horus 1/2023
Schwerpunkt: Ausbildung

Titelbild horus;

Titelbild horus 1/2023: Oben: Im Rahmen ihrer Ausbildung als Zerspanungsmechanikerin beim BBW Stuttgart programmiert Tanja Müller eine CNC-Fräsmaschine am Kontrollpult. Ihr dunkelrotes Haar hat sie aus Sicherheitsgründen nach hinten gebunden. Foto: Stiftung Nikolauspflege. Unten: Während ihres Volontariats sitzt Nina Odenius im Studion von DOMRADIO:DE am Mikrofon. Sie hat schulterlanges blondes Haar und trägt große Stereo-Kopfhörer auf den Ohren. Foto: DOMRADIO.DE.


Inhalt

Vorschau horus 2/2023

Schwerpunkt: Gelingendes Altern
Erscheinungstermin: 30.05.2023
Anzeigenannahmeschluss: 22.04.2023
Redaktionsschluss: 25.03.2023

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Vorangestellt

Liebe Leserinnen und Leser, liebe DVBS-Mitglieder,

Ausbildung - das Schwerpunktthema dieser Ausgabe - stammt von Bildung. Ohne Bildung wird auch Ausbildung misslingen. Und beide Begriffe haben mit Lernen zu tun. Dieses Dreigestirn prägt unser aller Alltag, wenn auch in unterschiedlicher Weise und Intensität. Aber wer nicht weiter lernt, sich weiter bildet, offen für Neues ist und dafür auch die entsprechende Zeit aufwendet, der verliert wahrscheinlich den beruflichen und sozialen Anschluss und wird irgendwann abgehängt. Dafür, dass das nicht passieren soll, stehen unsere zwei Organisationen, DVBS und blista.

Natürlich wissen wir alle, dass sich daraus besondere Herausforderungen für sehbehinderte und blinde Menschen ergeben, und das nicht erst, seit die Pandemie uns noch einmal mit aller Wucht darauf gestoßen hat. Aber wie unterschiedlich die Strategien sind, um solche Herausforderungen zu meistern, das müssen wir uns immer wieder vergegenwärtigen; denn dadurch wird oder bleibt uns bewusst, dass wir bei aller Verschiedenheit unserer Ausbildungswege oder Lebenssituationen mit diesen Problemen nicht allein dastehen.

Das wird auch in dieser Ausgabe des horus deutlich, etwa wenn über die Aufgaben der DVBS-Fachgruppe "Studium und Ausbildung" berichtet wird, wenn Studierende über ihren Alltag in und mit der Pandemie schreiben oder die Herausforderungen thematisiert werden, die ein Auslandsstudium an einer amerikanischen Eliteuniversität mit sich bringt. Gelungene Ausbildung und Bildung öffnet auch Türen, die wir oft für verschlossen halten, wie der Beitrag von Prof. Ette aufschlussreich dokumentiert, der den schönen Titel "Glück des Forschens" trägt.

Ich hoffe, die Aufsätze dieser Ausgabe machen unseren Leserinnen und Lesern Mut, sich dem Abenteuer des forschenden Lernens zu unterziehen und ihrer Neugier freien Lauf zu lassen.

Das wünscht sich und Ihnen

Ihr und Euer

Uwe Boysen

Bild: Uwe Boysen trägt einen roten Pullover und eine dunkle Brille, sein Haar ist weiß. Das Sonnenlicht wirft gerade Flächen von Licht und Schatten an die Wand, auf Uwe Boysen fällt Licht. Er lächelt. Foto: DVBS

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Aus der Redaktion

Im Märzen

Frühling und Neuanfang, das passt gut zusammen. Den meteorologischen Frühlingsanfang haben wir am 1. März erlebt. Zu einem Neubeginn entschließen wir uns immer, wenn wir bewusst etwas lernen und damit Unbekanntes entdecken oder durchdringen. Wenn der Lernstoff schwierig ist, die Frühjahrsmüdigkeit zuschlägt, dann ist jede Minute wertvoll, in der wir unseren Willen einsetzen, mit dem Lernen neu zu beginnen. Auch für Ausbildung, Studium, Beruf gilt: Am Anfang steht für die meisten eine bewusste, im Idealfall freudige Entscheidung. Und so kommt es, dass die Redaktion sich entschied, das Themenheft "Ausbildung" an den Anfang der vier Ausgaben dieses Jahres zu setzen.

Kann es noch besser kommen? Ja! Denn Schwerpunktthema der nächsten Ausgabe 2/2022 ist "Gelingendes Altern". Mit Absicht haben wir "Altern" mit keiner Altersangabe verbunden. Wenn Sie uns also von Ihren Erfahrungen berichten möchten, wie ein zufriedenes und glückliches Leben gelingt und was Älterwerden mit Sehbehinderung oder Blindheit für Sie bedeutet, dann ist Ihr Bericht als Seniorin oder als Senior ebenso willkommen wie der Bericht als jüngerer Jahrgang, der über das Älterwerden oder seine Zukunft im Alter nachdenkt. Senden Sie uns Ihren Beitrag bis zum Redaktionsschluss am 28. März per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Allgemeine Berichte sollten nicht länger als 4.000 Zeichen sein, Berichte für den Schwerpunkt maximal 12.000 Zeichen.

Und um Fragen nach den anderen beiden horus-Ausgaben 2023 vorwegzunehmen: Für Ende August planen wir eine Ausgabe mit dem Schwerpunkt "Kontakt und Beziehungen", Ende November werden wir vom 37. Kongress für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik berichten, der vom 31. Juli bis 4. August 2023 in Marburg auf dem blistaCampus stattfinden wird. Womit sich 2023 schließt und 2024 wieder alles auf Anfang steht - so, wie jetzt im Frühling eben.

Sind Sie startbereit für die Lektüre? Die Redaktion wünscht Ihnen ein buntes und bildungsreiches Jahr mit spannenden horus-Ausgaben an Ihrer Seite.

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Schwerpunkt: "Ausbildung"

Aus dem Home-Office Radio machen: Mein Volontariat im Corona-Lockdown

Von Nina Odenius

Ich habe mich immer schon für Menschen und Ihre Geschichten interessiert. "Als Journalistin bist Du eine Geschichtenerzählerin", sagte mein Studienleiter an der Katholischen Journalistenschule in München. Genau das wollte ich werden - eine Geschichtenerzählerin. Mit Menschen kommunizieren und ihre Geschichten in die Welt tragen.

Nach meinem Studium der Romanistik und Politikwissenschaften begann ich im Oktober 2019 ein Volontariat. Dieses fand in Kooperation zwischen der Katholischen Journalistenschule in München und dem multimedialen Sender DOMRADIO.DE in Köln statt. Ich verbrachte also einen Teil meiner zweijährigen Ausbildung in Köln und in München. Obwohl, wenn ich recht überlege, war ich die meiste Zeit in Köln, denn da war ja noch was....

Ich war ein halbes Jahr im Volontariat, als Corona uns ereilte. Gerade hatte ich meine Hilfstechnologien alle beisammen, JAWS war geskriptet worden und Assistent*innen waren eingestellt. Wir waren gerade in der Einarbeitungsphase, und meine Assistent*innen lernten, wie sie die passenden Bilder in meine Onlineartikel einfügen konnten. Am 13. März 2020 saßen wir alle in der Redaktion vor dem Fernseher und schauten die Pressekonferenz, die uns mitteilte, dass in NRW ab Montag, 16. März, alle Schulen in NRW geschlossen werden sollten. Das hatte es zuvor noch nie gegeben und keiner wusste so recht, was er davon halten sollte. Wie soll man demnächst Kinder betreuen und gleichzeitig arbeiten? "Wir leben in historischen Zeiten", sagte einer meiner Kollegen und fragte sich, wie es weitergehen würde.

Am darauffolgenden Sonntag erhielt ich einen Anruf meiner Chefin: "Komm bitte morgen in die Redaktion und hole Deinen Dienstrechner. Du hast ab morgen Home-Office." Home-Office? Moment mal, ich arbeite im Radio - das geht nicht von zuhause aus. Und wo sollen dann meine Assistent*innen hin?

Mit diesen Fragen im Kopf ging ich Montagsmorgens in die DOMRADIO.DE-Redaktion. Alle Kolleg*innen waren irgendwie angespannt. In der Redaktionskonferenz herrschte große Ratlosigkeit. Alle, die nicht moderierten oder in irgendeiner Weise am aktuellen Radioprogramm beteiligt waren, sollten von heute an von Zuhause aus arbeiten. Erst mal nur für ein paar Wochen. Nach Ostern können wir bestimmt alle wieder normal arbeiten. Die Stimmung war gedrückt. "Wir senden, solange wir senden dürfen", sagte unser Chefredakteur. Er wusste auch nicht so recht, was passieren würde. Ich versuchte zu verhandeln, dass ich doch bitte in der Redaktion bleiben könnte. Das wäre doch viel einfacher, auch mit den Assistent*innen. Aber Widerstand war zwecklos. Nachmittags ging ich mit Laptop und Braillezeile im Rucksack nach Hause und war völlig verzweifelt. Wie sollte ich von zuhause aus meine Ausbildung fortsetzen?

In den ersten Wochen meiner Home-Office-Zeit schrieb ich viele Onlineartikel. Die Recherche machte ich übers Internet oder telefonierte mit meinen Interviewpartner*innen. Einmal die Woche kam eine Assistenzkraft und wir fügten Bilder in die Texte ein, damit sie veröffentlicht werden konnten. Ich transkribierte Interviews, denn wir hatten einen neuen Podcast bekommen. Dieser war mein Halt in den Wochen von März bis Mai, da es meine Aufgabe war, die Interviews des Podcasts zu transkribieren, damit sie in schriftlicher Form auf unsere Homepage gestellt werden konnten. Diese Arbeit war einerseits eintönig und anstrengend, da ich das gesprochene Wort abtippen musste, aber andererseits lernte ich, wie man Interviews führt, und erfuhr viele interessante Geschichten von Menschen innerhalb und außerhalb des kirchlichen Umfelds, die wie ich im Corona-Lockdown saßen.

Zu meinen Kolleg*innen hatte ich wenig Kontakt - nur ab und zu am Telefon. Die Home-Office-Zeit ging immer länger und es war zwischenzeitlich ziemlich einsam. Das einzig Positive war, dass wir zu zweit in der Wohnung saßen und Home-Office machten.

Ab Juni fand dann endlich die morgendliche Redaktionskonferenz über Zoom statt. Das, was wir früher in Präsenz gemacht hatten, nämlich unsere Themenplanung, ging jetzt problemlos über Zoom. Ich war begeistert. Endlich wieder Kontakt zu den Kolleg*innen und, man höre und staune, ein barrierefreies Videokonferenztool.

Die Seminare an der Journalistenschule in München, die vor Corona in Präsenz stattgefunden hatten, wurden nun online durchgeführt.

Im Sommer ging es dann tatsächlich in die DOMRADIO.DE-Redaktion zurück, weil die Corona-Auflagen gelockert wurden. Dennoch wurde streng darauf geachtet, wie viele Personen im Sender sind - das Home-Office war also nicht komplett abgeschafft worden. Diese Regelung betraf vor allem meine Assistenzkräfte, da sie ja als zusätzliches Personal in die Redaktion kamen. Dennoch erlebte ich spannenden Journalismus mit Interviewterminen vor Ort und vielen Recherchen in Köln selbst.

Im Winter ging es dann wieder nach Hause zurück. Aber diesmal waren wir schon eingeübt. Ich bereitete Interviews für meine Kolleg*innen in der Redaktion vor und führte Vorgespräche mit den Interviewpartner*innen. Ich selbst war auch im Radioprogramm zu hören und schaltete mich für sogenannte Kollegengespräche per Zoom ins Studio. Für den geneigten Hörer war kaum ein Unterschied zu erkennen. Es war nahezu, als ob ich im Studio säße. Und es kam für mich eine ganz neue Aufgabe hinzu: Das Community Management. Ich war nun erste Ansprechpartnerin für unsere User*innen, die uns über E-Mail, unsere DOMRADIO.DE-App und auf anderen Kanälen schrieben. Da kamen alle möglichen Fragen zum Programm, aber auch viele andere Anliegen zusammen. Diese Arbeit macht mir bis heute viel Freude, da ich mit vielen verschiedenen Menschen über die unterschiedlichsten Themen sprechen kann.

Mittlerweile bin ich ausgebildete Journalistin und habe das Glück, für zwei Arbeitgeber in zwei verschiedenen Städten arbeiten zu dürfen. Ich arbeite weiterhin für DOMRADIO.DE in Köln freiberuflich als Community Managerin und als Redakteurin für die Agentur für Bildungsjournalismus in Düsseldorf. Und zwar - aus dem Home-Office.

Dank der Erfahrungen aus der Corona-Pandemie klappt das ziemlich gut. Meine Kolleg*innen in beiden Städten und Redaktionen treffe ich täglich per Videokonferenz. Das ist keine Besonderheit, denn auch meine Kolleg*innen arbeiten überwiegend im Home-Office.

Interviews führe ich auf die gleiche Weise und verfasse aus den aufgezeichneten Gesprächen spannende Artikel rund um Schule und Bildungspolitik. Die Quelle für meine Recherchen ist das Internet.

Ein weiterer Vorteil ist, dass meine Interviewpartner*innen teilweise gar nicht wissen, dass ich blind bin. Diese Info ist für ein Gespräch per Telefon oder Videokonferenz nicht unbedingt notwendig.

In meiner Ausbildungszeit habe ich das Home-Office teilweise als anstrengend empfunden, da ich das Gefühl hatte, in meinem Wohnzimmer zu leben und zu arbeiten. Es gab keinen Platz für ein eigenes Arbeitszimmer und die Trennung zwischen Beruf und Privatleben war kaum möglich. Jetzt wohne ich wieder in meiner Heimatstadt Viersen und konnte mir ein Arbeitszimmer einrichten. Ich habe nun wirklich das Gefühl, morgens zur Arbeit zu gehen, auch wenn es nur innerhalb des Hauses ist. Abends mache ich die Bürotür zu und habe Feierabend.

Natürlich gibt es regelmäßige Treffen mit meinen Kolleg*innen in Köln und Düsseldorf, sodass wir uns auch von Angesicht zu Angesicht erleben und gemeinsame Stunden, beispielsweise beim Teamfrühstück, verbringen können. Das Arbeitsklima in beiden Redaktionen ist sehr gut.

Zu Beginn der Corona-Zeit konnte ich es mir kaum vorstellen, dass man als Journalistin im Home-Office arbeiten kann. Der Digitalisierungsschub, der durch die Pandemie verursacht wurde, zeigt uns das Gegenteil. Ich führe meinen Beruf sehr gerne aus und freue mich über die Chancen, die sich durch die Pandemie für mich ergeben haben. Ich kann auch von Zuhause aus eine Geschichtenerzählerin sein und stehe mitten im Leben.

Zur Autorin

Nina Odenius ist seit 2010 DVBS-Mitglied. Sie ist von Geburt an blind und arbeitet seit 2021 als Redakteurin für mehrere Arbeitgeber.

Bild: Bevor Corona kam: Nina Odenius sitzt während ihres Volontariats lächelnd im DOMRADIO.DE-Sendestudio vor einem stabilen Mikrofon. Sie hat schulterlanges blondes Haar und trägt große Stereo-Kopfhörer auf den Ohren. Im Hintergrund steht ein Rollup von DOMRADIO.DE. Foto: DOMRADIO.DE

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Etwas "Handfestes" in der Metallwerkstatt: Zerspanungsmechanikerin

Von Mathias Bastin (Stiftung Nikolauspflege)

Im Berufsbildungswerk Stuttgart der Nikolauspflege werden über 20 verschiedene Berufe im kaufmännischen Bereich, der IT-Informationstechnik, der Metalltechnik, der Ernährung und Hauswirtschaft oder im Gartenbau erfolgreich ausgebildet. Ziel ist es, die motivierten Auszubildenden fundiert in ihren Ausbildungsberufen zu begleiten und gemeinsam im Anschluss die passenden Arbeitsplätze zu finden. Mathias Bastin, Referent der Geschäftsbereichsleitung Berufliche Bildung der Stiftung Nikolauspflege, hat sich bei Tanja Müller, einer Auszubildenden im BBW Stuttgart, nach dem aktuellen Stand ihrer Ausbildung erkundigt.

Mathias Bastin: Frau Müller, welche Ausbildung absolvieren Sie denn gerade?

Tanja Müller: Ich mache eine Umschulung als Zerspanungsmechanikerin.

Warum fiel die Entscheidung auf diesen Beruf?

Für mich ist es aufgrund meines Lebenslaufes klar, dass ich wieder im Handwerk arbeiten möchte. Zudem hatte ich schon als gelernte Logistikerin viel mit dem Material Metall zu tun gehabt. Im Handwerksbereich gibt es leider nicht ganz so viele Auswahlmöglichkeiten, die jemand mit einer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit ausüben kann. Für mich ist die Wahl aber ganz klar auf die Ausbildung zur Zerspanungsmechanikerin gefallen, da ich schon erste Berührungspunkte in meinem alten Beruf zu diesem Feld hatte.

Wie sieht denn ein ganz gewöhnlicher Ausbildungstag bei Ihnen aus?

Zuerst bespreche ich mich jeden Morgen mit meinem Ausbilder, welche Aufgaben heute anstehen. Momentan läuft gerade unser Projekt in der Programmierung der CNC-Maschine, in dem ich verschiedene Übungsaufgaben bewerkstelligen darf. Es ist aber auch gewünscht, dass ich Vorschläge einbringe, und wir sprechen darüber, ob und wie ein Projekt realisiert werden kann. Im Normalfall setze ich mich dann an meine Maschine und versuche, so eigenständig wie möglich meine Programme zu erstellen, oder unterstütze bei der Fertigung von Kundenaufträgen an der Maschine und im mechanischen Bereich. Und wenn ich nicht in der Ausbildungsabteilung bin, bin ich in der Berufsschule.

Was mögen Sie besonders gern bei dem, was Sie tun?

Mittlerweile entwickle ich ein Faible fürs Programmieren. Am Anfang habe ich mich sehr schwergetan, weil es etwas völlig Neues für mich gewesen ist. Je mehr ich das Ganze aber verstehe, umso mehr Freude bereitet mir diese Tätigkeit. Es ist etwas Komplexes, aber ich bin sehr interessiert und lerne gerne Neues. Das ist für mich mein absolutes Highlight, wenn ich nach und nach etwas umsetzen kann, was ich anfangs nicht verstanden habe.

Gibt es auch etwas, was Ihnen nicht so gut gefällt?

Wenn ich etwas noch nicht ganz verstehe, dann ist das für mich unbefriedigend. Dann empfinde ich es als zäh und mein Arbeitstag zieht sich.

Was war hilfreich für Sie bei der Suche nach neuen beruflichen Perspektiven?

Die Deutsche Rentenversicherung war eine sehr gute Ansprechpartnerin für mich. Ich bin nach Stuttgart gezogen, und meine neue Beraterin hatte direkt als ersten Vorschlag, dass ich die Stiftung Nikolauspflege kontaktieren soll. Dort gibt es verschiedene Ausbildungen und Umschulungen für Menschen mit Blindheit und Sehbeeinträchtigungen, und da ist doch auch bestimmt das Richtige für mich dabei. Und unmittelbar nach meiner Kontaktaufnahme hatte ich schon eine Woche später die Einladung zum Besuch im BBW Stuttgart der Nikolauspflege. Und die Kollegin aus Beratung und Assessment der Nikolauspflege hat mir dann meine Möglichkeiten dargestellt und schnell festgestellt, dass etwas "Handfestes" in der Metallwerkstatt genau das Richtige für mich ist. Nach meiner Arbeitserprobung im Metallbereich des Berufsbildungswerks war dann auch sehr zeitnah die Entscheidung für mich klar, dass aus mir eine Zerspanungsmechanikerin wird.

Wie hat sich die Unterstützung im Freundes- und Familienkreis in dieser Zeit gezeigt?

Meine hauptsächliche Unterstützung habe ich durch meinen Mann erhalten. Er hat den gesamten Krankheitsverlauf mit mir durchgemacht und mich ermutigt, wieder auf die Beine zu kommen. Natürlich gibt es diese Tage, wo ich mich schwertue und mich frage, ob ich all den Herausforderungen gewachsen bin, und dann erhalte ich ganz viel Zuspruch von ihm. Oder mit seinen Worten: "Das ist genau richtig, so wie du das tust."

Wie wirkt sich Ihre Sehbeeinträchtigung aus? Verwenden Sie Hilfsmittel?

Nach einem Unfall wurde eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse bei mir festgestellt. Auf dem linken Auge hat sich dann eine endokrine Orbitopathie entwickelt (bei einer endokrinen Orbitopathie verändert sich das Gewebe in der Augenhöhle um den Augapfel herum, entzündet sich und schwillt an). Durch nicht korrigierbare OP-Folgen hat sich bei mir eine sogenannte Doppel-Bild-Sicht entwickelt. Abhilfe kann nur eine verdunkelte Linse im linken Auge schaffen. Damit sehe ich dann zwar auf dem linken Auge nichts mehr und habe ein eingeschränktes Sichtfeld, aber zumindest ist der Alltag wieder leichter. Nach drei Jahren habe ich mich inzwischen relativ gut darauf einstellen können und versuche, durch eine intensivere Kopfbewegung das fehlende Sichtfeld auszugleichen.

Was wünschen Sie sich für Ihre berufliche Zukunft?

Mein größter Wunsch ist, dass ich wieder auf den ersten Arbeitsmarkt zurückkomme und einen Arbeitgeber finde, bei dem ich ganz normal meinen Tätigkeiten nachgehen kann, die Akzeptanz gegeben ist und ich selbst für mich sorgen kann.

Wenn Sie noch etwas mehr über Tanja Müller und ihren Weg erfahren möchten, finden Sie hier ein Video aus dem Herbst 2022: https://www.bbw-stuttgart.de/erklaervideos-podcast-ausbildung

Zum Autor

Mathias Bastin ist seit 2020 in der Stiftung Nikolauspflege Referent der Geschäftsbereichsleitung Berufliche Bildung. Zu seinen Aufgabengebieten zählen u. a. die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, das Fundraising und die Projektentwicklung im Geschäftsbereich.

Bild: Tanja Müller bedient lächelnd eine CNC-Fräsmaschine. Ihre Hand liegt auf den Tasten des großen Kontrollpults, um die Maschine zu programmieren. Tanja Müller hat ihr dunkelrotes Haar aus Sicherheitsgründen nach hinten gebunden und trägt einen hellroten Kapuzenpullover. Auf Unterarm und Hals schauen Tattoos hervor. Foto: Stiftung Nikolauspflege

Bild: Tanja Müller öffnet die Schiebetür des durchsichtigen Kastens, der die Fräsmaschine umgibt. Foto: Stiftung Nikolauspflege

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Musik zum guten Ton verhelfen - Mit Seheinschränkung große Mischpulte fahren

Von Petra Krines

Michael Kuhlmann ist umgeben von Boxen, diversen Mikrofonen, einem Mischpult, E-Piano, MacBook und Audiointerface. Er ist 49 Jahre alt, blind und Kirchenmusiker. Das Equipment benötigt er für sein Hobby, das später seinen Beruf ergänzen soll. Deshalb macht er beim HOFA-College eine Ausbildung zum Audio-Ingenieur Studiengang Tontechnik. "Ich habe mich schon immer für Musik begeistert und bin deswegen auch Musiker und Musiklehrer. Jetzt möchte ich die Gelegenheit nutzen, meine Arbeit auf eine noch professionellere Ebene zu bringen", sagt er.

Michael Kuhlmann ist gut vernetzt und engagiert sich bei der Fachgruppe Musik im Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS). "Wir unterstützen uns gegenseitig und teilen unsere Erfahrungen", erklärt er. Kollegen machten ihn auf die Ausbildung zum Audio-Ingenieur aufmerksam. Sein erster Besuch auf der Website des Colleges war vielversprechend und barrierefrei. Der gute Eindruck setzte sich in einem persönlichen Gespräch fort und ein Probezugang überzeugte ihn. So begann er die zweijährige berufsbegleitende Ausbildung. "Bei der Online-Ausbildung gibt es wenig Barrieren. Die Website ist gut strukturiert, vieles wird mit Worten und Grafiken gut beschrieben. Außerdem sind unsere Tutoren gut erreichbar, falls es Fragen zu Bildern gibt", erklärt der Musiker. Die genutzten Programme sind überwiegend barrierefrei, doch Tastenkombinationen für einzelne Programme müssten sich die Studierenden oft selbst erarbeiten. "Nur genretypische Effekte, die das HOFA-College selbst herstellt und die beim Mischen von Musik benötigt werden, sind nicht barrierefrei. Doch dieses Problem ist bekannt und es wird daran gearbeitet", sagt Michael Kuhlmann.

Große Mischpulte, wie sie in vielen Studios stehen, bleiben für seheingeschränkte Menschen aber eine Herausforderung, da sie per se nicht barrierefrei sind. Sind sie, wie heute oft üblich, Digitalkonsolen, verfügen sie lediglich über Touch-Displays. "In diesem Fall können sie von uns nur bedient werden, wenn es eine barrierefreie Software für Smartphone oder Tablet gibt, was leider noch nicht die Regel ist", sagt Michael Kuhlmann und fügt optimistisch hinzu: "Hier wird aber vermutlich in Zukunft einiges passieren, weil ein sehr oft genutztes Entwicklerframework für Studiotechnik, das Juce-Framework, seit einiger Zeit Zugänglichkeit für Screenreader eingebaut hat. Sehr viele Entwickler setzen auf dieses Framework, sodass wir zukünftig auf sehr viel mehr Barrierefreiheit hoffen können."

