen bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Aufgaben Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen.

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§ 8 Gleichstellungsgebot

(1) In Bereichen bestehender Benachteiligungen im Sinne des § 4 sind besondere Maßnahmen zugunsten von Menschen mit Behinderungen zulässig, wenn sie dem Abbau und der Beseitigung dieser Benachteiligungen dienen.

(2) Bei der Anwendung von Rechtsvorschriften zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frau und Mann ist den besonderen Belangen behinderter Frauen Rechnung zu tragen. Das Thüringer Gleichstellungsgesetz vom 3. November 199 (GVBI. S. 309) in der jeweils geltenden Fassung bleibt hiervon unberührt.

(3) Soweit möglich, soll die Pflege von Menschen mit Behinderungen auf deren Wunsch von einer Person gleichen Geschlechts durchgeführt werden.

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§ 9 Grundsätzliche Aufgaben

(1) Das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften, deren Behörden und Dienststellen sowie die landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sind verpflichtet, die in § 1 genannten Ziele im Rahmen ihres jeweiligen Aufgabenbereichs aktiv zu fördern.

(2) Die in Absatz 1 benannten Stellen wirken darauf hin, dass auch Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmen, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar ganz oder überwiegend in ihrer Hand befinden, diese Ziele berücksichtigen.

(3) Empfänger öffentlicher Zuwendungen können nach Maßgabe der jeweiligen haushalts- und förderrechtlichen Bestimmungen verpflichtet werden, die in § 1 genannten Ziele zu beachten.

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§ 10 Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Bau und Verkehr

(1) Neubauten sowie Um- oder Erweiterungsbauten der in § 6 Abs, 1 genannten Stellen sind nach Maßgabe der geltenden Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten; dies gilt auch für die nicht öffentlich zugänglichen Bereiche, soweit damit kein unverhältnismäßiger Mehraufwand verbunden ist.

(2) Sonstige bauliche oder andere Anlagen, öffentliche Wege, Plätze und Straßen sowie öffentlich zugängliche Verkehrsanlagen und Beförderungsmittel im öffentlichen Personenverkehr sind nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften barrierefrei zu gestalten.

(3) Bei der Ausbildung der Bauberufe sowie von Städte und Verkehrsplanern sind die Belange des barrierefreien Bauens in angemessenem Umfang zu berücksichtigen.

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§ 11 Recht auf Verwendung von Gebärdensprache oder anderer Kommunikationshilfen

(1) Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt.

(2) Lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache anerkannt.

(3) Hör- und sprachbehinderte Menschen haben nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 6 gegenüber den Trägern öffentlicher Verwaltung nach § 6 Abs. 1 das Recht, die Deutsche Gebärdensprache, lautsprachbegleitende Gebärden oder andere geeignete Kommunikationshilfen zu verwenden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist.

(4) Die Träger öffentlicher Verwaltung haben auf Wunsch der Berechtigten im notwendigen Umfang die Übersetzung durch einen Gebärdensprachdolmetscher oder die Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen sicherzustellen und die notwendigen Aufwendungen nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 6 zu tragen. Sie haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des Bedarfs die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen.

(5) Hör- oder sprachbehinderten Eltern nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder werden nach Maßgabe der Rechtsverordnung nachAbsatz 6 aufAntrag die notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation mit der Schule in deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen erstattet.

(6) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung

  1. Anlass und Umfang des Anspruchs auf Bereitstellung eines Gebärdensprachdolmetschers oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen,
  2. Art und Weise der Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern oder anderer geeigneter Hilfen für die Kommunikation zwischen hör- oder sprachbehinderten Menschen und den Trägem öffentlicher Verwaltung,
  3. die Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen für die Dolmetscherdienste oder den Einsatz anderer geeigneter Kommunikationshilfen und
  4. welche Kommunikationsformen als andere geeignete Kommunikationshilfen im Sinne desAbsatzes 1 anzusehen sind.

