VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,
können Sie sich vorstellen, blind zu sein? Wenn wir sehenden Menschen es versuchen, schließen wir vielleicht die Augen, strecken die Hände aus und machen einige unsichere Schritte. Schnell stellt sich ein beklemmendes Gefühl ein, wir öffnen sie wieder und sind zurück in unserer optisch geprägten und vertrauten Welt. Das Augenlicht zu verlieren, ist für die meisten von uns die schlimmste aller vorstellbaren Behinderungen.

In meiner Heimatstadt Marburg gehören blinde Menschen zum Stadtbild. Mit einem Blindenstock oder einem Führhund sieht man sie durch die Straßen gehen, einkaufen, Bus fahren etc. Ein zentrales Wohnheim gibt es in Marburg nicht. Sie leben mitten unter uns. Das ist gut so.
Was viele von uns nicht wissen: Mit dem richtigen Training, mit einigen Hilfsmitteln und ein bisschen Hilfe sind blinde Menschen durchaus in der Lage, ein weitgehend selbständiges Leben zu führen. Sie bewältigen ihren eigenen Haushalt, gehen aus, engagieren sich ehrenamtlich etc. Sie möchten nicht Fürsorgeempfänger, sondern geschätzte Mitglieder unserer Gesellschaft sein.
Viele von ihnen tun alles dafür, beruflich Fuß zu fassen. Meine ersten Kontakte zu Blinden hatte ich während meines juristischen Studiums und ich war tief beeindruckt von diesen Menschen. Einige von ihnen bringen es zu akademischen Weihen, sind als Theologen, Informatiker, Sozialarbeiter, ja sogar als Richter unserer obersten Gerichte tätig. Sie müssen mehr leisten, härter arbeiten als andere, um beruflich Erfolg zu haben, aber sie stellen sich dieser Herausforderung.
Mehr als 1.300 von ihnen haben sich im „Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf“ zusammengefunden, um sich gegenseitig auf ihrem Bildungs- und Berufsweg zu helfen. Die „Gemeinschaftsstiftung für Blinde und Sehbehinderte in Studium und Beruf“ unterstützt diese Selbsthilfearbeit. Als Mitglied des Vorstandes konnte ich einen Beitrag zum erfolgreichen Aufbau der Gemeinschaftsstiftung leisten. Nun freue ich mich, dass wir uns heute mit dieser Informationsbroschüre an Sie wenden können.
In der Gemeinschaftsstiftung gibt es konkrete Möglichkeiten, sich für die Bildung und berufliche Teilhabe blinder Menschen zu engagieren. In vielen Bereichen kann geholfen werden. Mir persönlich ist der gleichberechtigte Zugang zu Informationen in unserer heutigen Wissensgesellschaft sehr wichtig. Doch wichtig ist auch die Unterstützung blinder Menschen, die ihr Augenlicht mitten im Leben stehend verloren. Die Hilfe für blinde Senioren, für junge Menschen, für Arbeitssuchende und Berufstätige gehört ebenso dazu.

Lesen Sie auf den folgenden Seiten vom Leben blinder Menschen. Lesen Sie, welche Visionen die Gemeinschaftsstiftung hat und auf welche Erfolge sie zurückblicken kann. Einige Informationen zu rechtlichen Aspekten runden diese Broschüre ab. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich zu einem Engagement in der Gemeinschaftsstiftung entschließen würden. Jede Unterstützung ist Hilfe zur Selbsthilfe!

Ihr
Friedrich Bohl
(Kanzleramtsminister a. D. und von 1998 bis 2004 Beisitzer im Stiftungsvorstand)

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