Bei großen Analogkonsolen mit vielen Reglern wiederum besteht die Aufgabe darin, den Überblick zu behalten. Hier benötigen blinde und sehbehinderte Menschen Unterstützung, um das Display abzulesen. "In solchen Fällen muss dann entweder die Arbeitsassistenz einspringen, oder es gibt per USB eine Rechneranbindung, die einem die Steuerung mit Hilfe der Aufnahmesoftware ermöglicht", so Michael Kuhlmann. Er weiß aus eigener Erfahrung, dass eine solide tontechnische Wissensvermittlung, gute Einarbeitung und gegebenenfalls die Unterstützung durch eine Arbeitsassistenz das Arbeitsumfeld "enthindern" können.

Wie stellt er sich seine berufliche Zukunft vor? "Nach meiner Ausbildung möchte ich in erster Linie Projekte im Rahmen meiner Kirchenmusikertätigkeit verwirklichen, z.B. Bandprojekte", erläutert der angehende Audio-Ingenieur. "Dazu kommen Aufnahmen und Produktionen für Solokünstler und Ensembles, die in der akustisch sehr attraktiven Kirche meiner Gemeinde CDs aufnehmen möchten." Verwenden kann er das Gelernte aber auch bereits jetzt schon im Bereich Content-Creation, bei der Einbindung multimedialer Internet-Inhalte also.

Michael Kuhlmann wünscht sich, dass die Agentur für Arbeit und die Jobcenter weiter solche barrierefreien Ausbildungen für seheingeschränkte Menschen fördern. "Wir sind doch prädestiniert dafür, Musik zum guten Ton zu verhelfen!" findet der blinde Kirchenmusiker.

Interessierte können sich an das HOFA-College wenden, um Antworten zu den unterschiedlichen Abschlüssen und Finanzierungsmöglichkeiten zu erhalten, und der DVBS berät blinde und sehbehinderte Menschen rund um Aus- und Weiterbildungen, Studium und Beruf.

Bild: Michael Kuhlmann sitzt in einem großen Bürostuhl vor einem schmalen Schreibtisch im Home-Office und arbeitet, umgeben von Audio-Equipment, mit Kopfhörer am Laptop. Er trägt Jeans und ein kurzärmliges kariertes Hemd. Foto: privat

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Zwischen Lockdown und Lernplattform: Wie sehbehinderte und blinde Menschen durch Ausbildung und Studium kamen

Von Peter Beck

Wer während der Pandemie eine Ausbildung oder ein Studium machte, traf auf eine neue Welt. Der Hörsaal verdichtete sich auf ein Smartphone oder einen Laptop in den eigenen vier Wänden. Mehr Uni war nicht: Keine Professoren, keine Kommilitonen. Die gab es schon, aber eben irgendwo da draußen im Netz. Eine völlig neue Situation war das für alle Beteiligten.

Die Redaktion wollte von blinden und sehbehinderten Studenten und Auszubildenden wissen, wie sie es durch diese Zeit geschafft haben. Nachstehend die Erfahrungsberichte von zwei Frauen und zwei Männern - zwei Ausländern und zwei Deutschen - ganz zufällig ist das so geworden. Manche berichten von Schwierigkeiten, bei andern kommt die Pandemie kaum vor, weil es möglich war, sie zu vermeiden oder abzuhängen. Das trifft auf Falk zu, der in Hannover bei Heise eine Ausbildung macht. Seine Zeilen überschreibt er mit "Bericht aus Nerdistan".

Falk (21), Hannover

Ich heiße Falk Rismansanj, bin 21 Jahre alt und habe eine hochgradige Sehbehinderung. Im nachfolgenden Text möchte ich über die letzten 2,5 Jahre Ausbildung bei Heise berichten.

Nach meiner Schulzeit an der blista war mir bereits klar, dass ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung beginnen wollte. Um mich auf dem Laufenden zu halten, las ich täglich im Newsticker von heise.de und auch die Sehbehinderten-Abos der Zeitschriften c't und iX wurden von mir regelmäßig verschlungen. Als ich dann bei Twitter erfuhr, dass Heise Medien zum 01.08.2020 einen Ausbildungsplatz in der Web-Entwicklung zu besetzen hatte, schrieb ich noch in derselben Nacht meine Bewerbung. Nach dem Bewerbungsgespräch und einem Testtag in Hannover erhielt ich dann Anfang Dezember 2019 die Zusage.

Am Montag, dem 03.08.2020, begannen dann die Einführungstage in der Karl-Wiechert-Allee 10: Uns, also zwei Fachinformatikern Anwendungsentwicklung, einer Mediengestalterin Digital & Print, sowie fünf Medienkaufleuten Digital & Print, wurde das Unternehmen Heise vorgestellt, und wir wurden herzlich aufgenommen.

Bei Heise kann man sich sein Arbeitsgerät frei aussuchen, und ich entschied mich für ein MacBook Pro, da ich neben macOS auch den fest in das Betriebssystem integrierten Screenreader VoiceOver sehr schätze.

Die Pandemie zeigte sich im Verlag neben der Laufrichtung - es galt damals eine Einbahnstraßen-Regelung - an hybriden Meetings. Das heißt, es wurde größtenteils im Verlag gearbeitet, viel gelüftet, und man schaltete sich via Microsoft-Teams zusammen. Teams fand ich schon immer etwas übersichtlicher als Zoom, und auch so genanntes Mob-Programming erwies sich durch die Möglichkeit der Bildschirmteilung als gut machbar. Auch gab es so nur selten ausgedruckte Papiere zu bearbeiten, und meine MagniLink S Premium 2 kam nur selten zum Einsatz. In den nächsten Wochen machte ich mich mit unseren Tools vertraut, VS-Code für Quelltext, GitLab zur Versionskontrolle, JIRA zur agilen Projektplanung mit Scrum, Confluence zur Dokumentation und einigen mehr.

Schnell war mein Bereich gefunden, die Accessibility von heise online. Mit ersten Bug-Tickets, die ich schrieb, verbesserte ich die Zugänglichkeit von heise Select für Screenreader-User.

Einige Wochen später ging es dann das erste Mal in die Berufsschule, die Multi-Media Berufsbildende Schule (MMBbS) auf der Expo Plaza. Wir hatten zuvor bereits mit dem Landesbildungszentrum für Blinde Kontakt, das mich fortan mit seinem mobilen Dienst und der Medienzentrale unterstützen sollte. Nach anfänglichen

In der Hochphase der Corona-Pandemie wurde sowohl bei Heise auf Home-Office als auch in der MMBbS auf Online-Unterricht gesetzt. Bis darauf, dass die vielen Stunden Video-Konferenz mit der Zeit echt schlauchen und einem einfach der persönliche Kontakt fehlte, war auch diese Phase zu schaffen.

Mit den steigenden Temperaturen gingen wir in der Web-Entwicklung wieder einem tollen Ritual nach: Einmal im Monat treffen sich die Kollegen der Web-Entwicklung und benachbarter technischer Abteilungen, wie z.B. die Admins, gemeinsam im Biergarten. Es gewinnt der Biergarten mit den meisten Stimmen in nuudel, einem sehr zu empfehlenden Tool zur Orts-/Terminfindung.

Auch die Treffen mit den anderen Azubis kamen nicht zu kurz, und unsere Ausbilder überlegten sich drei abteilungsübergreifende Projekte für uns. Ich war für die technische Umsetzung der von uns Azubis komplett neu konzeptionierten Ausbildungsseite auf heise-gruppe.de verantwortlich. Sie ist unter https://www.heise-gruppe.de/azubis-bei-heise/ erreichbar.

Am nervösesten war ich sicher am Tag der schriftlichen Zwischenprüfung, die ich ausnahmsweise unter Windows mit JAWS schrieb und glücklicherweise auch bestand.

Im Jahr 2022 hatte ich die Möglichkeit, an gleich zwei tollen Konferenzen teilzunehmen: "Barrierefreie Webseiten gestalten", online veranstaltet vom Rheinwerk Verlag, und einer Konferenz der vom Heise-Zeitschriftenverlag herausgegebenen Computerzeitschrift c't, die in Köln stattfand. Auch hier gab es sehr viele spannende Talks zum Thema A11y (das steht in Nerdistan für die Zugänglichkeit von Webseiten). heise online hat mittlerweile einen Feedback-Mechanismus implementiert, um Barrieren komfortabel melden zu können. Ich finde es toll, neben meiner Ausbildung auch ehrenamtlich als Webmaster und stellvertretender Vorstand für die Interessengemeinschaft sehgeschädigter Computerbenutzer (ISCB) und als Mitglied im Gemeinsamen Fachausschuss für Informations- und Telekommunikationssysteme des DBSV tätig sein zu dürfen und so die Zugänglichkeit für Blinde und Sehbehinderte im digitalen Raum voranzutreiben.

Danke an Falk. Anders als ihn hat Max aus Heidelberg die Pandemie voll erwischt. Er schreibt:

Max (30), Thailand / Heidelberg

Ich bin ein sehbehinderter Student aus Thailand. Mit Beginn der Pandemie habe ich mein Masterstudium der Politikwissenschaften an der Universität Heidelberg begonnen. Ursprünglich wollte ich in Heidelberg wohnen, aber wegen der Corona-Situation in Deutschland musste ich meinen Plan aufgeben und begann ein Online-Studium in Thailand.

Zu Beginn meines Masterstudiums war die Corona-Situation in Thailand ebenfalls ernst. Wir durften nicht nach draußen gehen, was bedeutete, dass ich mein gesamtes Studium komplett online durchführen musste.

Während des Einschreibungsprozesses stellte ich fest, dass es ein bisschen schwierig für mich war, alle Dokumente selbst online zu erstellen, ohne die Hilfe einer sehenden Person. Ich musste in meiner Heimatstadt bleiben, aber dort gab es nur wenige Menschen, die mir bei der Bearbeitung der Dokumente in der Fremdsprache helfen konnten. Ich versuchte es mit einem Assistenten über Video-Call, aber auch das war mühsam und ging langsam vonstatten. Die gleichen Probleme gab es auch beim Studium selbst. Für mich bestand die größte Herausforderung darin, dass es keinen zwischenmenschlichen Austausch gab. Ich konnte meine Erfahrungen nicht mit meinen Klassenkameraden teilen oder sie um Hilfe bitten, wenn ich während des Online-Seminars Schwierigkeiten hatte. Mit den Texten gab es keine Probleme. Ich bin stark sehbehindert und verwende gewöhnlich einen Screenreader; so habe ich Zugang zu allen Texten, die online gestellt sind. Während des Online-Studiums haben die Professoren die Materialien gut vorbereitet, so dass sie für sehbehinderte Studenten lesbar sind. Schwierig blieben aber Tabellen und Diagramme. Um sie zu verstehen, hätte ich mir eine Übertragung in Braille gewünscht, das konnte die Uni Heidelberg über die Entfernung nach Thailand aber nicht leisten. Außerdem gab es einige Lehrvideos, um neue Software im Studium kennen zu lernen. Es war aber schwierig, auf diese Weise den sehbehinderten Studenten die Software sinnvoll zu erklären.

Mir fehlte eine richtige Lernumgebung. Für mich war es wirklich schwierig, einfach nur vor dem Computer zu sitzen, einem Seminar zuzuhören, dann abzuschalten, und schon war ich wieder allein mit Corona. Es gab keine Interaktion mit den Klassenkameraden und Professoren, was meiner Meinung nach sehr wichtig für den Lernfortschritt ist, vor allem, wenn ich in einer Fremdsprache lerne. Der Stress durch Corona und die fehlende Interaktion mit den anderen war für mich wirklich schwer zu bewältigen.

Jetzt ist alles anders, und alle Seminare können an der Universität durchgeführt werden. Ich bin nach Heidelberg gezogen und habe festgestellt, dass das Studium vor Ort viel besser ist als online. Wichtig ist mir das Arbeiten in Gruppen. In einer Vorlesung kann ich nur zuhören, einen Text lesen und zur Prüfung gehen. Im Gegensatz dazu müssen wir in der Seminarklasse etwas präsentieren und mit den Mitschülern und dem Professor diskutieren. Ich muss mich beim Präsenzunterricht nicht mit einer Online-Anwendung herumschlagen, die ich am Ende doch nicht komplett beherrsche. Außerdem können wir beim Studium vor Ort leichter mit anderen Kommilitonen zusammenarbeiten, und wenn es Probleme gibt, kann ich meine Kommilitonen bitten, sie zu lösen. In der Tat gab es einige Herausforderungen bei der Orientierung. Aber mit der Unterstützung von Freunden, Universitätsmitarbeitern und Professoren konnte ich Heidelberg nach und nach richtig erkunden. Dabei ist eine gut zugängliche Infrastruktur sehr hilfreich. Ampeln mit Aufmerksamkeitsfeldern sind prima. Und ich habe festgestellt, dass es in Heidelberg recht einfach ist, die Navigation im Smartphone zu benutzen. Ich kann ein Ziel eingeben, z. B. einen Supermarkt oder ein Universitätsgebäude, und mein Telefon kann mich (fast) richtig führen. So lerne ich alle wichtigen Orte in der Stadt kennen.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass das Online-Studium schwer war und es nur begrenzte Unterstützung gab. Im Präsenzstudium hingegen gibt es Interaktion, Unterstützung und eine Lernumgebung, all das ist wichtig für den Erfolg im Studium.

Dankeschön an Max für seine Eindrücke. Mit vollem Thai-Namen heißt er übrigens Silpsit Srivicha und er ist dreißig.

Rina aus Tokio, 21, kann - ganz japanisch - Online- und Präsenz-Studium etwas Positives abgewinnen. Sie schreibt:

Rina (21), Tokio

Mein Name ist Rina Miyoshi. Ich bin Studentin an der Internationalen Christlichen Universität (ICU) in Tokio. Ich bin blind und lebe auf dem Campus, wobei mir meine Freunde, die Dozenten und die Mitarbeiter des Special Needs Support Service Office helfen. Umweltstudien sind mein Hauptfach, und im Nebenfach studiere ich Anthropologie. Ich wohne seit meinem ersten Semester, also seit September 2020, im Studentenwohnheim auf dem Campus.

Mein Leben dort fand immer unter Covid-19 statt. Ich habe Online-Kurse, gemischte Kurse und Präsenzkurse erlebt. Ich denke, jede Form hat sowohl gute als auch unangenehme Seiten. Am Anfang hatte ich Angst vor dem ungewohnten Online-Unterricht. Jetzt bin ich froh, dass ich mit meinen Mitschülern und Lehrkräften im selben Klassenzimmer sitze und wieder direkt unterrichtet werde. Ich glaube jedoch, dass jede Erfahrung in der Pandemie hilfreich für meine Zukunft war.

Als ich mich nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie einschrieb, wurden alle Kurse online abgehalten, und zwar über die Anwendung Zoom. Da ich noch keine Erfahrung mit dem Campus-Leben hatte, war ich sehr nervös und besorgt, ob ich dem Unterricht allein in meinem Zimmer würde folgen können. Ich habe Zoom noch nie benutzt, und man konnte mir nicht erklären, wie es funktioniert. Ich wusste nicht einmal, ob man die App überhaupt mit einem Screenreader bedienen kann.

Auf der anderen Seite gab es viele gute Erfahrungen im Online-Unterricht. Die Mitarbeiter des Special Needs Support Service Office versuchten herauszufinden, wie sie mich unterstützen konnten. Insbesondere ein Mitarbeiter führte mehrmals Videotelefonate mit mir, um mir zu erklären, wie ich Zoom nutzen kann. Sie ermutigten mich auch, diese schwierigen Umstände zu überwinden. Sie schickten mir Nachrichten und versorgten mich weiterhin mit Unterrichtsmaterialien, die in Blindenschrift übertragen waren.

Mir als Anfängerin hat der Online-Unterricht gutgetan. Die Studenten hatten kaum Gelegenheit, einander kennen zu lernen, also öffneten einige Lehrer nach dem Unterricht Zoom und ließen uns miteinander reden. Für mich ist es nicht einfach, direkt auf Menschen zuzugehen, aber online konnte ich mich gut mit ihnen unterhalten. Ich erzählte ihnen auch von meiner Behinderung und wie sie mich unterstützen können. Als ich sie später auf dem Campus persönlich traf, war ich sehr entspannt, weil sie mich schon einigermaßen kannten.

Außerdem waren durchweg alle durch den ungewohnten Online-Unterricht verwirrt, so dass ich da nicht unangenehm herausstach. Ich hatte zum Beispiel schon vor meiner Immatrikulation Angst, dass ich im Unterricht anders behandelt werden könnte als meine sehenden Kommilitonen, einfach weil ich immer mal Hilfe brauche - denn noch hatte ich die große Hilfsbereitschaft des Lehrpersonals und meiner Mitstudenten nicht erfahren. Diese Situation wurde mir durch den Online-Unterricht erleichtert, denn der war für alle andern ebenso fremd wie für mich.

Manchmal war ich sogar entspannter als die anderen Kommilitonen. Eines Tages hielt ein Lehrer eine Unterrichtsstunde ab, in der alle Teilnehmer ihre Kameras ausschalteten. Es herrschte bei den Sehenden große Verwirrung, wenn wir Entscheidungen durch eine Runde "Stein, Schere, Papier" trafen. Das machen wir in Japan oft. Die Sehenden, die ja nun die Gesten der andern nicht sehen konnten, waren es nicht gewohnt, verbal "Stein, Schere, Papier" zu sagen, und so herrschte Verwirrung. Das war mein Vorteil.

In letzter Zeit genieße ich wieder die Vorzüge des Präsenzunterrichts. In diesem Semester (Winter 2022) habe ich alle Kurse in Präsenz. Wenn ich mich in einem Klassenzimmer umschaue, um herauszufinden, wo ich sitzen kann, sprechen mich meine Kommilitonen an und sagen: "Rina, hallo, dieser Platz ist frei." Wenn wir kleine Gruppen bilden und diskutieren, klopft mein Herz noch immer bis zum Hals. Dann sagen sie zu mir: "Dreh dich einfach um. Wir sind in der gleichen Gruppe und stehen hinter dir." Ich bin erleichtert über ihre unkomplizierte Fürsorge.

Was jetzt kommt, hat nicht unbedingt mit Covid zu tun, zeigt aber, wie mich meine Mitschüler motivieren. Beim Online-Unterricht bin ich allein in meinem Zimmer ohne andere Reize, aber im Klassenzimmer sind meine Freunde neben mir und um mich herum. Die Geräusche, die sie beim Mitschreiben machen, motivieren mich. Ich sitze oft in der ersten Reihe und kann die Vorlesungen in der Nähe der Professoren genießen.

In diesem Jahr habe ich an zwei Feldpraktika teilgenommen, einem anthropologischen Feldpraktikum und einem Umweltbewertungspraktikum. Bei der anthropologischen Feldforschung besuchte ich in diesem Sommer mit meinen Kommilitonen und meinem Professor Gemeinschaften indigener Völker in Argentinien. Ich beobachtete ihre Essenskultur, kochte gemeinsam mit ihnen und befragte sie mit Hilfe von Übersetzern. Meine sehenden Freunde teilten ihre Beobachtungen mit mir. Ich war überrascht, dass sie winzige Messer benutzen, um die Zutaten für die Suppe zu zerkleinern. Im Umweltpraktikum habe ich dann Pflanzen angefasst, gerochen und geschmeckt, bin am Fluss entlang spaziert und habe mit anderen Schülern Bambus geschnitten. Es ist unmöglich, diese Erfahrungen im Online-Unterricht zu machen.

Zusammenfassend dies: Ich habe Ihnen von meinen Erfahrungen als Studentin während der Covid-19-Pandemie erzählt und ich darf sagen, dass ich an jeder Erfahrung gewachsen bin. Ich bin meinen Kommilitonen, Freunden, Lehrern und den Mitarbeitern des Support Service Office sehr dankbar. Ich werde mein restliches Studentenleben auf dem ICU-Campus in vollen Zügen genießen. Ich freue mich darauf, die Abschlussarbeit zu beginnen.

Ich danke Ihnen, dass Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, hier einen Artikel zu schreiben.

Rina, immer gern.

Das Schlusswort geht an Cassie. Ihr ist es gelungen, die Pandemie einfach abzuhängen und in dieser Zeit dennoch produktiv zu sein.

Cassandra (20), Köln

Mein Name ist Cassandra, ich bin vollblind, 20 Jahre alt und seit vielen Jahren schon als "CassMae" in der Musikbranche unterwegs. Ich habe mein Abitur im Frühjahr 2020 gemacht, und seit einem Collegeaufenthalt am Berklee College of Music in den USA war mir früh klar, dass ich Musik auch gerne studieren würde. Daher habe ich mir schon in der Oberstufe viele Musikuniversitäten in Deutschland und in den Niederlanden angeschaut und drei in die engere Wahl genommen. Durch die Pandemie habe ich den Studienbeginn allerdings verschoben, da ich mir nicht vorstellen konnte, Musik nur online zu studieren. In der Zeit habe ich mich sehr auf Social Media konzentriert, ein Album herausgebracht und eine EP produziert.

Seit dem Wintersemester 2021 bin ich nun Studentin an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und studiere im Jazz/Pop Bereich das Hauptfach Singer-Songwriter. Eine Assistentin begleitet mich drei bis vier Tage in der Woche von Duisburg nach Köln; ich pendele weiterhin, da die Wohnungspreise in Köln sehr hoch sind. Das Studium erfüllt alle meine Erwartungen, die Dozent*innen und Mitstudent*innen sind alle sehr engagiert und offen, die Inhalte spannend; ich lerne viel Neues und werde gefordert. Ich bin sehr beeindruckt, dass ich dort einen Ort gefunden habe, wo ich einzig als Musikstudentin wahrgenommen werde, meine Blindheit nicht als Einschränkung gesehen wird, sondern vielmehr auch das Hinhören als Kompetenz gesehen wird. So haben die Dozent*innen auch die anderen Student*innen z.B. dazu ermutigt, nach Gehör und ohne Noten zu komponieren. Generell fühle ich, dass der Wille zur Inklusion auch unter den Student*innen stark vorhanden ist, sie kommen auf mich zu und binden mich in ihre Gespräche ein, was mich wiederum ermutigt auch auf sie mehr zuzugehen.

2022 sind wir dann auf Studienfahrt für eine Songwriting Session nach Montepulciano in die Europäische Musikakademie gefahren, haben dort neue Songs geschrieben, produziert und in einem Konzert aufgeführt. Die Reise hat den Zusammenhalt untereinander, aber auch meine Selbstständigkeit weiter gefördert. Alles in allem ist das Singer-Songwriter Studium sehr praxisnah, mit vielen Konzerten und Ensembles, und bemüht, das Thema "Diversität" zu fördern. Leider hat der Landschaftsverband Rheinland bisher noch nicht die kompletten Kosten für eine Uni-Ausstattung übernehmen können, so dass ich hier noch Einschränkungen bei den Prüfungen und theoretischen Seminaren etc. habe, was sich hoffentlich bald klären lässt.

Bild: Falk Rismansanj steht hinter dem blauen Firmenlogo des Medienhauses Heise auf einer Wiese und hält beide Daumen nach oben. Im Hintergrund rechts liegt ein Firmengebäude. Er hat kurzes schwarzes Haar und trägt zur dunkelblauen Hose ein hellblaues Shirt. Foto: privat

Bild: Silpsit Srivicha, genannt Max, steht im Grünen auf einer Anhöhe, von der aus der Blick auf den Neckar und die gegenüberliegende Flussseite mit der Heidelberger Altstadt und dem Schloss fällt. Er hat kurzes schwarzes Haar und trägt ein Shirt mit dem Logo von Manchester United sowie eine dunkelblaue Kapuzenjacke. Der Griff seines Blindenstocks ist mit im Bild. Foto: privat

Bild: Rina Miyoshi lächelt. Der Pony ihres dunklen Haares fällt über die Augenbrauen. Sie hat dunkle Augen und trägt im ländlich anmutenden Außengelände eine blaue Daunenjacke sowie einen Rucksack. Ihre rechte Hand greift nach oben zu den dunkelroten Blüten eines argentinischen Buschs. Foto: privat.

Bild: Singer-Songwriterin Cassandra Mae Spittmann, Künstlername "CassMae", steht auf einer Wiese mit verschwommen sichtbaren blauen Blumen. Ein großes gemustertes Tuch in Rottönen bedeckt ihren Kopf und den Körper. Langes, braunes Haar fällt über ihre Stirn und nach vorne über die Schultern. Sie lächelt. Foto: CassMae

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Studieren im Ausland - ein Traum geht in Erfüllung

Von Marian Moritz Frisch

Als mein älterer Bruder für ein Auslandsschuljahr in den USA war und meine Familie und ich ihn gemeinsam dort besucht haben, kam ich sehr begeistert von der Reise zurück. Trotzdem habe ich mich wegen meiner Augenkrankheit nicht getraut, in der 10. Klasse selbst für ein Jahr in die USA zu gehen. Wahrscheinlich hatte ich zu viel Angst vor der Herausforderung und wollte mein sicheres und gewohntes Umfeld nicht verlassen ...

Es war jedoch immer mein Traum, trotz meiner Augenkrankheit ein normales Leben zu führen. Deshalb stand für mich im Studium auch fest, wie alle anderen Studierenden ins Ausland zu gehen. Dazu kam, dass ich regelmäßig von großartigen Erfahrungen im Auslandssemester hörte. Die Chance darauf wollte ich definitiv nicht verpassen.