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§ 12 Recht auf gemeinsamen Unterricht

(1) Schüler mit Behinderungen haben das Recht gemeinsam mit Schülern ohne Behinderungen unterrichtet zu werden. Dabei soll der gemeinsame Unterricht Maßnahmen der individuellen Förderung und des sozialen Lernens ausgewogen miteinander verknüpfen. Eine Unterrichtung an Förderschulen erfolgt dann, wenn der gemeinsame Unterricht mit Schülern ohne Behinderungen nicht möglich oder eine gesonderte Förderung erforderlich ist. Die Eltern werden in die Schulwahl einbezogen. Dabei wird den Eltern von Schülern mit Behinderungen eine individuelle und schulartneutrale Beratung gewährt.

(2) Unter Berücksichtigung der physischen, kognitiven, sensorischen oder psychischen Einschränkungen von Schülem mit Behinderungen erfolgt die Förderung und Unterrichtung nach einem auf ihre Fähigkeiten abgestimmten Lehr- und Förderplan.

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§ 13 Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken

(1) Die Träger öffentlicher Verwaltung im Sinne des § 6 Abs. 1 haben bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken eine Behinderung von Menschen zu berücksichtigen. Blinden und sehbehinderten Menschen sollen nach Maßgabe der Rechtsverordnung nachAbsatz 2 auf Verlangen Bescheide, öffentlich-rechtliche Verträge und Vordrucke ohne zusätzliche Kosten in einer für sie wahrnehmbaren Form zugänglich gemacht werden, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist. Vorschriften über Form, Bekanntmachung und Zustellung von Verwaltungsakten bleiben unberührt.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung unter Berücksichtigung der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Art und Weise die in Absatz 1 genannten Dokumente blinden und sehbehinderten Menschen zugänglich gemacht werden.

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§ 14 Barrierefreies Internet und Intranet

(1) Die Träger öffentlicher Verwaltung im Sinne des § 6 Abs. 1 gestalten ihre Online-Auftritte und -Angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten Programmoberflächen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung nach Maßgabe der nach Absatz 2 zu erlassenden Rechtsverordnung schrittweise technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können.

(2) Die Landesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der technischen, finanziellen, wirtschaftlichen und verwaltungsorganisatorischen Möglichkeiten

  1. die in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung einzubeziehenden Gruppen von Menschen mit Behinderungen,
  2. die anzustrebenden technischen Standards sowie den Zeitpunkt ihrer verbindlichen Anwendung,
  3. die zu gestaltenden Bereiche und Arten amtlicher Informationen und
  4. die Übergangsfristen zurAnpassung bereits bestehender Angebote.

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§ 15 Zielvereinbarungen

(1) Soweit nicht besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften entgegenstehen, können zur Herstellung der Barrierefreiheit zwischen Landesverbänden von Menschen mit Behinderungen einerseits und Unternehmen oder Unternehmensverbänden derverschiedenen Wirtschaftsbranchen sowie den nach § 6 Abs. 1 verpflichteten Stellen andererseits für den jeweiligen sachlichen und räumlichen Organisations- oder Tätigkeitsbereich der Beteiligten Zielvereinbarungen getroffen werden.

(2) Die Zielvereinbarungen sind an das Zielvereinbarungsregister zu melden, das von der Geschäftsstelle des Thüringischen Landesbeirats für die Belange von Menschen mit Behinderungen geführt wird.

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Dritter Abschnitt Interessenvertretung für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
§ 16 Bestellung eines Beauftragten für Menschen mit Behinderungen

(1) Der Ministerpräsident ernennt einen Beauftragten für Menschen mit Behinderungen.

(2) Der Beauftragte ist unabhängig und ressortübergreifend tätig. Er ist dem für Soziales zuständigen Minister zugeordnet.