Ich habe Business Administration (berufsintegriert) an der Frankfurt School of Finance & Management in Frankfurt am Main studiert. Das 5. Semester war obligatorisch im Ausland zu absolvieren. Ich hätte den einfachen Weg über eine Partnerhochschule gehen können, an der alles Organisatorische vom Auslandsbüro der Frankfurt School organisiert wird, aber ich bin meinen eigenen Weg gegangen.

Ich habe das Wintersemester 2014 an der Harvard University in Cambridge bei Boston in den USA verbracht. Es war für mich eine große Ehre, an dieser besonderen Universität studieren zu dürfen. Natürlich hatte ich anfangs großen Respekt, denn es gab einiges zu organisieren: die finanziellen Mittel für die Studiengebühren, das Visum, eine Unterkunft, viel Bürokratie einer amerikanischen Hochschule und natürlich meine Bedürfnisse als sehbehinderter Studierender: besondere Prüfungsbedingungen (mehr Zeit und vergrößerte Schrift), digitaler Zugang zu den Lehrmaterialien sowie eine Arbeitsstation (Computer mit großem Bildschirm und der Vergrößerungssoftware ZoomText). Meine Hilfsmittel - mein iPhone und meinen Laptop mit Kamera als Bildschirmlesegerät - brachte ich selbst mit.

Die größte Unterstützung, die es für mich gibt, ist jedoch meine proaktive und offene Kommunikation über meine Situation und meine Bedürfnisse, denn es liegt in meiner Verantwortung, anzusprechen, was ich brauche. Gerade hiermit rannte ich offene Türen ein, da die Themen Integration und Nachteilsausgleich eine große Rolle in den USA spielen: Von der administrativen Organisation, über die Kommiliton*innen bis hin zu den Professor*innen habe ich sehr hilfsbereite Menschen angetroffen, die bereits sehr viel Erfahrung im Umgang mit sehbehinderten Studierenden hatten. Dies hat mir ein sehr gutes Gefühl gegeben.

Gewohnt habe ich in einer 4er WG "on campus", was typisch für das Studentenleben in den USA ist. Dies war sehr hilfreich, da wir die großen Einkäufe gemeinsam getätigt haben und meine eingeschränkte Mobilität, kein Autofahren zu können, somit kein Hindernis war.

Die größte Herausforderung war der enorm hohe Arbeitsaufwand einer amerikanischen Eliteuniversität, der für mich deutlich höher als in Deutschland war. Gerade das viele Lesen hat mich zeitlich und körperlich stark beansprucht. Hierdurch habe ich jedoch auch die Grenzen meiner Belastbarkeit erfahren und welche Unterstützung meine Ohren für meine Augen sein können.

Die Orientierung auf dem Campus sowie in Boston ist mir dank meines iPhones sowie der Offenheit und Hilfsbereitschaft der Amerikaner*innen sehr leichtgefallen.

Mein ganz besonderes persönliches Highlight war der Besuch eines NBA-Spiels (des amerikanischen Profibasketballs). Ich bin in einer Basketball-Familie aufgewachsen und habe selbst eine große Leidenschaft für diesen Sport entwickelt. Es war immer mein Traum, meinen Lieblingsspieler, Kobe Bryant von den Los Angeles Lakers, einmal live zu sehen. Es war ein atemberaubender Abend. Es macht mich heute noch sehr glücklich, wenn ich an diesen Abend zurückdenke. Mittlerweile ist Kobe Bryant leider durch einen tragischen Helikopter-Absturz ums Leben gekommen. Dies hat mir wieder gezeigt, dass man seine Träume nicht aufschieben soll.

Für mich war die Zeit im Ausland eine wahrlich kostbare Erfahrung: Ich hatte den Mut, ins Ungewisse zu gehen, und wurde dafür mit einer sehr lehrreichen und lustigen Zeit sowie besonderen menschlichen Begegnungen belohnt. Gerade eine Freundschaft wurde so intensiv, dass sie mich für regelmäßige New York-Besuche motiviert. Ich bin heute noch sehr dankbar, dass ich diesen Schritt gegangen bin. Deshalb möchte ich gerne alle Studierenden mit einer Seheinschränkung ermutigen, im Ausland zu studieren: Es ist eine sehr bereichernde Erfahrung für die persönliche Entwicklung und macht einfach unglaublich viel Spaß. Meine Auslandserfahrung hat mich dann auch dazu motiviert, das Seminar "Campus Visually Impaired - Studying in Europe without Borders" in Kooperation mit dem DVBS zu organisieren, denn die beste Zeit des Studiums sollte man nicht wegen einer Seheinschränkung verpassen.

*Du bist deine eigene Grenze.*

Zum Autor

Marian Moritz Frisch ist 33 Jahre alt und sehbehindert. Seine Sehstärke beträgt 10%. Er ist DVBS-Mitglied und Beisitzer der Gemeinschaftsstiftung für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf. Marian Moritz Frisch ist beruflich als Aktienfondsmanager für Deutsche Aktien beim Bankhaus Metzler tätig. Zu seinen Hobbies zählen Yoga, Basketball, Mediation, Persönlichkeitsentwicklung, Klavier und Reisen.

Bild: Marian Moritz Frisch lächelt offen. Er trägt eine Brille und hat dunkle Augen, braunes Haar und einen kurz gestutzten Oberlippen- und Kinnbart. Zum dunkelblauen Sakko und weißem Hemd passt eine bunte Krawatte in überwiegend Grüntönen. Foto: Frisch

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Teilhabe, Barrierefreiheit und Inklusion in Ausbildung und Studium: Die Fachgruppe StAu des DVBS bietet Rat und Unterstützung

Von Christoph Kärcher, Melanie Brüning, Ali Gürler und Verena Hofmann (Leitungsteam Fachgruppe Studium und Ausbildung)

In der Fachgruppe Studium und Ausbildung des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (FG StAu des DVBS) sind vor allem Schüler*innen (sowie ggf. deren Eltern), Auszubildende, Studierende, Praktikant*innen und Referendar*innen organisiert.

Thematisch setzen wir uns mit Fragen, Problemen und Bedürfnissen rund um Teilhabe, Barrierefreiheit und Inklusion im Studium bzw. in der Ausbildung auseinander. Wir stellen beispielsweise Informationen zu rechtlichen und organisatorischen Fragen, die Ausbildung, Studium, Praktikum o.ä. betreffen, bereit. Wir beraten bei Fragen rund um Assistenz und Nachteilsausgleiche sowie bei Fragen zu technischen Hilfsmitteln. Schließlich geben wir Tipps und Hinweise zur Sicherstellung einer barrierefreien Lernumgebung.

Die Fachgruppe bietet die Möglichkeit, sich zu vernetzen und auszutauschen. Im Mittelpunkt steht der Erfahrungsaustausch der Mitglieder untereinander, etwa durch eine WhatsApp-Gruppe und eine Mailingliste. Hier werden individuelle Anliegen durch andere Betroffene beantwortet und Hilfestellung gegeben. Zusätzlich bieten wir von Zeit zu Zeit themenspezifische Online-Vorträge mit anschließenden Diskussionsmöglichkeiten sowie Seminare und Veranstaltungen an, auch in Kooperation mit anderen Organisationen.

Darüber hinaus können sich die Fachgruppenmitglieder individuell von der DVBS-Geschäftsstelle oder der StAu-Fachgruppenleitung beraten lassen. Inhaltlich geht es in solchen Beratungen oft um Tipps und Hinweise zur Studium- oder Ausbildungswahl, um spezifische Probleme im Studium oder in der Ausbildung sowie um die Frage nach geeigneten Hilfsmitteln. Bei Bedarf werden Ratsuchende auch an andere Institutionen weiterverwiesen.

Außerdem können im Rahmen von Mentoring gezielt Fragen beantwortet und Wissen erworben werden. Denn für Personen in Ausbildung oder im Studium gibt es im DVBS das bereits seit einigen Jahren bewährte Mentoringprogramm "TriTeam". Im Rahmen des Projekts werden Mentees in der Regel für ein Jahr durch eine*n passende*n und für die jeweiligen Fragen geeignete*n Mentor*in begleitet und gezielt beraten. Bei Bedarf kann für spezifische Fragen eine dritte Person als Experte oder Expertin hinzugezogen werden.

Typische Fragestellungen, die in TriTeam-Mentoring-Beziehungen behandelt werden, betreffen den Übergang Schule - Studium bzw. Schule - Ausbildung, die Ausbildung bzw. das Studium selbst oder die Phase des Berufseinstiegs. Die genauen thematischen Schwerpunkte legt das jeweilige Mentoring-Tandem zu Beginn selbst fest und bearbeitet sie anschließend im Laufe des Mentoring-Jahres.

Highlights der letzten Jahre waren für die Fachgruppe StAu sicherlich die Seminare zum Einstieg ins Studium, zur Ausbildung und über Stressbewältigung.

Im beliebten Studien-Einstiegs-Seminar ging es, über mehrere Termine verteilt, um wichtige Aspekte, die einen erfolgreichen Start ins Studium betreffen. Das Seminar fand - bedingt durch die Corona-Pandemie - über das Onlinekonferenzsystem Zoom statt und wurde in Kooperation mit dem DBSV veranstaltet. Neben Erfahrungsberichten von selbst betroffenen Studierenden und der Vorstellung von Beratungszentren für blinde oder sehbehinderte Studierende an verschiedenen Hochschulen wurden natürlich auch rechtliche Aspekte rund um Hilfsmittelbeschaffung, Nachteilsausgleich und Assistenzfragen im Studium behandelt. Daneben gab es auch viel Raum für Fragen der angehenden Studierenden. Einige Beiträge des Seminars sind auf der DVBS-Homepage als Audiodownload abrufbar. Wir konnten durch das Seminar auch Nichtmitglieder ansprechen und den DVBS und unsere Fachgruppe bekannter machen.

Im Seminar, das Themen rund um die Ausbildung behandelte und das ebenfalls digital stattfand, wurden an zwei Terminen die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Arbeitsagentur aufgezeigt. Hierfür standen uns ein Mitarbeiter und ein ehemaliger Mitarbeiter der Arbeitsagentur freundlicherweise zur Verfügung. Sie erläuterten Unterstützungsmöglichkeiten der Arbeitsagentur, erklärten, wie der "Laden Arbeitsagentur" insbesondere im Reha-Bereich funktioniert, und waren für - teilweise kontroverse - Diskussionen offen.

Schließlich fand ein - ebenfalls online durchgeführtes - Seminar zum Thema Stressbewältigung statt. Hier wurde das Leitungsteam der Fachgruppe StAu dankenswerterweise von einer selbst blinden Psychologin aus dem Leitungsteam der Fachgruppe "Soziale Berufe und Psychologie" unterstützt. Zunächst referierte die Expertin über das Thema Stress und Stressbewältigung, auch vor dem Hintergrund einer Blindheit oder Sehbehinderung. Anschließend gab es zu diesem - doch teilweise eher individuellen - Thema einen sehr offenen Austausch.

Insgesamt spielte die Corona-Pandemie in der Fachgruppenarbeit eine große Rolle. Direkt zu Beginn wurden Onlinekonferenzsysteme - auch bedingt durch das Bedürfnis der Mitglieder, die an ihren Universitäten plötzlich diesen Systemen gegenüberstanden - auf deren Barrierefreiheit getestet, und wir tauschten an verschiedenen Terminen Tipps und Hinweise aus. Schnell stellte sich heraus, dass die Plattform Zoom bezüglich der Barrierefreiheit für Blinde und Sehbehinderte gut zu bedienen ist.

Dieses Wissen und unsere Erfahrung machte sich der gesamte DVBS schnell zu Nutze und führte während der Corona-Pandemie mittels dieser Onlinekonferenzsysteme zahlreiche andere Veranstaltungen durch.

Auch über die Pandemie-Zeit hinaus wird der Vorteil von Onlinekonferenzen für die Fachgruppenarbeit der FG StAu sicherlich darin bestehen, dass Veranstaltungen einfach und ohne Reiseaufwand für die Teilnehmenden durchgeführt werden können - ein Vorteil, der für eine bundesweit aufgestellte Fachgruppe nicht unterschätzt werden sollte. In der Vor-Corona-Zeit hatte sich zunehmend gezeigt, dass Präsenzveranstaltungen immer wieder wegen geringer Teilnehmerzahlen abgesagt werden mussten. Natürlich ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass bei Veranstaltungen im Onlineformat ein Stück mehr Anonymität gegeben ist, als das bei physischen Treffen der Fall ist. Wie sich das Verhältnis Onlineveranstaltungen zu Präsenztreffen genauer entwickelt, wird die Zukunft noch zeigen.

Grundsätzlich blieben die Beratungsinhalte während der Corona-Pandemie die gleichen wie in den Jahren vor der Pandemie. Hinzu kommt jedoch in letzter Zeit verstärkt der Wunsch, sich über psychologische Themen bezüglich Studium / Ausbildung und Blindheit bzw. Sehbehinderung auszutauschen. Dies erstaunt insofern nicht, da dieser Themenkreis, wie beispielsweise Stress und Stressbewältigung, während der Corona-Pandemie an Bedeutung gewonnen hat, insbesondere für die jüngere Generation.

Zukünftig werden für die Fachgruppenarbeit sicher digitale Medien - sowohl bei der individuellen Beratung als auch bei Veranstaltungen - eine große Rolle spielen. Thematisch werden weiterhin eher die "klassischen" Themen Schwerpunkte bleiben, z. B. wie startet man erfolgreich in ein Studium bzw. in eine Ausbildung, wie beantragt man Hilfsmittel, was ist bei einem Nachteilsausgleich zu beachten, o.ä.

Eine Herausforderung dürfte für die Fachgruppe der Zukunft - wie für die gesamte Selbsthilfe - das Bemühen sein, junge Menschen für Selbsthilfeorganisationen zu begeistern und sie von der Bindung an die Selbsthilfe zu überzeugen. Für die Fachgruppe StAu kommt im Vergleich zu anderen DVBS-Fachgruppen hinzu, dass Ehrenamtliche relativ kurz im Leitungsteam bleiben, da sich die private, aber auch die Ausbildungs- oder Studiensituation relativ rasch ändern kann. Hier sehen wir die Gefahr, dass Wissen und Erfahrung verloren gehen können.

Weitere Informationen über unsere Fachgruppe gibt es auf der DVBS-Webseite unter https://dvbs-online.de/index.php/verein-2/fachgruppen-2/fachgruppe-studium-und-ausbildung .

Kontakt

Für Fragen und wenn Du unserer Fachgruppe beitreten möchtest, sind wir per E-Mail erreichbar unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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"Fähigkeiten speisen Selbstvertrauen"

Ute Mölter berät seit über 20 Jahren als Jobcoach Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung rund um die Themen Ausbildung, Studium, Beruf und Karriere. Im Interview mit Thorsten Büchner erzählt die Leiterin des Beratungs- und Schulungszentrums der blista aus ihrer Beratungspraxis und welche wichtige Rolle kompetente Berater*innen gerade für Menschen mit Behinderung spielen.

horus: Was sind aus ihrer langjährigen Erfahrung als Beraterin und Jobcoach wichtige Voraussetzungen dafür, eine Ausbildung oder ein Studium anzugehen und auch abzuschließen?

Ute Mölter: Zunächst ist es mir wichtig zu sagen, dass fast ein Drittel aller Studierenden ihr zuerst gewähltes Fach nicht zu Ende studieren oder sich ganz vom Studium verabschieden. Daher ist das kein Makel oder gar ein "Scheitern". Ich bin der Überzeugung, dass auch ein vermeintlich falsch eingeschlagener Bildungsweg nie umsonst war und man daraus immer gestärkt und schlauer hervorgehen kann. Ich habe mich in den letzten Jahren viel mit Dozent*innen und Professor*innen ausgetauscht und sie nach ihrer Einschätzung gefragt, welche Voraussetzungen wichtig sind, um ein Studium durchzuhalten. Die Antworten haben mich schon überrascht. Die meisten sagten nicht "fachliche Qualifikationen oder Kompetenzen", sondern: "Die richtige Motivation und die Einbindung in einer funktionierenden Gruppe".

Was heißt "richtige Motivation"?

Naja. Ich kann mir gut vorstellen, dass es zu Beginn eines Studiums oftmals noch nicht so richtig klar ist, welches berufliche Ziel mit dem Studium verknüpft und erreicht werden soll. Das ist ja auch völlig normal. Die Gründe, weshalb man dieses oder jenes Fach studiert, sind ja vielfältig und haben nicht immer mit den eigenen Talenten und Fähigkeiten zu tun. Deswegen ist es schon wichtig, sich über die eigenen Kompetenzen klar zu werden und für sich selbst eine Zielvorstellung zu formulieren, in welchem Bereich man nach dem Abschluss ungefähr tätig werden möchte. Nach dem Motto: Fähigkeiten speisen Selbstvertrauen. Und dann spielen, gerade bei Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung, die Berater*innen eine ziemlich wichtige Rolle.

Wie meinen Sie das?

Wenn ich von Berater*innen spreche, dann meine ich eine vielfältige Personengruppe. Von Eltern, Lehrer*innen, Dozent*innen, Studien- und Jobberater*innen, ob an der Uni, der Arbeitsagentur oder vom Integrationsfachdienst. Wenn blinde oder sehbehinderte Ratsuchende während einem bevorstehenden Ausbildungswechsel, einem Studienabbruch oder vor der Aufnahme einer Ausbildung noch nicht gänzlich sicher sind, welche Zielvorstellungen sie haben, welche Kompetenzen sie für sich ausmachen, kann es mitunter etwas schwierig werden, weil leider immer noch viele Berater*innen zu sehr problemorientiert beraten. Das heißt dann: Was kannst du aufgrund deiner Sehbehinderung oder Blindheit nicht? Welche Fächer sind nicht möglich? Das stärkt dann nicht gerade die Motivation und das Selbstvertrauen. Manche der Ratsuchenden "kühlen" dann ein wenig aus und lassen sich vielleicht auf Kompromiss-Ausbildungsgänge oder Studienfächer ein, wo es dann natürlich mit der Motivation etwas knifflig werden kann. Deswegen ist es auch, und gerade für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung, so wichtig, dass sie auf qualifizierte Berater*innen treffen. Seit ich in diesem Bereich unterwegs und aktiv bin, hat sich da glücklicherweise sehr viel getan und die Kompetenzberatung hat die problemorientierte Beratung dann doch schon ein gutes Stück zurückgedrängt.

Aber was tun Sie selbst in ihrer Beratungspraxis, wenn Sie für sich merken oder denken, dass der eingeschlagene Weg, das formulierte Ziel der ratsuchenden Person, vielleicht nicht funktioniert?

Wenn ich in einer Beratung das Gefühl habe, dass das Ziel, das die Person hat, vielleicht unrealistisch ist oder sie sich gar überschätzt, dann spreche ich mit der ratsuchenden Person darüber, definiere "meine Gedanken" eindeutig als meine und begründe die Einschätzung. Und ich rate dann immer dazu, dass wir das gewünschte Betätigungsfeld beispielsweise in einem Praktikum ausprobieren. Denn: Ich habe es auch schon erlebt, dass ich mich selbst in meinen Einschätzungen geirrt habe. Nachdem wir so Prozesse konstruktiv in der Praxis überprüft haben, hat ein Ausbildungs- oder Berufswunsch, zumindest in Varianten, dann doch oft funktioniert.

Ich rate immer, dass Ratsuchende alle Informationen, die sie sammeln, genau prüfen und dann eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen. Als Beraterin kann und möchte ich unterstützen und nicht vorgeben.

Eigenverantwortliches Handeln, also die Führung hinsichtlich aller Belange der eigenen Behinderung zu übernehmen, gilt auch beim zweiten Erfolgsfaktor, ein Studium durchzuhalten: das Arbeiten in inklusiven Teams, etwa in einer Studiengruppe. Da liegt es an der blinden oder sehbehinderten Person zu formulieren, welche Unterstützung nötig oder unnötig ist, um auf Augenhöhe agieren zu können. Im Normalfall kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die meisten Studierenden, mit denen man es zu tun hat, bislang keinerlei Erfahrung und Kontakt zu Menschen mit Behinderung hatten.

Wenn Menschen in Ausbildung oder Studium mit ihrem derzeitigen Status hadern und zu Ihnen in die Beratung kommen: Steht dann am Ende des Prozesses immer eine Umorientierung, was die beruflichen Ziele angeht?

Nein, überhaupt nicht. Manchmal geht es auch einfach darum, die Abläufe und die Arbeitsweise genauer unter die Lupe zu nehmen. Vor kurzem kam jemand zu mir, der Lehramt studiert. Er hatte zwar schon darüber nachgedacht, bei Lehrproben und speziell fürs Referendariat auf eine Arbeitsassistenz zurückzugreifen, hatte das aber noch nicht in Angriff genommen und war daher ins Grübeln geraten, ob der Lehrberuf der richtige Weg sein könnte. Wir haben dann viel über den Umgang mit Assistenz gearbeitet, die eigene Führungsrolle im Assistenzverhältnis und andere Dinge. Dann hat er das ausprobiert und fühlt sich jetzt viel sicherer und kompetenter in seinem Handeln und war darin bestärkt, den Beruf des Lehrers anzustreben und sein Studium fortzusetzen.

Zur Person

Ute Mölter, Dipl. Sozialpädagogin und Systemische Coachin (DGSF) für Fach- und Führungskräfte mit Sehbehinderung und Blindheit, ist Abteilungsleiterin des Beratungs- und Schulungszentrums der blista.

Kontakt

Beratungs- und Schulungszentrum (BSZ) der blista
Biegenstraße 20 ½
35037 Marburg
Tel.: 06421 606-500
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Web: www.blista.de/reha-angebote

Bild: Ute Mölter leitet das Beratungs- und Schulungszentrum der blista. Sie trägt zur korallroten Bluse einen melierten Blaser. Ihr dunkelblondes Haar hat sie zurückgebunden, kleine Ohrringe sind sichtbar. Foto: privat

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Wasserpistolen, Bodenbeläge und Spielekonsolen: So vielseitig ist E-Commerce

Pascal Geweniger ist blind und studiert Betriebswirtschaft. Neben seinem Studium hat er sich bereits im Bereich E-Commerce selbstständig gemacht. Im horus-Interview mit Isabella Brawata erzählt er, wie es dazu kam und für wen E-Commerce geeignet ist.

horus: Herr Geweniger, bevor wir über Ihre Laufbahn sprechen, was versteht man eigentlich unter E-Commerce?

Pascal Geweniger: Unter E-Commerce versteht man, kurz gesagt, alles, was online stattfindet, sowohl im Hard- als auch im Softwarebereich. Das kann vom Bauen von Webseiten über Onlinemarketing bis hin zum Verkauf von Produkten und Dienstleistungen gehen.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ins E-Commerce einzusteigen?

Ich wollte mir nach der Schule ein bisschen "Taschengeld" nebenbei dazuverdienen. Aufgrund der Blindheit kamen die meisten üblichen Studentenjobs für mich nicht in Frage. Ein ehemaliger blista-Lehrer gab mir den Tipp, Produkte auf eBay zu verkaufen. So kam mir die Idee, über Amazon Produkte ein- und weiterzuverkaufen. Also habe ich losgelegt, ein Gewerbe angemeldet und mir einen guten Steuerberater gesucht.

Komplizierter war das Product-Sourcing. Da gibt es vieles zu beachten, und bei meinem ersten Produkt ist da leider auch was schiefgelaufen. Ich hatte zu Sommerbeginn Wasserpistolen aus China bestellt und wollte sie auf Amazon verkaufen, habe alle notwendigen Formulare ausgefüllt, doch ich bekam keine Erlaubnis von Amazon. Weder in Facebook-Gruppen noch beim Amazon-Support selbst konnte man mir den Grund für die Nicht-Bewilligung nennen. Ich hatte keine Chance und blieb schließlich auf einer Menge Wasserpistolen sitzen, die ich mit einigem Verlust über eBay und andere Quellen loswurde.

Also investierte ich eine ordentliche Summe und machte einen Kurs, in dessen Verlauf meine Fragen und Probleme geklärt werden konnten. Ich sagte mir: Abertausende Leute verkaufen auf Amazon, dann muss ich das doch wohl auch hinkriegen. Es gab damals nämlich noch keine Ausbildung, und ich musste mir alles selbst erarbeiten. Also habe ich begonnen, kleine Produktmengen, für die nicht so viele Auflagen erfüllt werden müssen, zu launchen, und war stolz wie Oskar, als der Verkauf dann endlich geklappt hat.

Wie haben Sie sich weiterentwickelt?

Mittlerweile habe ich eine eigene Firma und vertreibe unter meiner Privat-Label-Marke "Bodenständig" auf Amazon Bodenbeläge. In diesem Bereich unterliegen alle Prozesse meiner Kontrolle. Ich mache den Herstellern Vorgaben für meine Produkte und lasse alles schützen, damit niemand meine Ideen klauen kann. Dann vertreibe ich noch über einen Online-Shop und über Kaufland Spielekonsolen.

Welche Fähigkeiten sollte man mitbringen, wenn man im E-Commerce-Bereich erfolgreich sein möchte?

Man braucht ein Grundverständnis der Betriebswirtschaft, mathematisches und kaufmännisches Verständnis, man muss Ahnung von Marketing und Design haben und wissen, wie man Produkte auf den unterschiedlichsten Plattformen wie Google, Facebook oder YouTube bewerben muss.

Wie barrierefrei sind denn die Web-Anwendungen, mit denen Sie arbeiten?

Grundsätzlich sind Webseiten, wie beispielsweise Amazon Seller Central, relativ barrierefrei. Das Problem stellt eher die Übersichtlichkeit dar. Im Bereich Lagerlogistik hat man riesige Tabellen, aus denen für jeden einzelnen Posten ersichtlich ist, welches Produkt wo verfügbar ist, was zwischen welchen Lagern transferiert wird, welche Produkte zum Kunden oder Retour gehen und welche defekt sind. Mir als blindem Menschen fehlt da der Überblick. Ich arbeite sehr gut mit meinem Geschäftspartner zusammen, der alles im Auge behält.

Im E-Commerce-Bereich spielt es eine große Rolle, Produkte möglichst optisch attraktiv zu präsentieren. Wie lösen Sie dieses Problem?

Ja, das stimmt. Das Design spielt eine enorm wichtige Rolle. Auch in diesem Bereich vertraue ich voll und ganz auf meinen Geschäftspartner.

Was können Sie anderen blinden und sehbehinderten Menschen raten, die in den Online-Handel einsteigen möchten?

Wenn man sich als blinde oder stark sehbehinderte Person im E-Commerce selbstständig machen möchte, muss man bedenken, dass es Bereiche gibt, für die man eine helfende Hand und ein sehendes Auge braucht. Man muss sich eine Person suchen, auf deren Fähigkeiten man sich vollkommen verlassen kann, denn die Qualität von Fotos oder Videos kann über Wohl und Wehe eines Online-Shops entscheiden.

Meine Stärken liegen im Finanzbereich. Ich kenne mich gut im Steuerrecht und mit Finanzierungsmöglichkeiten aus. Auch im Bereich Lagerlogistik, also effiziente Transportwege erschließen, bin ich tätig. Und ich manage eigentlich alles, was anfällt. Ich kümmere mich um Probleme und Anliegen der Mitarbeiterschaft, teste neue Software, habe alle Abläufe im Blick.

Unabhängig davon, ob man sehend ist oder nicht, sollte man sich fragen, was man gern tut, ob man lieber Webseiten programmiert oder gute Werbeslogans erfindet. Wichtig ist, Spaß am E-Commerce zu haben, denn man muss sich in der Regel vor allem um Problemlösungen bemühen, wenn die Mitarbeiter*innen nicht mehr weiterwissen. Man hat es also oft mit nervigen Angelegenheiten zu tun und braucht ein dickes Fell. Das hält man nur durch, wenn man Freude an der Tätigkeit hat und Befriedigung empfindet, wenn es gelingt, ein Problem zu lösen.

Man darf auch nicht erwarten, dass man von heute auf morgen Millionär wird. Man kann zwar in diesem Bereich durchaus ganz gut verdienen, aber dahinter steckt viel harte Arbeit. Außerdem sollte man nicht dem Irrtum erliegen, dass man mit einem kleinen Budget viel bewirken kann. An der falschen Ecke zu sparen ist häufig nicht zielführend. Es lohnt sich beispielsweise, für gute Fotos viel Geld auszugeben. Wenn man über ein geringes Startkapital verfügt, sollte man sich zunächst an ein Produkt wagen, von dem nicht sonderlich viel verkauft wird. Da ist zwar der Gewinn geringer, dafür aber die Konkurrenz kleiner.

Man sollte sich nicht von ersten negativen Erfahrungen abschrecken lassen, sondern dranbleiben und sich mit anderen vernetzen und austauschen, denn geteiltes Leid ist halbes Leid!

Zur Person

Pascal Geweniger ist 23 Jahre alt. Seit seinem 13. Lebensjahr ist er komplett blind. Er war vom 5. Schuljahr an Schüler der blista und machte 2019 am beruflichen Gymnasium, Fachrichtung Wirtschaft, das Abitur. Zurzeit studiert er an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Betriebswirtschaftslehre. 2018 hat er sich im E-Commerce selbstständig gemacht.

Bild: Pascal Geweniger steht am Ufer, auf der anderen Uferseite liegt die Skyline Manhattans. Er hat raspelkurze schwarze Haare, einen kurzen Bartstreifen entlang der Wangen- und Kinnkontur, helle blaue Augen, trägt eine Nike Kapuzenjacke und wendet sich freundlich den Bildbetrachtenden zu. Foto: privat

Ausbildungen an der blista

Die blista bietet drei Ausbildungsgänge im kaufmännischen Bereich sowie drei Ausbildungen im Bereich Informatik an.

Im Rahmen der Arbeitserprobung PROStart besteht die Möglichkeit, die Ausbildungsberufe, die Ausbilder*innen und den Betrieb kennenzulernen sowie an praxisorientierten Ausbildungseinheiten teilzunehmen.

Termine für PROStart - Arbeitserprobung

Für alle, die sich beruflich orientieren möchten:

  • April 2023 bis 21.04. 2023
  • 22. Mai 2023 bis 26.05. 2023

Umschulungen sind auf Anfrage auch möglich.

Informationen zu den Umschulungen und Ausbildungen sowie weitere Termine von PROStart findet man hier:
https://www.blista.de/ausbildungen-und-umschulungen#H

Kontakt

Zentrum für berufliche Bildung
Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
Otfrid Altfeld, Ressortleiter "focus arbeit"
Tel.: 06421 606-541
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.blista.de/ausbildungen-und-umschulungen

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Beruf, Bildung und Wissenschaft

Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitert an Einstellungspolitik der Unternehmen
Langzeitarbeitslosigkeit ist 2022 gestiegen

Von Aktion Mensch e. V.

Die Folgen der Pandemie sind für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt noch immer spürbar: Zwar sinken die Arbeitslosenzahlen nach Jahren der Krise wieder, gleichzeitig verschärft sich jedoch die Langzeitarbeitslosigkeit. Nahezu die Hälfte aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung ist mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung - ein Plus von über fünf Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Erholung und Fortschritt der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheitern dabei insbesondere an der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes, das 2022 zum zehnten Mal erschien, diesmal wieder mit einer Zusatzbefragung zum Thema Digitalisierung.

Ausgleichsabgabe statt Beschäftigung - Mehrheit der Unternehmen kauft sich frei

Etwa 173.000 Unternehmen in Deutschland sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Während lediglich rund 40 Prozent dieser Unternehmen alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, beschäftigen fast 26 Prozent keinerlei Arbeitnehmer*innen mit Behinderung - sie entziehen sich gänzlich ihrer Verpflichtung und zahlen stattdessen die volle Höhe der sogenannten Ausgleichsabgabe. 

Die derzeitige Einstellungspolitik ist umso kritischer vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen von Unternehmen zu bewerten, die Menschen mit Behinderung beschäftigen: 80 Prozent geben laut einer repräsentativen Befragung im Rahmen der Studie an, keine Leistungsunterschiede zwischen Kolleg*innen mit und ohne Behinderung wahrzunehmen. "Die Entwicklung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt hängt entscheidend von der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen ab. Doch trotz zunehmender Personalengpässe ignorieren viele das Potenzial von Arbeitnehmer*innen mit Behinderung", so Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes.

Gespaltene Situation: Stabile Arbeitsverhältnisse versus Langzeitarbeitslosigkeit

Einmal auf dem Arbeitsmarkt angekommen, bewertet das Gros der Angestellten mit Behinderung den Einsatz ihrer Fähigkeiten als adäquat: 89 Prozent bestätigen, dass sie ihren beruflichen Qualifikationen entsprechend eingesetzt werden. Gleichzeitig erweisen sich bestehende Arbeitsverhältnisse als stabil - im Jahr 2021 gab es mit 19.746 so wenig Anträge auf Kündigung von Menschen mit Behinderung wie noch nie seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers.

Sind Menschen mit Behinderung dagegen arbeitslos, zeigt sich ein anderes Bild: Im vergangenen Jahr gelang lediglich drei Prozent die Rückkehr in den Arbeitsmarkt, während es bei Menschen ohne Behinderung sieben Prozent waren. Arbeitslose ohne Behinderung haben folglich eine mehr als doppelt so hohe Chance, eine Anstellung zu finden, als Arbeitslose mit Behinderung. Dies verstärkt weiterhin die Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit: Mehr als 80.000 potenzielle Arbeitnehmer*innen - und damit rund 47 Prozent aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung - sind mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung.

"Der in ganz Deutschland erneut gestiegene Anteil an langzeitarbeitslosen Menschen mit Behinderung ist alarmierend - dieser Missstand verfestigt sich mehr und mehr. Ohne eine drastische Verstärkung der Inklusionsbemühungen wird die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren kaum aufzuheben sein", mahnt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.

Chancen und Risiken der Digitalisierung

"Hinsichtlich der Arbeitsmarktchancen bleibt festzuhalten, dass diese sich in der Wahrnehmung der befragten Arbeitnehmer*innen durch die Digitalisierung im Saldo nicht verschlechtert haben, allerdings bleibt der positive Beschäftigungseffekt trotz der optimistischen Einschätzung der befragten Akteur*innen bisher noch aus", lautet ein Ergebnis des Inklusionsbarometers Arbeit. Das Autorenteam warnt: "Schließlich gilt es zu beachten, dass sich durch die Digitalisierung neue Diskriminierungspotenziale ergeben. So können in Zukunft Menschen auf Basis von Risikoprofilen, die die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit erfassen, diskriminiert werden. Das ist mit der heutigen Technik zwar noch nicht umsetzbar. Der Gesetzgeber ist aber zum Handeln aufgerufen, den Einsatz solcher Technologien zu verhindern."

Das 83-seitige "Inklusionsbarometer" finden Sie unter https://aktion-mensch.stylelabs.cloud/api/public/content/aktion-mensch-inklusionsbarometer-arbeit-2022.pdf?v=1c96bb3b

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Fachtagung "Perspektiven der digitalen Arbeitswelt"
DVBS-Projekt agnes@work lädt am 25. April 2023 nach Berlin ein

Von Savo Ivanic

In wenigen Wochen ist es so weit: Am 25. April 2023 veranstalten der DVBS und sein Projekt agnes@work - Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige - die Fachtagung "Perspektiven der digitalen Arbeitswelt - Beschäftigungs- und Weiterbildungschancen für Menschen mit Behinderungen".

Hintergrund

Absehbare Veränderungen der Arbeitsprozesse - Schlagworte: Agiles Arbeiten, Digitalisierung, Flexibilisierung - werden sich stark auf die Beschäftigungschancen für Menschen mit Behinderungen auswirken. Der gesetzliche Rahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben eröffnet viele Möglichkeiten. Dennoch funktioniert die Umsetzung in die Praxis nicht ausreichend.

Die Selbsthilfe bietet - wie mit dem Projekt agnes@work - Expertise und Hilfestellung zur Problemlösung. Ein nachhaltiger Erfolg ist aber nur möglich, wenn der politische und gesellschaftliche Wille da ist, die stattfindenden Veränderungen im Arbeitsleben auf einer breiten Grundlage konstruktiv anzugehen.

Themen

Die Fachtagung will die Bedingungen und Chancen beruflicher Teilhabe und der beruflichen Weiterbildung von schwerbehinderten Menschen - insbesondere von Blinden und Sehbehinderten - vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Arbeitswelt verdeutlichen. Teilnehmende aus Wissenschaft und Politik sowie der Unterstützungsstruktur und Selbsthilfe (u.a. Wissenschaftszentrum Berlin, Bundesagentur für Arbeit, Nationale Agentur im Bundesinstitut für Berufsbildung, Integrationsämter und Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband) referieren und diskutieren über die Chancen inklusiver Arbeit und beruflicher Weiterbildung unter den Bedingungen agiler Arbeit und Digitalisierung.

Als politische Vertreter sind unter anderem eingeladen: Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales, und Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

Die Vorträge und Podiumsdiskussionen drehen sich insbesondere um Fragen zu Beschäftigungsperspektiven von Menschen mit Behinderungen in sich verändernden Arbeitsumfeldern, zur inklusiven Gestaltung von Weiterbildung und zur Barrierefreiheit im Kontext der Digitalisierungsprozesse.

Arbeitsgruppen

Vier Arbeitsgruppen behandeln folgende Themenkomplexe:

  • Neue Arbeitsformen und berufliche Teilhabe für blinde und sehbehinderte Erwerbstätige - Chancen und Erfordernisse
  • Weiterbildung und berufliche Entwicklung von blinden und sehbehinderten Berufstätigen
  • Digitalisierung und Barrierefreiheit als Schlüsselfaktor für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen
  • Neue Chancen für Beschäftigung - Initiativen zur Gewinnung von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen

Termin und Ort

Die Tagung findet statt am 25. April 2023, 9:00-17:30 Uhr, im Festsaal der Berliner Stadtmission, Lehrter Straße 68, 10557 Berlin.

Kosten

Ein Teilnahmebeitrag wird nicht erhoben.

Anmeldung

Die Anmeldung läuft bis zum 27. März 2023. Interessierte können sich unter https://www.agnes-at-work.de/fachtagung-2023/ registrieren.

Kontakt

agnes@work - Agiles Netzwerk für sehbeeinträchtigte Berufstätige
c/o DVBS e.V.
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-33
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.agnes-at-work.de
Weiterbildungsplattform: https://weiterbildung.dvbs-online.de

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Ableismus - sinnvoll oder überflüssig?

Von Uwe Boysen

Wer den Beitrag von Matthias Klaus in horus 4/2022 gelesen hat, der wird über den Begriff Ableismus gestolpert sein, der aus dem Englischen stammt und in den Disability Studies eine große Rolle spielt. Klaus hat dargestellt, was damit gemeint ist, nämlich die Abwertung einer Person mit einer Beeinträchtigung. Für mich ergibt sich allerdings die Frage, ob wir einen solchen Begriff wirklich brauchen.

Meine Antwort ist eindeutig: nein! Natürlich will jede wissenschaftliche Disziplin, die eine Daseinsberechtigung sucht, wie die "Disability Studies" (die auch keinen deutschen Namen gefunden hat), wichtig klingende Begriffe kreieren und in die allgemeine wissenschaftliche und gesellschaftliche Diskussion bringen. Das mag angehen, wenn der Begriff tatsächlich zur Erläuterung von Phänomenen beiträgt und Perspektiven zu ihrer Erklärung verspricht, die es so bislang nicht gab. Das trifft jedoch auf das Wortungetüm Ableismus schlicht nicht zu. Zum einen werden die mit Ableismus gemeinten Verhaltensweisen und Strukturen weitgehend mit dem gängigen und verständlichen Begriff der Diskriminierung erfasst, der obendrein auch eine juristische Bedeutung hat. Zum anderen sind die mit Ableismus beschriebenen Tatsachen und Einstellungen soziologisch ein ziemlich alter Hut in neuem Gewand.

Schon vor 50 Jahren kam ein Begriff aus den USA in die deutsche soziologische Diskussion, der, wenn ich es recht sehe, die geschilderte Praxis sehr gut abbildet. Ich meine den sog. "Labeling Approach", der damals mit dem Begriff "Etikettierungsansatz" immerhin einen angemessenen deutschen Namen bekommen hatte und der den Vorteil hat, mindestens genauso gut zu beschreiben, worum es geht, nämlich darum, einer Person oder auch einer Personengruppe ein Etikett oder einen Stempel aufzudrücken, den sie dann nicht mehr los wird. Dieser Ansatz beschreibt viel verständlicher, worum es geht, und hat den Vorteil, seinen Ursprung in allgemeinen Theorien zu haben und nicht bloß von Behinderung auf andere gesellschaftliche Erscheinungen "überzugreifen", sondern sie auch mitzuerfassen. Diese Theorie hat schon Eva-Maria Glofke-Schulz in ihrem Buch "Löwin im Dschungel" auf Menschen mit Beeinträchtigungen übertragen. Das beschreibt viel klarer, worum es geht, als die neue Kreation.

Mein Fazit: Forscherinnen und Forscher sollten ihre Hausaufgaben besser machen, bevor sie neue Begriffe in die Welt setzen, die keinerlei wissenschaftlichen Mehrwert enthalten und obendrein bei nicht mit den Themen vertrauten Menschen eher zu Kopfschütteln als zu Erkenntnisfortschritt führen!

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Recht

Leistungen zur Teilhabe an Bildung gem. § 112 SGB IX für die schulische oder hochschulische Bildung sowie für schulische Berufsausbildungen (Teil I)

Von Dr. Michael Richter

In dieser Artikelserie soll ein Überblick bezüglich möglicher behinderungsspezifischer Hilfen im Rahmen der Ausbildung möglichst praxisnah gegeben werden. In diesem ersten Teil geht es um Hilfen der Eingliederungshilfe, die mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) am 01.01.2020 in Kraft getreten sind. Der Beitrag orientiert sich an einer von der Rechtsreferentin des DBSV herausgegebenen Übersicht über die Veränderungen durch das BTHG.

Eingliederungshilfe

Die aktuelle Fassung der "umgezogenen" Eingliederungshilfe in das Sozialgesetzbuch SGB IX (vorher SGB XII) sieht nun erstmals eine eigene Leistungsgruppe für Leistungen zur Teilhabe an Bildung vor (§ 75 SGB IX).

Leider ist die sehr offen gestaltete Vorschrift für den Anspruch im Einzelfall aber nicht maßgeblich, weil für die Eingliederungshilfe spezielle, deutlich eingeschränktere Regelungen gelten, die in § 112 SGB IX abschließend geregelt sind. Für die Eingliederungshilfe wird die Aufgabe der Leistungen zur Teilhabe an Bildung ganz grundsätzlich und allgemein in § 90 Abs. 4 SGB IX wie folgt definiert:

"Besondere Aufgabe der Teilhabe an Bildung ist es, Leistungsberechtigten eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung und schulische und hochschulische Aus- und Weiterbildung für einen Beruf zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen."

Klargestellt ist hierdurch aber auch, dass das Thema "Recht auf ein lebenslanges Lernen" nicht aufgegriffen wurde, z.B. sind eine Assistenz für ein Seniorenstudium oder etwa generell Unterstützung im Rahmen eines Volkshochschulkurses nicht umfasst.

Der Leistungskatalog in § 112 SGB IX ist insoweit auch abschließend. Die Leistungen umfassen Hilfen zu einer Schulbildung (§ 112 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB IX) und Hilfen zur schulischen oder hochschulischen Ausbildung oder Weiterbildung für einen Beruf (§ 112 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB IX).

Welches Bildungsziel verfolgt wird, richtet sich dabei allein nach den Wünschen des Leistungsberechtigten in Verbindung mit den schul- bzw. hochschulrechtlichen Zugangsvoraussetzungen.

Schule

Die Hilfen zur angemessenen Schulbildung umfassen ausdrücklich die weiterführenden Schulen, so dass der Gymnasialbesuch nicht erschwert wird, und es wird bei den Hilfen zur Schulbildung auch der Ganztagsunterricht ausdrücklich einbezogen (§ 112 Abs. 1 S. 2 SGB IX). Konkret betrifft dies Hilfen zur Unterstützung schulischer Ganztagsangebote in der offenen Form, die im Einklang mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule stehen und unter deren Aufsicht und Verantwortung ausgeführt werden, an den stundenplanmäßigen Unterricht anknüpfen und in der Regel in den Räumlichkeiten der Schule oder in deren Umfeld durchgeführt werden.

Internat

Die mit der Neuregelung der Eingliederungshilfe 2020 eingeführte strikte Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfen zum Lebensunterhalt wird im Falle minderjähriger Schüler nicht vollzogen. Die Internatsunterbringung anlässlich des Besuchs einer Blinden- oder Sehbehindertenschule ist damit weiterhin eine Leistung der Eingliederungshilfe. Hier bleibt es in der Folge dabei, dass ein Kostenbeitrag nur in Höhe der sog. häuslichen Ersparnis verlangt werden kann.

Die Sonderregelungen gelten ebenfalls für Personen, die volljährig sind und Leistungen zur Teilhabe an Bildung mit Internatsunterbringung erhalten (z. B. Schüler, die eine schulische Berufsausbildung absolvieren, die über die Eingliederungshilfe finanziert wird). Für diese Personen bleibt es ebenfalls beim Status quo hinsichtlich der Kostenbeteiligung (vgl. §§ 138, 142 und 134 SGB IX).

Berufsschule und Hochschule

Für den berufsschulischen bzw. hochschulischen Bereich wird der rehabilitative Charakter der Eingliederungshilfe gewahrt. So ist klargestellt, dass Hilfen zu einer schulischen oder hochschulischen Ausbildung erneut erbracht werden können, wenn dies aus behinderungsbedingten Gründen erforderlich ist (§ 112 Abs. 1 S. 4 SGB IX). Beispiel: Ein Student der Medizin erblindet und traut sich die Weiterführung des Studiums behinderungsbedingt nicht länger zu. Dieser Student könnte die Studienrichtung wechseln und würde weiterhin Vorlesekräfte etc. im Rahmen der Eingliederungshilfe finanziert bekommen.

Berufliche Weiterbildung und Promotion

Hilfen für eine schulische oder hochschulische berufliche Weiterbildung werden nur erbracht, wenn diese in einem zeitlichen Zusammenhang an eine duale, schulische oder hochschulische Berufsausbildung anschließt, in dieselbe fachliche Richtung weiterführt und es dem Leistungsberechtigten ermöglicht, das von ihm angestrebte Berufsziel zu erreichen (§ 112 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Die Unterstützung einer schulischen oder hochschulischen beruflichen Weiterbildung setzt laut Gesetzesbegründung nicht voraus, dass die zuvor absolvierte Berufsausbildung bereits durch Leistungen der Eingliederungshilfe unterstützt wurde. In der Gesetzesbegründung wird klarstellend ausgeführt:

"Falls in begründeten Einzelfällen zum Erreichen des angestrebten Berufsziels erforderlich, können die Hilfen zu einer hochschulischen Weiterbildung für einen Beruf Hilfen für eine Promotion einschließen. Unterstützung kann auch geleistet werden für Auslandsstudien, wenn diese verpflichtende Bestandteile einer hochschulischen Aus- oder Weiterbildung für einen Beruf sind."

Freiwillige Auslandsaufenthalte sollen also nicht förderfähig sein.

Masterstudium

Hilfen für ein Masterstudium werden abweichend auch erbracht, wenn das Masterstudium auf ein zuvor abgeschlossenes Bachelorstudium aufbaut und dieses interdisziplinär ergänzt, ohne in dieselbe Fachrichtung weiterzuführen (§ 112 Abs. 2 S. 2 SGB IX). In Anlehnung an das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gibt es hinsichtlich der zeitlichen Komponente eine Härteklausel, die z. B. behinderungsbedingte Verzögerungen im Ausbildungsverlauf erfasst (§ 112 Abs. 2 S. 3 SGB IX).

Gemeinsame Inanspruchnahme von Assistenz

Erstmals wird die gemeinsame Inanspruchnahme von Teilhabeleistungen in Form von "Begleitung", also Assistenzleistungen, im Bereich Bildung (sog. "Poolen") rechtlich möglich (§ 112 Abs. 4 SGB IX). Voraussetzung ist, dass die gemeinschaftliche Inanspruchnahme zumutbar ist. Hierbei muss aber sehr genau darauf geachtet werden, dass die eingeführte Steuerungsmöglichkeit für die Träger der Eingliederungshilfe nicht zu Lasten sehbehinderter und blinder Schüler bzw. Studierender genutzt wird.

Problem: Zeitnahe Bewilligung

Aus den Anfragen bei der Rechtsberatungsgesellschaft rbm kann man schließen, dass trotz der oben dargestellten Klarstellungen im Vergleich zum weniger konkret geregelten "Vorgängerrecht" der Eingliederungshilfe bezüglich behinderungsspezifischer Hilfen an Schulen, Hochschulen oder bei schulischen Berufsausbildungen keine Vereinheitlichung der Hilfegewährung durch unterschiedliche Eingliederungshilfeträger, noch - wie gem. § 117 SGB IX vorgesehen (Gesamtplanverfahren) - eine Verbesserung der Bedarfserhebung unter Einbeziehung der Betroffenen stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil, vermutlich durch den Wechsel der zuständigen Eingliederungshilfeträger, und vielleicht auch durch die Corona-Restriktionen in den vergangenen drei Jahren, scheinen Betroffene eher mehr Schwierigkeiten zu haben, oft dringend benötigte Hilfen für den Bereich der Bildung zeitnah bewilligt zu bekommen.

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Barrierefreiheit und Mobilität

Bundesinitiative Barrierefreiheit - Deutschland wird barrierefrei

"In einem fortschrittlichen Land wie Deutschland muss das Leben barrierefrei sein. Barrierefreiheit ist ein Qualitätsstandard für ein modernes Land und ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft", heißt es im Eckpunktepapier, das das Bundeskabinett am 30. November 2022 beschlossen hat.

Im Rahmen der Bundesinitiative wird die Bundesregierung rechtliche Regelungen weiterentwickeln, um die Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Bereich voranzutreiben. Sie wird dafür u.a. das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) überarbeiten. Außerdem will die Bundesregierung durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit dafür sensibilisieren, wie Barrieren Menschen behindern können.

Beim Punkt Barrierefreiheit im Bereich Digitales geht es um Maßnahmen, die die Telekommunikation, die digitale Infrastruktur und die digitalen Angebote des Bundes betreffen. So soll etwa die flächendeckende Versorgung mit Glasfaseranschlüssen bis 2030 erreicht sein. Damit digitale Angebote barrierefrei genutzt werden können, soll der digitale Verbraucherschutz gestärkt werden. Außerdem wird die Bundesregierung prüfen, wie der barrierefreie Zugang zu digitalen Finanzdienstleistungen gestärkt werden kann.

Geprüft wird auch die Umstellung des klassischen Schwerbehindertenausweises auf einen digitalen Teilhabeausweis. "Sie muss mit der Initiative der EU-Kommission, einen Europäischen Behindertenausweis einzuführen, kompatibel sein", so das Ziel.