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§ 17 Aufgaben und Befugnisse des Beauftragten für Menschen mit Behinderungen

(1) Aufgabe des Beauftragten für Menschen mit Behinderungen ist es,

  1. darauf hinzuwirken, dass das in § 1 genannte Ziel verwirklicht und die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes, die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Rechtsvorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden,
  2. bei der Erstellung von Rechtsvorschriften, die die Belange von Menschen mit Behinderungen berühren, beratend mitzuwirken,
  3. darauf hinzuwirken, dass geschlechtsspezifische behinderungsbedingte Benachteiligungen von behinderten Frauen abgebaut und verhindert werden,
  4. Ansprechpartner für die individuellen und allgemeinen Probleme von Menschen mit Behinderungen, ihrerAngehörigen und von Verbänden und Institutionen von Menschen mit Behinderungen zu sein,
  5. Öffentlichkeitsarbeit insbesondere mit dem Ziel zu betreiben, das Verständnis der Allgemeinheit für Menschen mit Behinderungen zu erweitern,
  6. dem Landtag und der Landesregierung über seine Tätigkeit mindestens einmal in der Legislaturperiode schriftlich Bericht zu erstatten,
  7. in regionalen und überregionalen Gremien mitzuarbeiten und
  8. eng mit Institutionen, Verbänden und Selbsthilfegruppen von Menschen mit Behinderungen zusamrenzuarbeiten.

(2) Die in § 6 Abs. 1 genannten Stellen unterstützen den Beauftragten bei der Erfüllung seiner Aufgaben. Sie erteilen dem Beauftragten auf Anforderung die erforderlichen Auskünfte und gewähren Akteneinsicht unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften.

(3) Stellt der Beauftragte Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes fest, fordert er zur Stellungnahme innerhalb einer von ihm zu bestimmenden Frist auf und beanstandet diese nötigenfalls

  1. bei Verstößen der Landesverwaltung gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde,
  2. bei Verstößen sonstiger in § 6 Abs. 1 genannter Stellen gegenüber dem vertretungsberechtigten Organ. Mit der Beanstandung können Vorschläge zur Beseitigung der Mängel und zur Verbesserung der Umsetzung des Benachteiligungsverbots von Menschen mit Behinderungen verbunden werden.

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§ 18 Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen

(1) Bei dem für Soziales zuständigen Ministerium wird für Fragen zur Lebenssituation und der Gleichstellung der Menschen mit Behinderungen ein Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen gebildet. Das Nähere über die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Beirats regelt eine Verwaltungsvorschrift des für Soziales zuständigen Ministeriums.

(2) Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen berät die Landesregierung In grundsätzlichen Fragen der Behindertenpolitik und der Behindertenhilfe. Er soll zu allgemeinen Regelungen und Maßnahmen, die die Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen und deren Gleichstellung in Thüringen betreffen, gehört werden.

(3) Dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen können von dem für Soziales zuständigen Ministerium weitere Aufgaben übertragen werden.

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§ 19 Kommunale Beauftragte für Menschen mit Behinderungen

(1) Zur Verwirklichung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen können die Landkreise und die kreisfreien Städte einen kommunalen Beauftragten zur Beratung in Fragen der Behindertenpolitik bestellen. Näheres wird durch Satzung bestimmt.

(2) Der Beauftragte für Menschen mit Behinderungen bildet zusammen mit den Kommunalen Beauftragten eine Landesarbeitsgemeinschaft, deren Aufgabe der Erfahrungs- und Informationsaustausch sowie die Aus- und Weiterbildung der Beauftragten im Sinne einer einheitlichen Beachtung bestehender Rechtsvorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen ist. Die Landesarbeitsgemeinschaft gibt sich eine Geschäftsordnung.

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Vierter Abschnitt Rechtsbehelfe
§ 20 Rechtsschutz durch Verbände

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Gesetz verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Landesebene vertreten und nicht Selbst am Prozess beteiligt sind. In diesen Fällen müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den behinderten Menschen selbst vorliegen.

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Fünfter Abschnitt Schlussbestimmungen
§ 21 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

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§ 22 In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

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4 Impressum

Schriftenreihe: Rechtsberatung für blinde und sehbehinderte Menschen

Heft 11 "Gesetzestexte der Landesblindengeldgesetze und Gleichstellungsgesetze"

Stand: Juni 2014

  • Von: Dr. Herbert Demmel und Karl Thomas Drerup
  • Herausgeber: Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. und Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V.

Diese Schriftenreihe widmen wir dem Andenken an Dr. Dr. Rudolf Kraemer. Zu seiner Person vgl. Heft 01 Abschnitt 1.

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