Um als gutes Beispiel für Länder, Kommunen und Privatwirtschaft voranzugehen, verpflichtet sich die Bundesregierung für ihren Geschäftsbereich, für Barrierefreiheit am Arbeitsplatz und in der öffentlichen Information und Kommunikation zu sorgen. Dafür baut sie u.a. das Beratungsangebot der Bundesfachstelle Barrierefreiheit aus. Bei der Entwicklung von IT-Produkten des Bundes sollen Vertreterinnen und Vertreter der Menschen mit Behinderungen beteiligt werden. Hier könne etwa das Format der Digitallabore, das im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen - OZG) genutzt wird, als Muster dienen.

Die Bundesinitiative Barrierefreiheit wird von einem Beirat begleitet, dem Menschen mit Behinderungen sowie Vertreter*innen der Länder und Kommunen, der Wirtschaft, der Arbeitnehmerschaft und der Forschung angehören sollen.

Die Bundesregierung wird 2025 zu zentralen Ergebnissen der Initiative berichten, wie es in der Pressemitteilung des BMAS vom 30.11.2022 heißt.

Die Eckpunkte sind zugänglich unter: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2022/eckpunkte-bundesinitiative-barrierefreiheit.pdf

Zur Weiterentwicklung des AGG hat das Verbändebündnis "AGG Reform-Jetzt", dem u. a. DBSV und DVBS angehören, im Januar 2023 Forderungen veröffentlicht, siehe: https://www.dbsv.org/aktuell/agg-reform.html

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Berichte und Schilderungen

Zeitenwende - vom Leben nach der blista

von Sophia Elbert, Abitur 2013

Mein Weg nach Marburg

Bis zur 10. Klasse besuchte ich eine Regelschule in meinem Heimatort. In diese Zeit fiel in Niedersachsen die Einführung von G8 - bei mir zur Klasse 6. Der zu lernende Stoff verdichtete sich, anfangs fehlten sogar die passenden Schulbücher, und natürlich gab es auch keine digitale Version der Bücher, die ich als geburtsblinde Schülerin, die mit Braillezeile und JAWS arbeitet, benötigt hätte. Nach drei Jahren wechselte ich folglich vom Gymnasium auf die Realschule und machte dort meinen Abschluss. Um mein Abitur doch noch zu bekommen, entschied ich mich anschließend für einen Wechsel an die blista, auch wenn es mir nicht leicht fiel, Freunde und Familie über 300 Kilometer entfernt zu wissen. Ich hatte keine Lust mehr, insbesondere den Schulstoff aus naturwissenschaftlichen Fächern regelmäßig zuhause nachzuarbeiten - weil die für mich mögliche Wissensvermittlung sehr vom Engagement der einzelnen Lehrkräfte abhing.

Abitur und dann?

Bereits Monate vor meinem Abitur begann ich mich mit meiner beruflichen Zukunft auseinanderzusetzen. Auf den Internetseiten der Universitäten informierte ich mich über die unterschiedlichsten Studiengänge, befragte Bekannte über ihre Erfahrungen und versuchte mir darüber klar zu werden, welche Tätigkeiten mich interessierten bzw. überhaupt für mich in Frage kommen könnten. Eigentlich ein ganz normaler Prozess, diese Informationen einholen und abwägen, den alle jungen Menschen durchlaufen. Doch wenn man nicht sehen kann, muss man weit mehr Dinge in seine Überlegungen mit einbeziehen als allgemein üblich. Schließlich bewarb ich mich an verschiedenen Universitäten auf Studiengänge aus dem Bereich der Erziehungswissenschaften und Sonderpädagogik. Da ich aber dann doch nicht alles Vertraute verlassen wollte, entschied ich mich schlussendlich für ein Bachelorstudium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften an der Philipps-Universität in Marburg. Denn in Marburg kannte ich mich aus, hatte mein soziales Umfeld und würde mich so von Anfang an voll auf mein Studium konzentrieren können. Außerdem hieß es, dass die Uni halbwegs barrierefrei sei, dass Arbeitsmaterialien gut zugänglich und die Lehrenden im Umgang mit Studierenden mit einer Seheinschränkung relativ vertraut wären.

Beginn des Studiums

Nach einer längeren Wohnungssuche startete dann im Oktober 2013 mein Bachelorstudiengang der Erziehungs- und Bildungswissenschaften. Insbesondere zu Beginn des Studiums stellten sich mir viele Fragen und es gab viel zu organisieren: Welche Veranstaltung besuche ich an welchem Ort? Schaffe ich zeitlich die Raumwechsel? Wie funktioniert die Bibliothek? Fragen, die zwar alle Studierenden haben, aber mit einer Seheinschränkung gestaltet sich jede Antwort immer etwas komplexer.

Das riesige Atrium der neuen Uni-Bibliothek der Philipps-Universität Marburg hat einen spiegelnden Boden und erstreckt sich über die gesamte Höhe des mehrgeschossigen Baus. Die Seitenwände bestehen aus Glas und rötlichem Beton, der Boden ist hellgrau.

Bei mir kam dann auch noch hinzu: Wie finde ich am nächsten Tag unter den 200 Studienanfänger*innen diejenigen wieder, mit denen ich mich gestern nett unterhalten hatte? Wie arbeite ich meine Assistenz ein? - Diese hatte ich erst eine Woche vor Studienbeginn gefunden. Wie kommuniziere ich am besten mit den Dozierenden? Zu Beginn jedes Semesters teilte ich jedem Dozierenden mit, dass ich blind bin und dass ich das Lehrmaterial in digitaler Form benötige. Mit dem Ergebnis, dass einige Seminare und Vorlesungen recht problemlos liefen, da Lehrende ihre Materialien vorab digital zur Verfügung stellten. Andere waren wiederum noch nicht so digital unterwegs oder vergaßen regelmäßig das Hochladen ihrer Unterlagen vor ihrer Veranstaltung, sodass ich sie jedes Mal erneut erinnern musste. Hierbei unterstützten mich aber andere Studierende, die ebenfalls auf diese Problematik hinwiesen, weil sie auch am PC arbeiteten oder sich die Arbeitsfolien vorab ausdrucken wollten. Insbesondere das ständige Nachfragen fiel mir zu Beginn nicht eben leicht. Jedoch konnte ich hier auf Erfahrungen aus meiner Zeit an der Regelschule zurückgreifen: dort hatte ich gelernt, auf meine Bedürfnisse immer wieder aufmerksam zu machen und am besten gleich Lösungsvorschläge zu präsentieren, die dann meistens auch dankend angenommen wurden. Trotz allem: die Organisation, die Beschaffung und Umarbeitung von Lehrmaterialien, erforderte neben dem eigentlichen Lernen und Studieren viel zusätzliche Zeit und Energie. Um Zeit und Ressourcen zu schonen, habe ich mit einer anderen blinden Studentin Materialien ausgetauscht bzw. die Umarbeitung koordiniert. Es ist auf jeden Fall lohnenswert, sich mit anderen zusammenzutun, Informationen auszutauschen oder vor Prüfungen zusammen mit anderen betroffenen Studierenden das Gespräch mit den Dozierenden zu suchen, um praktische Lösungen für einen barrierefreien Prüfungsablauf zu erörtern - idealerweise sollte man die Lösung gleich mitbringen.

Theorie und Praxis

Im Laufe des Studiums stand auch ein Praktikum an. Ich hatte den Studienschwerpunkt "Psychosoziale Beratung" gewählt. Leider war es mir aufgrund mangelnder praktischer Erfahrung, der fehlenden Barrierefreiheit der Dokumentierungssoftware, die mir an einer potenziellen Praktikumsstelle mit meinen Hilfsmitteln keinem Zugriff auf Akten und andere Aufzeichnungen erlaubte, und der großen Konkurrenz an Praktikumsplatzsuchenden in Marburg nicht möglich, einen Platz in dem von mir gewünschten Beratungsbereich zu finden. Stattdessen absolvierte ich dann ein Praktikum in einer Familienbildungsstätte in meinem Heimatort.

Da das Studium eine recht allgemeine Qualifikationsphase ist und mir einfach zu sehr die Praxis fehlte, versuchte ich, wie viele andere Studierende auch, einen Nebenjob im pädagogischen Bereich zu finden. Dies gestaltete sich jedoch sehr schwierig, da viele Tätigkeiten im Kinder- und Jugendbereich mit Aufsichtspflichten oder aber mit Mobilität zu tun hatten. Irgendwann verlagerte ich dann meine Suche in den ehrenamtlichen Bereich und wurde hier sehr schnell fündig. So konnte ich, neben dem doch sehr theoretischen Studium, sowohl im Bildungsbereich als auch in der psychosozialen Beratung praktische Erfahrungen sammeln.

Forschungsorientiertes Masterstudium?

Am Ende meines Bachelorstudiums fand ich mich an einem Punkt wieder, der in den Grundzügen dem des Abiturs ähnelte. Ich musste mich wieder entscheiden, wie es weitergehen soll. Eigentlich wollte ich in die Praxis, bemerkte jedoch schnell, dass Berufe, die mich interessierten, mit einem Bachelor ohne Berufserfahrung eher schwer bis gar nicht zu erreichen sind. Also bewarb ich mich für ein Masterstudium in Marburg. Anders als im Bachelor, war ich von Beginn an besser vernetzt und stellte schnell fest, dass ein forschungsorientierter Master viel Spaß machen konnte. Die Seminare waren kleiner und es wurde praktischer gearbeitet. Meine Forschungsbegeisterung wuchs im Master, sodass ich auch eine empirische Masterarbeit schrieb, in der ich Daten erhob, um diese anhand von Theorien auszuwerten. Darüber hinaus ermöglichte mir der Master eine Vertiefung in meinem Interessensbereich der psychosozialen Beratung. Im Jahr meines Masterabschlusses begann ich zusätzlich eine Weiterbildung im Bereich der systemischen Beratung, die dafür nötige Assistenzkraft konnte ich bei meinem Kostenträger beantragen.

Parallel zum Masterstudiengang absolvierte ich ein Zertifikatsstudium der Gender Studies und feministischen Wissenschaft, welches übergreifend von mehreren Fachbereichen der Uni angeboten wurde. Ich fand es spannend, auch Seminare in der Politikwissenschaft oder der Medienwissenschaft zu besuchen. Der feministische Themenbereich hatte mich bereits im Bachelor interessiert. Zudem gelang es mir diesmal auch recht unkompliziert ein Praktikum zu finden, welches mein Interesse an Genderthemen mit dem Interesse am Beratungsbereich verband, denn inzwischen hatte ich ausreichend praktische Erfahrungen sammeln können und konnte sehr klar benennen, wo meine Grenzen liegen, also was ich wie mache und vor allem was ich brauche, um gut zu arbeiten - eine Frage, die immer wieder gestellt wird, auf die man sich sehr gut vorbereiten sollte.

Master erfolgreich - und dann?

Der Wunsch, aus Marburg wegzuziehen, war mit der Zeit immer größer geworden, auch weil viele Menschen aus meinem Umfeld ebenfalls Marburg verließen. Und dann war da noch die Corona-Pandemie. Ich entschied mich, wieder in meine Heimat zurückzuziehen, und intensivierte dort meine Jobsuche. Der Erfolg sollte aber noch einige Monate auf sich warten lassen.

Eine Zeit des ständigen Bewerbens mit vielen Vorstellungsgesprächen begann. Schließlich meldete ich mich offiziell arbeitssuchend. Bei der Jobsuche ist jedoch hauptsächlich Eigeninitiative gefragt. Somit bewarb ich mich immer weiter und erlebte zwischenzeitlich gute, schlechte und lustige Vorstellungsgespräche. Die Annahme, dass ich keine Treppen laufen könne, ist nur ein Beispiel aus dieser Zeit.

Hier noch ein kleiner Hinweis: Trotz intensiver Vertiefung im Studium bietet ein Master in Erziehungs- und Bildungswissenschaft per se keine Anerkennung im Bereich der Sozialen Arbeit - das hat Vor- und Nachteile. Auf jeden Fall sollte man sich vor Antritt des Studiums genauestens über die Anerkennung des Studiengangs in den anderen Bundesländern und die möglichen beruflichen Einsatzfelder erkundigen. Wer als staatlich anerkannte*r Sozialarbeiter*in tätig werden möchte, sollte sich vor Beginn des Studiums informieren, ob eine staatliche Anerkennung möglich ist. Dies ist hauptsächlich an Fachhochschulen im Studiengang Soziale Arbeit der Fall.

Insgesamt habe ich es in dieser Zeit als hilfreich erlebt, mich über meine Erfahrungen in den Bewerbungsgesprächen auszutauschen - sowohl mit sehenden als auch mit nicht sehenden Menschen - Perspektivwechsel helfen, auf den ersten Blick seltsame Fragen zu verstehen und gut auf diese zu reagieren. Oder von mir aus Themen anzusprechen, die Arbeitgeber schwierig finden könnten - was mir von Arbeitgebern anschließend auch immer positiv rückgemeldet wurde. Zudem hatte ich in dieser Zeit eine Mentorin aus einem Mentoring Projekt für Akademikerinnen mit Behinderungen, die (wieder) in den Beruf einsteigen wollten. Darum hatte ich mich am Ende meines Masters beworben. [https://ixnet-projekt.de/ix-net-austausch-und-beratung/mentoring]

Ich bin der Meinung, dass ein offener Umgang mit der eigenen Behinderung notwendig und hilfreich bei der Jobsuche ist, statt damit beschäftigt zu sein, etwas zu verschleiern oder zu verstecken - auch wenn es nicht immer angenehm und einfach ist. So kann ich den Fokus voll auf meine Stärken und Kompetenzen richten und diese auch mit meiner Behinderung verknüpfen.

Einstieg ins Berufsleben

15 Monate nach meinem Studienabschluss war es mir dann gelungen, eine Anstellung als Sozialpädagogin in einer Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) zu erhalten, in der ich bis heute tätig bin. In diesem Arbeitsbereich berate und unterstütze ich Menschen, die von Behinderung bedroht oder betroffen sind, sowie deren Angehörige oder auch Fachpersonal. Es ist ein sehr abwechslungsreicher Arbeitsalltag mit Beratungsgesprächen, der Kooperation mit Fördereinrichtungen und Ämtern sowie der Vernetzung mit den Hilfesystemen vor Ort. In diesem Handlungsfeld der Peerberatung können meine Erfahrungen als Frau mit Behinderung in das professionelle pädagogische Handeln einfließen. Durch die Trägerstruktur meines Arbeitgebers waren Dinge wie Arbeitsplatzausstattung und -assistenz bekannt, wodurch es in diesen Bereichen keine Probleme für mich gab. Wobei es hier ebenfalls hilfreich ist, genau zu benennen, was man warum braucht.

Bild: Die Bibliothek als wichtiger Anlaufpunkt im Studium: Universitätsbibliothek Marburg am dunklen Abend mit Blick von außen auf das hell erleuchtete hohe Atrium. Rechts führen Bodenindikatoren auf eine der Eingangstüren zu. Foto: privat

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Das Glück des Forschens

Ein Erfahrungsbericht aus drei Jahrzehnten Universität

Von Prof. Dr. Ottmar Ette

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Erfahrungsbericht will vor allem Mut machen, sich auf die Universität einzulassen, einen eigenen Weg in akademischen Landschaften zu finden sowie Forschung und Lehre als Sehbehinderte oder Blinde für sich zu entdecken. Und dadurch zur Diversität der Universität in Deutschland, Europa und der Welt beizutragen.

Alles begann am Rande einer Vortragsreise mit Familie durch Kalifornien. Plötzliche Schmerzen im Augenhintergrund, Untersuchung bei einem Augenarzt, dann zu einem Spezialisten, sofortige Laseroperation, gemeinsamer Whisky, vorgezogener Rückflug. In den damaligen Jumbos konnte ich auf der bunten Filmleinwand mitverfolgen, wie mein Sichtfeld immer kleiner wurde, wie meine Sehfähigkeit von 100 % bei Abflug bis auf 25 % bei Ankunft absank. Dann das Übliche: Augenklinik, Wissenschaftler bestaunen seltene Erkrankung, Selbstmordgedanken, weitere Untersuchungen zur Diagnose, keine Therapie. Die Familie als Halt, die Angst. Mein Chef suchte erfolgreich nach sofortigem Ersatz für mich, mein Kollege und Freund, mit dem ich ein Seminar gemeinsam gab, wurde vorsichtshalber krank, so dass ich das gemeinsame Seminar zwei Wochen lang alleine halten durfte. Und die erste Überraschung: Die Studierenden akzeptierten, dass ich nicht mehr lesen konnte, waren nun doppelt engagiert, unterstützten mich ohne Aufdringlichkeit: Wie das Mut machte!

Alles musste neu gelernt werden: Gewürze zum Kochen finden, Klamotten auswählen, mit Studierenden diskutieren und sie dabei so anzuschauen, als ob ich sie sähe. Die Augenwerte gingen weiter in den Keller, der Optimismus jedoch wuchs. Da ging doch was! Der Präsident der Uni hatte mir großzügig zwei Jahre Befreiung von der Lehre und allen anderen Aufgaben angeboten, das fand ich großartig, nahm aber nicht an. Der Augenblitz hatte zwischen Dissertation und Habilitation eingeschlagen, ein denkbar schlechter Zeitpunkt. An Archivarbeit war erst einmal nicht mehr zu denken, ich beschloss, zu einem anderen Thema zu habilitieren, hielt mich an dem spanischen Sprichwort fest: No hay mal que por bien no venga - Nichts Schlechtes geschieht, ohne dass es ein Gutes hätte. Das gab mir Zuvertrauen.

Eintritt in den DVBS, Teilnahme an Seminaren für Sehbehinderte, alles war bereits auf unter 10 % gesunken. Das Erlernen neuer Techniken, die begeisterte Wahrnehmung, immer besser hören und vor allem immer besser tasten zu können; dazwischen der Kommentar eines älteren Münsteraner Kollegen, der als Professor sehbehindert geworden war: Sie haben an der Uni als Sehbehinderter keine Chance, orientieren Sie sich anders. Forschen, ohne lesen zu können? Quatsch! Ein früherer Freund hatte mir geraten, Telefonist zu werden. Oder besser etwas im Rundfunk? Doch ich wollte im Reich des Wissens bleiben und habilitieren. Auch wenn mich die meisten Kollegen und nicht wenige Freunde fallenließen: Es gab neue Kolleg*innen und neue Freunde. Und die Lehre aus dem Rat des Professors: Glauben Sie nicht dem Märchen, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt behandelt werden! Diesem Märchen habe ich in der Tat nie geglaubt. Es ging, hart gesagt, darum, besser zu sein als andere Bewerber*innen.

Also rasch neue Techniken. Training des Gedächtnisses, nach Vorbildern aus der Antike. Langsam Sicherheit gewinnen, sich so sicher fühlen, als hätte man den Vortragstext vor Augen. Meine Frau diktierte mir Hunderte, ja Tausende von Karteikarten, die ich in einen Computer tippte in der Hoffnung, dass der eines Tages wirklich sprechen könne. Dann das Glück, eine EDV-Lösung zu finden, meine Karteikarten, meine früheren Forschungen wurden wieder zugänglich. Meine Frau sprach mir Bücher auf. Anfangs mein Vater, dann bis zu ihrem Tode meine Mutter, mein Schwiegervater jahrelang, ein Freund sprach mir den gesamten Friedrich Nietzsche auf, ein anderer den kompletten Roland Barthes, die Autor*innen bekamen die Stimmen meiner Vorleser: Eine Bibliothek auf Kassetten entstand. Mit ihr ein digitales Ordnungssystem, so dass ich alles wiederfinden konnte. Eine russische Blindenuhr in der Tasche, das sichere Tasten; die kontrollierte Choreographie auf der Vortragsbühne, das Anschauen des Publikums: Es gab so viel Neues zu lernen! Es war, als ob ich die Welt noch einmal lernen dürfte! Es fing an, Spaß zu machen, neue Fähigkeiten zu entwickeln, neue Fertigkeiten zu erlernen. Jeden Tag die Präsenz des Verlorenen, aber stets ein Dagegenhalten, ein lustvolles Dagegenhalten.

Dann die ersten Transatlantikreisen alleine, Einladungen von anderen Universitäten, die Gewissheit, auf etwas andere Weise wieder Mitglied der scientific community zu sein. Die Habilitation und eine erste Bewerbung an der Universität Potsdam. Unglaublich, es klappte schon bei der ersten Bewerbung! Die enorme Dankbarkeit gegenüber der Familie, gegenüber der Institution, gegenüber dem Leben: ¡No hay mal que por bien no venga!

Nach mehreren Jahren als sehbehinderter Assistent folgten nun 28 lange und glückliche Jahre als Professor an der Universität. Ich kümmerte mich nicht um Kollegen, die mit der Behinderung Schwierigkeiten hatten, sondern freute mich an meinen Studierenden, an meinen Assistentinnen und Assistenten, die alle traumhaft gut waren, und die ich so weit als möglich förderte. Neue Studierende, die nie ein Problem sahen, für die alles selbstverständlich war, kamen nun bei Vorträgen und Dozenturen in Europa, in den USA und in Lateinamerika hinzu. Die Stimmen meiner Familie und meiner Freunde, später meiner Arbeitsplatzassistenz waren stets dabei. Ich musste niemandem mehr etwas beweisen, konnte einfach weitermachen, das Glück des Lehrens und das Glück des Forschens genießen, konnte schreiben, schreiben, ohne dieses ständige Schreiben hätte ich nicht leben können.

Wenn es für die Kolleginnen und Kollegen, die mich noch als Sehenden kannten, offenkundig schwer war, mich als "nicht sehend, nicht blind" zu akzeptieren und mich immer wieder "testeten", so war es für die neuen Kolleg*innen, die neuen Freund*innen, das Normalste auf der Welt. Was es ja auch ist. Ich konnte Bücher schreiben über die Themen der Forschung, die mich anlockten, und Vorträge schriftlich verfassen, für die ich jeweils eine Aufführungsvariante im Gedächtnis speicherte. Alles war natürlich.

Aber alles musste auch natürlich aussehen. Die Anderen, die "Normalen", sollten nicht an meine Schwerbehinderung denken. Denn ich hatte die Erfahrung gemacht, dass manche, wenn sie an meine Behinderung dachten und mich "testeten", diese auszunutzen versuchten. Ich schrieb eine kleine Präambel für Schwerbehinderte, wie ich eine Präambel zur Internationalisierungspolitik verfasste. Doch im Grunde glaubte ich nicht daran. Die Schwerbehindertenbeauftragten, stets aus der Verwaltung oder dem wissenschaftlichen Mittelbau, verzweifelten, weil sie sich nicht durchsetzen konnten. Erfahrungen an vielen Universitäten sagten dasselbe: Nur wenn Schwerbehindertenbeauftragte aus dem Professorium stammen, können sie sich in Berufungskommissionen durchsetzen. Das müsste Gesetz werden.

In den Vereinigten Staaten und in den Ländern Lateinamerikas fühlte ich mich besonders wohl, weil meine Schwerbehinderung nie ein Thema war. Ich arbeitete mich immer stärker in transatlantische Beziehungen in Literatur und Philosophie ein, entwickelte Forschungsprojekte auf nationaler wie internationaler Ebene, die ganz einfach finanziert wurden. Ganz einfach? Mein erstes Projekt bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft war noch abgelehnt worden mit dem Hinweis, dass ich als Schwerbehinderter - ich hatte dies in meinem Antrag gar nicht thematisiert - keine langen Romane erforschen, sondern mich auf kürzere literarische Formen wie kleine Gedichte konzentrieren solle. Jahre später, nachdem ich das publizierte, hat sich die DFG dafür bei mir entschuldigt. Das entscheidende Gutachten mit diesen Formulierungen hatte ein mir sehr sympathischer Kollege geschrieben. Ich gab nicht auf, brachte später eine Vielzahl von Forschungsanträgen erfolgreich durch.

Später folgten die jahrelange Arbeit für den European Research Council in Brüssel, die Aufnahme ins Wissenschaftskolleg zu Berlin, die Wahl in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, die Wahl zum Ehrenmitglied des wichtigsten Verbandes in meinem Feld, der Modern Language Association of America. Ich lebte das Glück des Forschens in vollen Zügen, wie immer tatkräftig von meiner Frau unterstützt. Ich entwickelte das Konzept von TransArea, also weltumspannender Beziehungen und Studien, entwickelte gemeinsam mit einem lieben Kollegen ein Akademienvorhaben an der Berliner Akademie über Alexander von Humboldt mit einer Laufzeit von 18 Jahren. Von diesem Forschungsprojekt aus, das Arbeiten im Archiv miteinschließt, erfolgten Kooperationen mit Lateinamerika, aber auch mit China, wo ich vor einigen Jahren ein Forschungszentrum gründete, das Promotionsrecht erwarb und auch unter sich zuspitzenden politischen Bedingungen die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Kulturen, zwischen unterschiedlichen Literaturen, zwischen unterschiedlich sozialisierten Menschen nicht nur verteidige, sondern genieße. Ohne Konvivenz keine Zukunft der Menschheit. Mein Erlernen des Chinesischen hält meinen Ansprüchen leider noch nicht stand. Aber aufgegeben habe ich es nicht.

Mit der Emeritierung verbindet sich für mich daher kein Ausruhen, sondern ein neues Aufbrechen. Wie Humboldt: stets auf dem Sprung. Die Vorbilder dafür bezog ich immer aus der Literatur. Denn die Literaturen der Welt haben etwas Heilendes und zugleich Ermutigendes: Wir können aus ihnen schöpfen und Kraft gewinnen, selbst wenn sie vor Tausenden von Jahren verfasst wurden. Sie leben mit uns.

Das Nachdenken über Kolleg*innen, die keine schwerbehinderten Kolleg*innen haben wollen, lohnt nicht. Als Schwerbehinderter sollte man nicht über Andersbehinderte nachgrübeln. Viel wichtiger ist es, dagegenzuhalten und eigene Wege zu gehen, eigene Wege zu finden und erfinden. Dass die Universitäten, dass die Fakultäten rechtlich gezwungen werden müssen, schwerbehinderte Bewerber*innen einzustellen, steht für mich außer Frage. Die ökonomischen Strafen für ein Fehlverhalten dürfen nicht symbolisch sein, sondern müssen richtig wehtun, sonst wird das nichts. Eine Schwerbehinderung bei Bewerbung angeben? Nur wenn es unumgänglich ist.

Doch an erster Stelle steht, dass die akademische Welt eine wunderbare Landschaft des Wissens ist, in der Behinderte nicht nur nicht fehlen dürfen, sondern notwendig präsent sein müssen. Die Universität ist zwar noch weit davon entfernt, ein Pluriversum zu werden; doch wir müssen damit anfangen, die Universitäten gerade im Schwerbehindertenbereich zu Orten gerechter Diversität zu machen. Am Ende meiner Potsdamer Wege darf der Spruch und die Lebensweisheit von Jorge Semprún, des Überlebenden des KZ Buchenwald, nicht fehlen, den ich bewunderte, stets bei Aufenthalten in Paris auf einen Kaffee besuchte und dem die Universität Potsdam die Ehrendoktorwürde verlieh: ¡Que me quiten lo bailado! - Das Getanzte kann mir keiner nehmen!

Bild: Prof. Dr. Ottmar Ette hält am Leibnitz-Tag 2017 den Festvortrag. Er ist in festlichem Schwarz gekleidet und steht im Scheinwerferlicht einer dunklen Bühne. Der Bügel eines schmalen Mikros ragt vom Ohr hervor, in den Händen hält er eine Fernbedienung. Foto: Judith Affolter (Download: Universität Potsdam)

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Aus der Arbeit des DVBS

Mehrfachbehinderte organisieren sich: Neue Interessengruppe LowVisionPlus

"LowVisionPlus" ist der Name einer neuen Interessengruppe im Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS). In ihr haben sich nun mehrfachbehinderte Mitglieder der bundesweiten Selbsthilfeorganisation von Menschen mit Sehbeeinträchtigungen zusammengefunden. Sie alle eint, dass sie zusätzlich zu ihrer Sehbeeinträchtigung noch mindestens eine weitere Behinderung haben. Dabei reicht das Spektrum der Zweit- und Drittbeeinträchtigung von Hörbehinderungen über Gehbehinderungen, neurologische und motorische Einschränkungen bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen.

"Wir wollen innerhalb des DVBS und darüber hinaus das Bewusstsein für Menschen mit mehreren Handicaps stärken und Neubetroffene unterstützen", so Leonore Dreves vom Leitungsteam der Interessengruppe. Denn: Jede zusätzliche Behinderung potenziert die Einschränkungen. Und Hilfeleistungen müssen immer an die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Person angepasst sein. Die Interessengruppe bietet daher eine Plattform für den Erfahrungsaustausch unter ähnlich Betroffenen zum Umgang mit mehreren Handicaps im Alltag und Beruf sowie den Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln.

Bereits angestoßen hat die Gruppe eine Spendenaktion des DVBS e.V. zur Beschaffung einer PA-Anlage, deren Lautsprecher den hochfrequenten Bereich verstärken. Die spezielle und inklusive Technik ermöglicht es Menschen mit einer Hörbehinderung, übertragene Gespräche und Diskussionen zu verfolgen, und sorgt für eine bessere Klangqualität. Auch für normal Hörende wird durch die Anlage das akustische Verstehen leichter und angenehmer. Zudem ist die Anlage für die hybride Übertragung in einen Saal und gleichzeitig ins Internet geeignet.

Die neue Interessengruppe "LowVisionPlus" wurde vom DVBS-Arbeitsausschuss offiziell anerkannt und wählte im Rahmen einer Telefonkonferenz am 29. November 2022 einstimmig Leonore Dreves als Sprecherin und Andrea Rippich als Stellvertreterin des Leitungsteams. Die Interessengruppe trifft sich alle zwei Monate in einer Telefonkonferenz und spricht dort u. a. ihre Aktionen ab.

Die Gruppe ist offen für Menschen, die blind oder sehbehindert sind und zusätzlich noch weitere Beeinträchtigungen haben. Angesichts der notwendigen Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse mehrfachbehinderter Menschen strebt sie eine barrierefreie Kommunikation ohne Ausgrenzung an. "Im Augenblick sind wir noch ein kleines Grüppchen", so Leonore Dreves. "Wenn Sie zum betroffenen Personenkreis gehören und wir Ihr Interesse geweckt haben, freuen wir uns über den Kontakt mit Ihnen."

Kontakt

Geschäftsstelle des DVBS
Telefon: 06421 948880
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Bild: Leonore Dreves gehört zum Leitungsteam der neuen Interessengruppe LowVisionPlus. Sie hat dichtes, lockiges rotes Haar, trägt große Creolen und lächelt. Foto: privat

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Interessengruppe Digitale Barrierefreiheit gegründet

Von Uwe Boysen

Seit 2016 ermöglicht die DVBS-Satzung neben den Gliederungen von Fach- und Bezirksgruppen auch die Schaffung von sog. Interessengruppen, die nach ihrer Anerkennung auch Sitz und Stimme im Arbeitsausschuss des Vereins haben.

Digitalisierung nimmt in allen Lebensbereichen, beginnend mit Ausbildung und Studium über Beruf und Weiterbildung bis hin zu Mobilität und Freizeitgestaltung einen immer weiter wachsenden Anteil am politischen und gesellschaftlichen Leben ein. Das spiegelt sich auch in Vorschriften zur Barrierefreiheit digitaler Anwendungen, wie sie inzwischen in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen enthalten sind (siehe beispielsweise das BGG sowie die entsprechenden Ländergesetze oder Regelungen im Recht der Krankenversicherung im SGB V oder im Vergaberecht nach dem Gesetz über Wettbewerbsbeschränkungen, GWB). Trotz dieser Regelungen müssen wir bei deren Umsetzung ein erhebliches Vollzugsdefizit konstatieren. Folglich wird digitale Barrierefreiheit bisher vielfach nicht oder nur unzureichend umgesetzt.

Dem muss die Selbsthilfe entgegenwirken. Deshalb muss sich der DVBS aus seinem Selbstverständnis heraus dieses Themas weiter intensiv annehmen, damit digitale Veränderungen der Lebenswelt nicht an uns vorbeigehen und sich unsere Studien-, Berufs- und Teilhabechancen nicht gravierend verschlechtern. Die Erfahrung zeigt, dass Barrierefreiheit in vielen Fällen erst dann eingehalten und beachtet wird, wenn sich Betroffene dafür engagieren.

Damit ist Digitalisierung auch für den DVBS eine Querschnittsaufgabe, die in all seinen Gliederungen auf unterschiedliche Weise diskutiert wird. Diese Diskussion auf breiterer Basis und nicht bloß bezogen auf einzelne Gruppen vernetzt zu führen, ist Ziel der Gründung der neuen Interessengruppe. Sie kann und soll künftig eine Plattform bieten, um Informationen und Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Aktivitäten voranzubringen, damit Motor für Veränderungen im Auftritt des DVBS nach innen wie nach außen sein, Weiterbildungen organisieren und Zielvorgaben für das Selbstverständnis des Vereins im digitalen Wandel formulieren.

Eine Reihe von DVBS-Mitgliedern hat bereits außerhalb einer solchen Interessengruppe entsprechende Veranstaltungen für unseren Verein konzipiert und durchgeführt, so die Tagung "Jura trifft IT", eine Tagung zur EU-Richtlinie zu digitalen Anwendungen öffentlicher Stellen oder eine solche zu Fragen des Vergaberechts im Lichte digitaler Barrierefreiheit. Um derartige Aktivitäten zu verstetigen und auch die Arbeit des Arbeitsausschusses zu unterstützen, ist die Gründung der Interessengruppe eine sinnvolle Maßnahme, die geeignet ist, das Profil des DVBS zu schärfen.

Wir möchten daher alle Mitglieder, die das Thema interessiert, auffordern, sich der Interessengruppe Digitale Barrierefreiheit anzuschließen. Bis zu einer ersten Mitgliederversammlung der IG wird Uwe Boysen diese kommissarisch betreuen.

Senden Sie uns eine E-Mail an

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Eine kleine Geschichte der DVBS-Seminare

Von Christian Axnick

Fort- und Weiterbildung für blinde und sehbehinderte Menschen ist ein zentrales Thema und Handlungsfeld des DVBS. Wir führen Bildungsveranstaltungen in unterschiedlichen Rahmen durch: Von Fachtagungen über Seminare zu allgemeinen politischen und kulturellen Themen bis zu Seminaren mit berufsspezifischen Inhalten.

Wie hat sich unser Seminarwesen in den letzten zwölf Jahren entwickelt? Darüber informierte Christian Axnick aus der DVBS-Geschäftsstelle den DVBS-Arbeitsausschuss während der Sitzung im November 2022. Wir haben seit 2010 110 Seminare mit insgesamt 2.179 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt - im Durchschnitt nahmen knapp 20 Personen pro Seminar teil. Diese Zahlen berücksichtigen lediglich die Veranstaltungen, die von der Geschäftsstelle aus koordiniert wurden, die populären Telefonchats der Bezirks-, Fach- oder Arbeitsgruppen sind hierin noch gar nicht enthalten.

Eine tragende Säule der Bildungsarbeit des DVBS sind die Seminare mit berufsbezogenen Themen. Sie werden von den verschiedenen Fachgruppen konzipiert, die Geschäftsstelle unterstützt die Planung und Organisation. Hier spiegelt sich die Expertise aus allen Berufsfeldern wider, die im DVBS vertreten ist, und mit der wir Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch über den Verein hinaus ansprechen.

Für berufsbezogene Seminare können Berufstätige und Auszubildende bei ihrem zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Kostenerstattung stellen. Dies gilt leider nicht für Studierende oder Arbeitslose - aber unsere Philosophie ist: Fortbildung darf am Geld nicht scheitern. Daher hat der DVBS einen Solidaritätsfonds eingerichtet, der sich aus Spenden finanziert. Durch einen Zuschuss zu den Seminargebühren können wir daher auch DVBS-Mitgliedern, die sonst die Kosten nicht aufbringen könnten, die Teilnahme ermöglichen.

Im DVBS-Programm enthalten sind auch fachgruppenübergreifende Veranstaltungen zu allgemeineren Themen, mit denen wir auf aktuelle Entwicklungen reagieren. So beschäftigten sich etwa seit 2016 mehrere Veranstaltungen mit den rechtlichen Bedingungen, unter denen digitale Barrierefreiheit durchgesetzt werden kann.

Seit 2014 bietet der DVBS jährlich zwei Seminare im Rahmen des TriTeam-Mentoring-Programms an, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der jeweiligen TriTeam-Runden offenstehen. In diesem Projekt tauschen sich sehbeeinträchtigte Studierende, Auszubildende und Abiturienten mit studien- und berufserfahrenen, ebenfalls blinden oder sehbehinderten Mentorinnen oder Mentoren aus, um jeweils individuelle Fragen zu ihrer beruflichen Entwicklung zu klären.

Zusätzlich lief von 2017 bis 2021 mit Förderung der Aktion Mensch unser Projekt "Ehrenamtsakademie". Das Angebot richtete sich an ehrenamtlich Aktive in der Selbsthilfe behinderter Menschen. Bis 2019 fanden in diesem Rahmen 13 Seminare mit insgesamt 142 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt, in der zweiten Runde von 2020 bis 2021 fünf Online-Seminare, an denen 170 Personen teilnahmen. Der Schwerpunkt lag zunächst auf Themen wie "Auftritte vor Publikum", "Selbstpräsentation" und "Farb- und Stilberatung". In der zweiten Runde ging es in den beiden meistbesuchten Seminaren um Themen aus dem Bereich der digitalen Barrierefreiheit und darum, wie die Selbsthilfe dort Einfluss nehmen kann. Außerdem haben wir uns mit Themen wie Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit in der Selbsthilfe beschäftigt.

Auch wenn wir in den Jahren 2020 und 2021 überdurchschnittlich viele Seminare aufgrund der Corona-Pandemie absagen mussten, läuft die Bildungsarbeit des DVBS stabil. Seit Beginn der Pandemie hat der DVBS verstärkt Online-Seminare durchgeführt. So etwa den Ratschlag "Gute Arbeitsassistenz": Seit April 2021 gab es bereits elf Zoom-Konferenzen. Der "Ratschlag" eignet sich sowohl für Interessierte, die erste Informationen benötigen, als auch für Assistenzerfahrene, die weitergehende Fragen haben. Insgesamt haben wir damit bisher 261 Interessentinnen und Interessenten erreicht.

Ausblick

Für 2023 sind zum jetzigen Zeitpunkt acht Seminare in der Planung. Außerdem laufen im Rahmen des Projekts agnes@work die Vorbereitungen für die Fachtagung "Perspektiven der digitalen Arbeitswelt - Beschäftigungs- und Weiterbildungschancen für Menschen mit Behinderungen" am 25. April 2023 in Berlin.

Seminartermine 2023

  • FG Verwaltung: Online-Seminarreihe zu Videokonferenzsystemen vom 11.03. bis 22.04.2023
  • TriTeam-Seminar 06./07.05.2023
  • Fortbildung Arbeitsassistenz, 31.05. - 02.06.2023
  • FG Musik: Voneinander lernen - miteinander musizieren, 09. - 11.06.2023
  • FG Soziale Berufe und Psychologie, 09. - 11.06.2023
  • IG Ruhestand, 09. - 16.09.2023
  • FG Wirtschaft: Gesprächsführung und Zeitmanagement, 02. - 05.11.2023

Kontakt

Haben Sie Fragen zum Seminar- und Veranstaltungsprogramm des DVBS? Dann wenden Sie sich an

Christian Axnick
DVBS-Geschäftsstelle
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Tel.: 06421 94888-28
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Save the Date: DVBS-Mitgliederversammlung im Mai

Auf Hochtouren laufen in der DVBS-Geschäftsstelle derzeit die Vorbereitungen für die DVBS-Selbsthilfetage. Sie finden von Donnerstag, 18. Mai bis Samstag, 20. Mai 2023 in Marburg statt. "Wir freuen uns darauf, dass die Veranstaltungen dieses Jahr wieder in Präsenz stattfinden können", so Werner Wörder, 1. Vorsitzender des DVBS, zu dem bevorstehenden Termin, den Sie sich unbedingt vormerken sollten.

Traditionsgemäß werden die Veranstaltungen mit dem "Stelldichein" am Donnerstag beginnen und mit der Mitgliederversammlung am Samstag im Bürgerhaus Cappel enden. Am Freitag haben Fach- und Interessengruppen die Gelegenheit, Treffen in den Räumen der Deutschen Blindenstudienanstalt (blista) durchzuführen, vormittags die Fachgruppen, ab 14:00 Uhr die Interessengruppen. Für den Freitagabend ist ein kleines Kulturprogramm vorgesehen.

DVBS-Mitglieder erhalten rechtzeitig ihre Einladung mit dem detaillierten Programm und der Bitte, sich für ausgewählte Programmpunkte anzumelden. Ein Tagungsreader wird online bereitgestellt sein. "Alle Mitglieder sind herzlich eingeladen. Wir hoffen auf anregende Gespräche und interessante Diskussionen während der Selbsthilfetage", so Werner Wörder.

Bild: Werner Wörder, 1. Vorsitzender des DVBS, lächelt. Er lädt herzlich zu den Selbsthilfetragen vom 18. bis 20. Mai in Marburg ein. Foto: DVBS

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Aus der blista

"Hier ist viel Expertise gebündelt" - Jürgen Dusel und Sören Bartol besuchen den blistaCampus

Von Thorsten Büchner

"Ich freue mich, dass es jetzt endlich klappt, die blista zu besuchen und besser kennenzulernen", sagte Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, gleich zu Beginn seines Besuchs auf dem blistaCampus. Er war zusammen mit dem Marburger Bundestagsabgeordneten und parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Sören Bartol, auf Einladung des blista-Vorstands "sehr gerne nach Marburg und an die blista gekommen, auch weil mein Vater hier, Mitte der 1950er-Jahre, selbst auf die blista gegangen ist".

Begleitet wurden Bartol und Dusel bei ihrem Rundgang durch "den lebendigen blista-Alltag", so blista-Vorstandsvorsitzender Patrick Temmesfeld, von Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, dem stellvertretenden Vorsitzenden Maarten Kubeja, der Verwaltungsleiterin Irene Noll, dem CSS-Schulleiter Peter Audretsch und dem Leiter des Zentrums für Barrierefreiheit, Mirko Melz.

Bei einer Stippvisite im Chemie-Leistungskurs konnten sich Dusel und Bartol davon überzeugen, wie mit an der blista entwickelten, taktilen und multimedialen Lernmaterialien Moleküle eigenständig "gelegt und verbunden" werden können.

Die Chemielehrerin an der CSS, Tanja Schapat, demonstrierte zusammen mit vier Schüler*innen die Möglichkeiten und den Einsatz von 3-D-Druck im naturwissenschaftlichen Unterricht. Sören Bartol und Jürgen Dusel waren angetan von "diesen tollen, neuen Möglichkeiten, komplexe Sachverhalte für alle erfahrbar zu machen".

Im blista-Zentrum für Barrierefreiheit wurde das Thema der Zugänglichkeit und Barrierefreiheit von Lehr- und Lernmaterialien durch Mirko Melz und Andrea Katemann vertieft. Die Leiterin der Deutschen Blinden-Bibliothek erläuterte, was es für ein barrierefreies, digitales Schulbuch alles braucht und welche Chancen dafür im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz stecken.

In der Sporthalle ging es um die zentrale Bedeutung des Breiten- und Leistungssports für Schüler*innen mit Blindheit und Sehbehinderung. Dabei kamen Jürgen Dusel und Sören Bartol mit Schüler*innen ins Gespräch über ihre Lieblingssportarten wie Goalball, Skifahren oder Windsurfen.

Zum Abschluss ging es auf den Pausenhof, wo Christian Gerhold und Holger Jungmann, unterstützt von der Schülerin Michaela, über die wichtige Bedeutung des Trainings in Orientierung und Mobilität und die dafür notwendigen Fachkräfte und Ausbildungsmöglichkeiten informierten. "Darüber stehen wir in stetigem Austausch, weil es ein zentraler Schlüssel für die eigenständige Teilhabe von Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung ist", machten Jürgen Dusel und Patrick Temmesfeld deutlich.

Für Sören Bartol war es "nicht mein erster und definitiv auch nicht mein letzter Besuch hier an der blista". Beide Gäste waren sich darin einig: "Hier an der blista ist viel Expertise gebündelt, die für unsere Arbeit in Berlin wichtig und bedeutsam ist. Wir bleiben in engem Kontakt und Austausch."

Im Anschluss an den Campus-Rundgang fand in der Aula ein Fachgespräch zum Thema "Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes" (BTHG) statt, zu dem Sören Bartol als heimischer Bundestagsabgeordneter Selbsthilfevertreter*innen, Einrichtungen und Organisationen aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf ein-geladen hatte. Nach regem Austausch, wichtigen Informationen aus der Umsetzungspraxis und nachdenklichen Reflexionen darüber, dass der Geist des Gesetzes im praktischen Verwaltungshandeln oftmals auch untergeht, bedankten sich Jürgen Dusel und Sören Bartol "für die wertvollen Hinweise, die wir hier heute erhalten haben und mit nach Berlin nehmen".

Bild: Gruppenfoto am Infopunkt von links nach rechts: Sören Bartol, Thorsten Büchner, Irene Noll, Patrick Temmesfeld, Jürgen Dusel, Maarten Kubeja, Mirko Melz, Dr. Thomas Spies, Peter Audretsch. Foto: blista

Bild: Jürgen Dusel im Gespräch mit einer Schülerin mit Langstock auf einem Weg auf dem blistaCampus. Im Hintergrund stehen Patrick Temmesfeld und Peter Audretsch. Foto: blista

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"Klient*innen mit gravierenden Seheinschränkungen umfassend beraten zu können, ist phantastisch"

Von Thorsten Büchner

Martin Brehmer arbeitet seit Oktober letzten Jahres als Nachfolger von Norbert Gorldt im Beratungs- und Schulungszentrum der blista als Low-Vision-Berater.

Angefangen hat die Beziehung von Martin Brehmer mit der blista bereits vor einigen Jahren in Mainz. Dort nahm er an einer Weiterbildungsveranstaltung für staatlich geprüfte Orthoptist*innen teil und traf so auf seinen Berufskollegen Norbert Gorldt, der an der blista als Low-Vision-Berater arbeitete. "Wir waren uns sofort aufgefallen, weil wir die einzigen männlichen Orthoptisten auf der gesamten Veranstaltung waren", erinnert sich Brehmer. Sie kamen ins Gespräch, und Norbert Gorldt berichtete ihm von seinem Arbeitsalltag als Orthoptist und Low-Vision-Berater im Beratungs- und Schulungszentrum der blista. "Das klang für mich damals schon sehr interessant und verlockend."

Zum damaligen Zeitpunkt arbeitete Martin Brehmer in seiner mecklenburgischen Heimat als Orthoptist in Augenkliniken oder bei niedergelassenen Augenärzt*innen. "Die klassische Aufgabe von Orthoptisten ist es, Schieluntersuchungen vorzunehmen, dem Augenarzt zuzuarbeiten und Brillenstärken zu ermitteln und anzupassen." Es war "zwar schon ein schönes Gefühl, wenn ich kleinen Kindern mit einer gut angepassten Brille wieder zu mehr Sehstärke verhelfen konnte", sagt Brehmer. Es habe ihn aber zunehmend gestört, dass es gerade für viele Patient*innen mit einer starken Sehbehinderung oder kurz bevorstehender Erblindung oftmals kaum weiterführende Unterstützung oder Beratungsangebote gab, wie mit der Verschlechterung der Sehfähigkeit umzugehen ist. "Nach der Diagnose war das Gespräch und die Therapie oftmals beendet. Das fand ich nicht richtig."

"Im Praxisalltag konnte ich kaum über das unbedingt Notwendige hinaus tätig werden, und das wichtigste, das Gespräch mit den Patient*innen, um Dinge zu erklären, kam so vollkommen zu kurz." Aus diesen Gründen begann sich Martin Brehmer innerhalb der Orthoptik zu spezialisieren und nahm die Weiterbildung zum Low-Vision-Berater für vergrößernde Sehhilfen und Sehhilfenanpassungen auf. Um diese berufsbegleitende Weiterbildung finanzieren zu können, jobbte er, ähnlich wie während der Ausbildung zum Orthoptisten, unter anderem als Eisverkäufer am Ostseestrand, Türsteher, Barkeeper oder gar als Pizzabäcker. "Als Low-Vision-Berater kann ich nach der Diagnose dabei helfen und unterstützen, dass bestimmte Kompetenzen wie das eigenständige Lesen, vielleicht mit einer Lupe, vielleicht mit einem Bildschirmlesegerät, erhalten oder wieder erlangt werden können." In den deutschsprachigen Ländern gibt es ungefähr 50 Orthoptist*innen mit der Spezialisierung auf Low-Vision-Beratung.

Während der ganzen Zeit hielten Norbert Gorldt und Martin Brehmer Kontakt und waren gemeinsam im Berufsverband der Orthoptist*innen aktiv. "Als Norbert Gorldt dann sagte, dass er demnächst in Rente geht, und mich gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, von der Ostseeküste nach Marburg zu ziehen, um hier an der blista seine Nachfolge anzutreten, habe ich nicht lange überlegt und sofort zugesagt."

Seit Anfang Oktober vergangenen Jahres arbeitet er nun an der blista und untersucht und berät "Schüler*innen, Teilnehmende, Auszubildende, Rehabilitand*innen der blista und auch Menschen, die Probleme mit dem Sehen haben, und die sich aus ganz Deutschland an uns wenden". Die meisten Klient*innen hätten keinen direkten blista-Bezug, sondern "möchten genauer wissen, was es mit der vom Augenarzt erstellten Diagnose auf sich hat, oder haben gehört, dass es bei uns im Beratungszentrum die Möglichkeit gibt, vergrößernde Sehhilfen zu testen".

Die Beratungstermine dauern in der Regel 60 Minuten. "Mehr Zeit für meine Klient*innen zu haben, ist einfach phantastisch", sagt Martin Brehmer. Zu Beginn einer Beratung geht er mit den Klient*innen, falls vorhanden, den mitgebrachten Befund des Augenarztes durch, erklärt und beantwortet auftauchende Fragen. "Dann frage ich meistens, worin genau das gerade dominierende Problem liegt, was gerade am meisten belastet und was sie wieder erreichen wollen. Dann überprüfen wir den vorhandenen Visus und gegebenenfalls den Grad der Gesichtsfeldeinschränkung und probieren aus, wie wir mit Hilfe von vergrößernden Sehhilfen oder den zielführenden Lichtquellen das Maximum des vorhandenen Sehvermögens nutzen können." Wenn dann eine passende Brille, ein passendes Bildschirmlesegerät oder eine leicht zu handhabende Lupe gefunden ist, schreibt Martin Brehmer eine Empfehlung für den behandelnden Augenarzt auf. "Der große Vorteil an der blista ist, dass wir alle Expert*innen im Haus gebündelt haben, so dass ich auch auf möglichen Unterricht in Orientierung und Mobilität oder eine ausführlichere EDV- und Hilfsmittelberatung oder die anderen blista-Angebote verweisen und weitervermitteln kann." Oftmals höre er den Satz "Davon habe ich noch nie gehört!" oder "Weshalb hat mir das vorher niemand gesagt, dass es solche Hilfsmittel gibt?"

Nach den ersten Monaten ist Martin Brehmer "voll und ganz zufrieden mit meiner neuen Tätigkeit, weil ich hier mit viel Zeit für meine Klient*innen sinnvoll unterstützen und helfen kann".

Kontakt zur Low-Vision-Beratung

Beratungs- und Schulungszentrum der blista
Biegenstraße 20 ½
35037 Marburg
Tel.: 06421 606-500
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.blista.de/reha-angebote

Bild: Martin Brehmer lächelt freundlich. Er hat eine hohe Stirn, zu seinem kahl rasierten Haar trägt er einen kurz getrimmten rotbraunen Vollbart. Er hat braune Augen, sein Brillengestell ähnelt diesem Farbton. Foto: blista

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VBS-Kongress steht vor der Tür!

Von Sabine Zimmermann

Vom 31. Juli bis 4. August 2023 findet er endlich statt - der 37. Kongress für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, den der Verband für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik e.V. (VBS) ursprünglich für 2020 geplant hatte.

Ausrichterin ist diesmal die Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista) im idyllischen Marburg an der Lahn, die Sie herzlich auf ihren grünen Campus im Herzen der Stadt einlädt. Partner des Kongresses sind der DBSV, DVBS und der ICEVI Europe.

Was wird fachlich geboten?

Unter dem Motto "Leben. Bildung. Partizipation. (individuell - spezifisch - flexibel)" erwartet Sie ein umfangreiches Angebot aus über 200 wissenschaftlichen Vorträgen, Best-practice-Referaten und interaktiven Workshops, die einen spannenden Austausch mit Fachleuten aus Theorie, Praxis, Selbsthilfe und Politik verheißen.

Im Eröffnungsvortrag im Erwin-Piscator-Haus diskutiert Prof. Dr. Ulrich Heimlich (LMU München) die Entwicklungsmöglichkeiten der Sonderpädagogik in der zweiten Dekade der UN-Behindertenrechtskonvention. Mit Dr. Bettina von Livonius (Klinikum der Universität München), Prof. Dr. Markus Dederich (Universität Köln), Prof. Dr. Iris Beck (Universität Hamburg), Prof. Dr. Thomas Kahlisch (dzb lesen Leipzig), Dr. Lydia Unterberger-Storer (LMU München) und Kirsten Vollmer (Bundesinstitut für Berufsbildung) konnten wir weitere ausgewiesene Expert*innen zu Fragen der Teilhabe, Barrierefreiheit und aktuellen augenmedizinischen Entwicklungen für die Hauptvorträge gewinnen.

Nach den Hauptvorträgen am Vormittag geht es weiter mit einer reichen Auswahl an parallelen Vorträgen und Workshops quer durch die Themenbänder Digitalisierung, Qualifizierung / Professionalisierung / Interdisziplinarität, Bildung sowie Wohnen / Arbeit & Freizeit. Jedes Themenband läuft über die gesamte Kongresswoche, so dass Sie die Möglichkeit haben, Ihre eigenen Schwerpunkte gezielt zu verfolgen.

Nach der Mittagspause erwarten Sie am Montag und Donnerstag weitere Workshops und Vorträge sowie am Dienstag und Donnerstag die vielfältigen Angebote der VBS-AGs. Am Mittwoch laden ab mittags zahlreiche offene Angebote von Poster-Präsentationen und Ausstellungen verschiedener Institutionen und Hilfsmittel-Hersteller bis zu "offenen Türen" bei interessanten blista-Einrichtungen zum Flanieren und Informieren auf dem Campus ein.

Schauen Sie in das ausführliche Programm auf der Kongress-Homepage www.vbs2023.de!

Freizeitangebot

Zur Auflockerung gibt es ein begleitendes Freizeitprogramm mit Stadtführungen, Lauftreff, Entspannung und einigem mehr. Oder lassen Sie den Tag mit einem kühlen Getränk mit neuen und alten Bekannten auf dem blistaCampus ausklingen ...

Richtig gefeiert wird auf dem VBS-Sommerfest am Mittwochabend ab 18:30! Bei Live-Musik, Getränken und Leckereien kann ausgiebig geklönt, getanzt und das berufliche Netzwerk gepflegt werden.

Verpflegung

Sie haben die Wahl! Neben dem täglichen Angebot der blista-Mensa (Mittagstisch, auch vegetarisch erhältlich) wird es weitere Stände mit Direktverkauf auf dem Campus geben. Für den blista-Mittagstisch bitten wir Sie, möglichst im Voraus Essensmarken zu bestellen. Dies können Sie bei Ihrer Anmeldung gleich mit erledigen.

Selbstverständlich steht es Ihnen auch frei, z.B. die Eisdiele um die Ecke aufzusuchen oder Ihren eigenen Snack mitzubringen.

Anmeldung

Sie können sich entweder für einen Tag, drei Tage (Montag bis Mittwoch bzw. Mittwoch bis Freitag) oder die gesamten fünf Tage vom 31. Juli bis zum 4. August anmelden. Schnell Entschlossene profitieren bis zum 15. Mai 2023 vom Frühbucher-Rabatt.

Ausführliche Informationen und Links finden Sie auf der Kongress-Homepage www.vbs2023.de.

Begleitpersonen, Blindenführhunde, Assistenz vor Ort

Sollten Sie Assistenz benötigen, können Sie entweder eine Begleitung mitbringen oder Assistenz aus unserem Service-Team vor Ort in Anspruch nehmen. Ihre Begleitperson erhält kostenfreien Zutritt für die Dauer Ihres Aufenthaltes. Bitte geben Sie frühzeitig per E-Mail Rückmeldung, nennen den Namen der Begleitperson und weisen Sie Ihre Berechtigung für eine Begleitung dann bei der Anmeldung vor Ort im Kongressbüro nach (Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen B).

Blindenhunde melden Sie bitte ebenfalls vor Anreise per E-Mail an.

Sollten Sie zeitweise Unterstützung, z.B. für die Orientierung auf dem Kongressgelände oder beim Mittagessen wünschen, senden Sie uns bitte auch eine E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Noch ein Hinweis zur Verkehrssituation

Leider gibt es am Veranstaltungsort keine Parkmöglichkeiten!

Bitte nutzen Sie die Parkmöglichkeiten des Park & Ride-Systems der Stadt Marburg (https://www.stadtwerke-marburg.de/verkehr/parken/parkride), die umliegenden Parkhäuser (https://pls.marburg.de/ ) oder die Parkmöglichkeiten Ihrer Unterkunft.

Der blistaCampus ist von der Innenstadt aus sehr gut zu Fuß oder mit dem Stadtbus zu erreichen. Die nächstgelegene Haltestelle ist "Wilhelm-Roser-Straße". 

Wir freuen uns auf einen lebhaften Austausch!

Nach dem überwältigenden Echo auf den Call for Papers hoffen wir nun auf rege Teilnahme! Schauen Sie rein, wir freuen uns auf Sie!

Kontakt

Sabine Zimmermann
blista-Koordination für den VBS-Kongress 2023
Kongressbüro:
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Telefon: 06421 606-303

Bild: Logo VBS

Bild: Ankündigung VBS-Kongress

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Bücher

Hörbuchtipps aus der blista

Von Thorsten Büchner

Lea Ypi: Frei. Erwachsenwerden am Ende der Geschichte

Suhrkamp, Berlin, 2022. Bestellnummer: 1560021, Spieldauer: 634 Minuten.

Albanien 1989: Der letzte stalinistische Außenposten in Europa, ein isoliertes Land, das man nur schwer besuchen und noch schwerer verlassen kann. Es herrschen Mangelwirtschaft, Geheimpolizei und das Proletariat. Der Kommunismus hat den Platz der Religion übernommen. Für die zehnjährige Lea Ypi ist dieses Land ihr Zuhause: Ein Ort der Geborgenheit, des Lernens, der Hoffnung und der Freiheit. Alles ändert sich, als in Berlin die Mauer fällt und in Tirana Enver Hoxhas Statue vom Sockel stürzt. Jetzt können die Menschen wählen, wen sie wollen, sich kleiden, wie sie wollen, anbeten, was sie wollen. Aber die neue Zeit zeigt bald ihr unfreundliches Gesicht: Skrupellose Geschäftemacher ruinieren die Wirtschaft, die Aussicht auf eine bessere Zukunft löst sich auf in Arbeitslosigkeit und Massenflucht. Als das Land im Chaos zu versinken droht und in ihrer Familie Geheimnisse ans Licht kommen, beginnt Lea sich zu fragen, was das eigentlich ist: Freiheit.

Buchcover: Eine rote Rose steht in einer roten Getränkedose, das Foto hat einen vergilbten welligen Rand.

Ben Lerner: Die Topeka Schule

Suhrkamp, Berlin, 2020. Bestellnummer: 1556191, Spieldauer: 806 Minuten.

Topeka Schule ist die Geschichte einer Familie um die Jahrtausendwende. Die Geschichte einer Mutter, die sich von einem Missbrauch befreien will; eines Vaters, der seine Ehe verrät; eines Sohnes, dem die ganzen Rituale von Männlichkeit suspekt werden und der zunehmend verstummt. Eine Geschichte von Konflikten und Kämpfen und versuchten Versöhnungen.

Buchcover: Eine breite Straße läuft auf den Horizont zu, von dort breiten sich die schwarzen Wolken eines Tornados nach oben hin aus.

Tillmann Bendikowski: Hitlerwetter. Das ganz normale Leben in der Diktatur: Die Deutschen und das Dritte Reich 1938/39

Bertelsmann, München, 2022. Bestellnummer: 1567581, Spieldauer: 958 Minuten.

Leben in der Diktatur: Der Feldzug für eine gesunde Lebensweise, der Kult um den Körper, der Ruf nach der Gemeinschaft - so manches, was den Alltag im Dritten Reich prägte, erscheint uns heute erschreckend vertraut. Aber konnte es damals überhaupt so etwas wie ein normales Leben inmitten der Diktatur geben? Eine erzählerische Zeitreise zwischen Dezember 1938 und November 1939.

Buchcover mit Aufkleber "SPIEGEL Bestseller": Schwarz-Weiß Foto elegant gekleideter Caféhaus-Gäste an Außentischen.

David de Jong: Braunes Erbe. Die dunkle Seite der reichsten deutschen Unternehmerdynastien

Kiepenheuer und Witsch, Köln, 2022. Bestellnummer: 1567571, Spieldauer: 1084 Minuten.

Die Quandts, die Flicks, die von Fincks, die Porsche-Piëchs, die Oetkers und die Reimanns zählen zu den reichsten deutschen Unternehmerdynastien. Und dennoch ist ihre dunkle Vergangenheit kaum bekannt. David de Jong erzählt, woher ihr Wohlstand kommt, wie sie sich im Nationalsozialismus bereichert haben, und wie sie danach damit umgingen.

Buchcover: Untere Hälfte: Schwarz-weiß-Foto von Joseph Goebbels in einer Runde mit einer Frau und einem blonden Jungen in Uniform.

Ihr Kontakt zur DBH

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V.
Am Schlag 2-12
35037 Marburg
Telefon: 06421 606-0
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Aktuelles aus der Deutschen Blinden-Bibliothek: "Selenskyj - die Biografie" von Wojciech Rogacin

Von Jochen Schäfer

Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine fällt unser verstärktes Interesse auf den Präsidenten des gepeinigten Landes. Seine aktuelle Biografie erschien im Juni 2022, sie wurde im Herbst in der DBB zunächst in Braille und kurz danach auch als Hörbuch produziert.

Der polnische Journalist Wojciech Rogacin zeichnet den Weg des amtierenden ukrainischen Präsidenten Selenskyj nach - vom "Schulclown" und Comedian zum angesehenen Staatsmann. Aus der Politik wissen wir, dass er nicht der erste ist, der vom Schauspieler zum Präsidenten wurde. Das populärste Beispiel dürfte Ronald Reagan sein, der in den 1950er Jahren Hollywood-Schauspieler war und von 1980-1988 als 40. US-Präsident regierte.

Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj wurde am 25.01.1978 in der ostukrainischen Stadt Krywyj Rih (russ.: Krivoi Rog) geboren. Seine Familie hat jüdische Wurzeln, und er sprach lange Zeit nur Russisch, die ukrainische Sprache lernte er erst viel später. Schon in der Schule fiel er als "Clown" auf, der immer im Mittelpunkt stehen wollte. Mit 18 Jahren lernte er zu Beginn seines Studiums seine heutige Frau Olena kennen, die genau 12 Tage jünger ist als er. Zusammen mit einigen anderen gründeten die beiden 1997 das Kabarett-Ensemble "Kwartal 95" (95. Quartier, da alle Gründungsmitglieder im 95. Bezirk von Krywyj Rih lebten). Dieses Ensemble war sehr erfolgreich und hatte viele Fernsehauftritte im In- und Ausland. Die Fernsehproduktionsgesellschaft Studio Kwartal 95 wiederum produzierte ab 2013 Serien, zu denen die populäre Polit-Comedy-Serie "Diener des Volkes" (Hauptrolle: Wolodymyr Selenskyj) gehörte. Es geht um einen zunächst desorientierten Geschichtslehrer, der zum Reformpräsidenten wird. Damals dachte Selenskyj noch nicht ernsthaft daran, dass seine Zukunft ähnlich verlaufen könnte - was sich aber einige Jahre später änderte. "Diener des Volkes" (ukrainisch Sluha narodu) wurde zum Namen der Partei von Iwan Bakanow, dem damaligen Leiter der Fernsehproduktionsgesellschaft. Selenskyj verkündete zur Jahreswende 2018/2019 seine Präsidentschaftskandidatur und wurde am 21. April 2019 tatsächlich mit überwältigender Mehrheit gewählt.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Krim und die Ostukraine bereits fünf Jahre lang von den Russen besetzt. Selenskyj versprach in seinen Reden, der Ukraine den Frieden zurückzubringen. Wir wissen heute, dass ihm das leider nicht möglich war; am 24.02.2022 griffen Putins Truppen die Ukraine an. Es war für Selenskyj schwer, das Vertrauen der Menschen zu behalten, aber es zeigte sich nach und nach, dass es ihm dank seines charismatischen Auftretens dennoch gelang. Gerade in diesem unerbittlichen Krieg ist der ehemalige Schauspieler zum angesehenen Staatsmann und "Leader" geworden, der der Ukraine ein demokratisches Gesicht verleiht. Seine Frau Olena tat sich zunächst mit der Rolle der "First Lady" schwer, aber auch sie ist heute als Präsidentengattin aus der Ukraine nicht mehr wegzudenken.

Rogacin zeichnet ein sehr positives Bild des ukrainischen Präsidenten und seiner Frau - und wir können noch immer hoffen, dass das "Wahlversprechen", der Ukraine Frieden zu bringen, eines Tages doch eingelöst werden kann, auch wenn dies zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Rezension noch sehr aussichtslos erscheint.

Das Buch ist

  • erhältlich in Braille: 5 Bde. reform. Kurzschrift (52,50 €), 7 Bde. Vollschrift (73,50 €), Bestell-Nr. 6270;
  • entleihbar in der Emil-Krückmann-Bibliothek: Kurzschrift Sig. XIV. 985, Vollschrift Sig. XIV. 986;
  • ausleihbar als DAISY-Hörbuch Nummer 1568841.

Bei Interesse wenden Sie sich an:

Deutsche Blindenstudienanstalt (blista)
Tel. 06421 606-0
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oder bestellen Sie unter https://katalog.blista.de

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Aus der Braille-Druckerei: Unsere Bestseller

Von Wencke Gemril und Jochen Schäfer

Wir wünschen allerseits ein gutes Jahr 2023 mit viel Lese-Lust.

In diesen Monaten übertragen wir Bücher, die auf den Bestsellerlisten des "Spiegel" stehen (wahlweise in Kurz- und Vollschrift). Daraus stellen wir eine Auswahl von sechs Büchern vor, sowohl Unterhaltungs- als auch Sachliteratur.

Wir beginnen mit zwei Reiseberichten, bei denen Sie als Leser*in merken werden, dass Reisen nicht nur Spaß macht:

Chris Vick: Allein auf dem Meer

4 Bände in Kurz-, 6 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6260.

Eine Gruppe britischer Jugendlicher macht eine Seereise und gerät vor der Küste Marokkos in einen heftigen Sturm. Nach dem Untergang ihres Segelschiffs bleibt nur der 15-jährige Bill übrig, von den anderen fehlt jede Spur. Ein paar Tage treibt er zunächst allein im kleinen Rettungsboot, als er Aya auf dem Wasser entdeckt, ein Berbermädchen, das sich auf der Flucht befindet. Eine Schicksalsgemeinschaft entsteht, denn beide sitzen buchstäblich "in einem Boot". Sie sind den Witterungsbedingungen des Meeres ausgesetzt - ob Sonne oder Sturm. Nur wenn Aya Märchen, z.B. aus "Scheherazade", erzählt, wird es romantisch.

Dieses Jugendbuch verbindet mehrere Aspekte miteinander: Schiffbruch, Flüchtlingsdrama und Freundschaft zweier junger Leute verschiedener Kulturen, die in Not geraten sind.

Raynor Winn: Der Salzpfad

7 Bände in Kurz-, 9 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6267.

Der authentische Reisebericht eines Ehepaars, das alles verloren hat und den südenglischen "Salzpfad" durchwandert.

Die Autorin und ihr Mann Moth stehen mitten im Berufsleben, haben zwei große Kinder und ein Haus, als sie durch ein dubioses Finanzgeschäft plötzlich all ihr Hab und Gut verlieren und zusätzlich ihre Jobs aufgeben müssen. Sie stellen sich dieser Situation und beschließen, den South West Coast Path, Englands berühmten Küstenweg, zu wandern, ausgestattet lediglich mit einem Rucksack, der das Nötigste enthält, und einem kleinen Zelt. Moth hat eine schwere, lebensbedrohende Nervenkrankheit, wodurch ihn längere Bewegungen sehr anstrengen, aber er hält durch und überlebt. Ihre Liebe hält beide zusammen. Auf ihrer langen Reise erleben sie die merkwürdigsten Begegnungen. Es ist interessant zu lesen, wie andere Menschen auf das Paar, das sich aus Not heraus auf Wanderschaft begeben hat, reagieren.

Biyon Kattilathu: Spaziergang zu dir selbst

3 Bände in Kurz-, 4 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6277.

Das Buch trägt den Untertitel "Eine magische Reise zu mehr Achtsamkeit, Selbstliebe und Glück", und das beschreibt ganz gut, worum es geht. Hier ein Auszug aus dem Klappentext: "Komm mit auf einen Spaziergang, den du so noch nie erlebt hast! (...) Auf dem Weg durch Wald, Wiesen und Täler, an Bachläufen entlang und über sonnige Lichtungen, lernst du, mit der Vergangenheit abzuschließen und mutig deinen eigenen Weg zu gehen. Du begegnest deinem ‚inneren Kind‘ und machst eine Reise zu mehr Achtsamkeit und Selbstliebe. Am Ende des Pfades kommst du nicht an einem Ort an, sondern bei einem Menschen ... und dieser Mensch bist DU! Wundervolle Begegnungen, humorvolle Augenblicke und inspirierende Geschichten warten auf dich. Immer an deiner Seite: Biyon Kattilathu, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Leben anderer zu berühren und ein wenig schöner zu machen. Vielleicht entdeckst du auf diesem Spaziergang mit ihm das Glück in dir selbst ...! Zu jedem Kapitel kannst du ein Video zu einer kleinen Challenge anschauen, die Biyon persönlich anleitet. Damit du das Gelesene auch in die Tat umsetzen kannst - und wirklich positive Veränderungen in deinen Alltag einziehen."

Ulrike Döpfner: Der Schatz des Selbstwerts - Was Kinder ein Leben lang trägt

5 Bände in Kurz-, 7 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6261.

Den Selbstwert zu fördern, ist das größte Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können. Ob Freundschaften schließen, mit Herausforderungen in Kita und Schule zurechtkommen, Ängste überwinden oder Konflikte lösen: Die Kinder- und Jugendlichentherapeutin Ulrike Döpfner zeigt, warum ein starker Selbstwert der Schlüsselfaktor einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung von Kindern ist. Und was Eltern tun können, damit er sich stabil entfalten kann.

Anhand vieler Tipps, Übungen und aktueller Erkenntnisse aus der Psychologie unterstützt die Autorin Eltern, den Selbstwert und die Selbstliebe ihrer Kinder im Alltag zu stärken. Wie fördern wir ihre Freude am Lernen? Wie gelingt es, selbstwertstärkend zu loben oder Grenzen aufzuzeigen? Wie helfen wir Kindern, Probleme bei Sozialkontakten oder Ablösungsschwierigkeiten von den Eltern zu überwinden? Ein starker Selbstwert trägt ein Kind ein Leben lang, und er ist DER protektive Faktor, der ihm hilft, auch über die besonderen Herausforderungen, die mit der Pandemie verbunden sind, hinwegzukommen. Kleine Geschichten, um gemeinsam mit dem Kind einen spielerischen Zugang zu herausfordernden Themen zu finden, ergänzen dieses Buch für Eltern mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter.

Richard David Precht und Harald Welzer: Die vierte Gewalt

4 Bände in Kurz-, 6 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6276.

Dieses Buch dürfte dieser Tage der umstrittenste Bestseller sein, da die Autoren einige Thesen vertreten, die von der Leserschaft durchaus als provozierend wahrgenommen werden können. Schon der Untertitel: "Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist", provoziert. Es geht um die Rolle der Medien in unserer Gesellschaft, die anhand mehrerer Ereignisse exemplarisch und eher subjektiv dargestellt wird. Außerdem erfahren Leser*innen einiges über die Entstehung des heutigen Pressewesens und des Internet-Journalismus.

Maja Göpel: Wir können auch anders - Aufbruch in die Welt von morgen

5 Bände in Kurz-, 7 in Vollschrift, Bestell-Nr. 6281.

Dieses soziologische Buch skizziert die heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse und bietet Lösungsmöglichkeiten vorhandener Probleme nach dem Prinzip der "Transformation" (Veränderung) an. Die Politikökonomin und Transformationsforscherin Prof. Dr. Maja Göpel lädt uns ein, unser Zusammenleben zu verbessern. Anhand einiger Beispiele beschreibt sie, wie das teilweise schon geschehen ist. Menschen, die auf positive Veränderungen hinwirken, werden von Maja Göpel "Wirks" genannt, und sie fordert uns alle auf, im Alltag selbst zum "Wirk" zu werden. Ihr Themenschwerpunkt liegt auf dem Klimawandel, aber sie spricht auch andere Aspekte an, z.B. das Arbeits- und Berufsleben. Hier ruft sie zu mehr Kommunikation zwischen Chef*innen und Mitarbeiter*innen auf, um die gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungsprozessen zu fördern. - So kann übrigens auch Inklusion besser funktionieren.

Bestelladresse

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Zeitzeichen - Aktuelles aus Kirche und Gesellschaft

Als Hörversion im DAISY-Format - mit diesem großen Plus kommt die Zeitschrift "Zeitzeichen" den Bedürfnissen ihrer blinden und sehbehinderten Leserinnen und Leser entgegen. Wem Print- oder Online-Ausgaben zu sperrig sind, erfährt so, was gerade in der evangelischen Kirche los ist und worüber gesprochen wird. "Zeitzeichen - evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft" greift aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen und kulturelle Aspekte auf und liefert Anstöße zu Diskussionen. Sie ist damit auch für Menschen, die sich nicht dem christlichen Spektrum zuordnen, interessant.

Monatlich erscheint eine Ausgabe mit eigenem Schwerpunkt, der allgemeine, historische oder religiöse Themen vertieft. Einen größeren Umfang nehmen regelmäßig Rezensionen von Büchern, Hörbüchern und Musik ein. "Zeitzeichen" berücksichtigt unterschiedliche konfessionelle Positionen innerhalb des evangelischen Spektrums. Für die Vielfalt an Themen und Sichtweisen steht ein 13-köpfiges Team an Herausgebenden, dem u. a. Bettina Limperg, Präsidentin des Bundesgerichtshofs Karlsruhe, sowie die Theologin und aktuelle Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, angehören. Einen Überblick der Ausgaben und Schwerpunkte gibt es auf https://zeitzeichen.net/ausgaben

Die Hörversion umfasst sämtliche Beiträge. Sie wird vom Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V. (DVBS) im Auftrag des Dachverbandes der evangelischen Blinden- und evangelischen Sehbehindertenseelsorge produziert. Das Jahresabonnement der Hörversion kostet 40 Euro und ist damit für blinde und sehbehinderte Menschen preiswerter als ein Print- oder Online-Abo.

Eine kostenlose Ausgabe und weitere Informationen zur DAISY-Ausgabe erhalten Sie gerne beim:

Dachverband der evangelischen Blinden- und
evangelischen Sehbehindertenseelsorge (DeBeSS)
Ständeplatz 18
34117 Kassel
Tel.: 0561 72987161
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Web: www.debess.de

Das DAISY-Abo kann bestellt werden per Telefon, Mail oder per Direktlink unter
https://www.debess.de/hilfe-und-seelsorge/barrierefreie-informationen-und-literatur/zeitschrift-zeitzeichen/

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Netzlektüre: Linktipp aus dem Internet

Gesucht: Die Hochschule für Alle

"Studieren mit Behinderung oder chronischer Krankheit: Anspruch und Wirklichkeit", so lautet das Thema, mit dem sich das Magazin des Deutschen Studentenwerks (DSW) in Ausgabe 4/2022 auseinandersetzt. "Normal ist Anders-Sein in der deutschen Hochschulwelt noch lange nicht", schreibt beispielsweise die Berliner Journalistin Jeannette Goddar. Und Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, antwortet im Interview auf die Frage, was sich an den Hochschulen seit seinem Studium verbessert hat: "Es gibt ein viel stärkeres Bewusstsein für Inklusion. (...) Aber die strukturelle Frage ist nach wie vor nicht gelöst."

Das DSW-Journal steht als PDF-Datei online unter https://www.studentenwerke.de/sites/default/files/dsw_journal_4_2022_final.pdf

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Panorama

Ausbildungsgarantie von Anfang an inklusiv ausgestalten

Paritätischer schlägt Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales erste Schritte vor

Die Zahl junger Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss ist nachhaltig erschreckend hoch. Wie wird die Ausbildungsgarantie aussehen, die laut Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vereinbart wurde? Hierzu hat der Paritätische unverzichtbare Schritte auf dem Weg in eine inklusiv ausgestaltete Ausbildungsgarantie formuliert und im Oktober 2022 in Form eines Briefes an die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales gesandt.

Zu den Forderungen des Paritätischen gehört, die außerbetriebliche Berufsausbildung (BaE) inklusiv weiterzuentwickeln. So sollen zusätzliche Ausbildungsplätze für alle ausbildungsinteressierten Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz geschaffen und ein flexibles Unterstützungs- und Begleitangebot vorgehalten werden.

Neben schulischen Ausbildungen sind auch vorbereitende Angebote sowie berufliche Fachschulen konsequent inklusiv auszugestalten.

Im Sinne einer inklusiven Ausbildungsbegleitung (AsA flex) müssen diskriminierende Zugangsmerkmale abgeschafft und qualitative Probleme beseitigt werden. Um verlässliche und kontinuierliche Begleitpersonen für junge Menschen und Betriebe zu bieten, soll wieder zu Personalschlüsseln zurückgekehrt werden. Phasen der Ausbildungsanbahnung und Ausbildungsbegleitung sollten verbunden sein. Hier plädiert der Paritätische dringend zur Abkehr von Vergabeverfahren.

Jugendberufsagenturen sollten jugendgerechter ausgestaltet werden, den Rechtskreis SGB IX zwingend einbeziehen und ihr Portfolio um Angebote der Jugendhilfe intensivieren. Auch die niedrigschwelligen Förderangebote des SGB II (§ 16h SGB II und § 16f SGB II) sollen vertieft geprüft und eingesetzt werden und die individuellen Fördermöglichkeiten des SGB III stärker genutzt werden.

Den 6-seitigen Brief sowie weitere Dokumente zum Thema finden Sie unter https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/paritaetischer-schlaegt-erste-schritte-zu-einer-inklusiv-ausgestalteten-ausbildungsgarantie-vor/

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Abitur: Was nun? Orientierungsveranstaltung für blinde und sehbehinderte Studieninteressierte

Das ACCESS@KIT des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bietet vom 11. - 12. Mai 2023 blinden und sehbehinderten Oberstufenschüler*innen und Schulabsolvent*innen aus ganz Deutschland eine Orientierungsveranstaltung in Karlsruhe an.

Über zwei Tage können Fragen rund um ein Studium unter den speziellen Bedingungen der Sehbehinderung/Blindheit angesprochen werden. Zu den unterschiedlichen Themenkomplexen referieren u.a. Orientierungs- und Mobilitätstrainer, die Beauftragte für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung, Juristen, Experten des Studentenwerks, Mitarbeiter unterschiedlicher Einrichtungen am KIT sowie KIT-Studierende mit Sehbehinderung und Blindheit aus höheren Semestern. Wer möchte, kann im Anschluss an die Veranstaltung am Samstag, dem 13. Mai 2023, die am KIT angebotenen Studiengänge und den Campus im Rahmen des Campustags besser kennenlernen (https://campustag.sle.kit.edu)

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei, interessierte Eltern können ihre Tochter/ihren Sohn gerne begleiten. Anfahrt und Unterkunft müssen von den Teilnehmenden selbst getragen werden. Um rechtzeitige Anmeldung bis spätestens 28. April wird gebeten!

Detaillierte Informationen gibt es bei:

Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
ACCESS@KIT
Susanne Schneider
Engesserstr. 4 (Campus Süd)
76128 Karlsruhe
Tel.: 0721 608-41937
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
https://www.access.kit.edu

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Hohe Energiekosten - sozialrechtliche Ansprüche

Von der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS)

Angesichts stark steigender Energiekosten haben der Paritätische Wohlfahrtsverband und Tacheles e.V. am 7.11.2022 die bundesweite Kampagne "Energie-Hilfe" gestartet, mit der Menschen über ihre Rechte auf behördliche Übernahme von Energiekosten aufgeklärt werden. Im Zentrum der Kampagne steht die Webseite www.energie-hilfe.org, die Betroffene in finanziellen Notlagen umfangreich über ihre sozialrechtlichen Ansprüche informiert und Musteranträge zur Verfügung stellt.

Betroffene können auf der Webseite verschiedene Informationen abrufen, je nachdem ob sie Leistungen der Grundsicherung beziehen, angestellt oder selbständig sind, Rente, Arbeitslosengeld I oder Krankengeld erhalten oder zur Gruppe der Auszubildenden, Schüler*innen und Studierenden gehören. Außerdem gibt es eine Arbeitshilfe für Berater*innen und Multiplikator*innen.

Die Empfehlungen für Studierende in Notsituationen: Jene, die bei den Eltern leben, können aufstockende Leistungen nach § 7 SGB II beim Jobcenter beantragen. Studierende, die nicht bei den Eltern leben, haben ggf. die Möglichkeit, eine "unbillige Härte" geltend zu machen und im Rahmen der Härtefallregelung nach § 27 Abs. 3 SGB II (aufstockende) Leistungen zum Lebensunterhalt vom Jobcenter zu erhalten. Das Geld ist zwar zurückzuzahlen (Darlehen!), aber 1. ist die Unterstützung zinsfrei und 2. sind die Rückzahlungsbedingungen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gekoppelt.

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Wachsender Gefahr der Erblindung in EU-Bevölkerung entgegentreten
Experten legen Europaparlament politische Empfehlungen für Maßnahmen vor

Von PRO RETINA Deutschland e. V.

Die Altersabhängige Makula-Degeneration (AMD) mit ihrer Spätform, der Geographischen Atrophie (GA), ist die Hauptursache für Erblindung in den Industrienationen - mit entsprechenden Folgen für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Um diesen Folgen entgegenzutreten, haben Wissenschaftler, Patientenvertreter und Angehörige von Betroffenen aus Italien, Spanien, Deutschland und Frankreich politische Empfehlungen erarbeitet und dem EU-Parlament vorgelegt. Damit ist ein erster wichtiger Schritt zur besseren Behandlung der Krankheit auf europäischer Ebene getan. Bei der Initiative unter der Schirmherrschaft des Europaabgeordneten Pascal Arimont (EVP, Belgien) vertritt die Selbsthilfeorganisation PRO RETINA Deutschland e. V. die Interessen der Patienten in Deutschland.

Weltweit leben über fünf Millionen Menschen mit Geographischer Atrophie (GA). Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Eckpfeiler der Empfehlungen bilden daher systematische Maßnahmen zur Aufklärung, Prävention, Frühdiagnose (z. B. durch ein Screening-Programm zur Augengesundheit für Menschen ab 50 Jahren) sowie zur Überwachung und Behandlung der GA und die Installation eines Registers: "Noch gibt es keine Behandlung für die GA. Aber durch eine systematische Erfassung und Analyse der Daten steigen die Chancen, Therapien zu entwickeln", weiß Dario Madani, Vorstandsvorsitzender von PRO RETINA Deutschland e. V.

"Augengesundheit ist weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene im Fokus der Politik. Das wollen wir ändern", erklärt Franz Badura, politischer Referent von PRO RETINA Deutschland, der an der Erarbeitung der Empfehlungen mitgewirkt und diese in Brüssel vorgestellt hat.

Die Politischen Empfehlungen zur Geographischen Atrophie (auf Englisch) sendet Ihnen PRO RETINA Deutschland e. v. gerne zu, sie sind außerdem zu finden auf https://www.pro-retina.de/default-2ea9ea51b4.

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Neuerungen im Betreuungsrecht

Seit dem 1. Januar 2023 gilt ein reformiertes Betreuungsrecht. Ziel war und ist, die Selbstbestimmung betreuter Menschen zu stärken. Die neuen Vorschriften stellen klar, dass eine Betreuung nur eingerichtet wird, wenn andere Hilfen, vor allem nach dem Sozialrecht, ausgeschöpft sind und nicht ausreichen. Die Wünsche betreuter Menschen sind für das Betreuungsgericht, das rechtliche Betreuer*innen beaufsichtigt und kontrolliert, zentraler Maßstab.

Gesetzliche Betreuer*innen sollen von ihren Vertretungsvollmachten nur Gebrauch machen, soweit dies erforderlich ist, und vorrangig die von ihnen betreuten Menschen unterstützen, rechtliche Angelegenheiten selbst wahrzunehmen. Damit wird vermieden, dass Entscheidungen über den Kopf einer betreuten Person hinweg gefällt werden.

Gestärkt wurde z. B. der Schutz des selbst genutzten Wohnraums. Der darf nach der neuen Vorschrift des § 1833 BGB grundsätzlich nur aufgegeben werden, wenn dies dem Willen der betreuten Person entspricht. Die Absicht, ihn aufzugeben, müssen Betreuer*innen dem Betreuungsgericht unverzüglich anzeigen und dabei die Gründe und Sichtweise der betreuten Person darlegen.

Für den Beruf der Betreuer*in ist nun ein Mindeststandard vorgeschrieben. Nötig sind ausreichende Sachkunde, wie z. B. Kenntnisse des Betreuungs- und Unterbringungsrechts, der Personen- und Vermögenssorge, von sozialrechtlichen Unterstützungssystemen oder der Kommunikation mit Personen mit Erkrankungen und Behinderungen, aber auch die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit. Wer die Sachkunde nachweisen kann und eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat, kann sich von der Betreuungsbehörde registrieren lassen. Erst nach dieser Registrierung kann er oder sie als Betreuer*in bestellt werden und hat Anspruch auf Vergütung.

Ehrenamtlichen Betreuer*innen werden erfahrene Fachkräfte zur Seite gestellt: Sie können mit einem anerkannten Betreuungsverein eine Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung abschließen. Eine solche Vereinbarung muss in der Regel nachweisen, wer keine familiäre Beziehung oder persönliche Bindung zur betreuten Person hat und als ehrenamtliche*r Betreuer*in bestellt werden möchte. Für Ehrenamtliche mit familiärer Beziehung oder persönlicher Bindung zur betreuten Person ist eine solche Vereinbarung nicht zwingend, aber ebenfalls möglich. Der Abschluss wird empfohlen, um eine konstante Beratung und Unterstützung sicherzustellen.

Aktuelle Informationen gibt es auf der Webseite www.bmj.bund.de/betreuungsrecht.html

Dort stehen u. a. die Broschüren zum Betreuungsrecht und der Patientenverfügung in aktualisierter Auflage (Stand Januar 2023) sowie ein Vorsorgevollmacht-Formular zum Download bereit.

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Frist verlängert: Entschädigung für verfolgte Homosexuelle nach §175 Strafgesetzbuch

Wer im Zeitraum von 1945 bis 1994 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurde oder andere außergewöhnlich negative Beeinträchtigungen erlitten hat, kann noch bis zum 21. Juli 2027 Entschädigungsansprüche beim Bundesamt für Justiz geltend machen. Das entsprechende Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung sah ursprünglich eine Antragsfrist bis zum 21. Juli 2022 vor, die Frist wurde nun verlängert.

Erst seit dem 11. Juni 1994 gibt es in Deutschland keine strafrechtliche Sondervorschrift zur Homosexualität mehr. In der DDR war zwar Homosexualität unter Erwachsenen bereits nach einer Strafrechtsreform 1968 nicht mehr grundsätzlich verboten. Es blieb allerdings eine höhere Schutzaltersgrenze. Nach der deutschen Wiedervereinigung existierten zwei unterschiedliche Rechtslagen: Im Osten des Landes war § 175 StGB nicht mehr existent, im Westen mussten Homosexuelle, wenn auch in geringerem Ausmaß als früher, strafrechtliche Konsequenzen befürchten. 1994 beschloss der Bundestag dann die endgültige Streichung des § 175; Urteile wegen Homosexualität wurden 2017 aufgehoben. Zugleich erhielten betroffene Frauen und Männer Anspruch auf Entschädigung.

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Entschädigung ist für diejenigen, die etwa zu einer Haftstrafe verurteilt worden waren, das "Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen" (kurz StrRehaHomG). Das StrRehaHomG hebt zudem die damaligen strafrechtlichen Urteile kraft Gesetzes auf (Rehabilitierung) und regelt die Tilgung eventueller Eintragungen im Bundeszentralregister.

Verfolgte, bei denen es zu keinem Urteil kam, etwa bei Freispruch oder Verfahrenseinstellung, haben ebenfalls einen Anspruch auf Entschädigung. Hier greift die "Richtlinie zur Zahlung von Entschädigungsleistungen für Betroffene des strafrechtlichen Verbots einvernehmlicher homosexueller Handlungen aus dem Bundeshaushalt (Kapitel 0718 Titel 681 03)". Die Richtlinie ermöglicht Entschädigungen im Falle eines Ermittlungsverfahrens, erlittener Untersuchungshaft oder anderer vorläufiger freiheitsentziehender Maßnahmen.

Darüber hinaus kann eine Entschädigung auch wegen außergewöhnlich negativer Beeinträchtigungen geltend gemacht werden. Dies ist etwa bei beruflichen, wirtschaftlichen, gesundheitlichen oder sonstigen vergleichbaren Nachteilen der Fall, die außerhalb einer Strafverfolgung vor 1994 entstanden sind.

Die Entschädigung kann formlos beim Bundesamt für Justiz beantragt werden, für das niedrigschwellige Verfahren werden keine Kosten erhoben.

Weitere Informationen:

Bundesamt für Justiz:
https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Entschaedigung/Homosexualitaet/Homosexualitaet_node.html

Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) e.V.
Beratungshotline: 0800 1752017
Internet:
http://schwuleundalter.de/2017/07/19/%C2%A7175-hotline-fuer-betroffene/

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Newsletter für digitale Barrierefreiheit

Im Rahmen des Projekts Teilhabe 4.0 der BAG SELBSTHILFE e.V. und des Kompetenzzentrums Barrierefreiheit Volmarstein in Kooperation mit der TU Dortmund erscheint ab sofort vierteljährlich ein Newsletter zum Thema digitale Barrierefreiheit.

Das Ziel des Projekts ist es, digitale Barrierefreiheit ins Bewusstsein von Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen zu bringen, damit Menschen mit Beeinträchtigungen am öffentlichen und am Arbeitsleben uneingeschränkt teilhaben können. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds gefördert.

Die Newsletter haben jeweils einen thematischen Schwerpunkt. So geht es im ersten Newsletter um "Die Toolbox - einen Werkzeugkasten für eine barrierefreie digitale Arbeitswelt".

Wenn Sie sich für das Thema "Digitale Barrierefreiheit" interessieren und regelmäßig über die Projektentwicklungen sowie über die Veranstaltungen zu diesem Thema informiert werden möchten, melden Sie sich gerne bei Nicole Kautz: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Impressum

horus 1/2023
Jg. 85 der Schwarzschriftausgabe
Jg. 97 der Brailleausgabe

Herausgeber

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) und Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)

Redaktion

  • für den DVBS: Peter Beck, Andrea Katemann, Matthias Klaus und Nina Odenius
  • für die blista: Isabella Brawata, Thorsten Büchner und Dr. Imke Troltenier

Koordination

DVBS-Geschäftsstelle
Sabine Hahn
Frauenbergstraße 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-0
Fax: 06421 94888-10
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: https://dvbs-online.de

Beiträge und Bildmaterial schicken Sie bitte ausschließlich an die Geschäftsstelle des DVBS, Redaktion. Wenn Ihre Einsendungen bereits in anderen Zeitschriften veröffentlicht wurden oder für eine Veröffentlichung vorgesehen sind, so geben Sie dies bitte an. Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Genehmigung der Redaktion.

Verantwortlich im Sinne des Presserechts (V. i. S. d. P.)

Andrea Katemann (DVBS) und
Dr. Imke Troltenier (blista)

Verlag

Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e. V., Marburg
ISSN 0724-7389

Punktschriftdruck

Deutsche Blindenstudienanstalt e. V.
Am Schlag 2-12, 35037 Marburg
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Digitalisierung und Aufsprache

Geschäftsstelle des DVBS
Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Schwarzschrift-Druck

Druckerei Schröder
Schuppertsgasse 2, 35083 Wetter/Hessen
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Erscheinungsweise

Der "horus" erscheint alle drei Monate in Blindenschrift, in Schwarzschrift und digital (wahlweise auf einer CD-ROM oder als Download-Link). Die digitale Ausgabe enthält die DAISY-Aufsprache, eine HTML-Version sowie die Braille-, RTF- und PDF-Dateien.

Jahresbezugspreis

35 Euro (Versandkosten Inland inklusiv)

Die Kündigungsfrist beträgt sechs Wochen zum Ende eines Kalenderjahres. Für Mitglieder des DVBS ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.

Bankkonto des DVBS

Sparkasse Marburg-Biedenkopf
IBAN: DE42 5335 0000 0000 0002 80
BIC: HELADEF1MAR

Die Herausgabe der Zeitschrift "horus" in Punktschrift wird vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband aus Mitteln der "Glücksspirale" unterstützt.

Bild: Logo GlücksSpirale

Vorschau horus 2/2023

Schwerpunkt: "Gelingendes Altern"
Erscheinungstermin: 30.05.2023
Anzeigenannahmeschluss: 22.04.2023
Redaktionsschluss: 25.03.2023

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Anzeigen

Kleinanzeigen

Private Kleinanzeigen bis zu einer Länge von 255 Zeichen werden kostenlos abgedruckt. Danach werden 17 Euro pro angefangene 255 Zeichen berechnet. Für die korrekte Wiedergabe ihres Inhalts (z. B. Namen, Anschriften usw.) kann keine Haftung übernommen werden.

Für gewerbliche Anzeigen oder Beilagen senden wir Ihnen gerne die horus-Mediadaten zu.

Gewerbliche Anzeigen

Com-M: Von betroffenen für Betroffene.

Streicheln war gestern, heute tippt man wieder! Deshalb entscheiden sich immer mehr blinde Mobilfunknutzer für das neue Smartvision 3 von Kapsys, ein Smartphone mit einer richtigen Tastatur und dem Betriebssystem Android 11.

Egal, ob Sie Telefonnummern wählen, SMS- oder WhatsApp Nachrichten schreiben oder eine Fahrplanabfrage starten: Die griffige und schreibsichere Tastatur dieses Telefons lässt sie massiv schneller arbeiten als das Display eines "Streichel"-Telefons.

Interessiert? Einfach melden:

Com-M Inh. Claudia Mischler-Korz, Sonderpädagogin
Martin Mischler, blinder Hilfsmittelspezialist seit 1983,
Tel.: 07764 9 333 700
Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Homepage: www.com-m.de

Wir freuen uns auf Ihren Anruf!

Die EnVision Glasses ist bereits an zahlreichen Arbeitsplätzen erfolgreich im Einsatz!

Die Features der EnVision Glasses:

  • Kompatibel mit der EnVision App
  • aus dem Google PlayStore & App Store
  • Texte vorlesen (Druck & Handschrift)
  • Szenenbeschreibung
  • Unterstützung durch Videoanruf
  • Gesichtserkennung
  • Bargeldscheinerkennung (über 100 Währungen)
  • Farb- & Lichterkennung
  • WLAN-Verbindung notwendig!

Sprechen Sie mit uns, wenn Sie auf eine qualifizierte Beratung und Betreuung rund um Hilfsmittel für Sehgeschädigte Wert legen.

Ihre IPD

Tel.: 0511 9363090
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Web: www.ipd.gmbh

Private Anzeigen

Lese nach Absprache kostenlos Literatur für Sie auf SD-Karte, bevorzugt wissenschaftliche Literatur. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Suche eine nette Dame zum Briefe schreiben (E-Mail oder Blindenschrift). Bin ein Freigeist (43), viel unter Menschen, mag: Musik, Hörbücher, Lesen; mache Hörzeitung in Hoch- und Plattdeutsch. Kontakt: Tel.: 01741863299, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Grafische Anzeigen

blista

Schnuppertage für Schule und Ausbildung

Schnuppern macht Spaß: Reinschauen in eine Schule mit einem einmaligen Profil, ganzheitlicher Förderung, spezifischer Unterstützung, einer großen Auswahl an Bildungsabschlüssen und tollen Sport- und Freizeitangeboten!

Schnuppertage

Jeweils Samstag von 10 Uhr bis 15 Uhr

  • 03.2023 - Anmeldeschluss: 15.03.2023
  • 05.2023 - Anmeldeschluss: 26.04.2023
  • 10.2023 - Anmeldeschluss: 27.09.2023
  • 11.2023 - Anmeldeschluss: 08.11.2023

Für alle, die sich beruflich orientieren möchten: PROStart unterstützt bei der Ausbildungswahl im blista-Zentrum für berufliche Bildung

PROStart

Termine:

  • bis 17.03.2023
  • bis 21.04.2023
  • bis 26.05.2023
  • bis 15.12.2023

Bei der blista bis du richtig!

Deutsche Blindenstudienanstalt e.V. (blista)
blistaCampus
Am Schlag 2-12
25037 Marburg
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 06421 606-339
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Tel.: 06421 606-541
www.blista.de/schnuppertage

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horus

Eine Lektüre mit Gewinn ...

Durch ein Abonnement der Fachzeitschrift "horus" erfahren Sie,

  • wie blinde und sehbehinderte Menschen Beruf und Alltag bewältigen und ihre Träume leben,
  • was schulische und berufliche Bildung blinden und sehbehinderten Kindern und Jugendlichen bietet,
  • wofür sich die Blinden- und Sehbehindertenselbsthilfe aktuell engagiert.

Bestelladresse:
DVBS
Frauenbergstr. 8
35039 Marburg
Telefon: 06421 94888-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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Nikolauspflege

Fit für den Beruf!

Ob Ausbildung, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder berufliche Neuorientierung - wir bieten attraktive Ausbildungs- und Umschulungsplätze in über 20 verschiedenen Berufen in folgenden Bereichen an:

  • Wirtschaft und Verwaltung
  • IT-Informationstechnik
  • Metalltechnik
  • Ernährung und Hauswirtschaft
  • Gartenbau

Interessiert? Wir beraten gerne telefonisch.

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Tel. (0711) 6564-128
www.bbw-stuttgart.de/berufsausbildung

Mit dem QR-Code zu allen Berufen: www.bbw-stuttgart.de/berufsausbildung.

Den Menschen sehen.
Für Menschen mit Sehbehinderung oder psychischer Beeinträchtigung.

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Papenmeier GmbH & Co. KG

Papenmeier Hotline Service

Unser WIR für Ihren Hilfsmittel Notfall!

Kostenfreie Hotline: +49 2304 205 250

F.H. Papenmeier GmbH & Co. KG
Talweg 2
58239 Schwerte
Telefon: +49 2304 205 0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.papenmeier-rehatechnik.de

Bildbeschreibung: Unser WIR für Ihren Hilfsmittel Notfall: Es ist eine Gruppe von drei RehaTechnik Mitarbeitern, zwei Männer und eine Frau, zu sehen, die freundlich in die Kamera schauen.

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RTB

Gezielte Steuerung der Signale
Per App sicher unterwegs
  • Immer sicher unterwegs
  • Ohne Anwohnerkonflikte
  • Kostenfreie Smartphone-App
  • LOC id kompatibel
  • LZA - Detektion - Parken - E-Mobilität

RTB
www.rtb-bl.de
Tel.: 49 5252 9706-272

Bild: Bunte Grafik eines bärtigen Mannes mit dunkler Brille und weißem Langstock, der an einer belebten Straße steht. In der Brusttasche ein Smartphone, das Signale aussendet, im Hintergrund eine Großstadt.

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SightCity

10.-12. Mai 2023. Die weltweit führende Fachmesse für blinde und sehbehinderte Menschen erstmals als hybride Messe.

Kap Europa Frankfurt und Online
  • über 100 Aussteller in Präsenz und online
  • Teilnahme vor Ort oder per Computer, Telefon oder Smartphone
  • Hybride Ausstellervorträge
  • Umstiegshilfe für sehgeschädigte Besucher ab dem Frankfurter HBF
  • persönliche Messeguides
SightCity Forum

Hybride Fachvorträge von medizinischen Fachkräften und Betroffenen rund um das Thema Low Vision

Weitere Informationen unter: www.sightcity.net, Tel.: 0711 6660318

3 Fotos am linken Rand untereinander: Textfeld "Digital": Frau am Laptop, Textfeld "Präsenz": Blick auf Messehalle mit Aussteller und Besucher*innen, Textfeld "Forum": Blick über Zuhörende hinweg nach vorne.

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